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Veröffentlicht am 01.03.2018

Wenn die Musik zu Kreisen, Dreiecken und Quadraten wird

Wenn Martha tanzt
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New York im Jahr 2001: Thomas, ein 25-jähriger Mann, ist in die Staaten gereist, um das Notizbuch seiner Urgroßmutter Martha Wetzlaff für sehr viel Geld versteigern zu lassen. Es enthält Skizzen und Zeichnungen ...

New York im Jahr 2001: Thomas, ein 25-jähriger Mann, ist in die Staaten gereist, um das Notizbuch seiner Urgroßmutter Martha Wetzlaff für sehr viel Geld versteigern zu lassen. Es enthält Skizzen und Zeichnungen bekannter Bauhaus-Künstler wie Feininger, Klee und Kandinsky. Der junge Mann hat Martha selbst nie kennen gelernt. Sie wird 1900 als Tochter eines Kapellmeisters in Türnow, einem kleinen Dorf in Pommern, geboren. Von dort geht sie nach Weimar. Walter Gropius wird auf die Frau aufmerksam. Durch das Tanzen erwirbt sie sich den Respekt und die Bewunderung der Bauhaus-Mitglieder. Doch die Nationalsozialisten schließen die Kunstschule und so kehrt Martha zurück in ihre Heimat - das wertvolle Notizbuch im Gepäck. Am Ende des Zweiten Weltkriegs verliert sich ihre Spur. Was ist passiert?

„Wenn Martha tanzt“ ist der Debütroman von Tom Saller.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte auf unterschiedlichen Zeitebenen, die sich abwechseln: Der Leser begleitet einerseits den jungen Mann in der jüngeren Zeit, also den Jahren 2001 und 2002. Andererseits taucht man in Marthas Vergangenheit ab – von ihrer Geburt bis ins Jahr 1945. Marthas Sicht drückt sich unter anderem in Tagebuchnotizen aus, ergänzt mit den Worten ihres Urenkels. Dieser Aufbau sagt mir sehr zu.

Der Schreibstil ist größtenteils ungekünstelt, aber angenehm und liest sich sehr flüssig. Ich konnte gut in die Geschichte eintauchen und bin schnell durch die Seiten geflogen.

Die Hauptprotagonistin Martha ist ein ungewöhnlicher und reizvoller Charakter. Ich wurde nicht gleich mit ihr warm. Dies änderte sich jedoch mit zunehmender Seitenanzahl. Zum Urenkel bleibt beim Lesen lange Zeit eine gewisse Distanz, da man über ihn zunächst nicht so viel erfährt.

Die Lektüre ist nicht nur emotional und sehr bewegend, sondern auch spannend. Die Handlung konnte mit einigen überraschenden Wendungen überzeugen.

Auch das Thema des Romans konnte mein Interesse wecken. Generell mag ich Geschichten mit historischem Bezug sehr gerne. Es war lehrreich, mehr über die Bauhaus-Künstler und die Umstände der damaligen Zeit zu erfahren.

Der Titel des Romans klingt nicht nur wundervoll, sondern passt inhaltlich auch hervorragend. Das Cover verströmt eine gewisse Nostalgie, trifft aber nicht ganz meinen Geschmack.

Mein Fazit:
„Wenn Martha tanzt“ von Tom Saller ist ein lesenswerter Roman, der bei mir für unterhaltsame Lesestunden gesorgt hat.

Veröffentlicht am 27.02.2018

Über die Schwierigkeit menschlicher Beziehungen

Vier Schwestern
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Vier Schwestern kommen zu einem Sommerurlaub in einem Küstenort der Cinque Terre zusammen. Sie sind in Neuseeland aufgewachsen und haben sich seit Jahren nicht mehr gesehen. Nun hoffen sie auf unbeschwerte ...

Vier Schwestern kommen zu einem Sommerurlaub in einem Küstenort der Cinque Terre zusammen. Sie sind in Neuseeland aufgewachsen und haben sich seit Jahren nicht mehr gesehen. Nun hoffen sie auf unbeschwerte Tage in Italien. Doch eines Abends ist eine von ihnen, Rose, verschwunden. Sie taucht zu der Essensverabredung nicht auf, ohne sich vorher abzumelden. Ist ihr etwas Schlimmes zugestoßen? Braucht sie Hilfe? Oder ist sie einfach abgehauen? Stundenlang warten ihre drei Schwestern in Corniglia auf sie, machen sich auf die Suche nach ihr. Dabei treten Spannungen zutage, die nicht nur auf die Sorge um Rose, sondern auch auf Erlebnisse und Erinnerungen aus ihrer gemeinsamen Kindheit und Jugend zurückzuführen sind…

„Vier Schwestern“ ist der eindringliche Debütroman von Joanna King über Liebe, Verluste und tiefe Verletzungen.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus mehreren Kapiteln, die jedoch weder nummeriert sind noch über Überschriften verfügen. Erzählt wird aus der Sicht der jüngsten Schwester, einer namenlosen Ich-Erzählerin, die als Tänzerin in London lebt. Eingefügt sind etliche Rückblenden in die Vergangenheit der Familie, die allerdings nicht chronologisch angeordnet sind.

Der Schreibstil ist ungewöhnlich. Mir fiel es anfangs dadurch etwas schwer, in die Geschichte zu finden. Dies liegt nicht nur daran, dass man direkt in das Geschehen geworfen wird. Auch sprachlich ist der Roman etwas anspruchsvoller und erfordert beim Lesen volle Aufmerksamkeit. Nach einer Eingewöhnungsphase hat mir der Stil mit seiner bildhaften, teils poetischen Sprache und tollen Beschreibungen aber sehr gut gefallen.

Die Charaktere sind reizvoll gewählt und facettenreich. Es handelt sich um Menschen mit Fehlern und Schwächen und nicht um klischeehafte Romanheldinnen. Ihre Beziehungen zu Männern, aber auch untereinander werden psychologisch analysiert und nehmen viel Raum ein. Einerseits erfährt man dadurch viel aus dem Seelenleben der vier Schwestern. Andererseits bleibt trotzdem vor allem ein Großteil der Biografien von Jess und Ngaio dem Leser verborgen.

Die Handlung ist weitgehend überschaubar. Durch das Verschwinden von Rose bleibt lange Zeit eine gewisse Spannung erhalten. Darüber hinaus ist es eher eine ruhige Geschichte. Und dennoch: Sie konnte mich besonders durch die beschriebenen Konflikte fesseln.

Intensiv beleuchtet wird, wie sich das Verhältnis der Schwestern zueinander entwickelt hat. Aspekte wie Liebeskummer, die Trennung der Eltern, gescheiterte Beziehungen, gegenseitige Verletzungen und andere Ereignisse erzeugen Schwermut und sorgen dafür, dass das Buch alles andere als ein seichter Wohlfühlroman ist. Es ist eine unbequeme Lektüre, die zum Nachdenken anregt.

Das Cover ist ansprechend und passend gewählt. Der deutsche Titel weicht zwar vom englischsprachigen Original („Absence“) ab, ist aber treffend formuliert.

Mein Fazit:
„Vier Schwestern“ von Joanna King ist kein süffiger, sehr gefälliger Roman, aber eine lesenswerte Geschichte über menschliche Beziehungen und die damit verbundenen Schwierigkeiten.

Veröffentlicht am 25.02.2018

Ein Kampf um den Glauben

Der Turm der Ketzerin
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Frankreich im Jahr 1588: Der junge Pierre Desgranges ist im katholischen Glauben erzogen worden. Dessen Vater Jacon, ein Hugenotte, hatte sich wegen der heftigen Glaubenskriege der vergangenen Jahrzehnte ...

Frankreich im Jahr 1588: Der junge Pierre Desgranges ist im katholischen Glauben erzogen worden. Dessen Vater Jacon, ein Hugenotte, hatte sich wegen der heftigen Glaubenskriege der vergangenen Jahrzehnte dazu gezwungen gesehen, seinem Sohn und seiner Tochter Magali seine wahre Religion zu verheimlich. Nachdem diese Lüge ans Licht gekommen ist, bleibt seine Schwester dem Katholizismus treu, während Pierre jedoch zu seiner eigentlichen Konfession zurückkehren will. In La Rochelle an der Atlantikküste verliebt er sich in die Hugenottin Florence Duchène. Allerdings haben die beiden mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen. Nicht nur, dass Albert Duchène, ihr Vater, einen anderen Mann für seine Tochter vorgesehen hat. Auch wird der Glaube der Hugenotten bald zur Gefahr für die zwei Verliebten…

Der historische Roman „Der Turm der Ketzerin" von Deana Zinßmeister ist die Fortsetzung von „Das Lied der Hugenotten“, die jedoch unabhängig davon gelesen werden kann.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 60 relativ kurzen Kapiteln. Darüber hinaus gibt es einen Epi- und einen Prolog. Erzählt wird die Geschichte vorwiegend aus der Sicht von Pierre und Florence.

Der Schreibstil ist anschaulich, flüssig und leicht verständlich. Trotz der eher hohen Seitenzahl bin ich schnell durch den Roman gekommen und konnte gut in die Geschichte eintauchen.

Mir hat gut gefallen, dass sich das Buch mit den Menschen aus dem einfachen Volk beschäftigt und eben nicht –wie in etlichen anderen historischen Romanen – prominente Persönlichkeiten im Vordergrund stehen. Pierre, Florence und die anderen Charaktere werden authentisch und liebevoll gezeichnet.

Auch die Wahl des Themas des Romans, die Verfolgung der Hugenotten, hat mich angesprochen. Es war für mich sehr interessant, mehr darüber zu erfahren. Dabei basiert die Geschichte auf wahren Begebenheiten: Die Autorin verarbeitet das Schicksal von Marie Durand, die nur wegen ihres Glaubens 38 Jahre lang im „Tour de Constance“ eingesperrt war. Dazu findet der Leser im Nachwort interessante Anmerkungen. Allerdings hätte ich mir insgesamt an einigen Stellen etwas mehr historische Hintergrundinformationen gewünscht. Das mag aber auch daran liegen, dass ich den ersten Band bisher nicht kenne.

Die Handlung ist stimmig. Sie hält immer wieder spannende Passagen und Wendung bereit.

Positiv hervorzuheben sind außerdem die Karte von Frankreich sowie ein Personenregister, die dem Roman beigefügt sind. Sie sind jeweils bei der Orientierung hilfreich.

Der Titel des Buches ist treffend formuliert. Das Cover entspricht leider nicht ganz meinem Geschmack, passt inhaltlich aber recht gut.

Mein Fazit:
„Der Turm der Ketzerin" von Deana Zinßmeister ist vor allem für Liebhaber historischer Romane eine empfehlenswerte Lektüre.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Die Grauen des Nationalsozialismus

Die Vergessenen
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Manolis Lefteris, Mitte 40 und Autohändler in München, ist ein Mann für besondere Aufträge. In seinem aktuellen Fall soll er einer alten Frau, Kathrin Mändler, Akten wegnehmen. Die Seniorin, eine ehemalige ...

Manolis Lefteris, Mitte 40 und Autohändler in München, ist ein Mann für besondere Aufträge. In seinem aktuellen Fall soll er einer alten Frau, Kathrin Mändler, Akten wegnehmen. Die Seniorin, eine ehemalige Krankenschwester, befindet sich wegen eines Schlaganfalls gerade im Krankenhaus. Doch ihre Nichte, die Journalistin Vera Mändler, wird ebenfalls auf die Unterlagen aufmerksam und wittert eine gute Story. Manolis ahnt nicht, dass er im Begriff ist, ein Verbrechen aufzudecken, das Generationen überdauert hat ...

„Die Vergessenen“ ist ein Familienroman von Inge Löhnig, veröffentlicht unter dem Pseudonym Ellen Sandberg.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte aus unterschiedlichen Perspektiven. Dabei hat das Buch drei Erzählstränge. Der Roman spielt außerdem auf zwei Zeitebenen: In der einen geht es um das Jahr 2013 in München, in der anderen um das Jahr 1944 in Winkelberg. Dieser Aufbau hat mir gut gefallen.

Der Schreibstil ist flüssig und gleichzeitig anschaulich. Trotz der eher hohen Seitenanzahl ließ sich das Buch daher schnell lesen.

Ich hatte ein wenig Probleme, in die Geschichte hineinzukommen. Nach dem packenden Prolog ist der Anfang des Romans eher schleppend, die ersten Kapitel dümpeln dahin. Bis richtige Spannung aufkommt, dauert es ungewöhnlich lange. Daher hatte die Geschichte für mich einige Längen. Erst relativ spät nimmt die Handlung richtig an Fahrt auf, deshalb konnte mich der Roman nicht sofort fesseln.

Die Figuren sind vielschichtig angelegt. Ich habe mich allerdings etwas schwer damit getan, mich mit den Hauptprotagonisten zu identifizieren oder Sympathie für sie zu entwickeln. Weder zu Manolis noch zu Vera konnte ich sofort einen Zugang finden. Das besserte sich aber im Verlauf des Romans.

Das Thema des Romans dagegen hat mich sofort angesprochen. Ich finde es wichtig, dass die Euthanasie während der Zeit der Nationalsozialisten auch literarisch verarbeitet wird, weil diese bisher nur wenig Berücksichtigung fand. Die Heil- und Pflegeanstalt Winkelberg in einem Roman aufzugreifen, das war in meinen Augen eine gute Entscheidung. Das Buch ist dadurch erschütternd und regt zum Nachdenken an. Generell mag ich Geschichten sehr gerne, die auf wahren Begebenheiten basieren. Man merkt dem Roman zudem an, dass viel Recherche darin steckt.

Der Titel ist angesichts des Themas sehr treffend gewählt. Das Cover finde ich ansprechend.

Mein Fazit:
„Die Vergessenen“ von Ellen Sandberg ist trotz kleiner Schwächen in der Umsetzung ein lesenswerter Roman zu einem wichtigen Thema. Es ist keine leichte Kost.

Veröffentlicht am 20.02.2018

Eine Hommage an die Welt der Sprache

Der Wortschatz
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„Wir dürfen die Menschen nicht nur verteufeln. Wir brauchen sie, sie lesen und schreiben uns. Sie lassen uns existieren.“ Diese Aussagen des Vaters kann ein Wort nicht glauben und auch nicht verstehen ...

„Wir dürfen die Menschen nicht nur verteufeln. Wir brauchen sie, sie lesen und schreiben uns. Sie lassen uns existieren.“ Diese Aussagen des Vaters kann ein Wort nicht glauben und auch nicht verstehen – bis es auf einmal durch ein traumatisches Erlebnis seinen Sinn verliert. Ganz allein muss sich das Wort auf eine abenteuerliche Reise durch die Welt der Sprache machen. Auf der Suche nach sich selbst gilt es, einige Herausforderungen zu meistern.

„Der Wortschatz“ ist der ungewöhnliche Debütroman von Elias Vorpahl.

Meine Meinung:
Neben einem Pro- und einem Epilog besteht das Buch aus elf kurzen Kapiteln. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Wortes.

Nicht nur der Inhalt des Romans bildet die unterschiedlichen Facetten der Sprache ab, sondern auch sein Stil: Tolle Wortspiele, Sprachbilder, Metaphern und andere rhetorische Figuren konnten mich begeistern. Das erfordert zwar ein aufmerksames Lesen. Der Schreibstil hat mir aber gerade deswegen sehr gut gefallen. Er lässt auch etwas großzügiger darüber hinwegsehen, dass kein großer Verlag an dem Werk beteiligt ist und so einige Orthografie- beziehungsweise Tippfehler vor dem Druck unentdeckt blieben.

Die Grundidee des Romans, Worte lebendig werden zu lassen, finde ich außerordentlich kreativ und ungewöhnlich. Die Handlung, die mehrere Wendungen zu bieten hat, ist stimmig und bis zur letzten Seite schlüssig. Anrührende Szenen wechseln sich mit spannenden Passagen ab. Dabei wird die Geschichte zu keiner Zeit langatmig, sondern bleibt abwechslungsreich.

Neben den sprachlichen Aspekten, die auf mein persönliches Interesse stießen, werden auch philosophische Gedanken ausgesprochen. Das Buch regt zum Nachdenken an und liefert wichtige Denkanstöße. Ein weiterer Pluspunkt für mich.

Das Wort war mir schnell sympathisch, so dass ich mit dem Hauptprotagonisten mitgefiebert und die Geschichte sehr gerne verfolgt habe. Allerdings hatte ich aufgrund der Abstraktheit der Charaktere zeitweise etwas Probleme, mir die Figuren des Romans genau vorzustellen. Auch nach dem letzten Kapitel blieben für mich mehrere Fragen offen. Zum Beispiel: Warum haben einige Worte eine Tiergestalt und welche Gestalt haben die übrigen Worte? Gibt es jedes Wort und jedes Wörtchen nur einmal oder mehrfach? Zu diesen Fragen hätte ich mir weitere Details gewünscht. In diesem Punkt schwächelt die Umsetzung ein wenig. Einige Seiten mehr hätten dem Roman daher nicht geschadet.

Hilfreich sind beim Verständnis allerdings die allesamt geschmack- und liebevollen Illustrationen, die den Roman inhaltlich und optisch bereichern. Sie sind besonders und passen – wie auch das gelungene Cover – sehr gut zur Geschichte. Auch der Titel ist treffend gewählt und ganz nach meinem Geschmack.

Mein Fazit:
„Der Wortschatz“ von Elias Vorpahl ist ein einzigartiger und sehr kreativer Roman, in dem viel Liebe steckt. Es ist eine lesenswerte Geschichte – nicht nur für Sprachliebhaber und Fans des Genres Fantasy.