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Veröffentlicht am 20.03.2018

Humor, Wortwitz und herrlich durchgeknallte Figuren bringen einfach Spaß.

Eiskalter Hund
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Fellinger ist eine echte Type, er wäre lieber Polizist geworden, als Lebensmittelkontrolleur geht er aber auch wichtigen Dingen auf die Spur und das mit reichlich Sarkasmus und Humor. Ein anonymer Anrufer ...

Fellinger ist eine echte Type, er wäre lieber Polizist geworden, als Lebensmittelkontrolleur geht er aber auch wichtigen Dingen auf die Spur und das mit reichlich Sarkasmus und Humor. Ein anonymer Anrufer bringt Fellinger zur Kontrolle des ortsansässigen Chinesischen Restaurants, dort wird eine übel aussehende schwarze Soße serviert und im Kühlraum hängt ein toter Hund, angeblich für den Besuch aus China. Er findet heraus, dass die Halterin des Hundes vermisst wird.
Fellingers Ermittlungsneugier ist geweckt, er geht der Sache nach.


"...dass hier in der Gegend immer ein leichter Hauch von Jauche in der Luft hängt. ...Mit geschlossenen Augen sauge ich die niederbayrische Frische in mich hinein. Es ist nicht der Lavendelduft der Provence..., aber es ist Heimat..."Zitat Seite 137

Berti Fellinger ist schon ein ganz besonderer Charakter, ein Grantler wie er im Buche steht. Sein kaputtes Knie verhinderte seine Karriere als Polizist, nun jagt er als Hygieneinspektor die Bakterien und Keime in Restaurants. Dabei spürt er es zwischen den Schultern, wenn ein Verbrechen in der Luft liegt. Fellinger bezeichnet sich selbst als tolerant gegenüber anderen Volksgruppen und liefert andauernd Gegenbeispiele,so hat er ein besonderes Auge auf Chinesen, Russen und Tschechen und mit Preußen kann er auch nicht viel anfangen. Sein Verhalten und seine Ansichten sind so überzeichnet und offensichtlich anders, dass es für den Leser eine wahre Freude ist. Aber Fellinger erkennt auch Fehler im Verhalten seiner eigenen Landsleute, die er ihnen aber gerne verzeiht.

"Dieser Vorfall zeigt, dass der Niederbayer aufgrund seiner infantilen Reaktion auf vermeintliche Nichtigkeiten durchaus noch zu den Naturvölkern gezählt werden darf." Zitat S. 195

Auch wenn man hier nicht unbedingt eine hochspannende Krimihandlung erleben kann, kommt dafür der Spaßfaktor voll zum Zuge. Es ist sehr lebendig zu beobachten, wie Fellinger hier den Ermittler spielt und dabei auch einiges einstecken muss. Mit reichlich Lokalkolorit und einigen Brocken Dialekt kommt man dem Bayrischen Wald näher, Verständnisprobleme muss man nicht befürchten, ein kleines Glossar gibt Übersetzungshilfe am Ende des Buches.


Neben Fellinger gefallen mir auch die anderen teilweise recht schrägen Figuren im Buch sehr gut. Zum Beispiel Max Aschenbrenner, auch besser bekannt als Texmäx, weil er vor Jahren im Rausch ein Kettensägenmassaker angerichtet hat. Oder der Chinese Luang, für den das "R" unaussprechlich ist und deshalb häufig Wörter mit "L" benutzt. Man findet hier immer wieder Charaktere, die für jede Menge Unterhaltung sorgen und kann gespannt mitraten, wer wohl hinter allem steckt.

Der Schreibstil von Oliver Kern sorgt für ein flüssiges Dahingleiten durch das Buch, die kurzen Kapitel mit treffenden Überschriften sorgen für zusätzlichen Lesesog.
Kern trifft mit seinen Beschreibungen die menschlichen Besonderheiten zwar etwas überspitzt, aber herrlich humorig. Wie er seinen Fellinger arbeiten, ermitteln und leben lässt, ist einfach eine Freude.


"Eiskalter Hund" konnte mich wunderbar unterhalten und ich freue mich auf weitere Fälle mit Fellinger. Er könnte ein entfernter Verwandter vom Eberhofer Franz sein, das müsste man mal recherchieren! Humor, Wortwitz und herrlich durchgeknallte Figuren bringen einfach Spaß.

Veröffentlicht am 13.03.2018

Einfach wunderbar geschrieben

Tulpengold
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1636 Amsterdam: Der Maler Rembrandt van Rijn nimmt den 17-jährigen Pieter gegen gute Bezahlung als neuen Malerlehrling an. Pieter ist ein Sonderling, der kauzig redet, blitzgescheit ist und neben der Malerei ...

1636 Amsterdam: Der Maler Rembrandt van Rijn nimmt den 17-jährigen Pieter gegen gute Bezahlung als neuen Malerlehrling an. Pieter ist ein Sonderling, der kauzig redet, blitzgescheit ist und neben der Malerei auch noch ein Talent für Mathematik hat. Auf dem Weg zu seiner neuen Stelle findet er einen toten Tulpenhändler, scheinbar ist er entweder erstickt an einer Makrele oder aber vergiftet. Während der Lehrzeit gibt es weitere ermordete Tulpenhändler, alle hatten den Wunsch, sich von Rembrandt portraitieren zu lassen. Doch warum sollte Rembrandt potentielle Kunden ermorden?

In Amsterdam blühte zu dieser Zeit der Tulpenhandel, Tulpen wurden als wertvolle Währung angesehen und jeder investierte was er erübrigen konnte in die Zwiebeln und es entwickelte sich eine gewaltige Spekulationsblase, die sich auf Dauer nicht halten konnte.


Im Roman begleitet man den jungen Pieter, einen kauzigen, aber hochintelligenten Jungen, der aus heutiger Sicht wohl Asperger-Syndrom hat. Seine mathematische Auffassungsgabe ist enorm, sein Talent auch aus Sicht von seinem Meister Rembrandt van Rijn grandios und er hat es sich in den Kopf gesetzt, die Morde unter den Tulpenhändlern aufzuklären.
Man hat Pieter richtig gern, folgt ihm durch das Amsterdam des Mittelalters und gewinnt interessante Einblicke in die Malerei und den Tulpenhandel dieser Zeit.

Eva Völler hat einen wunderbaren Schreibstil, der einerseits bildhaft beschreibt, aber auch lehrreich erklärt wie der spekulative Tulpenboom funktionierte. Aber auch die kriminalistische Handlung ist logisch aufgebaut, fesselt und erstaunt am Ende mit der Aufklärung des Täters. Nebenbei bekommt der Leser einen Blick von der etwas schwierigen Person des Rembrandt van Rijn und kann interessante Dinge über die Malerei der flämischen Kunst erfahren. Es geht um die spezielle Farbgebung, Komposition und die zu der Zeit übliche Portraitmalerei. Wer sich für Kunst interessiert, sollte sich diesen Roman näher ansehen.

Auch wenn Pieter etwas schwierig wirkt, so bringt seine nüchterne und sehr direkte Sichtweise auf manche Dinge eine besondere Art von Humor mit sich. Er wirkt in seinem Verhalten durchgängig glaubhaft, es ist nicht einfach, solch einen Charakter immer stimmig darzustellen, Eva Völler ist das gelungen.

Die anderen Figuren erscheinen ebenfalls absolut authentisch, sie sind vielseitig gezeichnet. Ob reicher alter Händler und dessen junge geltungssüchtige Ehefrau, resolute Schankwirtin, hart arbeitende Köchin oder Saskia van Rijn, man glaubt, genau so müssten die Menschen damals gewesen sein. Sie sind voller Leben und sind Charaktere ihrer Zeit.

Insgesamt gesehen wirkt der Roman sehr ausgewogen, weder sticht die Krimiermittlung hervor, noch langweilen überlange Handlungs-Sequenzen.
Mich hat der Roman sehr beeindruckt und ich wurde von Anfang bis Ende vom Buch gefesselt.


Für Kunstinteressierte und Liebhaber von historischen Romanen ist dieser Roman ein Muss, aber auch genrefremde Leser werden hier ihre Freude am Buch haben.
Von mir eine volle Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 12.03.2018

Jambon, die Delikatesse Barcelonas

Spanische Delikatessen
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Eva Siegmund schrieb den Krimi "Spanische Delikatessen" unter dem Pseudonym Catalina Ferrera. Der Barcelona-Krimi erscheint im Droemer Verlag.

Karl Lindberg ist Kommissar bei der Berliner Kripo, seiner ...

Eva Siegmund schrieb den Krimi "Spanische Delikatessen" unter dem Pseudonym Catalina Ferrera. Der Barcelona-Krimi erscheint im Droemer Verlag.

Karl Lindberg ist Kommissar bei der Berliner Kripo, seiner spanischen Frau zuliebe ist er beurlaubt und lebt nun mit ihr in ihrer Heimat in Barcelona. Sein Schwager ist Comisario Alex Diaz von der katalanischen Polizei, Mossos d`Esquadra. Die Schwager bilden ein deutsch-spanisches Ermittler-Duo und sorgen gemeinsam für Aufklärung in einem besonders delikaten Fall. Es gibt in einem spanischen Delikatessengeschäft auf der Rambla einen Fund eines als Menschenfleisch deklarierten Schinkens. Was steckt dahinter und ist es wirklich das Fleisch eines Menschen?

Voller Neugier habe ich diesen Krimi verfolgt, denn ein als Schinken verabeitetes menschliches Hinterteil ist mir in all meinen Büchern noch nicht untergekommen.

Mit dem Schinken gerät man geradewegs auf die Rambla mit ihren schönen Geschäften, den Touristenschwärmen und dem ganz besonderen Flair Barcelonas.

Die beiden Schwager und Ermittler Karl und Alex lernt man schnell kennen und sie werden auch genauso schnell sympathisch. Karl ist Deutscher mit irischer Abstammung, was man anhand seiner roten Haare erkennen kann. Sein Schwager Alex ist lässig, wirkt eher wie ein Sportler und hat einen besonderen Charme, der bei Frauen gut ankommt. Die Vorstellung, dass Karl, der gewiefte Kommissar als Praktikant beim unerfahrenen Alex, dem ehemaligen Streifenpolizist, dienen soll, ist schon mal humorvoll inszeniert. Beide führen etliche Dialoge, die zum Schmunzeln einladen und ihre Zusammenarbeit gewinnt im Laufe der Ermittlung an zielgerichtem Handeln und an Qualität. Ich bin jetzt schon ein Fan dieses Duos und erhoffe mir weitere Fälle.

Die Geschichte versprüht viel Lokalkolorit und macht Lust auf eine Reise nach Barcelona. Neben den köstlichen Tapas, zu denen im Anhang einige Rezepte beigefügt sind, bekommt man ein lebendiges und anschaulisches Bild dieser quirligen Stadt geboten.

Catalina Ferrera zeigt mit ihren bildhaften Beschreibungen nicht nur die örtliche Szenerie genau, sie lässt uns auch an den Widrigkeiten zwischen Katalanen und Spaniern teilhaben. Sie lebt in Barcelona und baut die Stimmungen authentisch vor dem Auge des Lesers auf.

Von der kriminalistischen Ebene her gelingt es der Autorin ihren verzwickten Fall spannend aufzubauen und mit einigen Tatverdächtigen auszustatten. Die vielfältigen Charaktere bilden genügend Potential, um als Täter in Frage zu kommen. Als Leser wird man hier mehrfach an der Nase herumgeführt und kann diesen Krimi mit seinem lustigen Schwager-Gespann sehr genießen.

Mit "Spanische Delikatessen" ist der Autorin ein Krimi gelungen, der mit Humor, Spannung und guter Unterhaltung punkten kann, die bildreiche und atmosphärische Stimmung Barcelonas setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Ich würde mich über weitere Fälle von Karl und Alex sehr freuen.

Veröffentlicht am 07.03.2018

Ein aussergewöhnliches Bilderbuch

Irgendwohin oder der Tag, an dem George das Fliegen lernte
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Alle Vögel ziehen im kalten Winter in den Süden, doch George nicht. Er ist ein weißer Gänserich, der wunderbar backen kann, gerne in seinem Haushalt lebt und sich dort wohl fühlt. Gerne bewirtet er Gäste ...

Alle Vögel ziehen im kalten Winter in den Süden, doch George nicht. Er ist ein weißer Gänserich, der wunderbar backen kann, gerne in seinem Haushalt lebt und sich dort wohl fühlt. Gerne bewirtet er Gäste und wenn sie seine Kuchen essen, erinnert sie das an ferne Orte. Immer wieder möchten seine Freunde ihn bei ihren Flügen mitnehmen, ob in die Anden oder nach Paris. Doch George möchte seine Heimat nicht verlassen.

George ist beliebt und wird von allen akzeptiert, obwohl er anders ist als die anderen Zugvögel. Im Winter ist niemand mehr da und George fühlt sich einsam.


Doch dann taucht der Bär Pascal auf, ein Spezialist für viele Dinge, der nach einem warmen Platz im Winter sucht. Ihm vertraut sich George an. Er ist zwar ein Vogel, aber er kann nicht fliegen, weil er damals schlicht und einfach gefehlt hat als es alle gelernt haben.

Der Bär ist ein echter Freund und er beschliesst George das Fliegen beizubringen, doch es klappt nicht und schliesslich bauen sie einen Heißluftballon. Damit gelingt endlich die Fliegerei und sie reisen damit um die Welt und sogar nach Paris und in die Arktis. Doch irgendetwas fehlt ihnen, es ist die Heimat und die leckeren Kuchen, die George immer zuhause backt.


Die Botschaft hinter dieser Geschichte lege ich mal so aus: Wenn man ein Ziel vor Augen hat, entwickelt man Mut und findet neue Wege, die einen auch zum Ziel bringen. Es gibt nicht nur den einen gerade Weg, sondern auch die Umwege führen letztendlich noch zum Ziel. In der Gemeinschaft klappt das umso besser.


Mir hat dieses Bilderbuch sehr gut gefallen, die Bilder sind bunt, fröhlich und sehr aussagekräftig. Der bunte Mix von Kollagen, Zeitungsausschnitten und gemalten Bildern sorgt für interessante Abwechslung und für besondere Beachtung.

Die Texte sind relativ kurz, auf den Buchseiten kreuz und quer verteilt und damit ist dieses Buch schon außergewöhnlich. Als Altersklasse möchte ich 4-7 Jahre angeben. Es gibt genügend Bilder, die Kinder betrachten können und die Texte sind auch für kleinere Kinder einigermaßen verständlich.


Die Aussage hinter dem Buch muss man eventuell mit dem Kind etwas näher besprechen, im Grunde kommt bei einigen Kindern eher die Verbundenheit zur Heimat an.


Dieses Buch ist sehr aussergewöhnlich in seiner Bildzusammenstellung, man kann viele Dinge entdecken. Wenn man im Leben ein Ziel hat, gibt es viele Wege dorthin. Das ist auch für Kinder eine wissenswerte Botschaft.


Veröffentlicht am 06.03.2018

Geniales Buch des Genies Wilhelm Busch

Max und Moritz
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Erstklassige Reime, die mit genialen Zeichnungen zu einer Einheit verschmelzen. Einfach wunderbar, wie hier die Moralkeule geschwungen wird. Die Bösen bekommen am Ende ihre Strafe, dieses Buch war zu ...



Erstklassige Reime, die mit genialen Zeichnungen zu einer Einheit verschmelzen. Einfach wunderbar, wie hier die Moralkeule geschwungen wird. Die Bösen bekommen am Ende ihre Strafe, dieses Buch war zu einer Zeit geschrieben, als man Abschreckung als Lehrmittel angesehen hat.


Diese Episodenerzählung in sieben Streichen wirkt auf mich schon seit meiner Kindheit wie ein gut gereimter Comic. Daher hat mich das tragisch endende Schicksal von Max und Moritz auch nie wirklich sehr berührt. Für mich waren das keine echten Kinder. Nur Bösewichter, die ihre Strafe erhielten.


Wilhelm Busch war für mich der Inbegriff eines Universalgenies, denn er war nicht nur ein hervorragender Dichter, er beherrschte auch noch das Zeichnen wie kaum ein anderer. Er vermochte durch die Abbildung von Körpersprache und Mimik stets den treffenden Ausdruck in allen Lebenslagen zu Papier zu bringen, wie ich es bei keinem anderen Künstler bisher gesehen habe.

Dieses Buch ist einzigartig in seiner Art, es ist generationenübergreifend und durch den direkten anklagenden Blick auf Schülerstreiche und menschliche Bosheit auch etwas besonderes.


Diesen Klassiker sollte man kennen, er ist durch die treffenden Reime und die witzig anmutenden Bilder ein Buch für die Ewigkeit und für alle Generationen.
Autor: Wilhelm Busch
Buch: Max und Moritz: Der Bilderbuch-Klassiker von Wilhelm Busch: Eine Bubengeschichte in sieben Streichen