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Veröffentlicht am 07.04.2018

Wie Macht, Geld und Intrigen auch die besten Freunde zu Feinden werden lassen

Das Eis
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Im Zweifel für den Angeklagten. Darauf hofft auch Sean Cawson, auch wenn es kein Strafprozess ist, sondern eine gerichtliche Untersuchung, der er sich gegenüber sieht. Und das alles nur, weil das Eis schmilzt. ...

Im Zweifel für den Angeklagten. Darauf hofft auch Sean Cawson, auch wenn es kein Strafprozess ist, sondern eine gerichtliche Untersuchung, der er sich gegenüber sieht. Und das alles nur, weil das Eis schmilzt.

Was sich zu Beginn - eine Leiche wird in der Arktis gefunden, weil ein Gletscher kalbt - wie ein Thriller liest, entwickelt sich zu einem tiefgehenden Roman, der ganz nebenbei noch den Umgang mit Rohstoffen und unserer Natur anspricht und teilweise anprangert. Sean Cawson kannte den Toten, er war mit ihm gemeinsam unterwegs, als dieser nicht zurückkehrte. Drei Jahre ist das nun her und aktuell sieht sich der reiche und mächtige Brite mit einer Untersuchung konfrontiert, die klären soll, ob er Mitschuld am Tod im Eis seines Gefährten hatte.

Immer, wenn die Erzählung etwas abflacht, gerät man als Leser in einen neuen Strudel der Ereignisse, der einen selbst und auch Cawson immer wieder mitreißt. Man ist überall hautnah dabei, spürt den eisigen Wind der Arktis im Gesicht, sitzt im Gerichtssaal hinter dem Protagonisten, steht bei den Aussagen neben den Zeugen und blickt hinter die Pokerfaces derjenigen, die die Geschicke unserer Welt bestimmen: Mächtige. Alles dreht sich letztendlich um Macht und diese beruht entweder auf politischen Ämtern oder viel Geld. Oder beidem.

Ein sehr zentrales Beispiel dafür ist in diesem Roman Sean Cawson, der in zahlreichen Situationen die verschiedensten Facetten zeigen darf. Je nach Blickwinkel ist er nur ein kleiner Fisch oder jemand, der die Fäden in der Hand hält. Aber er ist neben allem auch ein Mensch mit Probleme wie du und ich sie kennen und haben.

Die Beziehung, die der Leser zu Sean hat, ist nicht immer einfach und sie trifft während der 458 Seiten auf viele Hindernisse, die sie auf die Probe stellen. Man mag von den Protagonisten halten was man möchte, ob nun Idealist oder Intrigant, am Ende des Tages steckt wohl von allem etwas in jedem von uns.

Veröffentlicht am 27.03.2018

Die ländliche Idylle trügt

Totenweg
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Dieser Lokalkrimi aus dem Norden Deutschlands ist der Beginn einer Reihe um die eigenwillige Polizistin und Einzelgängerin Frida Paulsen und den vom Leben geplagten Kriminalhauptkommissar Bjarne Haverkorn. ...

Dieser Lokalkrimi aus dem Norden Deutschlands ist der Beginn einer Reihe um die eigenwillige Polizistin und Einzelgängerin Frida Paulsen und den vom Leben geplagten Kriminalhauptkommissar Bjarne Haverkorn. Sie sind zwar Kollegen, doch in unterschiedlichen Städten tätig und kennen sich wegen eines Falls aus Fridas Kindheit, in dem Haverkorn ermittelte.

Beide lassen die Bilder der Vergangenheit nicht los und als sie nach vielen Jahren wieder aufeinandertreffen, reißen alte Wunden wieder auf. Fridas Vater wird niedergeschlagen und sie kommt zurück in ihr Heimatdorf, um ihm und ihrer Mutter beizustehen. Erneut ist Haverkorn an den Ermittlungen beteiligt und während er den Angreifer sucht, fördert er alte Geschichten unweigerlich zutage.

Die Ereignisse überschlagen sich. Zwischen höfischer Idylle, die allerdings etwas zu kurz kommt, Apfelernte und Wetterkapriolen schleichen sich Familiengeheimnisse, Geldsorgen, vermisste sowie tote Personen und viele viele Leute aus Fridas Vergangenheit die alle in irgendeinem Teil der Geschichte mit drinhängen.

Ein wenig mühsam können die vielen Namen und Dorfbewohner zwischendrin schon sein, aber man gewöhnt sich daran und die verwirrenden Momente werden weniger. Am Ende steht der klassische Weg: ein Großteil der Handlungsstränge und Rätsel wird geklärt, nicht zu allem gibt es bis ins letzte Detail Antworten und ein paar Dinge bleiben bewusst offen. In Summe ist dieser Krimi gut zu lesen, schnell zu lesen und unterhält auf spannendem Niveau.

Veröffentlicht am 27.03.2018

Blonde Frauen, nehmt euch in Acht

Gründerjahr
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Grausame Morde an jungen Frauen passieren im München des Jahres 1918. Im kalten Winter ermittelt Kriminaloberinspektor Karl Weinberger mit seinem kleinen Team. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten finden sie ...

Grausame Morde an jungen Frauen passieren im München des Jahres 1918. Im kalten Winter ermittelt Kriminaloberinspektor Karl Weinberger mit seinem kleinen Team. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten finden sie einiges heraus, sind aber immer einen Schritt hinter dem Täter. Manches aus diesem Teil des Buches scheint zuerst etwas plötzlich, etwas unwahrscheinlich, ergibt aber Sinn, sobald es zum nächsten Teil weitergeht.

Der Autor überrascht den Leser mit Zeitsprüngen, zwei, um genau zu sein. Und in gewisser Weise begleitet immer der vorherige Abschnitt den Leser weiter. Man kann nicht allzu viel dazu erzählen, ohne zuviel von der Geschichte vorwegzunehmen.

Mir persönlich erschloss sich der zweiten Zeitsprung nicht ganz, die Geschichte wäre für mich auch ohne diesen vollständig gewesen. Das Buch wäre dann klarerweise dünner, aber es wäre sicher auch reizvoll gewesen, eben die beiden vorhergehenden Abschnitte weiter auszubauen und mehr zur damaligen Zeit und den Umständen zu schreiben. Was man in diesem Krimi gut beobachten kann, ist, wie sich mit der Zeit auch die Kriminaltechnik entwickelt hat, wie die Ermittlungen sich verändert haben, die Werkzeuge sich verbessert und die Herangehensweisen sich intensiviert haben.

Da der Krimi durchaus spannend ist und man sich mit den Personen gut identifizieren kann, der Schreibstil stimmig und gut lesbar ist, fällt das Fazit dennoch sehr positiv aus.

Veröffentlicht am 21.03.2018

Ein Tod, der alles infrage stellt

Das Flüstern der Insel
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Dieser Roman schwankt gewissermaßen zwischen Thriller und Lebensratgeber. Alice, Mutter einer Tochter und wieder schwanger, wird zur Witwe. Doch nicht genug damit, dass ihr Mann, der keine Geheimnisse ...

Dieser Roman schwankt gewissermaßen zwischen Thriller und Lebensratgeber. Alice, Mutter einer Tochter und wieder schwanger, wird zur Witwe. Doch nicht genug damit, dass ihr Mann, der keine Geheimnisse vor ihr hat, stirbt. Es passiert auch noch an einem Ort, wo er eigentlich nicht sein hätte dürfen. Um ihren seelischen Schmerz zu lindern, zu verdrängen was aktuell passiert ist, gräbt sich Alice tief in die Vergangenheit ein und beginnt zu spionieren.

Wo war ihr Mann und was hat er dort gemacht? Wohin fuhr er, von wo kam er? Es lässt ihr keine Ruhe. Der Autor zeichnet ein - mitunter absichtlich übertriebenes - Bild einer zutiefst verzweifelten Frau. Er hält dem Leser einen Spiegel vor - wie weit würde ich gehen? Was würde ich wissen wollen? Wie viel Zweck heiligt die Mittel?

Zwischen den thrillerähnlichen Spionageabschnitten bietet der Roman viel Platz für Zwischenmenschliches, für Traurigkeit, Bewältigungsmechanismen und beleuchtet die Rolle von Freundschaft und Vertrauen. Immer wieder muss man an das Zitat “Niemand ist eine Insel” aus About A Boy denken. Wird Alice einen neuen Anker in ihrem Leben finden, zur Ruhe kommen können und alles hinter sich lassen?

Sánchez-Arévalo zeichnet ein intensives Psychogramm, wirft einen kritischen Blick auf die heile Welt, auf funktionierende Beziehungen und zeigt auf, dass auch scheinbar ganz normale zufriedene Mitmenschen viel mehr zu tragen haben als wir ahnen. Ein Plädoyer für Offenheit und Mitgefühl. Dafür, alles zu genießen, was wir haben, denn es könnte schneller vorbei sein als wir denken.

Veröffentlicht am 06.03.2018

Liebevolle Erzählung über Verletzlichkeit und Stolz

Wenn es Frühling wird in Wien
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Eine liebevolle Mischung aus Fakt und Fiktion (wie die Autorin auch selbst sagt) ist dieser kurze Roman. Petra Hartlieb entführt den Leser ins Wien um 1912 und stellt, obwohl die Geschichte viel im Haus ...

Eine liebevolle Mischung aus Fakt und Fiktion (wie die Autorin auch selbst sagt) ist dieser kurze Roman. Petra Hartlieb entführt den Leser ins Wien um 1912 und stellt, obwohl die Geschichte viel im Haus von Arthur Schnitzler spielt, die weniger populären Figuren in den Mittelpunkt. Sie erdenkt sich Biografien für die Bediensteten und diverse Wiener, die ihnen zu dieser Zeit begegnen.

Kindermädchen Marie lernt Buchhändler Oskar kennen, Oskar wiederum Fanni. Fanni und Marie trennen Welten. Zwar handelt der Roman von Liebe und Verletzlichkeit, dennoch begegnen sich die meisten Charaktere mit Anstand und manchmal auch erstaunlicher Offenheit.

Neben der Freude an den kleinen Dingen gibt es auch bedrückende, beklemmende Momente, die die Protagonisten zu durchleben haben. Manche sind frei erfunden, andere stark von Tatsachen beeinflusst oder wirklich passiert.

Dass nicht alles im Roman ein Tatsachenbericht ist, stört nicht. Gewisse schriftstellerische Freiheiten sollte jede Geschichte haben dürfen und hier steht die zauberhafte Erzählung einfach über einem reinen Historienroman. Ein wirklich nettes Buch für zwischendurch, für die Jahreszeit aktuell, um die eigenen Gedanken schweifen und die Seele baumeln zu lassen.