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Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein solider, beklemmender und spannender Thriller mit ein paar kleinen Schwächen

Night Falls. Du kannst dich nicht verstecken
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Inhalt:
Sandy Tremont ist überglücklich, denn sie hat alles, was sie sich jemals erträumt hatte. Gemeinsam mit ihrem Mann Ben, den sie über alles liebt, ihrer fünfzehnjährigen Tochter Ivy und Familienhund ...

Inhalt:


Sandy Tremont ist überglücklich, denn sie hat alles, was sie sich jemals erträumt hatte. Gemeinsam mit ihrem Mann Ben, den sie über alles liebt, ihrer fünfzehnjährigen Tochter Ivy und Familienhund McLean lebt sie in einem abgelegenen Traumhaus inmitten der Natur und führt ein sorgenfreies und zufriedenes Leben. Doch dieses Glück wird jäh zerstört, als zwei entflohene Häftlinge in ihr Haus eindringen, ihren Mann brutal niederschlagen und sie und ihre Tochter Ivy als Geisel nehmen. Die idyllische Abgeschiedenheit wird der Familie nun zum Verhängnis, zumal draußen ein Schneesturm tobt und das Haus vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten ist. Die kleine Familie ist den beiden Männern, die offenbar vor nichts zurückschrecken, hilflos ausgeliefert. Sandy versucht alles, um ihren Mann und ihre Tochter vor dem Schlimmsten zu bewahren, denn sie kennt einen der Männer und hat schon erfahren, wozu er fähig ist. Sie hatte sich jahrelang der Illusion hingegeben, dass etwas, an das man lange nicht denkt, einfach verschwindet oder von der Zeit überlagert wird, muss nun aber erkennen, dass sich ihre düstere Vergangenheit nicht abstreifen und auch nicht länger verschweigen lässt.

Meine persönliche Meinung:


Nachdem ich den Klappentext und die Leseprobe gelesen hatte, war ich sehr neugierig auf Night Falls. Du kannst dich nicht verstecken von Jenny Milchman, denn ich versprach mir von diesem Buch ein packendes und fesselndes Leseerlebnis. Und das bekam ich auch – allerdings mit ein paar Abstrichen.
Ein abgelegenes Haus in den Bergen, das während eines Schneesturms vollkommen von der Außenwelt abgeschnitten wird, bietet natürlich den perfekten Schauplatz für einen beklemmenden Thriller. In diesem entlegenen Winkel der Erde von zwei entflohenen Häftlingen heimgesucht zu werden, die nicht davor zurückschrecken, ihren Willen auch mit brutalster Gewalt durchzusetzen, nicht fliehen, aber auch nicht auf Hilfe hoffen zu können, gleicht einem Alptraum. Jenny Milchman ist es ausgesprochen gut gelungen, diese klaustrophobische Stimmung perfekt einzufangen.
Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven und auf zwei verschiedenen Zeitebenen erzählt. Der Leser begleitet nicht nur Sandy und ihre Familie, während sie sich in der Gewalt der beiden Kriminellen befinden, sondern wirft auch einen Blick in die Vergangenheit der Familie Muncey. Wie diese beiden Handlungsstränge zusammenhängen und in welcher Verbindung Barbara Muncey mit Sandy steht, war mir allerdings sehr schnell klar. Trotzdem verlor die Geschichte dadurch nicht an Spannung.
Die Charaktere sind sehr präzise ausgearbeitet, und durch den ständigen Perspektivwechsel erhält man tiefe Einblicke in die Gedankenwelt der verschiedenen Protagonisten. Leider sind diese mitunter etwas zu klischeebeladen und auch nicht immer besonders sympathisch. Sandy ging mir ungeheuer auf die Nerven mit ihrer Geheimniskrämerei, ihren Lügen und ihrer Unfähigkeit, sich endlich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Wie man auf einem solchen Lügengerüst eine vernünftige und vertrauensvolle Ehe aufbauen kann, ist mir jedenfalls ein Rätsel. Selbst als sie erkennt, dass die beiden kriminellen Gewaltverbrecher sie und ihre Familie nicht zufällig aufgesucht haben, ist sie nicht in der Lage, ihrer Tochter und ihrem Mann endlich reinen Wein einzuschenken. Mit ihrer Weigerung, sich der Vergangenheit zu stellen, zieht sie nicht nur die Wut und Enttäuschung ihrer Tochter Ivy auf sich, sondern bringt sich und ihre Familie nur noch mehr in Gefahr. Es fiel mir schwer, mich auf Sandys Seite zu schlagen oder gar Empathie für sie zu empfinden. Mein Mitgefühl galt vielmehr ihrem Mann Ben und ihrer Tochter Ivy. Besonders Ben tat mir leid, denn er ist nicht gerade zum Helden geboren, versucht zwar, seine Familie zu beschützen und sich zu wehren, stellt sich aber ziemlich ungeschickt an und scheitert leider kläglich. Die Einzige, die dieser schier ausweglosen und gefährlichen Situation gewachsen zu sein scheint, ist Ivy. Auch wenn sie ein wenig rebellisch und ungestüm ist und es nicht gerade besonders schlau ist, ausgerechnet in diesem Moment an ihren durchaus lobenswerten Grundprinzipien festzuhalten und sich mit ihrer Mutter zu überwerfen, ist sie für ein fünfzehnjähriges Mädchen äußerst mutig und raffiniert. Besonders gut gefallen hat mir, wie sie versucht, die beiden Verbrecher gegeneinander auszuspielen und sich deren Unkenntnis der technischen Neuerungen der letzten Jahrzehnte zu Nutzen zu machen. Auch die beiden entflohenen Häftlinge hat die Autorin sehr interessant und facettenreich ausgearbeitet. Mit Harlan, dessen gewaltige Körpergröße zwar äußerst bedrohlich ist, der seine physische Kraft auch einsetzt, wenn Nick, sein ehemaliger Zellengenosse, es ihm befiehlt, in dessen Brust aber durchaus ein empfindsames Herz zu schlagen scheint, hatte ich sogar häufig Mitleid. Er ist nicht besonders schlau, geistig etwas zurückgeblieben, lässt sich sehr leicht manipulieren und wird von Nick für seine Zwecke missbraucht. Nick dagegen ist ein skrupelloser und gewalttätiger Psychopath, der vor nichts zurückschreckt und mit grausamer Brutalität vorgeht, um seinen Willen durchzusetzen. Wie er überhaupt zu einem solch gewissenlosen Monster mutieren konnte, erfährt man in den Rückblenden in die Vergangenheit. Dabei fiel mir besonders positiv auf, dass die Autorin Nicks Entwicklung zum Gewalttäter zwar mit seiner Kindheit und Erziehung zu erklären versucht, aber keineswegs entschuldigt. Die Passagen, die in der Vergangenheit spielen, bis ins Jahr 1975 zurückreichen und aus der Perspektive von Barbara Muncey geschildert werden, haben mir besonders gut gefallen. Allerdings hat mich Barbara wirklich zur Weißglut getrieben. Übermütter bringen mich generell etwas in Rage, aber wenn überschwängliche Mutterliebe das Gehirn und den Verstand einer Frau derartig vernebelt, dass sie jeden Fauxpas ihres Sprösslings gelassen hinnimmt, könnte ich platzen vor Wut. Dennoch oder gerade deshalb fand ich diese Textstellen aber am eindrücklichsten und interessantesten.
Etwas lächerlich waren jedoch die Kapitel, die aus der Sicht des Hundes geschildert wurden. Auch wenn dieser Hund zweifellos der liebenswürdigste und besonnenste Protagonist des ganzen Buches war, ich inständig hoffte, dass wenigstens für ihn alles ein gutes Ende nehmen wird und ich davon überzeugt bin, dass Tiere durchaus ein Bewusstsein und kluge Gedanken haben können, fand ich die Gedankengänge, die die Autorin McLean zuschreibt, für einen Hund reichlich absurd.
In weiten Teilen war die Geschichte leider auch sehr vorhersehbar. Woher sich Sandy und Nick kennen, konnte ich jedenfalls schon recht früh erahnen. Von einem raffinierten, gut komponierten und verzwickten Plot kann bei diesem Thriller wahrlich nicht die Rede sein. Obwohl die Charaktere sehr gut ausgearbeitet waren und Vergangenheitsbewältigung durchaus eine Thematik wäre, die Potential hätte, fehlte es diesem Buch leider auch an psychologischem Tiefgang. Dennoch konnte ich es kaum aus der Hand legen, weil es trotz so mancher Schwächen einfach durchgehend spannend war. Diese Spannung beruht jedoch lediglich darauf, dass man einfach wissen will, ob es Sandy und ihrer Familie gelingt, zu überleben und sich aus der Gewalt von Nick und Harlan zu befreien. Immer wieder versuchen Sandy, Ivy und Ben, ihren Peinigern zu entkommen, überlegen sich stets neue Strategien, um sie zu überwältigen, verwerfen diese wieder oder scheitern, sodass der Leser immer mitfiebert und zwischen Hoffnung, Angst, Verzweiflung und Resignation ständig hin- und hergerissen wird.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr flüssig und die angenehm kurze Kapitellänge lässt den Lesefluss nicht abreißen. Obwohl Nick und Harlan mit ihren Geiseln nicht gerade zimperlich umgehen, verzichtet Jenny Milchman darauf, unappetitliche und brutale Details genaustens zu beschreiben, sodass dieses Buch auch für zartbesaitete Gemüter mit sensiblem Magen durchaus geeignet ist.
Night Falls. Du kannst dich nicht verstecken von Jenny Milchman ist ein solider, beklemmender und durchgehend spannender Thriller, der mir trotz einiger Schwächen gut gefallen hat.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Temporeicher Thriller mit einer interessanten Thematik, aber einigen Schwächen

Das Mona-Lisa-Virus
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Ich war sehr gespannt auf Das Mona-Lisa-Virus, denn der Klappentext klang äußerst vielversprechend und außerdem liebe ich Verschwörungsthriller. Tibor Rodes Bücher werden häufig mit den Werken von Dan ...

Ich war sehr gespannt auf Das Mona-Lisa-Virus, denn der Klappentext klang äußerst vielversprechend und außerdem liebe ich Verschwörungsthriller. Tibor Rodes Bücher werden häufig mit den Werken von Dan Brown verglichen. Ob man dem Autor einen Gefallen tut, wenn man die Messlatte derartig hoch ansetzt, wage ich zu bezweifeln und möchte deshalb auf solche Vergleiche verzichten. Meiner Meinung nach hat Tibor Rode mit Das Mona-Lisa-Virus zwar einen soliden Thriller mit einer interessanten Thematik vorgelegt, aber herausragend fand ich ihn leider nicht, weil er doch einige Schwächen aufweist.
Die ersten Kapitel des Buches muten noch etwas verworren an, da recht viele Handlungsstränge eröffnet werden und die verschiedenen Schauplätze und Protagonisten, die zunächst in keinem erkennbaren Zusammenhang zu stehen scheinen, etwas verwirrend sind. Auszüge aus einem Tagebuch aus der Zeit um 1500 waren mir zu Beginn dieses Thrillers jedenfalls vollkommen schleierhaft. Da ich zunächst keine Zusammenhänge mit den anderen Handlungssträngen erkennen konnte, haben diese Passagen den Spannungsbogen anfangs leider unterbrochen, weil mir ihre Bedeutung für den Gesamtkontext völlig belanglos zu sein schien. Erst im weiteren Verlauf des Buches wurde mir allmählich klar, wie diese Tagebucheinträge einzuordnen sind. Diese Kapitel faszinierten mich dann so sehr, dass ich es bedauerlich fand, dass sie nur so kurz waren. Beim Autor dieses Tagebuchs handelt es sich nämlich um den Mathematiker Luca Pacioli, der ein Zeitgenosse und Freund Leonardo da Vincis war. Er verfasste 1509 das Buch De divina proportione , eine umfassende Abhandlung zum „Goldenen Schnitt“, einem Phänomen, mit dem er und sein Freund da Vinci sich seit Jahren intensiv beschäftigt hatten.
Beim Goldenen Schnitt, der auch als „göttliche Proportion“ bezeichnet wird, handelt es sich um ein bestimmtes Teilungsverhältnis, das als vollkommen gilt und seit jeher eine große Anziehungskraft auf Menschen ausübt. Dieses besondere proportionale Größenverhältnis, das vollkommene Schönheit und Harmonie vermittelt, findet sich nicht nur in der Kunst, Architektur und Musik, sondern auch in der Natur wieder – zum Beispiel bei den Bienen. Leonardo da Vincis Mona Lisa gilt vor allem deshalb als Sinnbild für Schönheit, weil es dieses spezifische Größenverhältnis aufweist.
In Das Mona-Lisa-Virus wird recht schnell deutlich, dass hinter all den rätselhaften Ereignissen, die sich weltweit zutragen, nur jemand stecken kann, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Schönheit aus der Welt zu schaffen, also alles, was den Goldenen Schnitt aufweist, zu zerstören. Leider weiß man auch schon nach den ersten 100 Seiten, wer hinter diesen Vorfällen steckt und warum dieser Person so sehr daran gelegen ist, alles Schöne auf der Welt für immer zu vernichten. Nun ist es der Spannung eines Thrillers nicht gerade zuträglich, wenn Täter und Motiv bereits im ersten Viertel des Buches bekannt sind. Spannend ist eigentlich nur noch, ob es dem Täter gelingt, seinen Plan bis zum bitteren Ende durchzuführen, welche Rolle Helen Morgan dabei spielt und ob sie ihre Tochter jemals lebend wiedersieht.
Da Helen Morgan Neuroästhetikerin ist, sich also beruflich mit der Wirkung von Schönheit und den neurologischen Prozessen bei ästhetischen Wahrnehmungen beschäftigt und gerade Forschungen zur Mona Lisa betreibt, fiel die Wahl des Entführers wohl nicht zufällig auf ihre Tochter. Recht eigenartig fand ich jedoch, dass die amerikanische Polizei offenbar keinen Handlungsbedarf sieht, wenn ein minderjähriges Mädchen aus einer psychiatrischen Anstalt verschwindet, denn als Helen mit der Polizei Kontakt aufnimmt, scheint diese ihr Anliegen nicht allzu ernst zu nehmen, sodass sie sich selbst auf die Suche nach ihrer Tochter begeben muss und sich damit zum Werkzeug des Täters macht. Logisch fand ich das nicht gerade, denn dass die Polizei im Vermisstenfall einer Minderjährigen nicht ermittelt und auch der Klinikleiter der Psychiatrie das Verschwinden des Mädchens nicht weiter beunruhigend findet, scheint mir doch etwas unrealistisch zu sein. Außer der Mutter interessiert sich jedenfalls niemand für Madelaines rätselhaftes Verschwinden.
Leider blieb Helen Morgan aber recht farblos und ihr Handeln war mitunter auch ziemlich fragwürdig und nicht ganz nachvollziehbar, sodass es mir schwer fiel, an ihrer Seite mitzufiebern. Dabei war sie durchaus interessant angelegt, denn sie war früher Model und beschäftigt sich nun als Neuroästhetikerin wissenschaftlich mit dem Phänomen Schönheit. Abgesehen von ihrer außergewöhnlichen beruflichen Karriere und einer übersinnlichen Fähigkeit, die jedoch auch nicht unbedingt dazu beitrug, dass man sich in diese Figur hineinversetzen konnte, blieb sie mir jedoch recht fremd. Patryk Weisz, der Sohn des ebenfalls verschwundenen polnischen Milliardärs, ist zwar ein äußerst dubioser und ambivalenter Charakter, aber leider ebenso konturlos wie FBI-Agent Greg Millner.
Besonders interessant und spannend fand ich hingegen die Thematik dieses Thrillers. Sehr geschickt vermischt Tibor Rode historische Fakten mit einer fiktionalen Handlung, hat offensichtlich auch sehr präzise recherchiert, sodass ich es eigentlich recht schade fand, dass die kunsthistorischen und auch naturwissenschaftlichen Aspekte nur recht banal und oberflächlich abgehandelt wurden. Als ich das Geheimnis dieser Tagebucheinträge aus dem 16. Jahrhundert gelüftet hatte, fand ich es bedauerlich, dass diese nicht noch umfangreicher waren, denn sie haben mir ausgesprochen gut gefallen.
Die kritische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Schönheit ist dem Autor ebenfalls gut gelungen. Einerseits ist Schönheit ein Begriff, der überwiegend positiv konnotiert ist, da alles Schöne uns Menschen erfreut und all unsere Sinne anspricht; andererseits hat Schönheit aber auch ihre Schattenseiten und beinhaltet häufig eine subjektive Selektierung in Gut und Böse, nach rein äußerlichen Aspekten. Diese Aspekte hat der Autor sehr gut herausgearbeitet und gezeigt, dass der schöne Schein oft trügt und die Macht der Schönheit nicht unterschätzt, wohl aber hinterfragt werden sollte. Sein Schreibstil ist dabei recht einfach gehalten und die Kapitel sind angenehm kurz, sodass sich das Buch sehr flüssig lesen lässt.
Was leider ein wenig auf der Strecke blieb, waren Spannung und Logik. Auch wenn die vielen verschiedenen Handlungsstränge plausibel zusammenliefen und der Plot durchaus raffiniert angelegt war, litt die Glaubwürdigkeit doch sehr unter den übersinnlichen Fähigkeiten der Hauptprotagonistin und vor allem an einem an den Haaren herbeigezogenen Zufall, der letztendlich die einzige Wendung des Romans herbeiführte. Das Ende dieses Thrillers war jedenfalls zu konstruiert, um noch glaubwürdig und nachvollziehbar zu sein. Trotz einiger Schwächen war Das Mona-Lisa-Virus ein solider, action- und temporeicher Thriller, der sich mit einer sehr interessanten Thematik auseinandersetzt und sehr faszinierende Einblicke in Leonardo da Vincis Schaffen liefert.

Veröffentlicht am 21.08.2017

Kein Thriller, sondern vielmehr ein Ehedrama, dem es leider nicht nur an Spannung, sondern auch an psychologisch nachvollziehbaren Figuren fehlte

Was ich getan habe
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Inhalt:
"Mein Name ist David James Forrester. Ich bin Anwalt. Heute Abend um 18 Uhr 10 habe ich meine Frau getötet. Dies ist meine Aussage."

Der erfolgreiche Anwalt David Forrester hat gerade seine Frau ...

Inhalt:


"Mein Name ist David James Forrester. Ich bin Anwalt. Heute Abend um 18 Uhr 10 habe ich meine Frau getötet. Dies ist meine Aussage."

Der erfolgreiche Anwalt David Forrester hat gerade seine Frau Elle getötet. Sie liegt tot in der Waschküche ihres gemeinsamen Hauses. Mit dem Diktiergerät in der Hand irrt David nun verzweifelt durch Melbourne, nimmt seine Aussage auf und überlegt sich eine Verteidigungsstrategie. Dabei lässt er die vergangenen zwei Jahre noch einmal Revue passieren. Er konnte sein Glück kaum fassen, als er Elle damals kennenlernte und nach seiner gescheiterten Ehe mit zweiundvierzig Jahren noch einmal eine neue Liebe fand. Ihre Beziehung war leidenschaftlich, geradezu obsessiv, und David war hingerissen von der Schönheit, Intelligenz und Stärke seiner Frau. Er hatte sie geliebt, also wie konnte es überhaupt soweit kommen?

Meine persönliche Meinung:


Ich weiß nicht, wie viele Bücher inzwischen mit einem Verweis auf Gone Girl von Gillian Flynn beworben werden, um die Verkaufszahlen anzukurbeln – Anna Georges Debüt Was ich getan habe ist jedenfalls wieder einmal eines davon. Es war allerdings nicht dieser Hinweis, sondern eher der Klappentext, der mich auf diesen Thriller neugierig machte, denn obwohl mir Gone Girl ganz gut gefallen hat, fand ich den Roman nicht so herausragend, dass ich nun zwingend nach einer vergleichbaren Lektüre Ausschau halten müsste. Trotzdem schürt ein solcher Vergleich mit einem bekannten Bestseller natürlich eine gewisse Erwartungshaltung, der das Buch dann auch gerecht werden sollte. Sieht man davon ab, dass auch Gone Girl in weiten Teilen eher ein Ehedrama als ein Thriller ist, konnte ich allerdings keinerlei Gemeinsamkeiten feststellen. Immerhin konnte Gone Girl ja mit ein paar Thriller-Elementen, präzise ausgearbeiteten Charakteren und vor allem einem fulminanten Plottwist aufwarten, aber all das hat Anna Georges Debüt nun leider gefehlt. Warum Was ich getan habe überhaupt als Thriller bezeichnet wird, ist mir vollkommen schleierhaft, denn ich konnte nicht einmal im Ansatz irgendwelche Thriller-Elemente feststellen und auch an Spannung mangelt es diesem Buch leider gewaltig.
Es ist natürlich nicht ganz einfach, einen Spannungsbogen aufzubauen, wenn schon im ersten Satz enthüllt wird, wer der Mörder ist. Zahlreiche Thriller und Kriminalromane, in denen der Täter von Anfang an bekannt ist, beweisen allerdings, dass dies trotzdem gelingen kann, denn viel spannender und interessanter als die Identität des Mörders ist häufig eben sein Motiv und die Frage, was ihn überhaupt zum Mörder werden ließ. Gerade das hätte mich auch in diesem Thriller besonders interessiert, zumal betont wird, dass David Forrester seine Frau geliebt hat. Trotzdem hat er sie getötet, sodass die Frage nach dem Warum der eigentliche Kern der Erzählung ist.
Die Geschichte wird abwechselnd aus drei Perspektiven erzählt. Zum einen begleitet man David, der nach dem Mord an seiner Frau durch Melbourne irrt und dabei seine Aussage auf ein Diktiergerät spricht; zum anderen kommt aber auch seine Frau Elle zu Wort, die quasi aus ihrem Körper herausgetreten ist, nun in der Waschküche ihres Hauses auf ihren leblosen Körper und ihre verrenkten Gliedmaßen herabblickt und sich dabei ebenfalls an die Geschehnisse der vergangenen zwei Jahre erinnert. Das ist leider nur sehr schwer nachvollziehbar, aber dennoch liefert Elles Perspektive sehr erschütternde Einblicke in ihre Beziehung zu David und die tatsächliche Beschaffenheit ihrer Ehe. Aber auch Elles beste Freundin Mira kommt zu Wort, denn sie versucht verzweifelt, Elle zu erreichen, macht sich große Sorgen um sie und ahnt, dass David ihr etwas angetan hat, denn Mira hat dem Mann ihrer Freundin noch nie getraut.
Der Aufbau der Erzählung, der geschickte Perspektivwechsel und auch der etwas außergewöhnliche Schreibstil der Autorin haben mir ausgesprochen gut gefallen, aber leider ist es Anna George nicht gelungen, Spannung aufzubauen und ihren Protagonisten Tiefe zu verleihen. Vor allem das Verhalten von Elle war für mich leider absolut nicht nachvollziehbar. Dies lag nicht nur an ihrer etwas unrealistischen Perspektive außerhalb ihres Körpers, sondern vor allem auch daran, dass mir vollkommen schleierhaft war, was sie an David liebte und auf welcher Basis diese Ehe überhaupt geschlossen wurde. Ich konnte nicht ansatzweise etwas erkennen, was ich unter den Begriff Liebe fassen würde. Mir ist durchaus klar, dass sich manche Frauen auch zu Männern hingezogen fühlen können, die sie schlecht behandeln, aber selbst das wurde nicht deutlich genug herausgearbeitet. Auch die sexuelle Komponente dieser Beziehung, die zumindest zu Beginn noch klar im Vordergrund steht und in einer Detailliertheit geschildert wird, die ich eher abstoßend als erotisch fand, verpuffte rasend schnell wieder, sodass auch eine wie auch immer geartete Hörigkeit, Obsession oder besonders erotische Leidenschaft für mich nicht ersichtlich war. Obwohl Elles Schicksal wirklich erschütternd ist, gelang es mir nicht, mit ihr mitzufühlen oder mich in sie einzudenken, weil sie mir einfach fremd blieb.
Aber auch David war leider nicht besonders vielschichtig gezeichnet, was sehr bedauerlich ist, denn eigentlich ist der Täter die interessanteste Figur in einem Thriller. Auch wenn man seine Tat nicht gutheißen kann, möchte man seine Motivation verstehen, will wissen, warum er zum Mörder geworden ist, denn obwohl dies nichts entschuldigt, erhofft man sich doch wenigstens eine Erklärung. Es kommt in Thrillern ja sehr häufig vor, dass sich ein vermeintlicher Traumprinz plötzlich als gefährlicher Psychopath entpuppt oder man den Mörder, den man eigentlich verabscheuen müsste, auf geradezu erschreckende Weise sogar verstehen kann. Solche verstörenden Momente machen letztendlich den Reiz eines psychologisch ausgefeilten Thrillers aus und sorgen für die nötige Spannung. Was ich getan habe wäre durchaus so angelegt und die Geschichte hätte auch das Potenzial für solche Schockmomente, scheitert letztendlich aber an ihren eindimensionalen und flachen Figuren, denn nicht nur Elle, sondern auch David sind einfach nicht komplex und präzise genug ausgearbeitet, um ihre Gefühle, Gedanken und Handlungsmotive nachvollziehen zu können. Nach den ersten Kapiteln stellte ich mir jedenfalls nicht mehr die Frage, warum David seine Frau getötet hat und diese Beziehung so fatal enden musste, sondern nur noch warum sie überhaupt eingegangen wurde. Hierfür liefert die Erzählung allerdings keine Erklärung, weder aus Davids noch aus Elles Perspektive.
Die einzige Protagonistin, deren Sichtweise mir einleuchtete, war die von Mira, Elles bester Freundin, denn sie ist die Einzige, die einen klaren Blick auf die Dinge hat.
Der Plot war so vorhersehbar, dass einfach keine Spannung aufkommen wollte, Überraschungsmomente blieben weitgehend aus und auch auf einen Plottwist wartete ich vergeblich. Sieht man von einer einzigen Wendung am Ende der Geschichte ab, die allerdings wenig überraschend war, aber immerhin eine logische Erklärung für so manche Ungereimtheit lieferte, hatte Was ich getan habe leider überhaupt nichts mit einem Thriller gemeinsam. Darüber könnte man hinwegsehen, wenn dieses Ehedrama wenigstens etwas tiefgründig und einfühlsam erzählt worden wäre, aber den Protagonisten fehlte es leider an der notwendigen psychologischen Tiefe, und so war mir leider nicht ersichtlich, welche Motivation hinter ihren Handlungen und Emotionen steckt. Das ist wirklich bedauerlich, denn die Geschichte hätte durchaus Potenzial und der Schreibstil der Autorin wirkte ansonsten sehr ausgereift und ließ sich ausgesprochen angenehm lesen. Trotzdem war ihr Debüt für mich leider eine ziemliche Enttäuschung.

Veröffentlicht am 23.02.2017

Ein sehr enttäuschender Roman einer guten Autorin

Nachts in meinem Haus
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Inhalt:
Tom Simon ist ein renommierter und leidenschaftlicher Kunstmaler, sehr vermögend, glücklich verheiratet und lebt mit seiner zweiten Frau Charlotte in einem einsam gelegenen Haus im Norden von Hamburg. ...

Inhalt:


Tom Simon ist ein renommierter und leidenschaftlicher Kunstmaler, sehr vermögend, glücklich verheiratet und lebt mit seiner zweiten Frau Charlotte in einem einsam gelegenen Haus im Norden von Hamburg. Charlotte ist eine erfolgreiche Film- und Fernsehproduzentin, beruflich viel unterwegs, und obwohl Tom sie über alles liebt, kann er den verführerischen Reizen von Leslie, der Ehefrau eines Freundes, nicht widerstehen und hat seit einiger Zeit ein Verhältnis mit ihr.
Wieder einmal wird Charlotte für mehrere Tage weg sein, Tom hat sie gerade erst zum Flughafen gebracht und freut sich auf eine gemeinsame Liebesnacht mit Leslie, die ihren Besuch bereits angekündigt hat. Doch dann werden er und seine Geliebte in dieser stürmischen Gewitternacht plötzlich von seltsamen Geräuschen überrascht. Tom ist sicher, dass Einbrecher im Haus sind, greift zu seiner Harpune, die er unter dem Bett versteckt hat, schleicht sich ins Erdgeschoss, sieht dort schemenhaft den Schatten einer menschlichen Gestalt und schießt. Ein schreckliches Versehen, wie sich sofort herausstellt, denn als er erkennt, wen er in seiner Panik erschossen hat, ist er schockiert und fassungslos – seine Ehefrau Charlotte.
Vollkommen verzweifelt bittet Tom seinen besten Freund René um Hilfe und hofft, dass der erfahrene Anwalt weiß, was in dieser Situation zu tun ist. René rät ihm, das Land zu verlassen und stellt ihm das kleine Haus seiner verstorbenen Schwester in der Toskana zur Verfügung. Alles Weitere werde er für ihn regeln und hat auch schon einen Plan, wie er Tom helfen kann.
Noch in derselben Nacht macht sich Tom auf den Weg nach Italien, hält sich genau an Renés Anweisungen und richtet sich in dem kleinen Häuschen am Ortsrand von Cimessa ein. Doch auch in dem Idyll des toskanischen Bergdorfs kann er keine Ruhe finden. Eine rätselhafte in Schleier verhüllte Frau scheint ihn zu beobachten, er fühlt sich ständig verfolgt, die Einsamkeit droht ihn zu erdrücken und das wenige Bargeld, das er nach Italien mitnehmen konnte, geht allmählich zur Neige. Immer wieder regen sich in ihm auch Zweifel, ob René ihm tatsächlich helfen wird und trifft eine folgenschwere Entscheidung, als er erkennt, dass er niemandem mehr vertrauen kann.

Meine persönliche Meinung:


Seit ich vor einigen Jahren Sabine Thieslers Romandebüt Der Kindersammler gelesen habe, freue ich mich auf jedes neue Buch der Autorin und habe inzwischen sechs Bücher von ihr gelesen. Bislang hat mich Sabine Thiesler noch nie enttäuscht, nur Und draußen stirbt ein Vogel war ein bisschen schwächer als seine Vorgänger, aber alle Bücher der Autorin waren gleichermaßen fesselnd und überzeugten mich vor allem deshalb, weil Sabine Thiesler es schafft, in jedem ihrer Romane eine subtile psychologische Spannung aufzubauen. Außerdem sind ihre Bücher für mich immer eine kleine Reise in die Toskana, deren unverwechselbaren Charme die Autorin ganz vortrefflich einfängt, ohne sich in ausufernden Landschaftsbeschreibungen zu verlieren. Ihre Charaktere waren mir häufig nicht gerade sympathisch, aber darüber kann ich entspannt hinwegsehen, wenn sie glaubwürdig gezeichnet sind und nachvollziehbar handeln. Gerade das ist Sabine Thiesler in ihrem aktuellen Roman Nachts in meinem Haus leider gründlich misslungen und hat mir den Spaß am Lesen nahezu vollständig geraubt.
Es fällt mir schwer, diesen Roman zu bewerten, ohne zu spoilern, aber dass der Kunstmaler Tom Simon aus Versehen seine Frau tötet, weil er sie in der Dunkelheit für einen Einbrecher hielt, ereignet sich bereits auf den ersten dreißig Seiten dieses mehr als fünfhundert Seiten dicken Spannungsromans. Dass er mit seiner Geliebten Leslie gerade im Schlafzimmer zugange ist, als er im Haus seltsame Geräusche hört, erfährt man ebenfalls schon auf den ersten Seiten, und dass Leslie die Ehefrau seines besten Freundes René ist, den er nach dem versehentlichen Mord an Charlotte dann um Hilfe bittet, weiß der Leser auch nach den ersten Kapiteln.
Dann springt die Handlung zurück ins Jahr 1998, als Tom seine erste Ehefrau Emilia von Orosz kennenlernte. Man erfährt sehr detailliert, warum er sich von ihr scheiden ließ und wie er nach der Scheidung zum ersten Mal seiner späteren Ehefrau Charlotte begegnete. Ich war sehr gespannt darauf, zu erfahren, was Toms Erlebnisse in der Vergangenheit mit den Geschehnissen der Gegenwart zu tun haben, wartete das ganze Buch hinweg auf eine Verbindung, aber es gab keine. Man erfährt zwar, wie er zu seinem beträchtlichen Vermögen gekommen war und lernt auch seinen Freundeskreis besser kennen, aber ansonsten ist die ausführliche Schilderung seiner Vergangenheit vollkommen unnötig. Trotzdem glaube ich kaum, dass diese Passagen lediglich reine Seitenfüller sind, sondern vielmehr dazu dienen sollten, aus Tom einen tragischen Helden zu machen, einen gebrochenen Mann, der zwar wohlhabend, aber immer auf der Suche nach Liebe und Anerkennung ist, sich in Kreisen bewegt, in denen er eigentlich ein Fremdkörper ist, und nicht zwischen Freund und Feind unterscheiden kann. Sabine Thiesler nimmt sich also sehr viel Zeit, ihren Protagonisten einzuführen, denn anders kann ich mir die detaillierte Ausarbeitung seiner Vorgeschichte nicht erklären. Tom ist durchaus als tragische Figur angelegt, aber eben nicht sehr überzeugend. Es war mir nicht möglich, mich in ihn einzufühlen, geschweige denn, mit ihm mitzufiebern. Seine grenzenlose Naivität und seine Unfähigkeit, selbstständig Entscheidungen zu treffen, sind schon recht anstrengend, aber seine gleichzeitige Abgebrühtheit und sein Egozentrismus machen es ziemlich schwer, mit ihm Mitleid zu empfinden. Am meisten störte mich jedoch, dass seine Handlungen häufig vollkommen unlogisch, unglaubwürdig und absolut nicht nachvollziehbar waren.
Schwer vorstellbar ist ja bereits, dass man eine Harpune unter dem Bett lagert und damit dann ohne Vorwarnung auf einen vermeintlichen Einbrecher schießt, aber wie man in einer solchen Situation auf die Idee kommen kann, sein Schicksal ausgerechnet in die Hand des Menschen zu legen, mit dessen Ehefrau man sich kurz zuvor noch vergnügt hat, ist nicht nur reichlich naiv und blauäugig, sondern vor allem auch ziemlich dreist und unverschämt. Ich bin keineswegs ein Hüter von Sitte und Moral, dass man sich zur Ehefrau des besten Freundes hingezogen fühlt, kann ja durchaus vorkommen, aber Tom betont irrsinnigerweise immer wieder, wie sehr er Charlotte liebt und wie glücklich seine Ehe ist, und es gehört ja auch ein ordentliches Stück Unverfrorenheit dazu, sich ausgerechnet dem Mann seiner Geliebten anzuvertrauen und ihn um Hilfe zu bitten.
Nun ja, René ahnt in diesem Moment nicht, dass seine Frau ihn mit Tom betrügt, ist offenbar ein erfahrener Anwalt und müsste also wissen, was nun zu tun ist, aber der Plan, den er sich ausdenkt, um Tom zu helfen, ist so unausgereift und unlogisch, dass kein halbwegs vernünftiger Mensch davon ausgehen würde, dass man sich auf diese Weise aus der Bredouille ziehen kann. Paradoxerweise ärgert sich Tom maßlos, als sich in ihm die ersten Zweifel regen, ob es vielleicht doch keine so grandiose Idee war, René blind zu vertrauen, kommt jedoch nie auf die Idee, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen, sondern fühlt sich von seinem besten Freund verraten und lamentiert über den Verlust dieser Freundschaft. Vor diesem Hintergrund war sein weiteres Vorgehen in Italien leider noch absurder, sinnfreier und überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Sympathisch war mir Tom ohnehin nicht, aber man muss schon jegliche Vorstellungen von Logik und gesundem Menschenverstand außen vor lassen, um nicht auf jeder weiteren Seite in diesem Buch, genervt mit den Augen zu rollen. Spannung wollte bei mir jedenfalls nicht mehr aufkommen, eine tragische Figur, mit der man mitfiebern könnte, ist Tom eben auch nicht gerade, sodass ich mir nur noch gewünscht habe, ihn einfach kläglich scheitern zu sehen. Doch auch alle anderen Charaktere sind nicht gerade Sympathieträger, wobei man René immerhin zugutehalten muss, dass er sich zumindest zeitweise seines Verstandes bedient.
Hinzu kommen die dilettantischen Ermittlungen der deutschen und auch der italienischen Polizei, die mir wirklich die Sprache verschlug. Wenn es in Italien tatsächlich so einfach ist, unliebsame Zeitgenossen aus dem Weg zu schaffen und Morde zu vertuschen, muss dieses Land ja ein wahres Eldorado für Serienmörder sein. Hier begegnet man auch wieder Donato Neri, der Lesern von Sabine Thieslers Romanen bereits bekannt ist. Bislang hat es mir immer sehr gut gefallen, dass diese Ermittlerfigur zwar in jedem ihrer Bücher in Erscheinung tritt, aber eben ein Nebencharakter ist, dessen persönliche Lebensgeschichte eigentlich keine Rolle spielt. Leider nehmen Neris Eheprobleme in Nachts in meinem Haus einen sehr breiten Raum ein, haben nicht das Geringste mit der Haupthandlung zu tun, unterbrechen diese jedoch immer wieder und sind extrem anstrengend und langweilig. Die Turbulenzen in seinem Privatleben führen jedoch auf geradezu aberwitzige Weise dazu, dass er dem deutschen Kunstmaler Tom Simon immer wieder zufällig begegnet. Eine dieser Zufallsbegegnungen ist jedoch so an den Haaren herbeigezogen und überkonstruiert, dass ich nur noch mit dem Kopf schütteln konnte. Zufälle werden in diesem Roman ohnehin sehr überstrapaziert und machen den Plot, in dem es vor Ungereimtheiten und Logikbrüchen nur so wimmelt, leider noch unglaubwürdiger.
Manchmal konnte ich fast nicht glauben, dass das Buch tatsächlich aus der Feder von Sabine Thiesler stammt. Allerdings ist der Schreibstil der Autorin unverkennbar und das Einzige, was mir an Nachts meinem Haus gut gefallen hat. Ansonsten fehlt es diesem Roman leider an allem, was ihre Bücher bislang besonders ausgezeichnet hat – psychologische Spannung, glaubwürdige Charaktere und einen logischen und schlüssigen Plot. Das ist sehr schade, denn die Idee, die der Geschichte zugrunde liegt, hätte durchaus Potenzial und das Setting hat mir auch sehr gut gefallen, sodass ich Nachts in meinem Haus trotzdem noch gut gemeinte zwei von fünf Sternchen gebe.

Veröffentlicht am 29.01.2017

Übersinnliche Erscheinungen im Studentenwohnheim - leider weder spannend noch besonders gruselig

Angstmädchen
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Ich liebe Thriller aus Skandinavien und bin immer auf der Suche nach neuen skandinavischen Thrillerautoren. Dass es sich bei Jenny Milewski um eine schwedische Autorin handelt, wusste ich nicht, der Schauplatz ...

Ich liebe Thriller aus Skandinavien und bin immer auf der Suche nach neuen skandinavischen Thrillerautoren. Dass es sich bei Jenny Milewski um eine schwedische Autorin handelt, wusste ich nicht, der Schauplatz ihres Thrillers Angstmädchen geht aus dem Klappentext auch nicht hervor, und da ich ihr Debüt Skalpelltanz nicht gelesen habe, hatte ich mich sehr gefreut, durch Zufall auf einen skandinavischen Thriller gestoßen zu sein und eine neue schwedische Autorin entdecken zu dürfen.
Nach dem ersten Kapitel, das eigentlich ein Prolog ist und bereits Schlimmes erahnen lässt, springt die Geschichte im zweiten Kapitel in das Jahr 1992 zurück, als Malin in ihr Zimmer im Studentenwohnheim in Linköpping einzieht und zunächst voller Vorfreude auf ihr bevorstehendes Studentenleben ist.
Das ganze Buch wird aus Malins Ich-Perspektive geschildert, sodass man sich sehr gut in das schüchterne Mädchen einfühlen kann, das erst kürzlich aus ihrem behüteten Elternhaus auszog, zwar voller Tatendrang und Enthusiasmus in einen neuen Lebensabschnitt startet, aber dennoch ein wenig ängstlich und unsicher ist, nun auf eigenen Beinen stehen zu müssen. Sie bemüht sich, Anschluss zu finden, will sich mit ihren neuen Mitbewohnern gut verstehen, fühlt sich allerdings etwas verloren und alleingelassen.
Schon kurz nach ihrem Einzug ereignen sich recht mysteriöse Vorfälle, aber ansonsten passiert auf den ersten hundert Seiten leider nahezu nichts – zumindest nichts, was nur ansatzweise spannend wäre. Das erste Drittel des Buches plätschert also recht gemächlich und vor allem nahezu vollkommen ereignislos vor sich hin, und obwohl ich Malins Startschwierigkeiten in der neuen Umgebung sehr gut nachvollziehen konnte und sich das Unheimliche, das in ihr Leben tritt, bereits ankündigt, musste ich mich regelrecht zum Weiterlesen zwingen. Da Jenny Milewski ihre Hauptprotagonistin allerdings sehr gut ausgearbeitet hat und Malin eine liebenswürdige junge Frau ist, die mir sehr sympathisch war und in die ich mich gut einfühlen konnte, wollte ich dennoch wissen, wie es ihr im weiteren Verlauf der Geschichte ergehen wird. Alle anderen Figuren bleiben jedoch recht blass und konturlos, sind allerdings auch nur Staffage, da die Handlung überwiegend auf Malin fokussiert ist.
Glücklicherweise nimmt die Geschichte nach dem recht langwierigen Einstieg dann auch endlich Fahrt auf. Die Ereignisse überschlagen sich sogar förmlich. Malin macht dabei eine erstaunliche Entwicklung durch, wächst über sich hinaus und wird mutiger. Bedauerlicherweise erhält der Leser jedoch bereits im ersten Kapitel so konkrete Hinweise darauf, wie die Geschichte für sie enden wird, dass einfach keine Spannung mehr aufkommen will. Wenn man ohnehin weiß, welches Schicksal die Protagonistin ereilen wird, fällt es eben recht schwer, noch mit ihr mitzufiebern, auch wenn man sich wünschen würde, dass sich alles doch noch zum Guten wendet.
Trotz des bereits bekannten Ausgangs der Geschichte wollte ich aber wissen, was Malin denn nun genau widerfahren ist. Leider kann ich paranormalen Phänomenen nur wenig abgewinnen und hätte mir gewünscht, dass aus dem Klappentext hervorgegangen wäre, dass es sich bei Angstmädchen eigentlich um einen Mystery-Thriller mit Horrorelementen handelt. Ich will ja nicht abstreiten, dass übersinnliche Erscheinungen durchaus ihren Reiz haben und für schaurige Schockmomente sorgen können, aber ich habe mich leider auch nur sehr selten gegruselt. Man muss der Autorin zugutehalten, dass sie sich offenbar intensiv mit der japanischen Kultur und Mythologie beschäftigt hat, was am Ende des Buches auch deutlich wird, aber leider konnte mich Angstmädchen weder fesseln noch schockieren. Dazu ist die Idee, die diesem Buch zugrunde liegt, eben leider auch nicht innovativ genug und zu abgedroschen, um noch für Gänsehaut zu sorgen.
Die wenigen gruseligen Momente und die gut ausgearbeitete Hauptprotagonistin konnten das Buch leider auch nicht mehr retten, sodass Angstmädchen für mich eine ziemliche Enttäuschung war.