Der Titel hält, was er verspricht
"Wenn es Frühling wird in Wien" - wäre das kein Buch-, sondern ein Filmtitel, er hätte mich abgeschreckt. Schmalzig, schwarz-weiß, vorhersehbares Happyend: das wären meine Vermutungen gewesen. Und leider: ...
"Wenn es Frühling wird in Wien" - wäre das kein Buch-, sondern ein Filmtitel, er hätte mich abgeschreckt. Schmalzig, schwarz-weiß, vorhersehbares Happyend: das wären meine Vermutungen gewesen. Und leider: auch auf Petra Hartliebs Buch "Wenn es Frühling wird in Wien" trifft das meiste davon zu.
Das Büchlein, das im Wien des Jahres 1912 spielt, hat mich interessiert, weil es um eine Kinderfrau geht, die Angestellte von Arthur Schnitzler ist. Allerdings: über den Schriftsteller erfährt man so gut wie nichts in dem 172 Seiten starken Büchlein. Schnitzler ist nett zu seinen Kindern, geht fair mit seinen Angestellten um, setzt sich hin und wieder gegen seine Frau durch, hält die Bleibtreu für eine optimale Besetzung als Schauspielerin für das Stück "Das weite Land". Da ist es interessanter, zu verfolgen, die der Untergang der Titanic 1912 in den Zeitungen der Donaumonarchie erst nach und nach bekannt wurde oder ob Sophie, das Hausmädchen, nach einem Schwangerschaftsabbruch wieder zu den Schnitzlers zurückkehren darf.
Die beiden Hauptfiguren in diesem Liebesreigen sind eindeutig Oskar, der Buchhändler, und Marie, das Kindermädchen. Sie lernen sich kennen und lieben, und natürlich: ihre Liebe wird auch auf eine Bewährungsprobe gestellt. Übertrieben schnulzig ist das Buch nur in der Anlage der Handlung, die Sprache selbst ist angemessen nüchtern. Die Figuren sind eher einfach gestrickt, man erkennt sofort, wer zu den Guten und wer zu den Bösen gehört. So ahnt man schnell, wie das Buch ausgehen wird - und siehe: es geschieht auch so.
Nein, "Wenn es Frühling wird in Wien" war mir trotz der plausiblen Handlung zu seicht, die Sozialkritik zu abgewogen. Ein historischer Roman, der mich nicht gepackt hat.