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Veröffentlicht am 24.04.2018

Mit Witz und Fantasie

Petronella Apfelmus (Sonderausgabe)
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Ihren herrlich verwilderten Garten mit den vielen Obstbäumen und –sträuchern möchte die kleine Hexe Petronella nicht aufgeben. Daher gibt sie sich zunächst alle Mühe, die Familie Kuchenbrand, welche die ...

Ihren herrlich verwilderten Garten mit den vielen Obstbäumen und –sträuchern möchte die kleine Hexe Petronella nicht aufgeben. Daher gibt sie sich zunächst alle Mühe, die Familie Kuchenbrand, welche die alte Mühle und das Gartengrundstück, auf dem Petronella lebt, neu erworben hat, zu vertreiben. Doch Zauberei und Spuk helfen ihr nicht, die neuen Besitzer zu vergraulen. Immerhin erweisen sich die Zwillinge Luis und Lea, die sie schließlich in ihrem Apfelhäuschen aufstöbern, als liebenswerte Kinder, die Petronella und die Bewohner des Gartens schnell ins Herz schließen und sie gern unterstützen. Und magische Hilfe ist schon sehr bald dringend nötig…
Eine Geschichte voller Fantasie und Fröhlichkeit zaubert Sabine Städing hier für Kinder ab 8 Jahren. Doch nicht nur Harmonie herrscht in ihrer Erzählung, sondern auch die bitteren Seiten des Lebens haben ihren Platz. Vielen kleinen Lesern ist etwa Arbeitslosigkeit der Eltern ein Begriff und sie sind vermutlich auch mit dem Problem vertraut, nicht über genügend Geld zu verfügen. Bei Sabine Städings Helden behält natürlich der Optimismus die Oberhand, das Gute siegt mit Witz und Einfallsreichtum - und mit etwas magischer Nachhilfe.
Kurze, schlichte Sätze und eine altersgerechte Sprache machen das Lesen für Kinder zum Vergnügen. Liebevoll bindet die Autorin ihre jungen Leser ein in lustige und spannende Ereignisse und lässt sie mit Petronella leiden und lachen. Ebenso amüsant präsentieren sich die zahlreichen Illustrationen von Sabine Büchner. Sie begleiten wirkungsvoll den Text und bieten „Verschnaufpausen“ beim (Vor-)Lesen.
Meine Meinung: Ein bezauberndes Kinderbuch voll Wärme und Humor.

Veröffentlicht am 06.04.2018

Ein Schatzkästchen

Berühmte Kinderbuchautorinnen und ihre Heldinnen und Helden
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Einen überaus unterhaltsamen Einblick in Leben und Werk einiger Kinder- und Jugendbuchautorinnen bietet Luise Berg-Ehlers in dem vorliegenden Buch. Hier sind die berühmtesten von ihnen in einem liebevoll ...

Einen überaus unterhaltsamen Einblick in Leben und Werk einiger Kinder- und Jugendbuchautorinnen bietet Luise Berg-Ehlers in dem vorliegenden Buch. Hier sind die berühmtesten von ihnen in einem liebevoll gearbeiteten und reich mit Fotos illustrierten Band versammelt, der dazu einlädt, immer wieder einmal nachzuschlagen.
In fünf Kapitel unterteilt - je nach Art der Bücher - bringt sie Literaturbeispiele. Die Bandbreite reicht vom „Trotzkopf“ über die „Fünf Freunde“ und „Pippi Langstrumpf“ bis hin zu „Harry Potter“. Aber auch heute eher unbekanntere Werke finden Erwähnung, so Enid Bagnolds „National Velvet“ oder Edith Nesbits „Die Eisenbahnkinder“. In Kurzfassung schildert Berg-Ehlers die Biografie der jeweiligen Schriftstellerin, wobei sie kurz auf das Hauptwerk eingeht und die Frage aufwirft, inwieweit es von den (Lebens-)Erfahrungen der entsprechenden Autorin beeinflusst ist.
Mehr als einen Überblick kann so eine Sammlung natürlich nicht darstellen; für den, der sich weiter informieren möchte, gibt es jedoch ein ausführliches Quellenverzeichnis im Anhang.
„Große Menschen haben nie etwas Lustiges“, sagt Pippi Langstrumpf in „Pippi in Taka-Tuka-Land“. O doch, dieses Buch von Luise Berg-Ehlers gibt erwachsenen Kinderbuchliebhabern Gelegenheit, eine Zeitlang wieder einzutauchen in die Welt der Kinderliteratur - und ihrer Schöpferinnen!

Veröffentlicht am 27.03.2018

Fünf Tage im Leben des Dr. Schmied

Der Lügenpresser
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"Man glaubt gar nicht, wie naiv Politiker oft sind, wie die sich ihre Welt basteln in ihren Köpfen und die Wirklichkeit nicht sehen!"
Ob Dr. Karl Schmied, tätig als Journalist für den Lokalteil eines ...

"Man glaubt gar nicht, wie naiv Politiker oft sind, wie die sich ihre Welt basteln in ihren Köpfen und die Wirklichkeit nicht sehen!"
Ob Dr. Karl Schmied, tätig als Journalist für den Lokalteil eines Wiener Boulevardblattes, mit seinem Statement recht hat? Wir Leser bekommen an fünf Werktagen des Reporters Einblick in die fantasiereichen Überlegungen des promovierten Historikers und erleben seine „…Gedankenwelt, in der es zugeht wie in der großen.“ Da mischt sich Privates - der 62jährige ist frisch verliebt in Sonja aus Moldawien - mit Beruflichem, Vergangenheit mit Gegenwart und Zukunftsplänen. Die Autorin Livia Klingl, selbst im Journalismusbereich tätig, versteht es wunderbar, einen vielfältigen Strauß an Themen nahtlos miteinander zu verknüpfen. Auf hintergründig witzige, ironische Weise lässt sie Schmieds Ansichten zu aktueller Politik unbekümmert in seine ganz intimen Gedanken über seine Geliebte Sonja übergehen; Alltagsthemen reihen sich assoziativ an seine Kindheitserinnerungen.
Dass er vor einiger Zeit aus seinem Ressort Außenpolitik in den Lokalbereich wechseln musste, schmerzt ihn noch immer, und so spart er nicht mit Kommentaren über die Themenwahl der Medien, das Sortieren von Nachrichten, besonders in der Online-Redaktion: „Und irgendwann sind dann die Realität und die öffentliche Meinung durch die veröffentlichte Meinung zwei vollkommen verschiedene Angelegenheiten.“
Dr. Karl Schmieds Arbeitswoche scheint ganz normal zu verlaufen, bis zwei völlig unerwartete Ereignisse ihn aus dem Konzept bringen.
In gepflegter Umgangssprache und mit lebendigen Elementen Wiener Mundart schafft Klingl es, Schmieds innere Monologe spannend und immer wieder überraschend zu gestalten. Augenzwinkernd gelingt ihr ein sehr unterhaltsamer Roman, in dem sie - wie nebenbei - reichlich Kritik unterbringt. Porträtiert sie hier wirklich nur die österreichische Seele? Wir erkennen: Auch wer zur Bildungsschicht gehört, ist nicht vor Vorurteilen gefeit.

Veröffentlicht am 04.03.2018

Viel mehr als ein Krimi

Ein Job
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Alan, ein kühl berechnender, kurdischer Killer wird nach New York geholt, um einen brisanten Job zu erledigen. Natürlich handelt es sich um sein Spezialgebiet, das Töten. Sein Auftraggeber Mr. Ballinger ...


Alan, ein kühl berechnender, kurdischer Killer wird nach New York geholt, um einen brisanten Job zu erledigen. Natürlich handelt es sich um sein Spezialgebiet, das Töten. Sein Auftraggeber Mr. Ballinger bringt ihn in einem Apartment unter, gibt ihm einige nähere Informationen zu den Opfern und stattet ihn mit einem Handy und einem gelben Taxi aus, das Alans Mobilität garantiert. Nur wenige Tage Zeit bleiben ihm zur Erfüllung seiner Aufgabe, und so beginnt er sofort mit dem Recherchieren. Das wiederum ist nicht so einfach; denn Alan versteht kein Englisch. Welch ein Glück, dass seine Wohnungsnachbarin, Mrs. Allen, eine gebildete Frau ist und zufällig Türkisch spricht…
Aus vielerlei Komponenten konstruiert Irene Dische einen Roman, der vordergründig einen Krimi darstellt, in dem aber sehr viel mehr steckt: Bissige Gesellschaftskritik, Sozialsatire, sogar ein wenig Märchenhaftes. Reichlich schwarzer Humor - wie der Leser es aus ihren Büchern gewohnt ist - würzt den Roman, der im Jahre 1989 den Deutschen Kritikerpreis gewann. Es ist einfach wunderbar, wie Dische mit viel Einfühlungsvermögen das Soziogramm eines kurdischen Pascha wiedergibt, all seine Allüren, Eitelkeit und sein Selbstverständnis als Mann schildert - und dann der Realität einer völlig anderen, Alan unverständlichen Kultur gegenüber stellt. Ist ein von den patriarchalischen Strukturen seiner Heimat geprägter Mann zu einer Wandlung fähig? Das erzählt Irene Dische auf spannende und höchst amüsante Weise in „Ein Job“.

Veröffentlicht am 04.03.2018

Von Zuhause wird nichts erzählt

Von Zuhause wird nichts erzählt
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Eine Autobiografie zu schreiben, ist meist kein leichtes Unterfangen. Und so schrieb Laura Waco die Geschichte ihrer Kindheit „…mit einem ´Kloß im Hals´ und mit vielen Unterbrechungen…“
Strenge und Schläge ...

Eine Autobiografie zu schreiben, ist meist kein leichtes Unterfangen. Und so schrieb Laura Waco die Geschichte ihrer Kindheit „…mit einem ´Kloß im Hals´ und mit vielen Unterbrechungen…“
Strenge und Schläge als Erziehungsmittel waren zwar während der 50er und 60er Jahre des 20. Jahrhunderts durchaus an der Tagesordnung und wurden sowohl im Elternhaus als auch in der Schule als normal angesehen, doch Lauras Vater scheint besonders schnell „Watschn“ verteilt zu haben. Seine Töchter erleben ihn oft strafend und voller Wut und sind erleichtert, wenn er eine Weile nicht zu Hause ist. Die Mutter kränkelt, ist aber auch nicht fähig, ihren Töchtern die Liebe und Nähe zu schenken, die sie nötig haben. Ein Erbe der schrecklichen Zeit, in der beide Eltern Insassen von Vernichtungslagern der Nazis waren? Es ist nicht einfach für Majer Steger und seine Frau Hela, sich nach ihrer Befreiung aus den Kzs Dachau und Bergen Belsen ein bürgerliches Leben zu erarbeiten. Als Überlebende des Holocaust widmen sie sich ihrem Glauben, für den sie interniert wurden. Doch das bleibt eher halbherzig; denn Majer nennt sich um in das deutscher klingende Max Stöger, und auch seine Töchter erhalten Namen, über die andere nicht stolpern. Noch schwieriger aber ist es für ihre älteste Tochter Laura (geb. 1947), sich zwischen den unterschiedlichen Welten ihres Elterhauses und ihrer schulischen Umgebung zurechtzufinden. Außerhalb der eigenen vier Wände ist das Thema Judenverfolgung und Naziverbrechen tabu, darüber herrscht Schweigen. So reichen die Folgen der Ereignisse im Dritten Reich weit, bis in die nächste Nachkriegsgeneration, ein Trauma. Wie kann so ein unbeschwertes Leben möglich sein?
„Das Buch war schon lange in mir drin. Ich wußte nur nicht wie ich das Thema anpacken sollte. Als ich durch meine eigenen Kinder einen so deutlichen Einblick in die Seele und das Wesen junger Menschen bekam, und als mir die Unschuld eines Kindes so sehr bewußt wurde, beschloß ich, mein Buch in der Stimme des Kindes zu schreiben. Dazu mußte ich mich in die Zeit und jede Stufe meiner eigenen Kindheit hineinversetzen und sozusagen darin leben“ berichtet Laura Waco in einem Interview.
Genauso liest sich ihr Buch, die Klarheit und Ehrlichkeit nimmt gefangen. Eine Schilderung ihrer Kindheit, sehr offen und ohne Schuldzuweisungen.