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Veröffentlicht am 21.03.2018

Das Mündel

Das Haus der grauen Mönche
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„Das Mündel“ ist der erste Teil einer Mittelaltersaga in drei Bänden. Die Geschichte spielt Ende des 15. Jahrhunderts in Hattingen und Umgebung. Habgier und falsche Besitzansprüche kosten dem Bauern Linhardt ...

„Das Mündel“ ist der erste Teil einer Mittelaltersaga in drei Bänden. Die Geschichte spielt Ende des 15. Jahrhunderts in Hattingen und Umgebung. Habgier und falsche Besitzansprüche kosten dem Bauern Linhardt von Linden und seiner Frau Ursell das Leben. Zurück bleibt der neugeborene Sohn des Ehepaars. Bruder Bernardo aus dem „Haus der grauen Mönche“ nimmt sich des kleinen Jorge an, und obwohl selbst unter seinen Glaubensbrüdern Uneinigkeit herrscht, was das Schicksal des Waisenjungen angeht, wächst Jorge zunächst bei Pflegeeltern und später unter Bernardos Obhut auf. Aber viele der Hattinger Bürger wollen die Bettelmönche lieber heute als morgen aus der Stadt vertreiben und Jorge gleich mit. Ist es ihnen doch ein Dorn im Auge, dass ein Junge aus einfachen Verhältnissen und Waisenkind dazu bei den Mönchen Unterricht erhält. Eine derartige Bildung steht ihm nicht zu, darin sind sich die Bürger einig.
Auch Jorges Freundschaften zu der Patriziertochter Marlein van Enghusen und dem jüdischen Jungen Aron werden nicht gerne gesehen. Jorge hat es schwer im Leben und muss um jegliche Anerkennung kämpfen. Neben aller Unbill, die der Junge im täglichen Leben erfährt, ist da immer auch noch sein Wunsch nach Gerechtigkeit im Hinterkopf, denn er möchte eines Tages den Tod seiner Eltern rächen.

In diesem ersten Band der Mittelaltersaga erfährt man in der Hauptsache, wie Jorge bei den Mönchen aufwächst und welche Erlebnisse er dabei hat. Daneben gibt es aber im näheren und weiteren Umfeld von Hattingen jede Menge an Lügen, Ungerechtigkeiten, Intrigen und Verbrechen, die in ihrer Raffinesse ganz sicher nicht hinter kriminalistischen Dramen der Gegenwart zurückstehen. Leben und Geschehen im Spätmittelalter in und um Hattingen werden hier sehr lebendig und glaubhaft geschildert, und alle Ausführungen wirken hervorragend recherchiert.
Die Liste der Charaktere, die im Buch in Erscheinung treten, ist recht umfangreich, so dass ich für die Personenaufstellung am Anfang des Buches dankbar war, denn so fiel mir der Überblick leichter.
Mit Jorge hat der Roman einen sehr sympathischen Helden, den man einfach gern haben muss, nicht nur aus Mitleid, sondern weil er das Herz auf dem rechten Fleck hat. Man nimmt Anteil an seinem Schicksal, und man leidet mit ihm. Dass der Schluss dieses ersten Bandes offen ist und viele Fragen ungeklärt lässt bzw. noch neue Fragen aufwirft, ist klar, denn Jorges Geschichte geht ja weiter. Erst einmal muss man den Jungen schweren Herzens ins Ungewisse entlassen. Aber Band 2 „Freund und Feind“ ist vor wenigen Wochen erschienen, so dass man sich nicht auf eine lange Wartezeit einlassen muss, um zu erfahren, welche Abenteuer und Erlebnisse die Saga weiterhin bereit hält.

Veröffentlicht am 19.03.2018

Im Schatten der goldenen Akazie

Im Schatten der goldenen Akazie
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Australien zum Ende des 19. Jahrhunderts: Nachdem die Schwestern Catherine und Victoria Wagner ihre Mutter durch einen tragischen Unfall verloren und sich ihr Vater in seiner Trauer verschließt, haben ...

Australien zum Ende des 19. Jahrhunderts: Nachdem die Schwestern Catherine und Victoria Wagner ihre Mutter durch einen tragischen Unfall verloren und sich ihr Vater in seiner Trauer verschließt, haben sie nur noch einander. Als der Opalschürfer Luke als Zuckerrohrschneider nach Amber's Joy kommt und eine Liebelei mit Catherine beginnt, erleben beide Schwestern eine schmerzvolle Enttäuschung, und ihre Wege trennen sich. Es vergehen viele Jahre, und es muss viel geschehen, damit Catherine und Victoria wieder zueinander finden.

Hannover, etwa hundert Jahre später: Auch hier geht es um zwei Schwestern. Franziska und Alina Lindhoff haben früh ihre Eltern verloren, und Franziska, die ältere, musste bereits in jungen Jahren Verantwortung für ihre jüngere Schwester übernehmen. Nach einer schweren Enttäuschung, die das Verhältnis der Geschwister stark belastet, beschließt Franziska kurzfristig, nach Australien zu reisen. Einen alten Brief ihrer Großtante Ella, die sie Jahre zuvor eingeladen hatte, hat sie im Gepäck und besucht die ältere Dame. Ella ist auf der Suche nach den eigenen Wurzeln, und Franziska hilft ihr dabei. Während ihrer Recherchen zu Ellas und damit auch zu ihrer eigenen Familiengeschichte, entdeckt sie so mancherlei Geheimnisse und auch Tragödien. Die gemeinsame Suche stärkt das Band zwischen Ella und ihrer Großnichte, aber dann scheinen ihre Pläne kurz vor dem Ziel zu scheitern. Wird es Franziska gelingen, auch das letzte Familiengeheimnis zu lüften?

In dieser faszinierenden Familiengeschichte geht es immer wieder um das Verhältnis zweier Schwestern. Sind es im 19. Jahrhundert Catherine und Victoria, so scheint sich das Schicksal auch in der Gegenwart zu wiederholen, denn zwischen Franziska und Alina herrschen ebenfalls negative Gefühle und Spannungen. Wie sich herausstellt, hatte auch Großtante Ella eine Schwester, und auch da war das Verhältnis nicht zum Besten, sondern von Enttäuschungen geprägt. Auf zwei Zeitebenen erlebt man die Entwicklung mit, wie es zum jeweiligen Bruch zwischen den Schwestern kam und auch, wie sie sich langsam wieder aufeinander zu entwickeln. Beide Erzählstränge haben mich fasziniert. In der Handlung, die im 19. Jahrhundert spielt, erfährt man viel über die Zuckerrohrplantage der Wagners, die damals als Einwanderer nach Australien kamen. Es ist kein leichtes Leben, das sie führen, sondern es ist arbeits- und entbehrungsreich. Der Tod von Amber Wagner hinterlässt eine Lücke, die sich nicht schließen lässt. Er reißt eine Kluft zwischen die Schwestern und ihren Vater, der sich gehen lässt und auf dem besten Weg ist, die Plantage und damit den Lebensunterhalt für seine Familie zu verlieren.

In der Gegenwart muss Franziska wieder lernen, anderen Menschen zu vertrauen. Nach allem, was sie gerade erst erlebt hat, fällt ihr das nicht leicht. Ihre Recherchen, gemeinsam mit ihrer Großtante, zur Familiengeschichte führt sie ebenfalls nach Amber's Joy. Nach und nach findet sie zu sich selbst, und es gelingt ihr, zu vertrauen und zu vergeben.

Die verschiedenen Charaktere sind auf beiden Zeitebenen detailliert ausgearbeitet, und man kann die Gefühle der Protagonisten nachvollziehen. Besonders Franziska, ihre Handlungen und Reaktionen, konnte ich sehr gut verstehen. In der Vergangenheit wie in der Gegenwart begegnet man auch Aborigines, und immer hatte ich das Gefühl, dass diese Menschen mehr sehen und anderen tief in die Seele schauen können. Sie, die rücksichtslos aus ihrer Heimat vertrieben wurden und bei den meisten weißen Einwanderern ein geringes Ansehen genießen, verfügen über eine anrührende Herzlichkeit und einen bewundernswerten Weitblick.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich die Tatsache, dass es in dem Handlungsstrang der Gegenwart eine sehr eigenwillige Katze gibt. Diese starken Katzencharaktere sind ein Markenzeichen der Autorin und für mich aus ihren Romanen nicht wegzudenken. Aber in diesem Buch gibt es eine Besonderheit, denn im Erzählstrang zur Vergangenheit bekommen Christiane Linds Katzen eine starke Konkurrenz in Form eines Hundes. Es ist ein Blue Heeler mit Namen Cookie, der treue Begleiter von Victoria, der einen ganz besonderen Charme hat. Obwohl ich eigentlich eher ein „Katzenmensch“ bin, habe ich den kleinen tapferen Kerl sofort in mein Herz geschlossen.


Zwischenmenschliche Emotionen kommen in der gesamten Handlung sehr ausdrucksstark zur Geltung. Mich hat dieser Roman von Anfang bis Ende gefesselt, und das Schicksal der Frauen in beiden Jahrhunderten hat mich tief berührt. Die bewegende Handlung, eingebettet in wundervolle Landschaftsbeschreibungen, hat mich nachhaltig beschäftigt. Es ist wunderschön, wie Christiane Lind alles zu einem Abschluss bringt, der zufrieden macht und rund ist.

Veröffentlicht am 18.03.2018

Ein wundervoller historischer Krimi mit einem ganz besonderen Protagonisten und einem bis zuletzt fesselnden Plot.

Tulpengold
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Für ihren neuesten historischen Roman hat sich Eva Völler einen sehr interessanten Hintergrund ausgesucht, denn die Geschichte spielt zu der Zeit, als in Amsterdam das „Tulpenfieber“ grassierte. Jeder, ...

Für ihren neuesten historischen Roman hat sich Eva Völler einen sehr interessanten Hintergrund ausgesucht, denn die Geschichte spielt zu der Zeit, als in Amsterdam das „Tulpenfieber“ grassierte. Jeder, der einigermaßen das Geld dafür hatte, spekulierte plötzlich in Tulpenzwiebeln. Es wurden regelrecht Auktionen abgehalten, bei denen es zuging wie an der Börse. In dieser Zeit kommt Pieter als neuer Lehrling zu Rembrandt van Rijn. Pieter ist ein außergewöhnlicher junger Mann. Schon nach wenigen gelesenen Seiten vermutete ich autistische Züge bei ihm, und die Autorin bestätigt dies auch in ihrem Nachwort, dass man bei dem Protagonisten heutzutage vermutlich das Asperger Syndrom feststellen würde. Das ist wohl auch der Grund für Pieters Inselbegabungen, wie man es heutzutage nennt, denn der Junge hat nicht nur großes künstlerisches Talent, sondern seine Leidenschaft gehört daneben der hohen Mathematik. Was ihm dagegen weitgehend fehlt, ist Empathie. Er tut sich schwer damit, Emotionen bei seinem Mitmenschen zu erkennen und ihre Reaktionen einzuschätzen. Dieses mangelnde Gefühl versucht der junge Mann durch höchst komplizierte Berechnungen auszugleichen. Rembrandt erkennt die genialen zeichnerischen Fähigkeiten seines neuen Lehrlings sehr schnell, allerdings hat der Maler andere Probleme. Es kommt zu mehreren Todesfällen, und die Toten haben einiges gemeinsam. Einerseits sind sie alle Tulpenhändler, und sie waren alle Kunden bei Rembrandt, wollten sich vom Meister porträtieren lassen. Auch die Art, wie sie zu Tode gekommen sind, ist gleich und lässt auf Mord schließen. Rembrandt gerät unter Verdacht, denn einige seiner Handlungen sind verdächtig, und er hätte auch ein stichhaltiges Motiv, sich von den verstorbenen Männern trennen zu wollen.
Pieter nutzt sein mathematisches Genie und erstellt Berechnungen und Diagramme. Er hat sich in den Kopf gesetzt, damit den wahren Täter zu entlarven.

Pieter ist ein ganz besonderer Protagonist, der durch seine Eigenheiten nicht immer leicht zu verstehen ist, den ich aber innerhalb kürzester Zeit ins Herz geschlossen habe. Die Art, wie ihn die Autorin beschreibt, ist einfach genial und sehr realistisch. Zur damaligen Zeit war der Begriff „Autismus“ noch unbekannt, und die Menschen betrachteten Pieter wohl einfach als Sonderling. Im Haus seines Lehrherrn stößt Pieter nicht gerade auf viel Verständnis, zu fremd ist den anderen Mitgliedern des Haushalts seine Wesensart. Manch einer, der ihm freundlich entgegenkommt, will ihn in Wahrheit nur ausnutzen. Aber er lernt doch einige Menschen kennen, die sich für ihn interessieren und ihm ehrliches Verständnis entgegenbringen.
Dieser historische Krimi mit seiner vielschichtigen Handlung hat mich von Anfang an gefesselt und nicht mehr losgelassen, denn es gibt so vieles darin zu entdecken. Die beschriebene Zeit mit dem plötzlichen Run auf Tulpenzwiebeln, die Auswirkungen sowie Pieters Berechnungen und Prognosen dazu, fand ich äußerst spannend. Auch die intensiven Einblicke, die man zur damaligen Malerei erhält, sind sehr lehrreich und informativ. Man lernt vieles über die Vorgehensweise und die Gewinnung der benötigten Farben, und es werden Einzelheiten erklärt, die mich künftig alte Gemälde noch einmal mit ganz anderen Augen betrachten lassen.
Bei den Kriminalfällen folgt man so mancher falschen Spur, denn für mich war die Lösung ganz und gar nicht vorhersehbar. Nicht alles ist so wie es scheint, und in jedem Kapitel warteten neue Überraschungen.
Nicht zuletzt haben es mir die verschiedenen Charaktere angetan, die so treffend und lebendig dargestellt sind. Da sind neben Pieter natürlich Rembrandt und die Mitglieder seines Haushalts, von denen jeder so seine Geheimnisse hat. Aber auch andere Maler und die Tulpisten, die in der Geschichte eine Rolle spielen, sind sehr ausführlich gezeichnet, auch wenn sie sich nicht immer von ihrer besten Seite zeigen. In der jungen Schankwirtin Mareikje und dem Arzt Dr. Bartelmies hat Pieter verständnisvolle Freunde gefunden – oder scheint das nur so?
Der Roman ist wundervoll und abwechslungsreich von der ersten bis zur letzten Seite. Man ist nie vor Überraschungen sicher, und immer spielt da auch ein Quäntchen Humor mit. Ich habe dieses wunderbare Buch mit einem lachenden und einem weinenden Auge beendet. Das weinende Auge, weil es nun schon ausgelesen ist und es mir schwer fiel, mich von Pieter und seiner Geschichte zu verabschieden, und das lachende Auge, weil mir diese so ausgesprochen gut gefallen hat. Der Schluss ist ausgewogen und eine Mischung aus fertigen Lösungen und Erklärungen, dabei aber auch reichlich Platz für eigene Gedanken und Träumereien. Sicher wird es für mich nicht beim einmaligen Lesen bleiben, denn ich denke, bei einem Re-Read gibt es noch viel zu entdecken, was man beim ersten Mal vielleicht ganz übersehen hat. Auf jeden Fall ist dieser Roman schon jetzt ein großer Anwärter für meine Jahresfavoriten.

Veröffentlicht am 17.02.2018

Lakota Moon

Lakota Moon
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In diesem Jugendbuch erzählt Antje Babendererde die Geschichte des 15-jährigen Oliver. Der Junge muss seine Heimat Deutschland und seine Freunde verlassen, weil sich seine Mutter in den Kopf gesetzt hat, ...

In diesem Jugendbuch erzählt Antje Babendererde die Geschichte des 15-jährigen Oliver. Der Junge muss seine Heimat Deutschland und seine Freunde verlassen, weil sich seine Mutter in den Kopf gesetzt hat, einen Indianer zu heiraten. Sie wandert nach Amerika aus, und Oliver muss mit. Nina, seine erste Liebe, bleibt zurück.
Es fällt Oliver schwer, in der neuen Umgebung Fuß zu fassen und sich an das Reservat und die Menschen dort zu gewöhnen. In Gedanken ist er immerzu bei seiner geliebten Nina. Schon sehr bald bekommt er sehr schmerzhaft den Hass zu spüren, den ihm einige Indianer entgegenbringen, nur weil er weiße Haut hat und aus Deutschland kommt. Sogar als Nazi muss er sich beschimpfen lassen.
Aber er begegnet auch Menschen, die eine gute Beziehung zu ihm aufbauen und ihm Zuneigung entgegenbringen. Lange Zeit will er sich gar nicht eingewöhnen und sträubt sich gegen die positiven Gefühle, die er erstaunlicherweise immer häufiger für seine neue Heimat und die Bewohner entwickelt. Es werden sehr viele brisante Themen in diesem Roman angesprochen, dabei natürlich in erster Linie die schwerwiegenden Probleme, die sich für die Menschen im Reservat ergeben. Je länger Oliver dort lebt, umso mehr erkennt er, dass die Lage der Lakota alles andere als rosig ist und dass den Ureinwohnern immer wieder Hindernisse in den Weg gelegt werden und sie von den Weißen kaum Gerechtigkeit erfahren.
Man lernt die aktuelle Situation der amerikanischen Ureinwohner kennen und erfährt so manche bittere Wahrheit, fernab jeder Wildwestromantik.
Daneben geht es in dieser Geschichte aber auch um Liebe und Zuneigung, um Heimat und Wurzeln und um den Wunsch nach Anerkennung.
Oliver verändert sich und damit auch seine Sichtweise. Je mehr er von den Menschen im Reservat erfährt, umso besser lernt er sie zu verstehen, und er entdeckt mit der Zeit so etwas wie ein Zusammengehörigkeitsgefühl.
Am Ende bleibt vieles offen, was ich doch ein wenig bedauert habe, denn ich hätte gerne gewusst, wie es mit Oliver und seiner neuen Familie weiter geht. Aber ich denke, genau das hat die Autorin beabsichtigt, denn durch die offenen Fragen wird der Leser angeregt, noch ausgiebiger über die Geschichte nachzudenken.
Der Schreibstil ist schön und flüssig und für den fünfzehnjährigen Oliver als Ich-Erzähler absolut passend. Man erhält Einblick in die Gedanken und Gefühle des Jungen, und ich finde es immer wieder faszinierend, mit wie viel Fingerspitzengefühl es der Autorin gelingt, ihre Protagonisten authentisch erzählen zu lassen. Das war wieder ein Roman der Autorin, wie ich sie liebe und immer wieder gerne lese.

Veröffentlicht am 03.02.2018

Die Salzpiratin

Die Salzpiratin
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Am Traunsee im Jahr 950: Ursel, ist eine außergewöhnliche junge Frau. Gerade sechzehn geworden, findet sie keine Freude an typisch weiblichen Tätigkeiten wie Blumen pflücken, Handarbeiten oder sich auf ...

Am Traunsee im Jahr 950: Ursel, ist eine außergewöhnliche junge Frau. Gerade sechzehn geworden, findet sie keine Freude an typisch weiblichen Tätigkeiten wie Blumen pflücken, Handarbeiten oder sich auf eine Ehe vorbereiten. Viel lieber geht sie auf die Jagd. Sie ist eine ausgezeichnete Bogenschützin und schnitzt Pfeil und Bogen selbst. Ihre Familie lebt auf einer Halbinsel am See unterhalb des Traunsteins. Reinhart, ihr Vater und der Gutsbesitzer, steht in Diensten der Herren von Orth und kontrolliert den Salzhandel auf dem Traunsee, indem er die Schiffe der Händler vor den Piraten schützt, die in der Gegend ihr Unwesen treiben.
Bei einem grausamen Überfall durch die Männer des Grafen Wilhelm von Chiemgau kommt Ursels ganze Familie ums Leben. Nur sie und ihr Bruder Nikolaus können entkommen. Ursula ist verbittert, denn sie hat alles verloren. Sie möchte Rache und schließt sich den Salzpiraten an. Nach einem gelungenen Raubzug fällt der Kaufmann Steffen in die Hände der Piratenbande. Obwohl Steffen im Dienste des Grafen Wilhelm und somit auf der anderen Seite steht, fühlt sich Ursel in seiner Gesellschaft wohl. Steffen hat ihr Geheimnis entdeckt und ist fasziniert von der außergewöhnlichen jungen Frau. Aber sie stammen aus so verschiedenartigen Welten, dass es keine Zukunft für sie gemeinsam zu geben scheint. Neben diesen beiden Protagonisten kann der Roman noch mit einigen beeindruckenden, vielschichtigen und interessanten Charakteren aufwarten.
Man erfährt die Geschichten, die hinter den verschiedenen Schicksalen stecken, und so nach und nach fügt sich alles zu einem klaren Bild zusammen.
Ursel und Steffen sind zwei richtige Sympathieträger, die mein Herz sehr schnell erobert hatten. Auch der struppige Hund Nero wirkt so anrührend in seiner Treue zu Ursel, das man ihn einfach gern haben muss. Andere Charaktere sind nicht so leicht einzuschätzen, und einige haben sich ganz anders entwickelt als ich erwartet habe.

In gewohnt flüssiger und fesselnder Art erzählt Beate Maly hier einen Roman, der sich in einer Zeit abspielt, über die es nur wenige historische Fakten gibt. Ob die Salzpiraten in der beschriebenen Form oder ähnlich wirklich existiert haben, ist nicht bekannt, aber es gibt dazu wohl einige Überlieferungen. Graf Wilhelm von Chiemgau und auch die Äbtissin Ata haben, den Erklärungen im Nachwort zur Folge, tatsächlich gelebt. Der Roman, den die Autorin auf die eher spärlichen Tatsachen aufgebaut hat, wirkt äußerst authentisch. Vor einigen Jahren wurde ein Film über die Salzpiraten im Salzkammergut gedreht, und diesen nahm Beate Maly zum Anlass, sich ausführlicher mit der Thematik zu befassen. Besonders fasziniert war ich jedoch nicht nur von der fesselnden Handlung, sondern auch die beschriebene Umgebung am Traunsee hat mich interessiert, und ich konnte nicht widerstehen, Fotos der Örtlichkeiten im Internet zu suchen. Das mache ich immer sehr gerne, denn wenn ich die Umgebung kenne bzw. sie mir gut vorstellen kann, dann wirkt die Handlung noch viel lebendiger. Die Gegend, wo der Roman spielt, ist traumhaft, und ich habe mir vorgenommen, die beschriebenen Schauplätze einmal zu besuchen.
So ganz nebenbei erhält der Leser Einblicke in die damalige Zeit, insbesondere die Stellung der Frauen wird hier thematisiert, denn die war zum Ende des zehnten Jahrhunderts nicht gerade rosig und das nicht nur in den niedrigeren Gesellschaftsschichten.

Fazit: Ein kurzweiliger und sehr schön geschriebener Roman mit tollen Charakteren und einem interessanten historischen Hintergrund.