Cover-Bild Der Lügenpresser
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Kremayr & Scheriau
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: allgemein und literarisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 08.03.2018
  • ISBN: 9783218011075
Livia Klingl

Der Lügenpresser

Dr. Karl Schmied, 62, ist verliebt. In Sonja aus Moldawien. Weil die Zukunft verheißungsvoll ist, schaut der Boulevardjournalist und studierte Historiker auch in die Vergangenheit zurück. Aus kleinen Verhältnissen stammend, hat er etwas aus sich und seinem Leben gemacht. Mit vielen Veränderungen im Land ist er durchaus zufrieden, aber dass man keinen „Mohr im Hemd“ mehr bestellen darf und gleichgeschlechtliche Paare jetzt auch noch heiraten wollen, geht ihm dann doch zu weit. EU, Migranten, Flüchtlinge, Roboterisierung, Social Media, die Krise der Politik und der Zeitungen: Karl Schmied sieht schwarz für die Zukunft. In seinem kleinen Kosmos fühlt er sich durchaus wohl. Bis zwei unerwartete Nachrichten sein sorgfältig zurechtgezimmertes Selbstbild krachend zum Einsturz bringen – worauf der vermeintlich Besonnene zu einem drastischen Mittel greift.
Mit spitzer Feder und hintersinnigem Witz taucht Livia Klingl in ihrem ersten Roman tief in die österreichische Seele ein. Sie schickt Karl Schmied auf eine Reise durch das Gestern, das Heute und das zu erwartende Morgen und blickt hinter die Fassade eines Menschen, der wie so viele andere auch das Gefühl hat, aus dieser unberechenbaren Zeit gefallen zu sein.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.03.2018

Gesellschaftskritik auf hohem Niveau

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Der Roman „Der Lügenpresser“ von Livia Klingl ist 2018 im Verlag Kremayr & Scheriau in Wien erschienen und kann als aktuelle Gesellschaftskritik verstanden werden.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht ...

Der Roman „Der Lügenpresser“ von Livia Klingl ist 2018 im Verlag Kremayr & Scheriau in Wien erschienen und kann als aktuelle Gesellschaftskritik verstanden werden.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Hauptprotagonisten Dr. Karl Schmied. Der 62-jährige Boulevard-Journalist lässt die LeserInnen teilhaben an einer Woche voller innerer Monologe seiner selbst. Beginnend mit Montag in der früh, zuhause im Bett begleiten die LeserInnen Karl bis Freitag im Büro des Online-Chefs seiner Zeitung.
Nach „Lauter Fremde!“ war es bereits mein zweites Buch der Autorin, die ganz nebenbei auch noch Journalistin der österreichischen Qualitätszeitung „Kurier“ ist. Aus der Sicht eines Konkurrenzjournalisten erzählt Livia Klingl ein Sittenbild unserer Zeit. Themen wie EU, Migranten, Flüchtlinge, Roboterisierung, Social Media, die Krise der Politik und der Zeitungen behandelt sie ganz nebenbei und doch eindringlich.
Dr. Karl Schmied findet die Zukunft verheißungsvoll und schaut deshalb gerne in die Vergangenheit zurück. Da besingt er die Urlaube mit seiner Mutter in Grado und würde zu gerne auch mit seiner Geliebten Sonja aus Moldawien einen Urlaub im italienischen Küstenort verbringen. Nur schade, dass sich im Hotel seiner Kindheit mittlerweile ein Bankinstitut befindet. Dass die „Jungen“ die typisch wienerische Sprache mit den vielen Synonymen fürs Sterben nicht mehr schätzen können, findet er schade: „Mittlerweile kenne ich diese Englisch-Schmähs, aber am Anfang war das eine Fremdsprache für mich. Nicht das Englische, mein Englisch ist ganz passabel, sondern seine vertrottelte Invasion ins Deutsche.“, aber auch die deutsche Sprache findet er gewöhnungsbedürftig: „Diese deutsche Sprache mit ihren Zehntausenden Wörtern, hat schon seltsame Eigenheiten!“. In seinen inneren Monologen kann sich Dr. Karl Schmied auch nicht entscheiden, ob früher wirklich alles besser war und ob die Stammtischparolen nun stimmen oder nicht, denn zu gerne verfällt auch er in diese Denkmuster. An anderer Stelle kritisiert er dann aber auch wieder die Vorgängergenerationen und zeigt eine Denkweise, die so an Stammtischen sicher nicht zu finden ist: „Hätten’s es nicht zusammengehauen, hätten`s es nicht wieder aufbauen müssen, unsere Eltern und Großeltern!“
Dr. Karl Schmied sieht aber auch die Rolle seines Berufsstands im Weltgeschehen kritisch. So gibt er sehr wohl den amtierenden PolitikerInnen Schuld an der Flüchtlingswelle, die sie ja nicht kommen sehen wollten. Beschwört auch Klimaflüchtlinge durch den Klimawandel, der wie ein Damokles Schwert über unseren Köpfen schwebt, aber im Boulevard keine Erwähnung findet, weil die LeserInnen wissenschaftliche Berichte nicht verstehen würden und die Zeitungen „Klicks!“ brauchen und deshalb die Wahrheit überspitzen oder nur die Sichtweise der Mehrheit wiedergeben immer mit dem Anhimmeln eines Politikers bzw. dessen Verteufelung.
„Der Lügenpresser“ ist ein wirklich lesenswertes Zeit- und Sittenbild, das mich nicht nur einmal den Kopf schütteln lies. Alle handelnden Personen sind frei erfunden, könnten aber genauso gut in der Realität existieren. Dr. Karl Schmied zeigt die typische Mitte-Rechts Stimmung in unserem Land wieder und spielt auch mit einigen Klischees. So trinkt er beispielsweise ohne natürlich ein Alkoholproblem zu haben und seine Freundin Sonja aus Moldawien arbeitet in einem ganz besonderen Milieu. Einmal werden sogar Boulevard-Zeitungen (und österreichische LeserInnen wissen, von welcher Zeitung gesprochen wird) als „seriös“ bezeichnet, welch blanker Hohn, der dann doch Satire ist.
„Von mir aus könnte einfach wieder Vernunft einkehren, besser heute als morgen, von mir aus könnte die Welt einfach wieder geordnet sein und die Leute friedlich und zufrieden.“

Veröffentlicht am 27.03.2018

Fünf Tage im Leben des Dr. Schmied

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"Man glaubt gar nicht, wie naiv Politiker oft sind, wie die sich ihre Welt basteln in ihren Köpfen und die Wirklichkeit nicht sehen!"
Ob Dr. Karl Schmied, tätig als Journalist für den Lokalteil eines ...

"Man glaubt gar nicht, wie naiv Politiker oft sind, wie die sich ihre Welt basteln in ihren Köpfen und die Wirklichkeit nicht sehen!"
Ob Dr. Karl Schmied, tätig als Journalist für den Lokalteil eines Wiener Boulevardblattes, mit seinem Statement recht hat? Wir Leser bekommen an fünf Werktagen des Reporters Einblick in die fantasiereichen Überlegungen des promovierten Historikers und erleben seine „…Gedankenwelt, in der es zugeht wie in der großen.“ Da mischt sich Privates - der 62jährige ist frisch verliebt in Sonja aus Moldawien - mit Beruflichem, Vergangenheit mit Gegenwart und Zukunftsplänen. Die Autorin Livia Klingl, selbst im Journalismusbereich tätig, versteht es wunderbar, einen vielfältigen Strauß an Themen nahtlos miteinander zu verknüpfen. Auf hintergründig witzige, ironische Weise lässt sie Schmieds Ansichten zu aktueller Politik unbekümmert in seine ganz intimen Gedanken über seine Geliebte Sonja übergehen; Alltagsthemen reihen sich assoziativ an seine Kindheitserinnerungen.
Dass er vor einiger Zeit aus seinem Ressort Außenpolitik in den Lokalbereich wechseln musste, schmerzt ihn noch immer, und so spart er nicht mit Kommentaren über die Themenwahl der Medien, das Sortieren von Nachrichten, besonders in der Online-Redaktion: „Und irgendwann sind dann die Realität und die öffentliche Meinung durch die veröffentlichte Meinung zwei vollkommen verschiedene Angelegenheiten.“
Dr. Karl Schmieds Arbeitswoche scheint ganz normal zu verlaufen, bis zwei völlig unerwartete Ereignisse ihn aus dem Konzept bringen.
In gepflegter Umgangssprache und mit lebendigen Elementen Wiener Mundart schafft Klingl es, Schmieds innere Monologe spannend und immer wieder überraschend zu gestalten. Augenzwinkernd gelingt ihr ein sehr unterhaltsamer Roman, in dem sie - wie nebenbei - reichlich Kritik unterbringt. Porträtiert sie hier wirklich nur die österreichische Seele? Wir erkennen: Auch wer zur Bildungsschicht gehört, ist nicht vor Vorurteilen gefeit.

Veröffentlicht am 11.04.2018

Karl - ein Mann mit Stil

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Nämlich mit seinem ureigenen und den kann man finden, wie man will, man wird ihn nicht mehr ändern. Der 62jährige Wiener Journalist hat sich eingerichtet in seinem Leben und in seiner Denkweise und wir ...

Nämlich mit seinem ureigenen und den kann man finden, wie man will, man wird ihn nicht mehr ändern. Der 62jährige Wiener Journalist hat sich eingerichtet in seinem Leben und in seiner Denkweise und wir als Leser dürfen ihn fünf Tage lang begleiten. Es sind fünf besondere Tage im Leben des Karl Schmied, eines Boulevardjournalisten vom alten Schlag, dessen Sermon manchmal der eines frustrierten und aufgeblasenen Hampels zu sein scheint, der meint, alles schon gesehen und erlebt zu haben, an anderer Stelle wirkt er erstaunlich klar und hellsichtig.

Mit anderen Worten - Karl, nicht gerade der sympathischste Zeitgenosse, schafft es, uns - wenn wir ehrlich sind - einen Spiegel vorzuhalten, denn, geben wir es zu: auch wir selbst wählen oft genug den bequemsten aller Wege, die meisten von uns jedenfalls und nicht jeder von uns gibt es offen zu. Und ganz im Vertrauen kommt uns auch der ein oder andere kompromittierende Satz über die Lippen, wie es auch bei Karl der Fall ist.

Auch, wenn er definitiv nicht der Typ ist, der sein Fähnlein nach jedem Wind hängt. Aber manchmal eben schon. Ich muss sagen, manchmal habe ich mich so fremdgeschämt, dass ich gar nicht weiterlesen wollte, bis ich dann herausfand: es war gar kein Fremdschämen, ich fühlte mich eigentlich an die eigene Nase gepackt, ohne es zugeben zu wollen.

Kurz und heftig - so liest sich der Roman von Livia Klingl und heftig wirkt er auch. Aber nicht unbedingt kurz, denn ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass ich das alles schnell wieder vergesse. Auch wenn ich es manchmal, wenn ich mich so ganz besonders unbehaglich fühle in der eigenen Haut, gerne würde!

Veröffentlicht am 05.04.2018

Fremdschämmomente

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Dr. Karl Schmied ist 62 Jahre alt, Journalist bei der österreichischen Volkszeitung und typischer Ur-Wiener. Er hat eine Freundin, Sonja, mit der er jedoch nicht zusammenlebt und ist dem Alkohol nicht ...

Dr. Karl Schmied ist 62 Jahre alt, Journalist bei der österreichischen Volkszeitung und typischer Ur-Wiener. Er hat eine Freundin, Sonja, mit der er jedoch nicht zusammenlebt und ist dem Alkohol nicht abgeneigt - aber ein Problem hat er natürlich incht. Seine Gedankengänge und Einstellungen lässt er dem Leser hier in diesem Roman angedeihen, der sich als Monolog desselben darstellt. In diesen findet sich viel der derzeitigen mitte-rechts Stimmung und auch ein Haufen Klischees wieder. Es ist natürlich nicht alles Unwahr, was Karl hier von sich gibt, jedoch gibt es auch genau Stoff für einen Haufen Fremdschämmomente. Mit teilweise satirischem und teilweise Aussagen, die wehtun, taucht man so in Dr. Schmieds Gedankenwelt ein.


Das Buch ist in 5 Tage aus Karls Leben aufgeteilt. In den ersten 2 Tagen und somit Abschnitten, die sich fast über 100 Seiten erstrecken, handelt es sich lediglich um Ausführungen zur Vergangenheit und teilweise auch Zukunft des Protagonisten bzw. der ganzen Welt, zur seiner Meinung zur Politik und sämtlichen anderen Dingen des modernen Lebens. Erst danach beginnt die eigentliche Handlung der Geschichte zu laufen, sodass ich leider sagen muss, dass mir der erste Monologteil ohne wirkliche Handlung schon ein wenig lang war. Danach geht es jedoch rasant voran und wird auch wirklich spannend.


Die Autorin, die bekanntlich ja selbst Journalistin ist, schafft es hier viele hochaktuelle Themen einfließen zu lassen und so gut wie alle Aufreger der durchschnittlichen Gesellschaft zu verarbeiten. Sie hatte auch sicher nicht vor, einen Wohnfühlroman zu schreiben, sondern den Menschen teilweise den Spiegel vorzuhalten. Das ist ihr sehr gut gelungen und hat seinen Zweck sicherlich nicht verfehlt. Weiters sind einfach viele wirklich interessant Weltgeschehnisse und Informationen aus dem Journalismus verarbeitet, was mir gut gefällt.


Das Buch ist auch sehr angenehm zu lesen, obwohl die Gedankengänge natürlich von Einem ins Andere gehen, nicht linear verlaufen und somit teilweise ein bisschen wirr daher kommen.


Im großen Ganzen ist dieser Roman rund und auch zu empfehlen, wenn man auf sehr gesellschaftskritische Bücher steht.