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Veröffentlicht am 27.02.2018

Umfangreiches und gut recherchiertes Werk über Gerhart Hauptmann zum Ende seines Lebens 1945/1946

Wiesenstein
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Hans Pleschinski legt mit "Wiesenstein" ein sehr umfangreiches Werk vor, das nach dem Wohnsitz des Schriftstellers Gerhart Hauptmann in Schlesien benannt ist, wo auch die meisten Teile der Handlung spielen.
Die ...

Hans Pleschinski legt mit "Wiesenstein" ein sehr umfangreiches Werk vor, das nach dem Wohnsitz des Schriftstellers Gerhart Hauptmann in Schlesien benannt ist, wo auch die meisten Teile der Handlung spielen.
Die Darstellung beginnt in Dresden im März 1945, kurz nachdem die Stadt durch Bombenangriffe fast vollständig zerstört wurde, und endet mit Hauptmanns Tod im Jahre 1946.
Während große Fluchtbewegungen in den Westen eingesetzt haben, fährt Gerhart Hauptmann mit seiner Frau sowie Bediensteten von Dresden aus in die entgegengesetzte Richtung, um sich nach einem Aufenthalt im Sanatorium nun wieder in seiner Residenz Villa "Wiesenstein" im Riesengebirge einzurichten. Auch über das Kriegsende hinaus bleibt Gerhart Hauptmann mit seiner Entourage in Wiesenstein wohnen; die russischen und polnischen Verwalter halten bis zu seinem Tod die Hand über ihn.


Meine Meinung:
Das Werk ist keine leichte Kost, in die man schnell Einstieg findet und die man nebenher schnell lesen kann. Durch die Mischung von Erlebnisberichten und Zitaten aus den Werken Hauptmanns wird der Lesefluss des Öfteren unterbrochen, und der Zugang fällt zunächst aufgrund der Sperrigkeit etwas schwer.
Im Laufe des Buches werden jedoch Abschnitte - gerade die Beschreibungen der Erlebnisse zum Ende des zweiten Weltkriegs und unmittelbar danach - zunehmend spannend zu lesen. Ich kenne bisher kein Buch, dass die Ereignisse von 1945/46 - gerade auch in Schlesien - so eindringlich beschreibt. Hierdurch habe ich viel gelernt, aber vor allem aber auch die bedrückende Atmosphäre fast hautnah gespürt.

Dem Buch merkt man deutlich an, dass der Autor sehr gut und gründlich recherchiert hat. Das Werk und die Person Hauptmanns werden differenziert aus unterschiedlichen Perspektiven dargestellt, wobei sich der Autor geschickt der verschiedenen handelnden Personen, z.B. Butler, Masseur, Sekretärin, Archivar, Köchin, Gärtner, Ehefrau..., bedient, die alle ihre eigene Sicht vertreten und die Pleschinski gekonnt in Gesprächen reflektieren und zurückschauen lässt.
Als Leser wird man nicht unbedingt ein Freund oder Fan Hauptmanns, aber man bekommt einen sehr guten Überblick und kann auch reflektiert eine zeitgeschichtliche Einordnung vornehmen. Gerade eine kritische Sicht auf Hauptmann, der während des Dritten Reiches in Deutschland geblieben und nicht emigriert ist, wird durch das Buch befördert. Darüber hinaus ist auch die Beschreibung der Kontakte, die der Schriftsteller während seines Lebens hatte, ist sehr interessant, denn natürlich war während des langen Lebens des Nobelpreisträgers viel Prominenz zu Gast bei ihm - ob in Wiesenstein oder im Haus auf Hiddensee oder auch in Italien.

Sehr wichtig fand ich auch die Darstellung der Konflikte zwischen Flüchtlingen und beispielsweise den Bewohnern Schlesiens, die (noch) nicht geflohen waren / vertrieben worden waren, da diese vor allem vor dem Hintergrund der Beschreibung der Gefühlslage - wieder und immer noch - sehr aktuell sind.

Auch wenn die Beschreibungen (gerade im Zusammenhang mit dem Werk oder Gesprächen Hauptmanns) zum Teil recht sperrig zu lesen waren, ist es doch insgesamt ein wichtiges Buch, von dem man sehr lange zehren wird.


Fazit:
Bei "Wiesenstein" handelt es sich sicherlich nicht um leichte Kost; man lernt jedoch eine Menge, nicht nur über Gerhart Hauptmann und sein Werk, sondern auch über ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte.

Veröffentlicht am 26.02.2018

Spannender historischer Roman im Umfeld des Kathedralenbaus in Magdeburg

Die Kathedrale des Lichts
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Der Roman spielt im Wesentlichen im 13. Jahrhundert in Magdeburg.
Moritz hat in seiner Kindheit Schlimmes erlebt; er ist der einzige Überlebende aus seiner Familie und fristet dann zunächst sein Leben ...

Der Roman spielt im Wesentlichen im 13. Jahrhundert in Magdeburg.
Moritz hat in seiner Kindheit Schlimmes erlebt; er ist der einzige Überlebende aus seiner Familie und fristet dann zunächst sein Leben als Sklave an einem Hof.
Als er in der Bauhütte eingesetzt wird, stellt sich heraus, dass er ein besonderes Talent für die Bildhauerei hat und er bezaubernde Figuren schaffen kann, die die Gefühle und den Charakter der Menschen widerspiegeln, die Vorbild für die Figuren waren.
Die junge Helena ist die Tochter des Baumeisters, der die Magdeburger Kathedrale zu Ehren des Heiligen Mauritius bauen soll. Um sie werben gleich mehrere Ritter und andere im Umfeld der Bauhütte.
Darüber hinaus spielt eine Vielzahl weiterer Personen im Umfeld der Bauhütte mit.


Meine Meinung:
Im ersten Teil der Geschichte lernt man zunächst die Vielzahl der Personen kennen, die in dem Roman vorkommen. Man hat als Leser leider zunächst wenig Gelegenheit, die Figuren besser kennenzulernen, da die Perspektive jeweils relativ schnell zwischen den einzelnen Charakteren wechselt. Im Laufe der Geschichte konsolidiert sich die Situation zwar etwas, aber insgesamt hätte ich mir ein wenig mehr Tiefe bei den Personen gewünscht (und dafür vielleicht eine oder zwei Personen weniger im Roman).
Die Handlung ist grundsätzlich jedoch spannend und gewinnt zusätzlich durch die geschickt eingeflochtenen Beschreibungen zum Kathedralenbau. Insbesondere in dieser Hinsicht habe ich "nebenbei" viel gelernt, was mich angeregt hat, zum Beispiel bei der anstehenden Besichtigung einer Kathedrale auf andere Dinge zu achten und den Baumeistern noch mehr Wertschätzung zu zollen.

Gut gefallen hat mir auch, dass in die Handlung Einschübe aufgenommen wurden, die in die Zeit des Heiligen Mauritius, zu dessen Ehre die Kathedrale gebaut wird, zurückschauen.

Insgesamt erscheint mir der Roman sehr gut recherchiert, so dass er nicht nur gute Einblicke in das Handwerk in einer Bauhütte bietet, sondern auch in das alltägliche Leben der Leute.


Fazit:
Mit einigen wenigen Abstrichen rund um die Beschreibung der handelnden Personen ist "Die Kathedrale des Lichts" für mich ein gelungener und gut recherchierter historischer Roman.

Veröffentlicht am 12.02.2018

Mitreißender historischer Roman mit sympathischer, starker Heldin

Die Tochter der Toskana
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Antonella lebt als Tochter eines Schäfers im 19. Jahrhundert in einem Dorf in Italien. Sie soll den Sohn des reichen Müllers heiraten, was ein bedeutender sozialer Aufstieg aus ihren ärmlichen Verhältnissen ...

Antonella lebt als Tochter eines Schäfers im 19. Jahrhundert in einem Dorf in Italien. Sie soll den Sohn des reichen Müllers heiraten, was ein bedeutender sozialer Aufstieg aus ihren ärmlichen Verhältnissen wäre. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und sie flieht aus ihrem Dorf, um in Genua eine Stelle als Köchen zu finden, da sie Kochen und Backen über alles liebt. Begleitet wird sie von dem jungen Mann Marco, der zu seinem Vetter in Genua reisen möchte und ihr seinen Schutz angeboten hat. Doch war verbirgt der junge Mann?


Meine Meinung:
Der historische Roman „Die Tochter der Toskana“ lässt sich flüssig und kurzweilig lesen und wird zum Ende hin richtig aufregend und spannend. Das alltägliche Leben im Italien des 19. Jahrhunderts wird sehr authentisch und nachvollziehbar beschrieben, z.B. wie die Schäfer über den Winter den Ort mit den Schafen verlassen, weil es dort nicht genügend Futter gibt, und die Frauen die Familien über den Winter bringen müssen.
Die beiden Hauptdarsteller Antonella und Marco werden sehr sympathisch beschrieben. Besonders die junge Frau Antonella hat mir von ihrer Entwicklung her sehr gut gefallen, denn sie ist klug und mutig und traut sich im Laufe der Handlung immer mehr zu.
Auch die historischen Zusammenhänge im zerrissenen Italien nach dem Wiener Kongress 1815 lernt man etwas besser kennen, so dass der Roman richtig Lust macht, sich näher mit diesem Thema zu befassen.
Darüber hinaus ist es einfach sehr schön, sich beim Lesen nach Italien zu träumen und durch die Beschreibungen leckerer Gerichte fast sogar die Kräuter und Gewürze zu riechen oder zu schmecken.


Fazit:
Für mich war der Roman ein wirklich schöner Lesegenuss, der leider viel zu schnell vorbei war. Ich freue mich schon auf die angekündigte Fortsetzung!

Veröffentlicht am 05.02.2018

Spannender und hintergründiger Nordseekrimi

Eisige Flut
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Der Nordseekrimi „Eisige Flut“ ist der fünfte Krimi der Autorin Nina Ohlandt um den Flensburger Hauptkommissar John Benthien.
Im besonders kalten Winter in Schleswig-Holstein inszeniert der „Eismörder“ ...

Der Nordseekrimi „Eisige Flut“ ist der fünfte Krimi der Autorin Nina Ohlandt um den Flensburger Hauptkommissar John Benthien.
Im besonders kalten Winter in Schleswig-Holstein inszeniert der „Eismörder“ seine Opfer auf besonders makabre Weise. So lässt er Anja Derling – als eingefrorene Leiche - an der Tür ihres Elternhauses „klingeln“ und ein weiteres Opfer setzt er auf eine Mauer zu Skulpturen. Hauptkommissar Benthien und sein Team finden schnell merkwürdige „Zeichen“, die der Täter hinterlässt, und untersuchen intensiv das Umfeld der Opfer. Wo ist die Verbindung? Wer könnte ein Motiv haben? Nebenbei knirscht es auch in Benthiens eigener Beziehung zu Lilly und er muss das Ermittlerteam zusammenhalten, auch zwischen Amrum, Niebüll, Flensburg…

Meine Meinung:
Für mich war es der erste Roman um den sympathischen Hauptkommissar Benthien aus dem hohen Norden, den ich gelesen habe, und das Buch hat mich direkt in seinen Bann gezogen. Dank des flüssigen Schreibstils und des spannenden Settings war ich sofort mitten im Geschehen. Die Ermittlungen werden sehr glaubwürdig und spannend beschrieben und auch von den Personen her ist der Roman sehr dicht erzählt. Dem Leser schnell bestimmte Spuren auf, die man jedoch nicht immer sofort richtig einordnen kann. Schnell weisen mehrere Sachverhalte darauf hin, dass alle Taten eine Beziehung zu einem bestimmten Ereignis aus der Vergangenheit haben. Auch das Umfeld der Opfer wird nämlich zum Teil sehr eindringlich beschrieben, was dem Roman eine schöne Tiefe gibt. Wie es sich für einen guten Krimi gehört, kommt die Auflösung mit einiger Überraschung daher. Mir hat darüber hinaus auch sehr gut das Lokalkolorit aus Norddeutschland gefallen, weil ich dort gerne Urlaub mache.

Fazit:
Insgesamt hatte dieser Krimi für mich alles, was ein guter Krimi haben muss: Eine spannende und gut aufgebaute (aber nicht zu blutrünstige) Geschichte, Ermittlungsarbeit zum Mitraten und glaubwürdig konstruierte Personen. Sicherlich war dies nicht der letzte Krimi aus dieser Reihe, den ich gelesen habe!

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Veröffentlicht am 18.01.2018

Historischer Roman um eine mutige junge Frau im Jahr 950

Die Salzpiratin
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Im Jahr 950 am Traunsee wird die Familie und alle Einwohner des Dorfes der jungen Ursel überfallen und getötet. Bei dem brutalen Überfall durch den Grafen Wilhelm wird alles zerstört und niedergebrannt. ...

Im Jahr 950 am Traunsee wird die Familie und alle Einwohner des Dorfes der jungen Ursel überfallen und getötet. Bei dem brutalen Überfall durch den Grafen Wilhelm wird alles zerstört und niedergebrannt. Der traumatisierten Ursel gelingt die Flucht, und als Mann verkleidet schließt sie sich den sogenannten Salzpiraten unter Gerold an, die ihren Unterhalt damit verdienen, dass sie die Schiffe, die das Salz aus den Bergwerken auf dem See weiter transportieren, überfallen. Bei einem Überfall wird Steffen, ein Gelehrter und Sekretär des Grafen Wilhelm, zum Gefangenen der Piraten. Ursel scheint bald mehr für ihn zu empfinden.

Meine Meinung:
Dies ist der erste historische Roman, den ich von Beate Maly gelesen habe. Durch die sehr flüssige Erzählweise fliegt die Handlung ziemlich schnell dahin, wobei ich erst einmal einige Kapitel gebraucht habe, um in die Handlung reinzukommen. Anfangs lag dies an den schnell wechselnden Erzählperspektiven, die sich im Laufe des Romans jedoch stark einspielen. Gut gefallen haben mir die handelnden Personen Ursel und Steffen. Ursel ist eine starke junge Frau, die sehr ungewöhnlich selbstbewusst für die Zeit ihren Weg geht und sich auch schon vor dem Überfall auf ihre Familie eher für die Jagd und den Bau von guten Bögen versteht als zu nähen oder zu kochen. Die Zeit und das Setting des Romans sind eher außergewöhnlich und haben mir gut gefallen, da man sich die idyllische Gegend am Traunsee gut vorstellen kann und man eher nicht viele Romane aus dieser frühen (eher undokumentierten) Zeit bekommt.

Fazit:
„Die Salzpiratin“ war für mich ein schöner kurzweiliger historischer Roman mit einer spannenden Handlung und einer sehr sympathischen starken Protagonistin.