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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.06.2018

ROMANTIK THRILLER

Schwesterherz
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Während ihrer alltäglichen Joggingrunde im Central Park stolpert Victoria Kensington fast über eine hilflose junge Frau. Erst auf dem zweiten Blick erkennt Victoria ihre Schwester Audrey, die sie in Florenz ...

Während ihrer alltäglichen Joggingrunde im Central Park stolpert Victoria Kensington fast über eine hilflose junge Frau. Erst auf dem zweiten Blick erkennt Victoria ihre Schwester Audrey, die sie in Florenz vermutet. Es ist früher Abend. Es regnet heftet. Keine ihrer Hilferufe wird gehört. Victoria muss Hilfe holen, aber bei ihrer Rückkehr ist ihre Schwester verschwunden. Umgehend macht sich die selbstständige Anwältin auf die Suche nach ihrer Schwester. Unterstützung findet sie überraschenderweise von ihrer ehemaligen großen Liebe Zachary Hamilton.

Dieser Thriller beginnt genau wie ich es liebe mit Angst, Schrecken und einer Gänsehaut.
Die einzelnen Protagonisten werden genau beschrieben. Die schwierigen und auch ein wenig seltsamen Familienverhältnisse von Victoria und ihrer Schwester werden aufgezeigt. Man kann so die verschiedene Entwicklung der beiden Schwestern gut nachvollziehen.

Die Liebesgeschichte zwischen Zack und Victoria empfand ich dagegen überzogen. Natürlich passen Liebesbeziehungen und Erotik gut in einen Thriller, aber in diesem Fall nahm das Gefühlschaos einen zu hohen Stellenwert ein, so dass die eigentliche Spannung abfiel. Zwischendurch hatte ich den Eindruck, dass die Autorin den Fokus aus den Augen verloren hat. Es schien lange Zeit völlig unsinnig, dass Audrey in einer Klinik festgehalten wird, die mit Drogen handelt beziehungsweise arbeitet. Erst als das Liebeschaos endlich entwirrt und geklärt war, nahm der Thriller wieder Fahrt auf. Der Spannungsbogen hielt dann bis zum Schluss, was mich wieder mit diesen Thriller versöhnte.

Alles in Allem ist „Schwesterherz“ ein spannender, lesenswerter Thriller mit einigen Abstrichen.

Veröffentlicht am 12.06.2018

Zufrieden mit dem eigenen Leben?

Das Paar aus Haus Nr. 9
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Sara und Neil leben mit ihren beiden Söhnen in einer Doppelhaushälfte in einer mittelständigen Wohngegend. Während ihre Wohnhaushälfte gediegen und heimelig wirkt, ist die andere Hälfte ziemlich vernachlässigt ...

Sara und Neil leben mit ihren beiden Söhnen in einer Doppelhaushälfte in einer mittelständigen Wohngegend. Während ihre Wohnhaushälfte gediegen und heimelig wirkt, ist die andere Hälfte ziemlich vernachlässigt und heruntergekommen. Als Sara ihre Kinder von der Schule abgeholt hat, beobachtete sie mit ihrer Freundin und Nachbarin Carol, dass eine Familie mit drei Kindern in das Haus Nr. 9, der renovierungsbedürftigen Haushälfte, einzieht. Sofort macht Sara sich mit Lou bekannt und lädt sie und ihre Familie auf eine Erfrischung ein. Die beiden Familien kommen sich schnell näher. Sara und Neil lassen sich völlig in den Bann der beiden Künstler ziehen und werden mehr und mehr von ihnen abhängig.

Eigentlich habe ich wegen des Covers und Klappentextes ein anderes Buch erwartet.
Ich hatte mir im Haus Nr. 9 ein dunkles Geheimnis vorgestellt, das von beobachtenden Nachbarn oder den Neueingezogenen entdeckt und gelüftet wird.
Stattdessen kommt mir der Roman wie eine Milieustudie daher. Es war spannend zu lesen, wie sich die Menschen entwickeln und auch verändern, wenn Familien mit total unterschiedlichen Lebenseinstellungen nebeneinander wohnen. Diejenige mit dem kleinsten Selbstwertgefühl, in unserer Geschichte Sara, geht vollkommen auf die berühmten Künstler ein und schämt sich für alle, die nicht voller Ehrfurcht und Verständnis sind. Kreativität und Zügellosigkeit machen sexy, so stark dass Sara völlig von Gavin eingenommen wird und nur noch dem Objekt ihrer Begierde folgt. Ähnlich geht es auch ihrem Mann mit Lou.
Ganz ruhig Schritt für Schritt zeichnet die Autorin die Charaktere, wie sie sich verändern und wie insbesondere Sara ihr altes Leben blass und unbefriedigend empfindet. Die Eheleute driften auseinander, treffen sich aber immer wieder mit neuer Leidenschaft, die sich aus ihren neuen Ansichten und ihrer neuen Lebenseinstellung entwickelt, um dann doch wieder in die eigene Ereignislosigkeit zurückzufallen.
Die Künstler Gavin und Lou lassen sich nicht so leicht in die Karten gucken. Ich weiß nicht, ob die Autorin das bewusst recht offen gelassen hat. Die Tatsache, dass die beiden sich ein neues „Bewunderer-Pärchen“ gesucht haben, zeigt zu mindestens, dass sie wahrscheinlich ohne so ein Pärchen aufgeschmissen wären. Sie brauchen nicht nur jemanden, der ihnen die Kinder abnimmt, sondern auch Bewunderer um sich ihrer Kreativität und Größe bewusst zu sein.
Man kann noch über unzählige Aspekte dieses Buches philosophieren und diskutieren. Es wirkt nach und regt zum Nachdenken an.

Veröffentlicht am 21.05.2018

Spannend - von der Vergangenheit eingeholt

Der Kreidemann
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1986 – eine zerstückelte Frauenleiche wird von vier 12-jährigen Jungen im Wald aufgefunden. Mit Kreidezeichnungen wurden die Jungen zum Fundort geführt. Der Kopf der jungen Frau wird allerdings nie gefunden. ...

1986 – eine zerstückelte Frauenleiche wird von vier 12-jährigen Jungen im Wald aufgefunden. Mit Kreidezeichnungen wurden die Jungen zum Fundort geführt. Der Kopf der jungen Frau wird allerdings nie gefunden. Ed Adams erzählt im Jahre 2016 die Ereignisse aus seinen Kindertagen. Nach und nach werden Geheimnisse enthüllt und mehr und mehr holt ihn die Vergangenheit ein. Als er glaubt, alles durchschaut zu haben, schockieren ihn neue Enthüllungen und er versucht der Sache auf den Grund zu gehen.

Spannend kommt er daher der Kreidemann. Mich fasziniert besonders, dass der Erzähler die Ereignisse aus dem Jahr 1986 aus kindlicher Sicht beschreibt, so als würde ein 12-jähriger diese Dinge erleben und erzählen. Der Eddie oder Ed, so wie er als Erwachsener genannt werden will, erzählt wie ein schon fast gescheiterter Erwachsener.
Bei der recht sparsamen Enthüllungsquote wurde ich des Öfteren ungeduldig und hätte mir einen roten Faden gewünscht. Stattdessen wurden immer wieder die Zeitschienen gewechselt, meist nach einer überraschenden Wendung oder einem Cliffhanger. Die einzelnen Figuren, insbesondere die „Gang“-Mitglieder wurden stark charakterisiert, was mich als Leser zu Spekulationen hinsichtlich des Täters veranlasste, aber leider zu völlig abwegigen Überlegungen führte.
Meines Erachtens ist nicht alles zum Schluss geklärt worden, aber sicher ist es im Leben so, dass nicht alles geklärt werden kann. Mitgenommen hat mich das Ende in Bezug auf Ed. Es lässt mich traurig und auch nachdenklich zurück.
Mit Zuklappen des Buches ist es nicht vorbei. Es wirkt nach und das ist gut........

Veröffentlicht am 29.03.2018

Das Leben danach

Der Pub der guten Hoffnung
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Sam und Hannah erleben den schlimmsten aller Albträume. Ihr Sohn Felix ist in Folge eines Selbstmordattentats in einem Zug verbrannt. Er hat mehrere Menschen mit in den Tod genommen. Seine Eltern können ...

Sam und Hannah erleben den schlimmsten aller Albträume. Ihr Sohn Felix ist in Folge eines Selbstmordattentats in einem Zug verbrannt. Er hat mehrere Menschen mit in den Tod genommen. Seine Eltern können diese Tat nicht begreifen, war ihr Sohn doch ein zurückhaltender, ruhiger Mensch. Sie werden von der Presse umlagert und sind nicht mehr in der Lage ihr Leben zu leben. Nachdem Hannah versucht hat, sich das Leben zu nehmen, lebt sie abgeschottet in einer Klinik. Sam versucht Ruhe in einem kleinen Cottage in Wale zu finden. Dort nimmt er das Leben um sich herum wieder wahr und plant einen Neuanfang mit seiner Frau.


Dieser Roman wird unter dem Genre Frauen-/Liebesroman gelistet, weshalb ich die Leseprobe erst gar nicht lesen wollte. Es wäre ein großer Verlust gewesen!

Einige Liebesromanpassagen waren dabei, die man meiner Meinung nach hätte weglassen können, aber ansonsten war es ein beeindruckender Roman. Einem Genre könnte ich ihn jetzt gar nicht zu ordnen.

Das Schicksal der Eltern eines Amokläufers ist sehr sensibel, aber keinesfalls kitschig verarbeitet worden. Die Ängste und Vorwürfe sind immer wieder zu Tage getreten. Es wird aufgezeigt, wie unterschiedlich Männer und Frauen solche Schicksalsschläge verarbeiten. Insbesondere wird deutlich, dass sie Hilfe brauchen und immer wieder unterschiedliche Anreize. Der Neuanfang in Wales, mit aufwendigem Neuaufbau und neuen Aufgaben hat ihnen ermöglicht wieder ein eigenes Leben zu führen. Dass sie dabei neue Lebens-/Liebespartner finden, ist sicher dann doch dem Genre geschuldet.

Die sensible Aufarbeitung des Themas Eltern eines Amokläufers, ohne irgendeine Problematik zu verschweigen, hat mir sehr gut gefallen und das Buch zu etwas besonderem gemacht.
Besonders gut gefallen haben mir die abschließenden Gedanken von Hannah:

„Weißt du, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich heute Felix sagen, dass es immer Hoffnung gibt, solange man diese sich selbst und anderen nicht durch eine unüberlegte, selbstsüchtige Tat raubt. Das Leben hält oftmals für uns nicht das bereit, was wir von ihm erwarten. Aber wenn wir genügsam und geduldig sind, versuchen zu verstehen und offen sind für Neues, dann überrascht es uns mit seiner unglaublichen Schönheit, nicht wahr?“

Das sollten auch wir uns zu Herzen nehmen.


Veröffentlicht am 19.03.2018

Atmosphärische Irland-Krimi

Schweigegelübde (Ein Emma-Vaughan-Krimi 2)
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In diesem relativ "kleinen" Krimi, er umfasst mal gerade 270 Seiten, werden alle Themen, die mir zu Irland einfallen würden, verarbeitet. Die schlecht angesehene, aber tüchtige Polizistin, die ...

In diesem relativ "kleinen" Krimi, er umfasst mal gerade 270 Seiten, werden alle Themen, die mir zu Irland einfallen würden, verarbeitet. Die schlecht angesehene, aber tüchtige Polizistin, die leider Protestantin, geschieden und alleinerziehende Mutter ist, wird von der katholischen, irischen Macho-Gesellschaft nicht anerkannt. Ihr Ex-Mann gehört zudem auch noch seit 30 Jahren der IRA an, wird wegen seiner Vergangenheit bei der IRA angeklagt und befürchtet eine 15-jährige Haftstrafe. Emma Vaughan selbst ist tabletten-morphinsüchtig als Folge eines Autounfalls mit multiplen Verletzungen und nach diversen Operationen.
Wie nebenbei löst sie zwei Massenmordfälle, legt das Schicksal unehelich geborener Kinder im erzkatholischen Irland offen und zeigt auf, wie brutal und herzlos die kirchlichen Organisationen die Not der Mütter und ihren Kindern ausnutzen. Priester und Erzieher quälen die Kinder nach ihren kranken Vorstellungen mit kranken Verhaltensweisen. Aber das wird heute alles unter den Teppich gekehrt, Auch Emma macht diese Machenschaften nicht publik, weil sie eigene Fehler zugeben müsste und im Endeffekt nichts erreichen würde.

Mein Fazit: Dieses Buch liefert gute Unterhaltung, viel Irlandkolorit und eine sympathische, nicht fehlerfreie Er­mitt­le­rin. Ich würde gerne noch mehr von ihr lesen.