Penibel recherchiert - empfehlenswert
Der britische Historiker Munro Price hat sich intensiv mit dem Untergangs Napoleons beschäftigt. Er gräbt tief in den Archiven von Feind und Freund und fördert bislang unbekannte Fakten zu Tage. Die zahlreichen ...
Der britische Historiker Munro Price hat sich intensiv mit dem Untergangs Napoleons beschäftigt. Er gräbt tief in den Archiven von Feind und Freund und fördert bislang unbekannte Fakten zu Tage. Die zahlreichen Fußnoten belegen die Zitate und erschweren manchmal das Lesen, doch für den an Geschichte Interessierten bergen sie oft viele Hinweise zu weiterführenden Informationen.
Munro Price versucht zu belegen, dass nicht die Schlacht von Waterloo das Ende Napoleons besiegelt hat, sondern viele kleine und größere Ereignisse davor.
Der Autor beleuchtet den Gesundheitszustand des Kaisers der Franzosen, der auf Grund der langjährigen Strapazen angegriffen ist. Er vermutet ein Problem mit der Hypophyse, die er für die Stimmungsschwankungen verantwortlich macht. Besonders seit dem verlorenen Russland-Feldzug verhält sich Napoleon zeitweise depressiv und unberechenbar.
Er bemüht sich dabei größtmöglicher Objektivität und beleuchtet auch die mitunter ambivalenten Aussagen und Handlungen sowohl von Napoleon selbst als auch von Zar Alexander.
In Sturheit und Wankelmütigkeit sind sich die beiden ebenbürtig. Napoleon ist allerdings der bessere Militär, während Alexander nur glaubt ein guter Stratege zu sein.
Sehr schön ist auch die Person des Oberbefehlshabers der alliierten Truppen, Karl von Schwarzenberg, herausgearbeitet. Schwarzenberg wird de facto von Price rehabilitiert, da ihm von den Verbündeten Feigheit und Unentschlossenheit vorgeworfen wurde.
Eine besondere Rolle kommt auch Clemens Lothar von Metternich zu, der sich – obwohl von mehreren Seiten diffamiert – um einen akzeptablen Friedensplan bemüht. Spätestens vor der Völkerschlacht bei Leipzig hätte es noch die Möglichkeit gegeben, durch die Abdankung Napoleons zu Gunsten seines Sohnes (immerhin ein halber Habsburger) eine Dynastie Bonaparte zu installieren. Allein, der halsstarrige Despot, der nicht erkennen wollte, dass Frankreich und die eroberten Gebiete sowie der Großteil seiner Marschälle genug des Krieges hatten, verhinderte eine vernünftige Lösung.
Nicht ausgespart wird auch die beinahe grotesk anmutenden Befindlichkeiten der Herrscher, hüben wie drüben.
DerTheorie, Napoleon wollte Selbstmord begehen, sowie einem Mordkomplott zu Opfer fallen wird ebenfalls Platz eingeräumt.
Ich habe schon sehr viele Bücher über Napoleon und seine Weggefährten gelesen. Dieses ist ein sehr empfehlenswertes, da der Autor viele Zeitgenossen zu Wort kommen lässt.