Über die Schwierigkeit menschlicher Beziehungen
Vier Schwestern kommen zu einem Sommerurlaub in einem Küstenort der Cinque Terre zusammen. Sie sind in Neuseeland aufgewachsen und haben sich seit Jahren nicht mehr gesehen. Nun hoffen sie auf unbeschwerte ...
Vier Schwestern kommen zu einem Sommerurlaub in einem Küstenort der Cinque Terre zusammen. Sie sind in Neuseeland aufgewachsen und haben sich seit Jahren nicht mehr gesehen. Nun hoffen sie auf unbeschwerte Tage in Italien. Doch eines Abends ist eine von ihnen, Rose, verschwunden. Sie taucht zu der Essensverabredung nicht auf, ohne sich vorher abzumelden. Ist ihr etwas Schlimmes zugestoßen? Braucht sie Hilfe? Oder ist sie einfach abgehauen? Stundenlang warten ihre drei Schwestern in Corniglia auf sie, machen sich auf die Suche nach ihr. Dabei treten Spannungen zutage, die nicht nur auf die Sorge um Rose, sondern auch auf Erlebnisse und Erinnerungen aus ihrer gemeinsamen Kindheit und Jugend zurückzuführen sind…
„Vier Schwestern“ ist der eindringliche Debütroman von Joanna King über Liebe, Verluste und tiefe Verletzungen.
Meine Meinung:
Der Roman besteht aus mehreren Kapiteln, die jedoch weder nummeriert sind noch über Überschriften verfügen. Erzählt wird aus der Sicht der jüngsten Schwester, einer namenlosen Ich-Erzählerin, die als Tänzerin in London lebt. Eingefügt sind etliche Rückblenden in die Vergangenheit der Familie, die allerdings nicht chronologisch angeordnet sind.
Der Schreibstil ist ungewöhnlich. Mir fiel es anfangs dadurch etwas schwer, in die Geschichte zu finden. Dies liegt nicht nur daran, dass man direkt in das Geschehen geworfen wird. Auch sprachlich ist der Roman etwas anspruchsvoller und erfordert beim Lesen volle Aufmerksamkeit. Nach einer Eingewöhnungsphase hat mir der Stil mit seiner bildhaften, teils poetischen Sprache und tollen Beschreibungen aber sehr gut gefallen.
Die Charaktere sind reizvoll gewählt und facettenreich. Es handelt sich um Menschen mit Fehlern und Schwächen und nicht um klischeehafte Romanheldinnen. Ihre Beziehungen zu Männern, aber auch untereinander werden psychologisch analysiert und nehmen viel Raum ein. Einerseits erfährt man dadurch viel aus dem Seelenleben der vier Schwestern. Andererseits bleibt trotzdem vor allem ein Großteil der Biografien von Jess und Ngaio dem Leser verborgen.
Die Handlung ist weitgehend überschaubar. Durch das Verschwinden von Rose bleibt lange Zeit eine gewisse Spannung erhalten. Darüber hinaus ist es eher eine ruhige Geschichte. Und dennoch: Sie konnte mich besonders durch die beschriebenen Konflikte fesseln.
Intensiv beleuchtet wird, wie sich das Verhältnis der Schwestern zueinander entwickelt hat. Aspekte wie Liebeskummer, die Trennung der Eltern, gescheiterte Beziehungen, gegenseitige Verletzungen und andere Ereignisse erzeugen Schwermut und sorgen dafür, dass das Buch alles andere als ein seichter Wohlfühlroman ist. Es ist eine unbequeme Lektüre, die zum Nachdenken anregt.
Das Cover ist ansprechend und passend gewählt. Der deutsche Titel weicht zwar vom englischsprachigen Original („Absence“) ab, ist aber treffend formuliert.
Mein Fazit:
„Vier Schwestern“ von Joanna King ist kein süffiger, sehr gefälliger Roman, aber eine lesenswerte Geschichte über menschliche Beziehungen und die damit verbundenen Schwierigkeiten.