Gartengeheimnis
MordzeitloseMargrit wächst seit dem frühen Tod der Mutter ziemlich isoliert auf. Sie hat keine Freunde, wird in der Schule gehänselt und der Vater verstärkt mit Verboten ihre Einsamkeit. Das war aber auch schon vorher ...
Margrit wächst seit dem frühen Tod der Mutter ziemlich isoliert auf. Sie hat keine Freunde, wird in der Schule gehänselt und der Vater verstärkt mit Verboten ihre Einsamkeit. Das war aber auch schon vorher so, ihre Mutter war von Depressionen geplagt und konnte Margrit nie Nähe oder Liebe zeigen. Der Tod der Mutter bleibt ungeklärt, es könnte ein Unfall gewesen sein, aber auch nicht. Lange steht Margrits Vater im Interesse der Behörden, auch wenn nie etwas den Verdacht erhärten könnte.
Margrits einzige Freunde sind ihre Pflanzen, mit denen sie spricht. Ihre Blumen sind die Stütze in ihrem Leben. Sie wird erwachsen, eine erste Liebe zerbricht schmerzhaft, ihr Freund verlässt sie und verschwindet kurze Zeit später. Abhauen in den Westen – so nehmen es alle an. Sie studiert sehr erfolgreich Agrarwissenschaften und trotz der Einschränkung der DDR wird sie durch ihre revolutionären Ideen zum „Slow Gardening“, lange bevor das in Mode kam, zur gefragten Rednerin an vielen ausländischen Universitäten und Botanischen Gärten. Besonders die unscheinbare – vielleicht wie Margrit selbst – aber so widerstandsfähige Herbstzeitlose hat es ihr angetan. Ihr Forschen richtet sich auf die Pflanze und die Möglichkeiten, die sich aus ihrem Gift für Medizin oder Pflanzenschutz ergibt. Ihre jahrelange Brieffreundschaft mit Dr. Steiner, einem Botaniker aus dem Westen bestärkt sie, obwohl ihr auch klar ist, dass Steiner ihre Ideen stiehlt. Sie liest so manchen Artikel seiner Artikel in ausländischen Fachzeitschriften, die direkt aus ihren Briefen stammten.
Die Wende kommt und Margrit wird Leiterin der Holländischen Gartenakademie in Berlin und Nachfolgerin von Dr. Steiner, der sich zurückziehen muss. Eine späte Genugtuung für Margrit.
Der Kriminalroman von Patricia Holland Moritz entzieht sich dem klassischen Ablauf eines Krimis. Im Mittelpunkt steht Margrit, deren Leben vom Kindesalter an begleitet wird. Schnell wird klar, dass sie nicht nur die scheue, ganz in ihrer Pflanzenwelt lebende Frau ist. Sie ist von ihren Ideen überzeugt und weiß, dass man viel Geduld braucht um zum Ziel kommen. Genau so viel Geduld braucht man auch für diesen Roman, den ich gar nicht als Krimi bezeichnen möchte. Er folgt nicht dem Schema Tat – Motiv – Vertuschung – Aufklärung. Es ist Lebensgeschichte einer Frau, die symbiotisch mit Pflanzen verbunden ist. Ich fand diese Langsamkeit beeindruckend, bin ganz in die Gartenwelt eingetaucht, auch wenn ich schon sehr früh die Intention der Geschichte erkannte.
Es war die Sprache, die mich hier überzeugte. Wunderschöne Beschreibungen, ein eleganter, fast lyrischer Sprachstil, der mich ansprach. Die Handlung, die einen Bogen fast über ein ganzes Leben zog, ist dahinter zurückgetreten, obwohl sie immer mal wieder eine überraschende Wende nahm. Ich könnte mir vorstellen, dass Leser die einen klassischen Krimi erwarten, hier richtig enttäuscht werden. Man muss sich auf dieses Buch einlassen. Nicht nur Slow Gardening, vielleicht auch Slow Reading goutieren.
Mir hat dieser Ausflug in die Welt der Botanik, die manchmal auch tödlich sein kann jedenfalls gefallen.