Jugendroman mit viel Spaß und Tiefgang
Der Roman „Dumplin‘ – Go Big Or Go Home“ von Julie Murphy besticht durch ein auffälliges Cover mit schwarzem Hintergrund und weißer Schrift, einer kleinen Krone im oberen Drittel und einer stilisierten ...
Der Roman „Dumplin‘ – Go Big Or Go Home“ von Julie Murphy besticht durch ein auffälliges Cover mit schwarzem Hintergrund und weißer Schrift, einer kleinen Krone im oberen Drittel und einer stilisierten vollschlanken Figur im roten Abendkleid, die sich in ihrer Pose dem Leben öffnet. Die Gestaltung hängt eng mit der Erzählung zusammen, denn die 16-jährige übergewichtige Protagonistin Willowdean bewirbt sich um die Krone, die jede Gewinnerin des ältesten Schönheitswettbewerbs von Texas erhält. Der Titel „Dumplin‘“ ist Willowdeans Kosenamen, den ihr ihre Mutter gegeben hat. Er lässt sich ins Deutsche mit „Knödel“ oder „Pummelchen“ übersetzen. Der Zusatz im Titel bedeutet, dass man zu etwas stehen oder es sein lassen soll. Wessen Herz nicht bei der Sache ist, der sollte damit erst gar nicht beginnen.
Willowdean, kurz Will genannt, wohnt in der texanischen Kleinstadt Clover City. Mit ihrer selbstbewussten Art ist sie bei vielen beliebt. Sie arbeitet an der Kasse eines Fast-Food-Ladens und trifft dort auf den gutaussehenden Bo, der sich entgegen ihrer Erwartung für sie interessiert. Einige Mitschüler mobben Will in der Schule wegen ihrer molligen Figur und auch ihre Mutter legt ihr immer wieder nahe, abzunehmen. Eigentlich fühlt sie sich bisher gut mit den überflüssigen Pfunden, doch je mehr Bo sich ihr nähert, desto größer werden ihre Bedenken, dass ihm ihr Körper zu füllig sein könnte und er sich dann doch noch von ihr abwenden wird. Den jährlichen Schönheitswettbewerb kann sie nicht ignorieren, weil ihre Mutter ihn in ihrer eigenen Jugend gewonnen hat und seit Jahren den Vorsitz im Planungsausschuss einnimmt. Doch statt den Kilos den Kampf anzusagen, stellt Will sich der großen Herausforderung und meldet sich zum Wettbewerb an.
Will und einige Personen, die sie sehr gerne mag, sind große Verehrerinnen der US-Amerikanischen Country-Sängerin Dolly Parton. Deren Songs beleben die Geschichte und gaben mir beim Lesen den einen oder anderen Ohrwurm. Dolly’s Marotte ist es, seit Jahren ihren Körper zahlreichen Schönheitsoperationen zu unterziehen. Sie steht dazu und bleibt trotz dieser körperlichen Veränderungen glaubwürdig mit der Aussagekraft ihrer Songs und ihrem Handeln. Das bewundert auch Will. Die Erzählung wird von ihr in der Ich-Form erzählt, was mir die Möglichkeit gab an ihrer Gefühls- und Gedankenwelt teilzuhaben. Mit den gegen ihre Korpulenz gerichteten Beleidigungen geht sie lässig um und ist um keine Antwort verlegen. Ganz im Gegenteil nimmt sie auch gerne Mitschülerinnen in Schutz, die ähnlich wie sie von anderen schikaniert werden. In dieser Hinsicht bewundert sie ihre langjährige Freundin Ellen, die sehr groß ist und noch selbstbewusster auftritt als sie selbst.
Ich war auf den ersten Seiten über die Art und Weise überrascht wie Will über ihre eigene und die Unzulänglichkeiten ihrer Mitschülerinnen hinweist ohne etwas zu Beschönigen. Doch der Grundton, den die Autorin in ihrer Erzählung anschlägt ist locker-leicht und auch witzig. Dennoch hat das Buch jede Menge Tiefgang. Julie Murphy macht dem Leser in ihrem Buch deutlich, dass es egal ist, wie man aussieht, denn nur die innere Einstellung zählt. Die Selbstverwirklichung, nach der wir streben, zu erreichen ist zwar großartig, gleichzeitig ist es anstrengend, den erreichten Level zu halten. Freundschaft, verbunden mit Zusammenhalt stärkt uns in jeder Lebensphase. Gemeinsam durchleben wir Höhen und Tiefen und müssen nicht immer einer Meinung sein. Gegenseitiger Respekt gehört dazu und das Einlassen auf einen Antrag zur Versöhnung.
Von Beginn an macht die Autorin allerdings auch deutlich, dass jemand mit zu großem Übergewicht gesundheitliche Probleme bekommen kann. Dazu führt sie Will’s Tante Lucy als Beispiel an, deren plötzlicher Tod vor einiger Zeit ihre Nichte immer noch traurig stimmt. Lucy hat aber auch auf viele Vergnügungen verzichtet, weil sie glaubte, diese nicht ausführen zu können. Will entscheidet sich aufgrund der Erfahrungen von Lucy dafür, in ihrem eigenen Leben viel mehr auszuprobieren.
Die Charaktere sind liebevoll und originell gestaltet, die Handlung beeindruckt durch manche unerwartete Wendung. Neben einer Auseinandersetzung zum Mobbing unter Jugendlichen enthält der Roman ebenso eine Konfrontation mit dem Umgang von Meinungsverschiedenheiten mit Freunden und eine romantische Liebesgeschichte. „Dumplin‘ – go big or go home“ macht einfach Spaß, weil die vergnüglichen Szenen die ernsten überspielen. Daher empfehle ich den Roman gerne weiter an Jugendliche ab 13 Jahren, aber auch an junge Erwachsene und Ältere.