Profilbild von Wedma

Wedma

Lesejury Star
offline

Wedma ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Wedma über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.03.2018

Ein schöner, atmosphärischer Krimi zum Wohlfühlen.

Château Mort
0

Das Hörbuch habe ich sehr gern gehört und empfehle es gern auch weiter.

Klappentext beschreibt den Anfang sehr gut: „Hitzewelle im Aquitaine. Dennoch treten wieder Tausende zum weltberühmten Marathon ...

Das Hörbuch habe ich sehr gern gehört und empfehle es gern auch weiter.

Klappentext beschreibt den Anfang sehr gut: „Hitzewelle im Aquitaine. Dennoch treten wieder Tausende zum weltberühmten Marathon du Médoc an, der mitten durch die Gärten der schönsten Châteaus führt. Doch während des Laufes stirbt ein angesehener Winzer - und ausgerechnet Lucs bester Freund Richard ist der Hauptverdächtige. Der Kommissar entdeckt rasch, dass auch die nobelsten Weingüter der Welt ihre Schattenseiten haben. Je mehr Luc erfährt, desto verzwickter wird der Fall. Und er muss feststellen, dass selbst seine Partnerin Anouk seinen besten Freund für einen Mörder hält.
Frank Arnold verbindet kulinarischen Genüsse, eine Liebesgeschichte sowie den verzwickten Kriminalfall auf sehr angenehme Art miteinander.“

Der Kommissar Luc Verlain gibt eine sympathische Figur ab, also begleitet man ihn gern bei seinen Abenteuern aller Art. Der junge Mann lässt nichts anbrennen: in Anouk ist er verliebt, hat aber nicht so ganz einfach mit ihr. Zum Trost gibt es die sportliche Surf-Lehrerin, die sich dann aber doch von der tiefgründigen Seiten zeigt. Die Ermittlungen führen Luc in Winzermilieu. Hier erfährt man, was es eigentlich heißt, Winzer zu sein: Harte Arbeit in der Landwirtschaft. Die guten Preise bekommt man nur, wenn man die angesagten Anbaugebiete sein eigen nennt. Der Rest der Winzer arbeitet viel, bekommt aber wenig, obwohl die Weine gut sind. Sie erzielen bloß nicht die Preise, die der Winzer bräuchte, um nicht pleite zu gehen.

Bei seinen Ermittlungen vergisst Luc nicht, in Gesellschaft schöner Frauen fein zu speisen und sich die tollen Weine der Region schmecken zu lassen. Auch einer Weinführung wohnen er und seine Kollegin bei. Wie später auch einer Weintraubenernte.
Schön atmosphärisch ist das Ganze. Es ist, als ob man bei Luc zu Besuch ist und ihm über die Schulter schaut.
Ich fühlte mich sehr wohl in diesem Krimi. Auch zum Miträtseln gab es genug. Falsche Fährten auf Schritt und Tritt. Der tatsächlich hinter dem Mord steckte, konnte man nicht voraussehen, auch weil dem Leser/Zuhörer nicht sonderlich viel Infos gegeben wurden. Mir war es zudem etwas zu viel erklärt, die Infoversorgung hätte gern etwas eleganter ausfallen können. Aber sei es drum. Es ist ein schöner Regio-Krimi zum Träumen und sich Wohlfühlen.

Frank Arnold hat sehr gut gelesen. Alle Figuren konnte ich wunderbar heraushören und wiedererkennen, auch weil ihnen bestimmte Sprechbesonderheiten zugeteilt wurden. Auch Frauenfiguren samt ihren Stimmungen gelangen prima. Ich freue mich, wenn die nächste Folge von Frank Arnold gesprochen wird.

Fazit: Ein schöner, atmosphärischer Krimi zum Wohlfühlen. Habe ich gern gehört!

Veröffentlicht am 21.03.2018

Sehr gekonnt geschrieben. Tiefgründig. Lesenswert.

Skandinavisches Viertel
0

Den Roman von Torsten Schulz habe ich gern gelesen. Er stellt ein gekonnt geschriebenes literarisches Werk dar, das viele akuten Themen der Gesellschaft zu einem atmosphärischen, tiefgründigen, zum Nachdenken ...

Den Roman von Torsten Schulz habe ich gern gelesen. Er stellt ein gekonnt geschriebenes literarisches Werk dar, das viele akuten Themen der Gesellschaft zu einem atmosphärischen, tiefgründigen, zum Nachdenken anregenden Erzählteppich verwebt.

Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend: „Nach Jahren im Ausland kehrt Matthias Weber ins Skandinavische Viertel zurück. Schon als Zwölfjähriger kannte er jede Straße in diesem Teil Ostberlins an der Mauer. Heute stemmt er sich als selbsternannter Anti-Gentrifizierungs-Makler gegen eine Entwicklung, die er nicht aufhalten kann.

Das Skandinavische Viertel in Ostberlin kennt niemand so gut wie Matthias Weber. Als Kind unternimmt er hier in den siebziger Jahren Streifzüge, beflügelt von seiner reichen Phantasie, zugleich auf der Flucht vor inneren Dämonen. Vater, Onkel, Großmutter: nette Leute, und doch jeder auf seine Weise in Schuld verstrickt. Nur sehr langsam durchdringt der Junge das Geflecht aus Geheimnis und Verrat in seiner Familie. Jahre später kehrt Matthias in sein Revier zurück, das sich seit dem Fall der Mauer im Umbruch befindet. Er wird Wohnungsmakler, und da sich der umgängliche Grübler nicht zum Haifisch eignet, macht er es sich zur Aufgabe, Neureiche und Großkotze aus seinem Viertel fernzuhalten. Zwischen Geld und Moral, vergänglichen Amouren und existentieller Einsamkeit führt er einen letztlich aussichtslosen Kampf. Eine Geschichte um Verlust, Trauer und Wut, in der sich die Abgründe des eigenen Lebens offenbaren.“

Es ist ein Familienroman, der mit seinen Lesern über das Leben und vieles, was dazu gehört, spricht, auch über die Liebe über den Tod hinaus, über Familienzusammenhalt, Vertrauen, Vertrauensbruch, über das Schweigen und übermäßigen Alkoholkonsum als „Problemlösung“ uvm.

Es geht um Matthias, einen clevereren Burschen mit wachem Verstand, und seine Kindheit in der DDR, um sein Erwachsenwerden ohne Mutter, und welche Folgen das für Matthias als erwachsenen Mann hat, um den Verrat und seine Folgen, für alle Beteiligten, über die Generationen hinweg. Teils in Rückblenden, im Wechsel zum Erzählstrang, der in der Gegenwart spielt und Matthias im Heute zeigt, wurde sein Leben bis zu seinem 50.Lebensjahr erzählt: Woher er kam, wohin er als junger Mann ging, was er dort erreicht hat, wo er jetzt ist, was er nun hat und ob das so gut ist. Matthias hat da zum Schluss seine eigene Meinung und ist nicht abgeneigt, daran zu arbeiten.

Der Roman ist sehr kunstfertig geschrieben. Er erzählt nicht nur Lebensgeschichten der Menschen aus der ehem. DDR, sondern er gibt auch seinen Lesern viel Stoff, der viel hineininterpretieren lässt und zum Nachdenken u.a. über das eigene Tun und seine Konsequenzen, über das eigene Leben insg. einlädt.
Die „obligatorischen“ Sexszenen sind gekonnt gemeistert worden. Davon hätte es aber ruhig weniger sein können. Wie Matthias mit seinen Liebschaften schläft, wollte ich nicht so genau wissen. Insofern war es mMn keine Aufwertung oder etwas in der Art. Aber sonst…

Fazit: Ein Familienroman, der seine Wirkung erst nach und nach entfaltet. Man sollte ihm, wie einem Kunstwerk, genug Zeit und Raum geben. Definitiv kein 08/15 Kitsch. Sehr gekonnt und kunstfertig geschrieben. Tiefgründig. Lesenswert.

Veröffentlicht am 09.03.2018

Tolle, spannende Geschichte!

Hologrammatica
0

Vorweg gesagt, SciFi ist nicht mein Fall. Schon allein die Bezeichnung verleitet mich dazu, einfach weiter zu gehen und nach anderen Büchern Ausschau zu halten. Aber hier wurde ich neugierig. Zudem schaue ...

Vorweg gesagt, SciFi ist nicht mein Fall. Schon allein die Bezeichnung verleitet mich dazu, einfach weiter zu gehen und nach anderen Büchern Ausschau zu halten. Aber hier wurde ich neugierig. Zudem schaue ich gern über den Tellerrand, da kann man so manches Schätzchen entdecken. Und hier war es absolut der Fall.
„Hologrammatica“ fand ich schon sehr gut gelungen: Spannend, fantasiereich, toll erzählt, zum Nachdenken anregend. Die heutigen Tendenzen sind weitergedacht worden und so ist die Menschheit im Jahr 2088 nach einer GAU gut dezimiert, aber recht lebendig dabei und kämpft mit den Auswirkungen der Erderwärmung. Sibirien ist sehr begehrt, da man es dort noch gut aushalten kann. Es wird viel mit der Technik gespielt: die unschönen Bilder der Realität einfach mit Hologrammen überstrahlt, dann sieht man die Elend nicht, welch Ironie. Manche Menschen haben sich Chips in die Hirne installiert und können die Körper wechseln, je nach Bedarf und die Dicke des Geldbeutels, obwohl auch für eher kurze Zeit. Unsterblichkeit ist ein großes Thema, dem wird im Laufe des Romans nachgespürt und recht aktions- und aufschlussreich auf die Schliche gekommen.
Die Themen sind sehr aktuell, und man kann es sich ohne weiteres vorstellen, dass die heutigen Entwicklungen genau so enden, wie es in diesem Roman dargestellt wurde.
Im Roman sind hier und dort paar russische Begriffe eingepflegt worden, insg. vermittelt das Ganze die den Eindruck, dass Russland ein fester Bestandteil des Lebens in Europa in der Zukunft ist. Von der heutigen Politik der Ausgrenzung und leitmedial gebastelter Entfremdung keine Spur. In Zukunft werden sie es wohl besser machen, bleibt zumindest zu hoffen.
Die Figuren sind überzeugend: Kinder, bzw. die Ergebnisse ihrer Zeit, können prima die Handlung vorantreiben, ohne dass es langweilig wird. Etwas Coolness und Abgeklärtheit passten da ganz gut.
Den Schreibstil fand ich sehr gut, die Sprache knapp und aussagestark. All die Erklärungen, wovon es etliche gibt, da die ganze Welt der Zukunft vermittelt werden soll, plus die üblichen Stoffwiederholungen, sind geschickt „versteckt“ worden, ohne dass die Handlung groß stockt oder man sich zu langweilen anfängt.
Für den Roman gibt es 5 Sterne. Ich bin da echt beeindruckt! Hut ab!

Einzig für die Interpretationen des Sprechers konnte ich mich nicht begeistern. Ich kenne ihn aus den Krimis aus Südfrankreich. Da hatte ich keine Probleme, so konnte ich nicht ahnen, dass ich hier welche bekomme. Zu überzeichnet war es mir insg. Zu viele Klischees (Wenn sich zwei schwule Männer unterhalten, der eine „muss unbedingt“ sehr damenhaft klingen), zu oft die unnötigen Spielereien mit der Stimme (rauf, runter, wieder rauf am Ende eines Nebensatzes oder einer Frage), die sich das Ganze gekünstelt anhören ließen und mir den Spaß am Hören vermiest haben. Zudem kamen paar fremdsprachigen Begriffe, die man nur mit viel Kombinationsgabe und Fantasie entziffern kann. Paarmal wollte ich abbrechen. Aber ich war neugierig, wie die Geschichte weiterging, also gab es immer neue Versuche. Und so habe ich doch noch zu Ende gehört, was mich auch sehr freut. In der zweiten Hälfte wurde es etwas erträglicher, weniger Spielereien, einfach ganz normal gelesen, dann ging es auch.


Veröffentlicht am 09.03.2018

Faszinierende Welt der alten nordischen Mythen.

Fit für Walhalla
0

Klappentext beschreibt den Inhalt recht treffend: „Von Odin und Thor bis Ragnar Lodbrok Carolyne Larrington nimmt uns mit auf eine Reise durch die Welt der berühmten Götter der Wikinger und offenbart anhand ...

Klappentext beschreibt den Inhalt recht treffend: „Von Odin und Thor bis Ragnar Lodbrok Carolyne Larrington nimmt uns mit auf eine Reise durch die Welt der berühmten Götter der Wikinger und offenbart anhand von Bildern und ebenso wundervoll wie ergreifend übersetzten Textpassagen aus den Primärquellen die atemberaubende Schönheit der nordischen Mythen. Angefangen bei der Entstehung der Welt bis hin zu ihrem Untergang und der Frage: Was geschieht dann? Es sind gewaltige Erzählungen von Göttern, die menschlicher nicht sein könnten und Menschen, die in ihrer eigenen Welt aber auch im Zusammenspiel mit ihren Göttern weit über sich hinauswachsen und so selbst Einzug in die Sagenwelt halten. Ob in Wagners Oper Die Walküre , in Tolkiens Herr der Ringe oder den Marvel Comics die Geschichten und Erzählungen über die nordischen Götter und Helden faszinieren und inspirieren seit jeher. Wer sie im Grunde sind, was wir tatsächlich über sie wissen und in welcher Form sie uns bis heute erhalten geblieben sind, erfahren wir in diesem großartigen Überblick.“

Zur Autorin: „Carolyne Larrington lehrt englische Literatur des Mittelalters als Fellow am St John’s College in Oxford.“

Die rund 210 Seiten sind in 6 Kapitel aufgeteilt: „Die Götter und Göttinnen“, „Die Welt wird geschaffen und gestaltet“, „Verfeindete Mächte“, „Reif für Valhöll: Menschliche Helden“, „Helden der Wikingerwelt“, „Endzeit- und Neubeginn“. Dazu kommen die Einleitung, Karten, Vorbemerkung zu den Namen und ihrer Aussprache, Anhang.

Beeindruckend wie faszinierend ist diese alte Welt der nordischen Mythen. Nach dem ersten Kapitel, in dem die Götter der Reihe nach vorgestellt wurden, u.a. Odin, Thor, Frigg, Freyja, wer Walküren waren, wozu die Runen dienten, etc., geht es um die Weltschöpfung im Kap.2, die für die Nordländer ausgesprochen männlich ausfiel. Man liest hier auch von mythischen Landschaften, übernatürlichen Frauen, die am Anfang und am Ende des Lebens stehen und auf einen warten, „Warum die Menschen Bäume sind“ uvm.

Fast auf jeder Seite gibt es eine weitere Legende, Mythos und ein Foto, Zeichnung, die das Geschriebene verbildlichen. Diese visuellen Hilfen sind ein fester Bestsandteil des Buches, was sich sehr positiv auf das Leseerlebnis auswirkt. Manchmal sieht man z.B. Fragmente alter Kriegsschlachten auf Bildsteinen, S. 189, oder auch die Schachfiguren, die Berserker darstellen, die Krieger, die auf ihre Schilder beißen, S. 185, oder auch die vier Damen als Schachfiguren aus dem späten 12 Jh., S. 117, uvm.

Diese alten Geschichten sind so anders als all das, was man heute zu lesen bekommt. Sie folgen ihrer eigenen Logik, die mit der heutigen u.a. wenig übereinstimmt. Manchmal ist es dem Umstand verschuldet, dass die Überlieferungen nicht eindeutig sind und erzählen die Geschehnisse mal so, mal anders, was bei solch alten Geschichten kein Wunder ist. Die Versionen werden hier aufgeführt und erklärt. Die Weltanschauung der Nordländer, ihr Verständnis dessen, wie die Welt entstand, wie und was sie ihrer Meinung nach ist, etc. ist so eigen und komplett anders als die von heute. Die Realität der Nordländer war voller mythischer Gestalten und menschlier Helden, die den heutigen Leser mit ihren fantasiereichen, aber auch schaurigen, rauen, gar manchmal brutalen Geschichten: List, Raub, Mord, uvm. standen an der Tagesordnung, recht tief beeindrucken vermögen. Auch die Art zu erzählen ist eine ganz andere.

Wer allerdings glaubt, hier ein Märchenband mit neuen Stories zu finden, dem sei gesagt: Von den Mythen gibt es zwar reichlich, dies ist aber ein populärwissenschaftliches Sachbuch. Die alten Geschichten sind zwar an die Wahrnehmung der modernen Leser gewissermaßen angepasst worden, sie werden aber auch analysiert, z.T. erklärt, z.B. welche Metapher für was da gerade steht, welche Archetypen dort warum verwendet wurden. Die Mythen wurden mit anderen, z.B. mit den ähnlichen aus England, verglichen und in Bezug auf die Gemeinsamkeiten, z.B. der Weltanschauungsmodelle uvm. abgeklopft. Diesem Charme der alten, vergessenen Welt, der sich erst allmählich entwickelt, kann man kaum widerstehen. Das Ganze wirkt auch nach, in den Pausen und erst recht nachdem die letzte Seite umgeblättert worden ist.

Das Buch ist gut gemacht: Festeinband, 100 s/w Illustrationen, in den Text passend integriert, fast auf jeder Seite gibt es eine oder zwei, manchmal nimmt ein Bild 1-2 Seiten ein.
Ich habe mir diese Bilder in Farbe gewünscht.

Fazit: Ein sehr interessantes und lesenswertes Buch, das die Leser in die Welt der alten nordischen Mythen entführt, und die Nordländer mit ihrer bizarren Weltanschauung aufleben lässt.

Veröffentlicht am 01.03.2018

Interessant und lesenswert.

Einsamkeit - die unerkannte Krankheit
0

Rund 230 Seiten des Textes sind in 10 Kapitel geordnet, darunter: „Einsamkeit löst Stress aus“, „Einsamkeit als Krankheitsrisiko“, „Online (gem)einsam?“, usw., in denen der Autor argumentiert, warum Einsamkeit ...

Rund 230 Seiten des Textes sind in 10 Kapitel geordnet, darunter: „Einsamkeit löst Stress aus“, „Einsamkeit als Krankheitsrisiko“, „Online (gem)einsam?“, usw., in denen der Autor argumentiert, warum Einsamkeit schädlich ist, noch schlimmer als im Allgemeinen angenommen, und warum und wie sie zu meiden wäre.

Spitzer spricht auch von Einsamkeit unter Kindern und Jugendlichen. Sagt auch, dass man sich durchaus in einer Gemeinschaft sehr einsam fühlen kann. Es geht also um das Empfinden der Einsamkeit, was letztendlich zählt, denn laut Kap. 1 sind Menschen im höchsten Grade soziale Wesen, die, laut Kap. 2, mit Schmerzen auf Vereinsamung reagieren.
Die modernen Tendenzen wie Selbstbezogenheit, der Drang, das Geld und die Zeit nur für sich aufzuwenden, nehmen statt geben, Gebrauch von sozialen Medien, Smartphone, PC, etc. sind vom Autor als brandgefährlich eingestuft worden. „Soziale Onlinemedien verursachen Einsamkeit, Angst und Depression. Diese Feststellung ist deswegen so bedeutsam und erschreckend zugleich, weil die sozialen Onlinemedien heute gerade bei jungen Menschen einen wesentlichen Teil der Alltagsgestaltung ausmachen.“ S. 133. „Soziale Medien schaden der seelischen Gesundheit.“ S. 136.
Spitzer plädiert auf die Notwendigkeit der organisierten Bekämpfung der Einsamkeit auf Gesellschaftsebene, schlägt Maßnahmen zu vor, wie man, seiner Meinung nach, mit Einsamkeit nachhaltig fertigwerden könnte. So gesehen, liegt er im Trend und geht mit andern Autoren konform, die auf ihre Art die neoliberale Weltordnung infrage stellen, sie als krankmachend und wenig zukunftweisend erachten und zu einem sozial engagierten Leben aufrufen.
Die Lösungsvorschläge sind nichts grundsätzlich Neues, was der Autor zum Schluss auch zugibt: Bei der Bewegung in der Natur blüht der Mensch auf. Gemeinsame Unternehmungen wie Tanzabende, das Singen im Chor, Gruppenwanderungen sind in vielerlei Hinsicht eine gute Idee. Je weiter und sicherer das soziale Netzwerk einer Person, desto besser geht es ihr, solche Menschen leben auch länger. Wer lieber gibt als nimmt, der handelt klug und schafft auf diese Weise eine gute Abwehr gegen Einsamkeit.
Spitzer hat viele Daten aus der Forschung aufbereitet und für seine Argumentation verwendet: Anmerkungen und Quellenangaben gehen über 60 Seiten.
Einiges an seiner Argumentation hat mich jedoch nicht so ganz überzeugen können. Spitzer stützt sie oft auf Statistiken, die aus US Quellen stammen und mit US-amerikanischen Probanden durchgeführt wurden. Es wurde schlicht vorausgesetzt, dass diese Ergebnisse auch auf Europäer, auf das deutsche Publikum übertragbar sein sollten. Vllt kann es mal bei grundliegenderen Dingen der Fall ein, aber nicht ohne weiteres und nicht in jeder Hinsicht. Es können auch andere wichtige Unterschiede sein, die für Mr. X stimmen, beim Herrn Y aber kaum anwendbar sind, weil er ganz anders ist, seine Einsamkeit ganz anders lebt oder z.B. auch sein Alter nicht mit dem der Probanden übereinstimmt. Oft wurden die Ergebnisse der Tests/Umfragen unter jungen Onlinemediennutzern in USA hier als Grundlage der Ausführungen verwendet. Diese Ergebnisse für die Menschen im reiferen Alter, bei etwa über sechzig-siebzig Jährigen in Deutschland rein pauschal als ohne weiteres anwendbar zu betrachten, erscheint mir eher problematisch, denn junge Amerikaner ticken in manchen Dingen doch anders als deutsche Rentner. Oft musste ich bei solchen Ausführungen denken, dass man mit gleichen Statistiken oft auch konträre Thesen belegen kann, wenn man die Argumentation mit Inbrunst der Überzeugung vorträgt. Ob es dann wirklich überzeugend wirkt, steht auf einem anderen Blatt.

Das Buch ist gut gemacht: Festeinband in Grau, Umschlagblatt. Einige s/w Fotos, Zeichnungen, Diagramme helfen, die Ausführungen dem Publikum verständlich zu machen.

Fazit: Das Buch ist lesenswert, insb. wenn man sich als Einsteiger mit dem Thema Einsamkeit auseinandersetzen möchte, denn es führt vor Augen, was Einsamkeit mit Menschen machen kann, was zu meiden wäre, auch was der psychischen Gesundheit guttut, was erstrebenswert ist. Man sollte aber in der Tat einiges gegen Einsamkeit tun, dann wird man das Nutzen vom Lesen dieses Buches auch auf eigener Haut spüren können.