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Veröffentlicht am 30.03.2018

Zeiten voller Hoffnung - und die Kraft tiefer Freundschaft

Zeiten voller Hoffnung
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"Zeiten voller Hoffnung" von Lesley Pearse erschien (HC, gebunden) im Weltbild-Verlag (Reihe Premiere) und war für mich der Einstiegsroman dieser sehr gefühlvoll und dennoch nicht trivial schreibenden ...

"Zeiten voller Hoffnung" von Lesley Pearse erschien (HC, gebunden) im Weltbild-Verlag (Reihe Premiere) und war für mich der Einstiegsroman dieser sehr gefühlvoll und dennoch nicht trivial schreibenden englischen Autorin, die in Großbritannien nicht ohne Grund zu den BestsellerautorInnen zählt.


Der neue Roman der Autorin entführt uns ins England der 30er Jahre; zeitlich beginnt er - in der Grafschaft Kent - 1935 und erstreckt sich zeitlich über die Vorkriegs- und auch harten Kriegsjahre des 2. Weltkrieges (1943). Der Kern dieses sehr unterhaltsamen, spannenden, aber nie trivialen Frauenromans besteht aus dem Kennenlernen und der erwachsenden tiefen Freundschaft zwischen Ruby und Verity, die sich 1935 in einem Park kennenlernen, bezieht jedoch immer auch die zeitgeschichtlichen Geschehnisse, der sich immer stärker abzeichnende Aufstieg des Nationalsozialismus im faschistischen Deutschland und den drohenden 2. Weltkrieg aus englischer Sicht- und Erlebensweise mit ein. Dieser historische Teil hat mir zu der Geschichte der wunderbaren, tiefen Freundschaft der beiden Mädchen Ruby und Verity, sehr gut an dem Roman gefallen: Die 13 und 14-jährigen Mädchen freunden sich schnell miteinander an, obgleich sie aus vollkommen verschiedenen sozialen Schichten kommen: Doch Verity merkt sehr schnell, dass Ruby intelligent ist und viel mehr über das Leben weiß als sie, auch wenn sie keinen Penny in der Tasche hat, völlig verarmt als Tochter einer Alkoholikerin und Prostituierten leben muss und sich ihre Mahlzeiten stehlen muss. Verity hingegen besucht eine Privatschule, lebt in einer Villa mit ihren Eltern und es fehlt ihr nichts in ihrem luxuriösen Dasein - das sie jedoch sehr langweilig findet. Einzig ihr Vater ist ein Mensch, der ihr Angst einjagt und der ungebremst zu Misshandlungen und Schlimmerem neigt....

Beide Mädchen machen traumatische Lebenserfahrungen, stehen sich jedoch in jeder Lebenslage bei. Lesley Pearse hat einen sehr angenehmen und schön zu lesenden, ja ergreifenden und berührenden Schreibstil, der nicht nur Ruby und Verity Leben einhaucht, sondern auch den Nebenfiguren wie Archie Wood, Miss Parsons, Eunice Wilberforce, genannt Wilby, eine sehr kluge und sozial eingestellte Witwe, die Kinder bei sich aufnimmt, die es im Leben sehr schwer haben und in deren Haus in Devon Ruby eines Tages landet, wo sie in den nächsten Jahren - den Teenagerjahren - aufblüht und ihre schlechten Erinnerungen und Manieren zugunsten eines sehr guten Sozialverhaltens ablegen kann.

Im Gegensatz zu Rubys sozialem Aufstieg geht es hingegen bei Verity immer mehr bergab: Sie muss mit ihrer Mutter zu ihrer Tante Hazel ziehen, da der Vater Gelder unterschlagen hat und von der Polizei gesucht wird... Während die Mutter immer mehr in Apathie verfällt, findet sich Verity dennoch mit der Situation ab und macht das Beste aus ihr, so dass die vermeintlich grässliche Tante sie dennoch ins Herz schließt. Doch das Leben der Tante endet jäh und eines Tages steht zu Veritys Schrecken ihr inzwischen ziemlich verlumpter Vater vor der Tür: Miller, ihr Untermieter, in den sie sich verliebte, musste nach Schottland, da er zum Kriegsdienst selbst nicht geeignet ist. Archie alias Stephen macht immer wieder Verity für seine missliche Lage - und auch seine Verbrechen - verantwortlich, was dem Roman eine auch bedrückende Note gibt, da Veritys Leben eines Tages in Gefahr ist - wären da nicht ihre Freunde, die ihr zur Seite stehen.

Ein wenig erinnerte mich die Geschichte und auch der Stil an Charles Dickens und auf fast 500 Seiten und in 37 Kapiteln lässt uns Lesley Pearse an den schwierigen und auch schönen Lebensverläufen von Ruby und Verity teilhaben - und erzählt gleichzeitig ein Stück dunkler Zeitgeschichte, die Jahre vor und im 2. Weltkrieg - hier aus englischer Sicht- und Erlebensweise.

Fazit:

Ein sehr unterhaltsamer, dennoch nie ins Triviale abgleitender Roman einer Freundschaft in einer schwierigen Zeit, der sehr gut darstellt, wie sehr Freunde einander helfen können und dazu motivieren, die Hoffnung niemals zu verlieren, dass sich das Blatt des Lebens wieder zum Guten wenden kann! In "Wilby" scheint m.E. eine Menge der Autorin selbst zu stecken: Sehr sympathische Charaktere, Authentizität, geschichtliche Einflüsse - und Spannung! Von mir gibt es daher 5* und eine absolute Leseempfehlung für einen historisch fundierten Frauenroman, den auch Männer gut finden könnten!

Veröffentlicht am 23.03.2018

Aufwühlend, emotional, sehr spannend - eine brisante Zeitreise in die deutsche Nachkriegsgeschichte

Die geliehene Schuld
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"Die geliehene Schuld" von Claire Winter ist bereits ihr drittes Buch, das im Diana-Verlag veröffentlicht wurde: Anders als die Vorgänger, nicht eben ein "Wohlfühlbuch", dafür aber eine absolut spannende ...

"Die geliehene Schuld" von Claire Winter ist bereits ihr drittes Buch, das im Diana-Verlag veröffentlicht wurde: Anders als die Vorgänger, nicht eben ein "Wohlfühlbuch", dafür aber eine absolut spannende und heute noch brisante, immer aktuelle Geschichte um Geheimdienste, kriminelle Machenschaften und Geschehnisse jenseits der Legalität, die man als "Normalbürger" oft gar nicht mitbekommt, sind die Themen des neuen Romans von Claire Winter, auf den ich schon sehnsüchtig wartete - und der meine Erwartungen absolut erfüllen, ja fast übertreffen konnte! Der wundervolle, außergewöhnliche Schreibstil der Autorin macht die thematische Düsterkeit, mit dem der Roman aufwartet (begonnen mit dem Jahr 1945, Übergangsjahre, 1948 und Folgejahre, als die Bundesrepublik Deutschland, wie wir sie heute kennen, aus der Taufe gehoben wurde - nach einem sehr dunklen Kapitel deutscher Zeitgeschichte, wett - und man versinkt wie in einer Zeitreise in den deutschen Nachkriegsjahren....


"Berlin, Sommer 1949:
Die Redakteurin Vera Lessing hat während des Zweiten Weltkrieges ihre Eltern und ihren Mann verloren. Sie will vor allem eines - die traumatischen Erlebnisse für immer hinter sich lassen. Doch als ihr Jugendfreund und Kollege Jonathan auf mysteriöse Weise ums Leben kommt, wird sie unweigerlich in seine Arbeit hineingezogen. Jonathan hat Recherchen über ehemalige Kriegsverbrecher betrieben. Gleichzeitig stand er im persönlichen Kontakt mit einer jungen Frau namens Marie Weißenburg, einer Sekretärin im Stab Adenauers. Vera geht den Spuren nach, die sie bis in die mächtigen Kreise der Geheimdienste führen."
(Quelle: Klappentext, Diana-Verlag)

Meine Meinung:

Ich bin seit über 10 Jahren ein großer Fan der Autorin, die auch hier in "Die geliehene Schuld" wiederum ihr ganzes schriftstellerisches Können zeigt: Zu den Hauptcharakteren zählen Vera Lessing, die seit Kindertagen eng mit Jonathan befreundet ist und ihr später bei der Zeitung "Echo", wo er als Journalist arbeitet, ebenfalls einen Job besorgen kann, wo sie im kulturellen Teil der Zeitung Artikel schreibt. Jonathan begibt sich durch seine Recherchen, die ihn zu Kreisen führen, in denen es ehemaligen Nationalsozialisten gelingt, Wege zu finden, auch nach dem Kriege dort anzuknüpfen, wo sie beruflich bereits im Dritten Reich erfolgreich waren und sich dies zunutze zu machen wissen: Er kommt dabei Männern auf die Spur, die - offiziell verschwunden von allen Listen - ihr Leben, auch ihr berufliches, an einer Stelle weiterführen können, die ihr Wissen für sich zu nutzen versteht. Niemand ist daher daran interessiert, dass die wahren Fakten, die der geradlinige Demokrat und Journalist Jonathan sammelt, jemals veröffentlicht werden: Im Gegenteil, es gilt, dies auf jeden Fall zu verhindern - und sei es, in dem man Leute ausschaltet und es - rein offiziell - wie einen Unfall aussehen lässt....

Claire Winter, die diesen Roman akribisch recherchiert hat und selbst dem Journalismus beruflich entstammt, gelingt es sehr überzeugend, die Nachkriegsjahre und die Zeit des beginnenden "Kalten Krieges", in der Deutschland in die Zonen der 4 Besatzungsmächte aufgeteilt war und die Bevölkerung noch sehr unter den Nachwirkungen des Krieges litt, die früheren Wehrmachtsangehörigen eines Entnazifizierungsprogrammes (zurecht, wie ich meine!) unterzogen wurden, wieder auferstehen zu lassen: Sie webt ein feines Netz zwischen den verschiedenen ProtagonistInnen, die der Leser immer besser kennenlernt und sich mit ihnen gut identifizieren kann; auch die Nebendarsteller wie Leo, andere Informanten, die Vera helfen, die Recherchen ihres Freundes Jonathan fortzusetzen und sie schützen, da sie sich in Lebensgefahr damit begibt, sind sehr authentisch dargestellt.

Rätselt man anfangs, ob dieser oder jener Person zu trauen ist, eben genau so, wie es Vera ergangen sein muss, klärt sich nach und nach auf, wer Freund - und auch, wer Feind ist. Besonders gelungen und den Spannungsbogen von der ersten bis zur letzten Seite haltend, sind dabei die sanften Übergänge der Handlung, die ineinandergreifen und ein Merkmal schriftstellerischer Größe von Claire Winter sind, trotz Zeitsprüngen immer die Authentizität zu wahren. So bewegen sich die Personen, die um Jonathans Recherchen kreisen, immer mehr aufeinander zu - auch Marie Weißenburg, die den Journalisten in Bonn kennenlernt, ist sehr authentisch und exemplarisch dargestellt - man kann ihr nur eine schöne Zukunft mit Jonathan wünschen: Dass sie das Herz am rechten Fleck hat, beweist ihr Verhalten gegenüber Lina, die sie in Nürnberg kennenlernt, wo die Nachkriegsprozesse stattfanden
und beide Frauen sich miteinander anfreunden; mit weittragenden Folgen...

Der Roman transportiert auf sehr eindringliche Weise die Themen Nachkriegszeit, Geheimdienste, Journalismus im "Kalten Krieg", die Rolle der Alliierten und auch der Kirche, die diese beim Untertauchen können einstiger Nazigrößen de facto spielten, Menschen, die skrupellos und kaltblütig vorgehen, um ihre Interessen zu schützen; aber auch von Freundschaft, Liebe, Aufrichtigkeit, Familiengeheimnissen, Loyalität und der veränderten Rolle der Frau, die nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals die Chance bekam, beruflich aktiv zu werden und damit auf eigenen Beinen stehen zu können, sind weitere Inhalte dieses sehr gut umgesetzten zeitgeschichtlichen Romans, den ich sehr gerne gelesen habe und für den ich der Autorin wie auch dem Diana-Verlag für die Publikation meinen Dank als Leserin ausspreche! Ein weiteres Plus empfand ich durch die Karte im Buchdeckel, die die Aufteilung der Zonen - mit Berlin im Sonderstatus - zeigt, das Personenregister und den Anhang der Autorin über Wahrheit und Fiktion mit weiteren Literaturhinweisen, die zu Selbstrecherchen motivieren.

Fazit:

Emotional, spannend, aufwühlend - ein historisches Stück Zeitgeschichte, das noch in die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland hineinweist und zeigt, wie weit Menschen und auch Organisationen, hier die Geheimdienste, gehen, um "so manches nicht publik werden zu lassen". Damit ist es für mich auch ein weiterer "literarischer Stolperstein", der den Leser wachsam entlässt - nach spannenden Lesestunden und einem Einblick in die schwierige Nachkriegszeit. Ich vergebe die volle Punktezahl auf der "Histo-Couch" und 5 Sterne am Bücherfirmament, verbunden mit der Vorfreude auf den nächsten Roman von Claire Winter!

Veröffentlicht am 07.03.2018

Hauptfach: Die Schule des Lebens!

Leben lernen - ein Leben lang
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"Leben lernen - ein Leben lang" von Albert Kitzler erschien (gebunden, HC) 2017 im Herder-Verlag und ist ein weiteres sehr empfehlenswertes Sachbuch des Autors, der seines Zeichens eine "Schule des Lebens" ...

"Leben lernen - ein Leben lang" von Albert Kitzler erschien (gebunden, HC) 2017 im Herder-Verlag und ist ein weiteres sehr empfehlenswertes Sachbuch des Autors, der seines Zeichens eine "Schule des Lebens" namens "Maß und Mitte" betreibt, in der er Menschen unterrichtet, Seminare und Workshops hält, die sich für praktische Philosophie interessieren - und sie, so möglich, in ihr Leben integrieren möchten (weitere Infos unter www.massundmitte.de).

"Mit Seneca das Leben meistern"; so der stimmige Wortlaut auf dem Buchrücken - und

"Glück und Unglück liegen in der eigenen Seele - das war die einhellige Überzeugung der großen Denker der Antike. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Wie immer die äußeren Umstände sind, wir können das Beste daraus machen. Je mehr uns das gelingt, umso zufriedener sind wir mit unserem Leben. (Quelle.Buchrückentext)

Dieses Sachbuch zur praktischen Philosophie, das weitestgehend auf den Überlieferungen Senecas gegründet ist, sich jedoch auch auf andere Philosophen z.B. der griechischen Antike bezieht, ist eine philosophische Anleitung zum glücklich(er) sein. Der Autor hat es auch hier wiederum verstanden, philosophische Texte gut verständlich darzulegen und anhand eigener nachfolgender Gedanken dazu dem Leser zugänglich zu machen: Das Buch gliedert sich in IV. wesentliche Kapitel, die das Leben eines jeden Menschen umfassen und nach dem Vorwort die "Vorschule", als sog. Hauptfächer den Umgang mit der Welt, den Umgang mit sich selbst und den Umgang mit anderen (Menschen) sehr spezifisch, doch leicht verständlich behandeln.Im Anhang erfolgen wertvolle Literaturhinweise und Anmerkungen des Autors.

Ich bin sicher, dass beim Studium dieses Werkes, das man 'häppchenweise' genießen sollte und dessen philosophischen Weisheiten so dargebracht werden, dass man durch Wiederholungen, die sich durchaus zum besseren sich-das-Gelesene-einprägen-und-verstehen-können eignen, jeder Mensch für sich sehr wertvolle Erkenntnisse - sowohl über sich selbst als auch über andere, über sein Leben und die Welt gewinnen kann. Für mich waren dies eigentlich alle Kapitel, jedoch im Besonderen die Unterkapitel "Besitz" und Freiheit. Das Hauptfach "Vom Umgang mit sich selbst" hat mich sehr überzeugen können und ich werde es mit Sicherheit immer einmal wieder lesen.
Hier sah ich auch durchaus Parallelen zur Psychologie, da es auch in der Philosophie um Resilienz geht; um seelische Kräfte, die jeder Mensch besitzt.

"Wenn wir (....) in uns selbst Geborgenheit und ein wohliges Selbstvertrauen hergestellt haben, dann werden unsere Seele, unser Charakter, unsere Persönlichkeit zu einer inneren Burg, die jedem Angriff von außen standhält" (Zitat S. 79)

Eines der vielen Zitate, die ich mir aus diesem Buch notiert habe - und zu verinnerlichen suche, da sie einen hohen Wahrheitsgehalt haben, gerade heute in dieser schnelllebigen und sich stets wandelnden, nicht sehr friedlichen Welt. Es geht wiederum um die Frage, "wie lebe ich ein gutes Leben?", was ist wirklich wichtig - und wie kann ich mir selbst dazu verhelfen, ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. Wie kann ich mich weise und tugendhaft verhalten, Gefühle wie Zorn und Wut überwinden bzw. ihnen keine Bedeutung beimessen, die mir selbst Schaden zufügt; wie betrachte ich inneren Reichtum und äußeren Reichtum? Im Gegensatz zu innerem Reichtum kann der äußere stets abhanden kommen; es geht um ein gesundes Selbstwertgefühl und Achtung gegenüber anderen - und um so vieles mehr...

Ziel der Schulung in praktischer Philosophie, die mir wiederum sehr viel Positives brachte, ist es jedoch nicht, kritiklos zu sein - oder anzunehmen, dass man fortan sein Leben in absoluter Weisheit und Harmonie führen kann. Letzteres gelingt den Wenigsten, jedoch jeder Schritt dorthin fördert ein friedliches, menschliches und soziales Miteinander!

Mit bestem Dank an den Herder-Verlag für diese Publikation und besonders an den Autor, Dr. Albert Kitzler vergebe ich die volle Punktezahl und 5*.

Veröffentlicht am 27.02.2018

Nicht nur für Sommeliers ; auch für genussfreudige & lebensfrohe KrimileserInnen bestens geeignet!

Château Mort
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"Chateau mort" ist der nächste Fall nach "Retour" aus der begnadeten Feder von Alexander Oetker; erschienen ist der Krimi im Verlag Hoffmann und Campe, tb, 2018.

"Hitzewelle im Aquitaine. Dennoch treten ...

"Chateau mort" ist der nächste Fall nach "Retour" aus der begnadeten Feder von Alexander Oetker; erschienen ist der Krimi im Verlag Hoffmann und Campe, tb, 2018.

"Hitzewelle im Aquitaine. Dennoch treten wieder Tausende zum weltberühmten Marathon du Médoc an, der mitten durch die Gärten der schönsten Chateaus führt. Doch während des Laufes stirbt ein angesehener Winzer - und ausgerechnet Lucs bester Freund Richard ist der Hauptverdächtige.
Der Kommissar entdeckt rasch, dass auch die nobelsten Weingüter der Welt ihre Schattenseiten haben. Je mehr Luc erfährt, desto verzwickter wird der Fall. Und der muss feststellen, dass selbst seine Partnerin Anouk seinen besten Freund für einen Mörder hält."
(Quelle: Buchrückentext)

Mit "Chateau mort" liegt nun der 2. Fall des Ermittlers (und Frauenhelds) Luc Verlain vor, der sich eigentlich um seinen erkrankten Vater kümmern will und sich aufgrund dessen ins beschauliche Aquitaine, dem er entstammt, aus Paris versetzen lässt.
Hatte er im ersten Fall schon mächtig (und für den Leser dennoch genussvoll) zu ermitteln, so sieht der Zusammenbruch Huberts, einem sympathischen Winzer während des Marathon du Médoc ebenfalls nach sehr viel Ermittlungsarbeit aus - hier wurde eindeutig nachgeholfen... Luc erhält jedoch tatkräftige Unterstützung von dem cleveren Freund und Kollegen Yacine sowie der Kollegin Anouk, in die er sich Monate zuvor verliebte...
Wieso brachen beim berühmten Marathon-Lauf zwei Läufer zusammen - ein gesunder Sous-Préfet und ein angesehener Winzer, der den Traum vom großen Wein, dem "Grand Cru" verfolgte??

Alexander Oetker legt Spuren und Fährten in die Dünen, in die kleinen Winzerdörfchen, in die Apotheken und Krankenhäuser - in die berühmten großen Chateaus gar selbst - lässt jedoch den Krimifan wie auch beim Vorgänger bis zum überraschenden Ende "miträtseln" - wer hat ein Motiv? Wer könnte es aus welchem Grund gewesen sein?

Luc Verlain muss man trotz seiner großen Liebe zu den Frauen einfach lieben - und "Chateau mort" ist mehr als nur ein (Regional)Krimi aus Frankreich: Es ist auch eine Liebeserklärung ans 'savoir vivre', an das Département Aquitaine, unweit von Bordeaux und inmitten der besten Weinanbaugebiete Frankreichs - ja der Welt! Kritisch lüftet Alexander Oetker trotz aller Liebe zur Rebe, zum Wein, die hier nicht zu kurz kommt, die Kulissen der Schattenseiten der großen Welt der Weine - und ihrer Klassifizierungen. Er bricht auch eine Lanze für die Menschen und auch die Schönheit der Landschaft und der Küste des Aquitaine (plusieurs d'informations: www.lucverlain.de)

Fazit:

Besser geht nicht! Ein spritzig (und zuweilen witzig) geschriebener und durchdachter Kriminalroman, dessen Ende überrascht. Eine absolute Leseempfehlung (siehe oben ;) und ein merci beaucoup an den Autor, der sich allen Fragen in der Leserunde stellte und ebenso begeistert ist vom Aquitaine, in der er Luc hoffentlich weitere Fälle lösen lässt wie der Ermittler selber. Alors, bien: Wann wird der "nächste Fall" erscheinen? En tous cas: A la prochaine!!!

Veröffentlicht am 14.02.2018

Die Oleanderfrauen

Die Oleanderfrauen
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Ich hatte von Teresa Simon noch keine Romane gelesen und muss vorab anführen, dass ich sowohl stilistisch als auch vom Romaninhalt her mehr als begeistert bin!

"Die Oleanderfrauen" von Teresa Simon erschien ...

Ich hatte von Teresa Simon noch keine Romane gelesen und muss vorab anführen, dass ich sowohl stilistisch als auch vom Romaninhalt her mehr als begeistert bin!

"Die Oleanderfrauen" von Teresa Simon erschien 2018 als tb im Heyne-Verlag und erfüllt, ja übertrifft sogar alle Erwartungen, die man als Leser im Klappentext findet und sich für das Buch entscheidet: Es geht um Liebe, um Familiengeheimnisse, um den Nationalsozialismus als dunkelstes Kapitel der deutschen Geschichte, um die Vorkriegsjahre und das Leid, das der 2. Weltkrieg über Familien brachte; aber auch um Standesunterschiede und Kaffee und um die Stadt Hamburg in der Vorkriegszeit. Desweiteren geht es auch um Freundschaft über Generationen hinweg und um das gemeinsame Lüften von Geheimnissen. Schließlich umfasst es auch noch die literarische Motivation, das im Leben zu tun, was einem wirklich wichtig ist und den eigenen Fähigkeiten entspricht, was man am Beispiel von Jule in ihrem "Strandperlchen"-Café entdecken kann - und last but not least: Vom Glück, das trotz aller Unbill immer im Leben auftauchen kann....

Der Roman verflicht zwei Handlungsstränge sehr gekonnt miteinander: In der Vergangenheit (1936) lernt man Sophie Terhoven, die Tochter eines Hamburger Kaffeebarons, kennen - die sich in Hannes, den Sohn der Köchin Käthe Kröger, schon als Kind verliebt hat - und die trotz aller Standesdünkel zu ihrer Liebe steht. Obgleich sie ein sorgloses Leben führt, steht sie den aufziehenden "Braunhemden" kritisch gegenüber, die im Roman sehr treffend in der Figur des SS-Obersturmbannführers Hellmuth Moers gezeichnet wird: Was hat es mit diesem Mann auf sich und warum lässt er sich nicht abschütteln, auch wenn er ein alter Freund ihres Vaters ist?

Im Handlungsstrang der Gegenwart begegnet man Jule - die ihr Geschichtsstudium abbrach, um endlich das zu tun, wozu sie sich "berufen" fühlt: Sie eröffnet ein kleines Café, das Strandperlchen und hat noch eine weitere Idee: Durch ihr Projekt "Ich schreibe dir dein Leben" lernt sie Johanna Martens kennen, eine pensionierte und sehr sympathische Lehrerin, die auf dem Dachboden ein altes Tagebuch findet und mit angehaltenem Atem zu lesen beginnt... Später sollte sie sich damit an Sophie wenden, die ihr hilft, das Dunkel in der Familiengeschichte zu enträtseln: Das Tagebuch schrieb niemand anders als Sophie Terhoven, die im Jahre 1943 ein Mädchen zur Welt brachte, inmitten der fürchterlichen Kriegswirren und Bombardierungen Hamburgs, die in dieser Zeit auf die Stadt niedergingen...

Der Roman entwickelt durch brillante Erzählweise und Stil der Autorin eine regelrechte Sogwirkung, der man sich anhand der Spannung, die bis zum Schluss bestehen bleibt, schwerlich entziehen kann: Die Romanfiguren und auch der zeitliche und politische Kontext, in dem sie sich bewegen, sind so authentisch, emotional und bildhaft dargestellt, dass man sich durch die atmosphärische Dichte, die hinzukommt, jenes Geschehen so gut vorstellen kann, als ob man es miterlebt. Dies ist für mich eine große Kunst, die nicht jeder Autor beherrscht. Sehr gut gefallen hat mir der gut recherchierte Hintergrund des Lebens in der Vorkriegs- und Kriegszeit, der die Gleichschaltung, die Diskriminierung und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung nicht ausspart, die Lebensgefahr, unter der Homosexuelle im Dritten Reich standen sowie auch die politischen Ereignisse, denen sich die Menschen stellen mussten.

Sowohl Sophie in der damaligen schweren Zeit als auch Jule sind charakterstarke und toughe Frauen, die das beste aus ihrer jeweiligen Situation machen. Im historischen Nachwort lernt man einiges über Kaffee und der Bedeutung der Hansestadt Hamburg als Umschlagplatz ("Speicherstadt"), über die Verfolgung der Homosexuellen im NS-Regime und die Bombardierungen Hamburgs, was den Roman als einen Teil der Zeitgeschichte werden lässt: Der Autorin ist an einer Aufarbeitung der Traumatisierungen und des Nationalsozialismus gelegen und sieht diesen Roman als Beitrag dazu: Ich kann nur sagen, dass dies meiner Meinung nach sehr gelungen ist!

Fazit:

Ein sprachlicher wie auch inhaltlicher "Hochkaräter" voller Spannung in einer schweren Zeit dunkelster Geschichte, aber auch der Gegenwart, der mit einer bewegenden und ebenso berührenden Familiengeschichte einhergeht. Besser hätte man die Geschichte wohl kaum schreiben können; ein Chapeau der Autorin und 5* sowie 96° auf der "Histo-Couch" von mir sowie ein Dank für die tolle Begleitung in einer Leserunde!