"Da. So seid ihr."
Ein Blick in die nahe Zukunft: 2025 ist der Pegida-Slogan „Merkel muss weg“ Wirklichkeit geworden, und die rechte Besorgte Bürger Bewegung stellt mit Regula Freyer als Kanzlerin die Regierungspartei. ...
Ein Blick in die nahe Zukunft: 2025 ist der Pegida-Slogan „Merkel muss weg“ Wirklichkeit geworden, und die rechte Besorgte Bürger Bewegung stellt mit Regula Freyer als Kanzlerin die Regierungspartei. Eher gleichgültig betrachten die meisten Menschen die „Effizienzpakete“ der Regierung, die nach und nach die Grundrechte abschaffen sollen.
In diesem düsteren Szenario lebt Britta Söldner mit Ehemann Richard und Tochter Vera komfortabel im eigenen Haus in der Braunschweiger Gegend. Während Richards Unternehmen nicht recht floriert, ist Britta sehr erfolgreich mit ihrem Projekt „Brücke“, das sie gemeinsam mit Babak Hamwi leitet. Offiziell als Heilpraxis für Psychotherapie deklariert, verbirgt sich dahinter jedoch wesentlich mehr als „Life-Coaching, Self-Managing, Ego-Polishing“; Britta betreibt auch ein lukratives Geschäft mit dem Tod - bis ihr eines Tages gefährliche Konkurrenz in die Quere kommt.
In schlichtem Schreibstil schildert die Autorin Brittas Alltagsleben und ihren Kampf gemeinsam mit Babak um das Fortbestehen ihrer Firma. Es ist ein durchaus spannender Krimi zu verfolgen, in welche Intrigen sie gerät, inwieweit ihre Familie mit hineingezogen wird. Juli Zehs Kritik und moralische Belehrungen (so angebracht sie sein mögen) sind allerdings nicht sehr geschickt verpackt. Zynisch wirkt es, wie die Autorin die Bevölkerung beurteilt: ich-bezogen, gleichgültig dem Leid anderer gegenüber, politisch passiv.
„Full hands, empty hearts“ heißt daher nicht nur ein erfolgreicher Hit des Jahres 2025, sondern ist zugleich eine passende Bezeichnung für Brittas Mitmenschen, und vor allem für sie selbst. Oder sind es nicht eigentlich wir Leser, denen Juli Zeh den Spiegel vorhalten will? Nicht umsonst beginnt sie ihren Roman mit einem Statement: „Da. So seid ihr.“