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Veröffentlicht am 28.03.2018

Ein wichtiges Zeitdokument!

Ein Held dunkler Zeit
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Der Roman von Christian Hardinghaus basiert auf der wahren Geschichte des Arztes Helmut Machemer. In seinen Briefen von der Front hat er seine Eindrücke seiner Familie hinterlassen. Gemeinsam mit Christian ...

Der Roman von Christian Hardinghaus basiert auf der wahren Geschichte des Arztes Helmut Machemer. In seinen Briefen von der Front hat er seine Eindrücke seiner Familie hinterlassen. Gemeinsam mit Christian Hardinghaus hat sein Sohn Hans Machemer diese Dokumente ausgewertet und in einem Bildband/Sachbuch niedergeschrieben. Die Geschichte hat den Autor so nachhaltig beeindruckt, dass er einen Roman geschrieben hat, der auf Macheners Lebensgeschichte basiert.

Aus der Erzählperspektive des 95-jährigen ehemaligen Sanitätsgehilfen Friedrich Tönnies erfährt der Leser die Lebensgeschichte von Doktor Wilhelm Möckel. Dieser war sein Freund und Wegbegleiter in den ersten Kriegsjahren. Ein kleiner Vorfall ist der Auslöser, dass Friedrich den Entschluss fasst, die Geschichte von Wilhelm zu Papier zu bringen. Als der junge Augenarzt die kesse Medizinstudentin Annemarie im Sommer 1932 kennenlernt, ahnen sie nicht, welches Schicksal sie erwarten wird. Als Annemarie und Wilhelm heiraten wollen, erfährt die junge Frau, dass ihre Mutter Jüdin ist. Diese hat zwar nie den jüdischen Glauben praktiziert, doch nach dem Inkrafttreten des Nürnberger Rassegesetzes 1933 ist Annemarie ein "Mischling erstes Grades". Sie darf ihr Medizinstudium nicht mehr weiterführen und Wilhelm wird nach der Heirat die Kassenzulassung entzogen. Freunde wenden sich ab. Als Wilhelm hört, dass er die Möglichkeit hat durch eine besondere Tapferkeitsauzeichnung, das Eiserne Kreuz I. Klasse, ein Gnadengesuch beim Führer einzureichen, meldet er sich freiwillig zum Kriegseinsatz. Dies ist die einzige Chance einer "Arisierung" für seine Frau und die Zwillingssöhne Max und Martin zu bekommen...

Zu Beginn erfahren wir mehr über Wilhelm und Annemarie, ihre beginnende Liebe und die anfänglichen Schwierigkeiten durch das Nürnberger Rassegesetz. Man erlebt hautnah mit, wie die beiden ausgegrenzt werden und wie radikal selbst ehemalige Freunde sich verhalten.
Doch den Großteil begleiten wir Friedrich und Wilhelm an die Ostfront, liegen mit ihnen in den Schützengräben, laufen unter Kugelhagel zu den Verwundeten und verbinden sogar den Feind. Äußerst authentisch und wahnsinnig gut recherchiert hat Christian Hardinghaus für seinen Roman und legt einen ungeschönten Bericht vor. Der entscheidende Hungerwinter steht der 16. Panzerdivision bevor, doch zuvor geht es noch in die Südukraine, deren Bewohner der Besatzungsmacht gar nicht so feindlich gegenübersteht, weil viele von ihnen deutsche Wurzeln haben. Kriegstechnische Details langweilen hier nicht, sondern lenken ab und zu vom Kampfgeschehen, Amputationen und schweren Verlusten ab, die Wilhelm und Friedrich miterleben müssen. Dabei bleibt Wilhelm immer menschlich und seinem Hypokrates-Eid treu.

In einem zweiten Strang bleiben wir bei Annemarie und ihrer Familie, die mehr und mehr unter Druck geraten und den Schikanen der NS ausgeliefert sind. So erfährt der Leser wie es den Daheimgebliebenen ergeht, während Wilhelm und sein treuer Sanitätsgehilfe Friedrich an der Ostfront kämpfen.

Zum Roman gibt es auch das Sachbuch "Wofür es lohnte, das Leben zu wagen: Briefe, Fotos und Dokumente eines Truppenarztes von der Ostfront 1941/42" mit über 160 Briefen, über 2000 Fotos und mehreren Stunden Filmmaterial.

Schreibstil:
Christain Hardinghaus hat einen eher nüchternen, aber sehr flüssigen Schreibstil, der bei diesem Roman, der den Schrecken des Krieges sehr detailliert wiedergibt, perfekt passt. Trotzdem kommt das Emotionale genaus durch und berührt sehr. Als Historiker und mit den persönlichen Unterlagen des Vorbildes für seinen Roman, entführt er den Leser zurück in die Zeit des zweiten Weltkrieges. Die Stimmung ist dem Thema entsprechend eher düster gehalten.
Die Charaktere sind sehr lebendig und gut gezeichnet. Ich fühlte ihre Emotionen, sei es Angst, Unglauben, Freude oder Verlust durch jede Zeile.

Fazit:
Ein bewegender Roman mit biografischen Zügen, der ein weiterer großartiger Beitrag gegen das Vergessen ist. Ein wichtiges Zeitdokument, das ich gerne weiterempfehle! Literatur zu diesem Thema kann es nie genug geben!

Veröffentlicht am 26.03.2018

Auf nach Rügen

Drei Schwestern am Meer
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"Drei Schwestern am Meer" ist mein zweiter Roman, den die Autorin unter dem Pseudonym Anne Barns geschrieben hat, aber insgesamt mein drittes Buch von ihr. Bei ihren kulinarischen Geschichten träumt man ...

"Drei Schwestern am Meer" ist mein zweiter Roman, den die Autorin unter dem Pseudonym Anne Barns geschrieben hat, aber insgesamt mein drittes Buch von ihr. Bei ihren kulinarischen Geschichten träumt man nicht nur von leckeren Karamellbonbons oder saftigen Ofenfleisch, sondern verliebt sich ebenso in ihre wundervollen Landschaftsbeschreibungen. Dieses Mal sind wir mit Katharina, Pia und Jana auf der Insel Rügen gelandet.

Katharina hat sich endlich wieder ein Wochenende freigeschauftelt um ihre Oma Annie zu besuchen und mit Freund Daniel auszuspannen. Doch der Urlaubstart beginnt mit der Trennung von Daniel und dem Herzinfarkt ihrer Oma. Kurz darauf treffen Katharinas Schwestern Pia und Jana ein. Alle drei Mädchen wurden nach dem Unfalltod ihrer Eltern von Oma Annie aufgezogen. Umso größer ist der Schock als Annie vorerst ins künstliche Koma versetzt wird. Währenddessen versuchen die drei Schwestern im Haus der Oma Klarschiff zu machen und den Urlaubern, die Annie über dem Sommer immer aufnimmt, abzusagen. Doch Rina entdeckt eine Aufforderung der Bank und hört von Annies Freundin Thea, dass ihre Schwester Erika vor kurzem für Unruhe gesorgt hat und die Beiden nicht mehr miteinander sprechen. Warum hat Oma Annie ihr nie davon erzählt?

Die Charaktere sind wieder toll gezeichnet und sehr lebendig. Der Zusammenhalt der Schwestern wird sehr deutlich, auch wenn sie total unterschiedlich sind. Jede für sich ist sympathisch und hat ihre Ecken und Kanten. Während Rina ihr Arztstudium abgeschlossen hat und wegen Daniel nach Berlin gezogen ist, ist sie sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie die richtige berufliche Richtung eingeschlagen hat. Auch Pia und Jana kämpfen mit privaten Problemen und wissen nicht so recht weiter. Da kommt ihnen der gemeinsame Aufenthalt gar nicht ungelegen. Nicht nur Omas Familiengeheimnis wird entdeckt, sondern gemeinsam versuchen sie sich den Problemen zu stellen und sich gegenseitig zu unterstützen....

Die Dialoge zwischen den Schwestern sind spritzig und humorvoll. Die Handlung ist aber nicht nur unterhaltsam, sondern es gibt jede Menge Schicksalsschläge zu bewältigen. Auch ein Familiengeheimnis gibt es zu lüften. In erster Linie geht es jedoch um den Zusammenhalt der Schwestern, um Liebe, Freundschaft und Versöhnung.

Die wunderbare Inselatmosphäre löste bei mir Fernweh aus. Am liebsten würde man sofort seinen Koffer packen und sich mit Rina, Pia und Jana an den Strand setzen. Anne Barns versteht es immer wieder einen richtigen Wohlfühlroman zu schreiben, mit dem man sich auf die Couch kuscheln und sich wegträumen kann.

Erst am Ende komme ich wieder zum einzigen Kritikpunkt. Wie schon bei "Apfelkuchen am Meer" kam das Ende zu übereilt und die Probleme lösten sich innerhalb von kurzer Zeit viel zu schnell auf. Auch hat die Autorin in meinen Augen etwas zu viele Happy Ends eingebracht. Eines hätte für die Glaubwürdigkeit des Romans perfekt gepasst. Mir war es zum Ende hin dann leider zu konstruiert, zu viel Klischee und zwei Happy Ends zu viel. Das ist schade, denn bis dahin hätte ich den Roman ohne zu zögern 5 Sterne gegeben. So sind es schlussendlich 4 Sterne geworden.

Schreibstil:
Die Autorin hat einen wunderbaren flüssigen Schreibstil, der mich an das Buch fesseln konnte. Protagonistin Katharina erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive. Die sehr atmosphärische Landschaftsbeschreibung sorgt für das nötige Lokalkolorit und die Charaktere sind allesamt sehr lebendig dargestellt.

Wie bei "Apfelkuchen am Meer"gibt es auch hier am Ende des Buches viele leckere Rezepte, die auch im Roman immer wieder erwähnt werden.

Fazit :
Ein wundervoller Roman über Freundschaft und Familienbande, gewürzt mit einem kleinen Familiengeheimnis und einem (zu großen) Schuss Romantik am Ende. Eine bezaubernde Geschichte, die Fernweh bei mir auslöste, die mir aber am Ende etwas zu konstruiert war. Ein Wohlfühlroman zum Träumen.

Veröffentlicht am 18.03.2018

Verstörender Blick in die Abgründe der menschlichen Seele

Am Ende bist du still
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Der österreichische Autor aus Schwanenstadt in Oberösterreich hat mit seiner Reihe rund um den schrulligen Ermittler Gasperlmaier eine Reihe erschaffen, die mich an Rita Falks Eberhofer-Reihe erinnert. ...

Der österreichische Autor aus Schwanenstadt in Oberösterreich hat mit seiner Reihe rund um den schrulligen Ermittler Gasperlmaier eine Reihe erschaffen, die mich an Rita Falks Eberhofer-Reihe erinnert. Mit "Die Einsamkeit des Bösen" probierte er 2016 eine ganz andere Richtung aus, nämlich die eines psychodramtischen Krimis, der mehr an einem Thriller erinnert und konnte damit bei mir voll punkten.

Wie in "Die Einsamkeit des Bösen" zeigt der Autor auch hier wieder gekonnt die menschlichen Abgründe auf. Mit seiner Protagionistin Sabine lernen wir eine verstörte und manipulative junge Frau kennen. Bereits als Kind wird sie durch das Verhalten ihrer Mutter ausgegrenzt. In Rückblenden erfährt der Leser immer häppchenweise übers Sabines Kindheit. Diese wird von ihrer Mutter beherrscht, die nur über materielle Dinge ihre "Liebe" zeigen kann. Sabine hat zwar immer die neuesten Kleider, Schulartikel oder Spielsachen, aber sonst hört sie nur, wie unzureichend sie ist. Sie darf kaum mit anderen Kindern spielen und wird in der Schule gemobbt. Ihre Einsamkeit und der schwelende Hass wird sehr plastisch beschrieben. So tauchen wir beim Lesen immer weiter ein in die Abgründe von Sabines Seele. Der Hass, der bereits in ihr schwelt, ist nach zwanzig Jahren kurz vor dem Ausbruch. Man spürt die kommende Tragödie, wie die drückende Schwüle von einem reinigenden Gewitter. Trotzdem konnte ich teilweise ihren Hass verstehen....aber nur teilweise. Denn nach jahrelanger Übung, hat Sabine herausgefunden, wie sie sich am Besten präsentiert, um ihre Mitmenschen positiv von ihr zu beeinflussen. Sie ist berechnend und manipulativ. Dabei wird sie ihrer Mutter immer ähnlicher.

Die Charaktere werden hervorragend dargestellt. Die kontrollsüchtige Mutter, die auch den Vater beherrscht und der sich unterdrücken lässt, damit er einfach seine Ruhe hat. Sabine, die immer mehr zur Psychopatin wird und dringend eine Therapie benötigen würde. Sie ist intelligent, manipulativ und weiß, wie sie sich am Besten präsentiert.
Der Vater ist passiv und steht unter dem Pantoffel seiner Frau. Er zieht sich zurück und will größtenteils einfach seine Ruhe haben. Ob ein anderes Verhalten Sabines Hass auf ihre Mutter verändert hätte? Darüber kann man nur spekulieren....

Überraschende Wendungen lassen einem immer wieder nach Luft schnappen. Cliffhanger am Ende des Kapitels garantieren, dass man unbedingt wissen will, wie es weitergeht und so hatte ich das Buch an einem Wochenende durch.

Der Aufbau des Krimis ist ähnlich gestaltet, wie bei "Die Einsamkeit des Bösen". Wir tauchen in die tiefsten Abgründe der menschlichen Psyche. Beim Lesen erlebt man viele Facetten seiner eigenen Emotionen: Abscheu, Mitleid, Entsetzen, Fassungslosigkeit, Furcht, Hoffnung,.... Die Liste könnte man unendlich fortsetzen. Der Autor hat hier ganze Arbeit geleistet und hat mich in einen Lesesog versetzt, aus dem man sich nicht mehr lösen konnte. Ich habe den Krimi in einem Rutsch durchgelesen.

Nur zum Schluss hin habe ich leider wieder ein kleine Kritik. Auch diesmal konnten mich die letzten Seiten nicht ganz überzeugen. Bei "Die Einsamkeit des Bösen" Buch kam mir das Ende zu abrupt. Diesmal fand ich einige Passagen und Verhaltensweisen in den letzten Kapiteln zu unglaubwürdig. Dies bezieht sich besonders auf eine Person. Trotzdem ein absolut spannender und beklemmender Krimi, der mir sehr gut gefallen hat.

Schreibstil:
Herbert Dutzlers Schreibstil ist flüssig und lebt von vielen Dialogen. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Kinder- und Jugendzeit Sabines und aus der Gegenwart aus ihrer Sicht geschildert. Der Spannungslevel ist hoch und steigt zum Ende hin noch an.
Die Handlung ist in 20 (10/10) Kapitel eingeteilt, wobei diejenigen mit der römischen Ziffer (X) in der Vergangenheit spielen und die mit den arabischen (10) in der Gegenwart.

Fazit :
Ein spannendes Psychodrama, das immer wieder überraschen kann. Die Protagonistin ist eine manipulative Frau, die beim Lesen viele Emotionen weckt. Man erhält einen Blick in die Abgründe der menschlichen Seele. Zum Ende hin wurde es mir leider ein bisschen zu unglaubwürdig, was der Bewertung einen halben Stern gekostet hat. Trotzdem empfehle ich diesen Krimi gerne weiter!

Veröffentlicht am 10.03.2018

Toller historischer Wien-Krimi

Der zweite Reiter
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Wien 1919 - kurze Zeit nach Ende des 1. Weltkrieges. Die Monarchie ist Geschichte, die Menschen leiden unter Hunger und Kälte. Viele sind an der Spanischen Grippe gestorben oder haben ihr Zuhause verloren. ...

Wien 1919 - kurze Zeit nach Ende des 1. Weltkrieges. Die Monarchie ist Geschichte, die Menschen leiden unter Hunger und Kälte. Viele sind an der Spanischen Grippe gestorben oder haben ihr Zuhause verloren. Der Schleichhandel auf dem Schwarzmarkt blüht.
Auch Rayonsinspektor August Emmerich ist ein Kriegsversehrter. In seinem Bein steckt noch immer ein Granatsplitter, der ihm oftmals Beschwerden macht. Doch Emmerich hat den dringenden Wunsch in die Abteilung "Leib und Leben" zu wechseln. Noch muss er "niedrige" Polizeiarbeit verrichten, die ihm gar nicht schmeckt. Sein verletztes Bein ist ihm nur hinderlich. Deswegen hilft er sich mit Heroin, das zu dieser Zeit noch als Husten- bzw. Schmerzmittel verschrieben wurde.
Sein Chef setzt ihn auf Schleichhändler an und bekommt den jungen Assistenten Ferdinand Winter zur Seite gestellt, der aus verarmten Adel stammt. August Emmerich ist alles andere als erfreut darüber.
Als ein Toter im Stadtwald gefunden wird, der Selbstmord verübt haben soll, glaubt Emmerich nicht an Suizid. Der Tote war nämlich "Kriegszitterer". Wie wäre es diesen armen Mann möglich gewesen sich selbst zu richten? Doch sein Chef glaubt nicht an Mord und so ermittelt Emmerich auf eigene Faust weiter.....schließlich möchte er in Zukunft sowieso nicht mehr im Innendienst arbeiten, sondern Mordfälle bearbeiten. Emmerich und Winter kommen nach und nach einigen seltsamen Vorfällen auf die Spur und geraten, schneller als ihnen lieb ist, in Gefahr.
Neben seiner schmerzenden Kriegsverletzung und seinen unüberlegten Schnüffeleien hat der Rayonsinspektor bald ein weiteres Problem. Als der totgeglaubte Ehemann seiner Lebensgefährtin aus der Kriegsgefangenschaft unvermutet zurückkehrt, verliert er nicht nur seine Geliebte, sondern auch sein Heim. Doch das ist erst der Beginn seiner Schwierigkeiten....

August Emmerich hat nämlich auch im Job seine eigenen Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit. Es dauert nicht lange und er selbst steht auf der Liste der Verdächtigen. Ferdinand Winter hat anfangs seine Problem mit Emmerichs Auslegung der Gesetze, doch bald erkennt er, dass sein Kollege den richtigen Riecher hat....

Mit viel Vergnügen habe ich August Emmerich und Ferdinand Winter bei ihren Recherchen begleitet. Die Spannung setzt schon bei den ersten Kapiteln ein und bleibt bis zum Ende bestehen. Mit einigen überraschenden Wendungen kann die Autorin den Spannungsbogen zum Ende hin noch heben.

Alex Beer versteht es, nicht nur die stimmige Atmosphäre aus dieser Zeit wiederzubeleben, sondern auch ein Bild der Adeligen zu zeichnen, die nicht an den Zerfall der k.u.k. Monarchie glauben wollten. Die Menschen sind unentschlossen, versuchen so gut es geht zu überleben und träumen von einem besseren Leben. Die Stimmung wird wunderbar eingefangen und auch auf August Emmerichs Nöte und Sorgen wird eingegangen und machen die Figur noch lebendiger.

Hinter dem Pseudonym Alex Beer steckt die österreichische Autorin Daniela Larcher. Mit "Der zweite Reiter" hat sie den Auftakt zur neuen Krimireihe rund um Ermittler August Emmerich vorgelegt. Die Fortsetzung "Die rote Frau" erscheint im Mai und wird definitiv von mir gelesen werden.

Schreibstil:
Alex Beer hat einen sehr intensiven und flüssigen Schreibstil. Man wird automatisch in die Zeit nach der Jahrhundertwende versetzt und hat die Schauplätze vor Augen, die sehr bildhaft beschrieben sind. Der Leser unternimmt eine Reise durch die Straßen und Ecken von Wien, die teilweise auch heute noch ein Begriff sind. Die Autorin hat wunderbar recherchiert. Durch eingestreute Dialektwörter erhält der Krimi mehr Lokalkolorit. Die Figuren sind facettenreich und haben Ecken und Kanten.

Fazit:
Ein absolut gelungener Auftakt zu einer historischen Krimireihe, die in der Wiener Zwischenkriegszeit spielt. Tolle Atmosphäre und eine spannende Verfolgungsjagd durch die Straßen von Wien mit einem sehr speziellen Ermittler. Ich freue mich schon auf Teil 2!

Veröffentlicht am 04.03.2018

Witziger Roadtrip durch Kuba

Mit Hanna nach Havanna
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Theresia Graw's neuer Roman lädt uns zum Träumen ein, denn sie entführt uns in die
Karibik ?. Gerade bei der sibirschen Kälte der letzten Woche träumt man sich gerne in wärmere Gefilde.

Bis wir uns aber ...

Theresia Graw's neuer Roman lädt uns zum Träumen ein, denn sie entführt uns in die
Karibik ?. Gerade bei der sibirschen Kälte der letzten Woche träumt man sich gerne in wärmere Gefilde.

Bis wir uns aber auf den Weg nach Kuba machen, lernen wir Katrin kennen, die beim Sender "Hello TV" Moderatorin ist. Als sie ihre Sendung "Spaziergang mit Katrin" wegen zu geringer Einschaltquoten verliert, bricht für sie eine Welt zusammen. Ihre neue Aufgabe ist die Moderation des Seniorenmagazines "Kaleidoskop" - und das mit Mitte Dreißig! Doch dann erreicht sie ein Leserbrief einer alten Dame. Die fast 80-jährige Hanna Maria Henriette Wagner von Trottau ist begeisterte Anhängerin ihrer alten Sendung und unterbreitet ihr ein Angebot: Katrin soll sie nach Kuba begleiten und dort ihre große Liebe Julian aufspüren. Dieser wanderte vor 50 Jahren von einem Tag auf den anderen aus und schloss sich der Revolution an. Jeder andere würde hier sofort zugreifen, doch Katrin hat weder Lust auf Sonne, Sand und Meer, Salsarythmen und Cubra Libres, noch auf die Aussicht sich mit einer Renternin auf einen Roadtrip zu begeben. Katrin möchte einzig und allein ihre Jobchancen forcieren und den Journalistenpreis, den "Goldener Griffel", gewinnen. Erst Freundin Trixie kann sie überzeugen nach Kuba zu fliegen und schlägt ihr vor mit einem Interview von Julian über die politische Lage Kubas für den Preis anzutreten. Mit einem pinken Cadillac machen sich die beiden Frauen auf eine Rundreise von Havanna nach Santiago de Cuba.......

Katrin ist eine eher untypische Protagonistin, die auch nicht wirklich sympathisch rüberkommt. Sie ist total von sich selbst überzeugt und lebt nur für ihre Arbeit. Sie ist mehr Wissenschaflerin als Journalistin; ihr Leben ist durchgeplant und besteht aus Logik, Gefühle kommen darin nicht vor. Auch Freizeit ist ein Wort, das für Katrin völlig überbewertet wird. So hat sie auch nur eine Freundin, Trixie, die ebenfalls beim Sender arbeitet und ihre Kollegin ist. Trixi ist das totale Gegenteil von Katrin: ein bunter Vogel voller Ideen und Optimismus.
Mit der fast 80-jährigen Hanna lernt sie ebenfalls eine sehr positive und weltoffene Frau kennen. Diese genießt die Reise mit all ihren Sinnen, tanzt Salsa, trinkt Mojitos, genießt die abenteuerliche Reise.
Wie die beiden so unterschiedlichen Frauen zurechtkommen, ist sehr unterhaltsam. Dabei hilft noch die eine oder andere unvorhersehbare (Auto) Panne....

Die Rundreise durch Kuba beschreibt die Autorin großartig. Man bemerkt sofort, dass sie selbst vor Ort war. Am liebsten hätte ich mit Hanna diverse Cuba Libres getrunlen, den Sonnenuntergang am Strand unter Palmen genossen und in der Tabakplantage Zigarren gedreht. Während Hanna voller Lebenslust sprüht und die Reise genießt, hat Katrin nur das Interview mit Julian vor Augen. Ihr Ziel ist es einzig und allein den Journalistenpreis "Goldener Griffel" zu gewinnen.. Doch nach und nach wächst ihr Hanna ans Herz und sie beginnt ihren Horizont etwas zu erweitern. Die langsame persönliche Entwicklung von Katrin wird überzeugend und nicht übertrieben dargestellt. Sie wird keine vor Lebenslust sprühende Frau wie Hanna, jedoch beginnt sie endlich auch andere Alternativen, als ihren Job, wahrzunehmen und beginnt die schöne Landschaft und die Einwohner von Kuba ins Herz zu schließen.

Schreibstil:
Theresia Graw schreibt mit viel Humor, sehr lebendig und lässt die Reise auf Kuba zu einem wahrhaft abenteuerlichen Roadtrip werden. Die wunderbaren Landschaftsbeschreibungen, die Tücken von Touristenfallen und die Herzlichkeit der Kubaner werden von der Autorin authentisch dargestellt. Man bemerkt sofort, dass Thereisa Graw vor Ort gewesen ist und einige Erfahrenswerte in ihre Geschichte eingeflossen sind.
Die Kapitel sind eher kurzgehalten, Katrin erzählt aus der Ich-Perspektive.
Zu Beginn gibt es eine Landkarte von Kuba zur Orientierung und am Ende einige leckere Rezepte.

Fazit:
Ein launiger Roadtrip durch das unbekannte Kuba, der mich die sibirische Kälte draußen vergessen ließ. Mit viel Witz und Humor erzählt die Autorin über eine ungewöhnliche Freundschaft und über den Sinn des Lebens. Absolut gelungen!