Ein tiefgründiger Roman mit Lokalkolorit und Herz
Nach einem Unfall, bei dem sich Maike Matthiesen den Kopf angestoßen hat, muss sie plötzlich immer die Wahrheit sagen. In ihrem Beruf ist das fatal, denn die Wahrheit ist nicht immer angenehm, und Maike ...
Nach einem Unfall, bei dem sich Maike Matthiesen den Kopf angestoßen hat, muss sie plötzlich immer die Wahrheit sagen. In ihrem Beruf ist das fatal, denn die Wahrheit ist nicht immer angenehm, und Maike stößt so manchen Kunden damit vor den Kopf. Ihr Chef ist verärgert und beurlaubt sie kurzerhand, damit sie sich von ihrem Unfall erholen und zu sich kommen soll. Nicht nur der Zwang, immer die Wahrheit zu sagen, setzt ihr zu, sondern sie verspürt auch plötzlich das Bedürfnis, in ihre alte Heimat zu fahren, um sich der Vergangenheit zu stellen. Dreißig Jahre war sie nicht mehr in ihrem Elternhaus, und selbst den Menschen, die ihr nahe stehen, hat sie nie anvertraut, was damals wirklich geschah.
Der Roman spielt auf mehreren Zeitebenen. Da ist einmal das gegenwärtige Geschehen um Maike, dazwischen erzählen mehrere Rückblenden die Geschichte von Rosa, die als Kind nach Südwerder kam und auf dem Hof von Onkel und Tante lebte.
Die Einblicke in Rosas Leben lassen Verständnis und Mitgefühl für sie aufkommen. Maike hingegen zögert lange, ob sie sich einem Gespräch mit der Frau stellen soll, von der sie so bitter enttäuscht ist. Erst nach und nach, während ihres Aufenthalts in Südwerder, beginnt sie zu verstehen. Es gibt viel für sie aufzuarbeiten und zu klären. Da geht es nicht nur um das Verhältnis zu ihrem Vater und ihrer Stiefmutter, sondern Maike muss sich alten Freundschaften stellen und sich darüber klar werden, was sie im Leben wirklich will. Ihre zwanghafte Ehrlichkeit wirkt auf ihre Mitmenschen zum Teil verstörend und verletzend, aber andererseits hilft sie ihr auch, andere nicht nur oberflächlich zu betrachten und zu beurteilen, sondern ihnen ins Herz zu sehen. Durch diese unfreiwillige Eigenschaft findet sie heraus, wer es wirklich gut mit ihr meint.
Der neue Roman von Brigitte Janson ist warmherzig und tiefgründig, und doch blitzt immer wieder ein leiser Humor auf. Neben aller Nachdenklichkeit und Problembewältigung gibt es auch heitere Szenen, beispielsweise wenn Bradley, das Shetlandpony, seine Auftritte in der Geschichte hat.
Es sind viele Gespräche und Begegnungen nötig, bis man erfährt, was mit Maike los ist, wieso sie ihr Elternhaus dreißig Jahre zuvor verlassen hat. Je mehr ich über sie und ihr Leben erfahren habe, umso besser konnte ich sie verstehen. Nicht nur Maike und Rosa, die Hauptpersonen, sind großartig dargestellt, daneben gibt es noch viele interessante und lebendig beschriebene Charaktere, von denen jeder, wie im richtigen Leben, gute und schlechte Eigenschaften hat und auf seine Art besonders und liebenswert ist. Natürlich kommt auch die Romantik nicht zu kurz, wobei die Einwohner von Südwerder ihre Hoffnung in Liebesdingen gerne auf das traditionelle Windmühlenfest setzen. Die entsprechende Windmühle, die dem Roman auch seinen Titel gegeben hat, ist eine Art Orakel, das alljährlich befragt wird, was jedoch auch oft zu Enttäuschungen führt. Was es damit genau auf sich hat, erfährt man in diesem schönen Roman, der mir ausgezeichnet gefallen hat und mir, neben der kurzweiligen und fesselnden Handlung, auch die Hamburger Vierlande nahegebracht hat, denn die Autorin erzählt mit viel Lokalkolorit, und man spürt ihre Liebe zu dieser Region.