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Veröffentlicht am 02.04.2018

Together forever

Knickerbocker4immer - Alte Geister ruhen unsanft
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Das mit dem für immer zusammen hat schon mal nicht geklappt. Die vier von der Knickerbocker-Bande haben sich nach einem unheimlichen Erlebnis als sie Teenager waren seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen. ...

Das mit dem für immer zusammen hat schon mal nicht geklappt. Die vier von der Knickerbocker-Bande haben sich nach einem unheimlichen Erlebnis als sie Teenager waren seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Und jetzt soll es ein Treffen geben. Poppi hat Dominik, Lilo und Axel auf eine einsame Insel vor der Küste Brightons eingeladen. Einzeln kommen die vier auf der Insel an und müssen erstmal feststellen, dass sie ausgetrickst wurden. Eigentlich sind sie aber doch froh über die Begegnung. Doch was soll diese Aktion mit der Insel? Schon nach wenigen Stunden sind Lilo und Dominik verschwunden und die anderen Beiden suchen verzweifelt. Schließlich kann man sich auf einer solchen Mini-Insel, die gerade mal Platz für ein Haus hat, nicht verstecken.

Bei der Knickerbocker-Bande handelt es sich um eine umfangreiche Reihe von Kinderbüchern, die in Österreich sehr bekannt ist. Mit dem vorliegenden Band ist der Autor einen ungewöhnlichen Schritt gegangen. Er hat seine Helden altern lassen, zwanzig Jahren hat sie sich nach dem traumatisch verlaufenen Skiausflug nicht gesehen. Sie wollten sich auch nicht mehr sehen und doch haben sie die Bande nie vergessen und es war auch nie mehr so wie damals. Deshalb sind sie auch nicht unglücklich als sie sich wiedersehen, auch wenn sie reingelegt wurden. Obwohl einige Sachen zu klären sind, ist es doch irgendwie wie früher und das ist gut.

Wenn auch die Knickerbocker-Bande bisher unbekannt war, ist dieses Jugendbuch für Erwachsene doch ausgesprochen spannend. Man fühlt sich sofort heimisch unter den Bandenmitgliedern. Ein atemberaubendes Szenario wird vor einem ausgebreitet. Der begrenzte Schauplatz einer sturmumtosten Insel wirkt ausgesprochen unheimlich. Das plötzliche und besorgniserregende Verschwinden der beiden Bandenmitglieder. Gleich zu Beginn stürzt man in die Handlung und bleibt gebannt an den Seiten kleben, man muss einfach wissen wie es weitergeht. Von der rasanten Geschichte fühlt man sich auch als älterer Erwachsener angesprochen. Zum einen durch die anrührenden Wiedervereinigung der Bande, die geschickt in die gegenwärtigen Lebensläufe der Bandenmitglieder eingebaut werden zum anderen auch durch das spannende Abenteuer, das Einiges im Leben der vier ins rechte Licht setzt. Eine fesselnde Lektüre, die sich leicht erschließt und die mit den letzten Sätzen die Hoffnung auf mehr weckt.

Veröffentlicht am 01.04.2018

Künstlertraum

Das Geheimnis der Muse
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Aus Trinidad ist die junge Odelle Bastien nach London gekommen, um ihren Traum zu verwirklichen. Zunächst verwirklicht sie jedoch nur, als Verkäuferin in einem Schuhladen ihr Leben zu finanzieren. Erst ...

Aus Trinidad ist die junge Odelle Bastien nach London gekommen, um ihren Traum zu verwirklichen. Zunächst verwirklicht sie jedoch nur, als Verkäuferin in einem Schuhladen ihr Leben zu finanzieren. Erst im Jahr 1967 bekommt die sie Chance als Typistin in einer Galerie zu arbeiten. Ihre Chefin, die nur Quick genannt wird, scheint einen Narren an ihr gefressen zu haben. Sie unterstützt Odelles Traum, eine Schriftstellerin zu werden. Gerade zu dieser Zeit wird der Galerie ein Gemälde angeboten, dessen unklare Herkunft ein Geheimnis in sich birgt. Odelle taucht ein in die Geschichte der jungen Olive Schloss, die mit ihren Eltern kurz vor Beginn des spanischen Bürgerkrieges in Andalusien lebt.

Frauen in der Kunst - wie unterschiedlich ist deren Rezeption in den 1930ern und in den 60ern. Auch Olive träumt davon, Künstlerin zu sein. Ihre genialen Gemälde verstauben jedoch auf dem Boden, weil sie ihrem Vater, ein Kunsthändler, nicht zutraut sie als weibliche Künstlerin anzuerkennen und zu vermarkten. Frauen sind eben keine Künstler. Wie anders ist es da als der junge Revolutionär und Maler Isaak Robles mit seiner Schwester Teresa bei den Schlosses auftaucht. Odelle hat da in den 60ern schon eher eine Chance als Künstlerin zu bestehen, wäre da nicht das kleine Hindernis, das sie als Farbige eben doch weniger angesehen ist. Doch Quick, die sich um so etwas nicht schert, ist ihr eine Inspiration und Hilfe.

Man kann kaum alle Themen aufzählen, die in diesem Buch sanft aber konsequent angerissen werden, Liebe, Krieg, Tod, Kunst, Emanzipation, Toleranz, Intoleranz und so fort. Nachdem ein wenig mit Steinen gepflasterten Zugang zu Beginn des Buches, kann man sich kaum noch von der Geschichte lösen. Es ist die große Kunst der Autorin, die beiden Handlungsstränge so zu verbinden, dass man gebannt immer weiterlesen muss. Gleichzeitig beginnt man aber auch nachzudenken, über die Rolle der Frau, überhaupt und in der Welt der Kunst. Der Entwicklung der Kunst und der Künstlerin über die Jahre, welche Chancen das Leben bietet und der Krieg nimmt. Auch wenn einige Themen nur angerissen werden können, so entfaltet das Buch doch eine Tiefe, die man zunächst nicht erahnt. Vielleicht ist es nur die Geschichte eines Bildes und dennoch ist es so viel mehr

Veröffentlicht am 25.02.2018

Jemals lernen?

Honigtot
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Nachdem Felicitys Großmutter verstirbt verschwindet ihre Mutter Martha ohne ein Wort. Völlig konsterniert folgt Felicity ihrer Mutter nach Rom. Was hat die Mutter von Seattle nach Europa geführt? Die Spur ...

Nachdem Felicitys Großmutter verstirbt verschwindet ihre Mutter Martha ohne ein Wort. Völlig konsterniert folgt Felicity ihrer Mutter nach Rom. Was hat die Mutter von Seattle nach Europa geführt? Die Spur führt in die Vergangenheit, die relativ behütete Zeit im München der 1920er, die große Liebe zwischen Urgroßvater und Urgroßmutter, die durch das Nazi-Regime grausam beendet wird. Die Geschichte niedergeschrieben hat die Großmutter vor langen Jahren. Felicity kann kaum fassen, welches Schicksals ihre Großmutter erleiden musste. Von einem braunen Schergen verführt und missbraucht, stellt sie ihre eigenen Wünsche hintenan, um den kleinen Bruder zu retten.

Oft unerkannt sind die Lebensgeschichten der Vorfahren, gerade die Generation, die den zweiten Weltkrieg durchmachen musste. Wieviel wurde da nicht erzählt, nicht aufgeschrieben. Da sind die Mitläufer, die sich durchmogelten, ohne Stellung zu beziehen. Diejenigen, die reingezogen wurden und sich nicht gewehrt haben. Die, die alles versuchten, ihre Lieben zu retten und doch scheiterten. Andere, die sich prostituierten, um andere zu schützen. Die Wenigen, die den Schritt in den Widerstand wagten. Die Täter, deren Perfidität ohne Gleichen ist und die leider häufig nicht hart genug bestraft wurden. Kann es bei einer Lebensgeschichte, die von großen Härten geprägt ist, überhaupt so etwas wie ein glückliches oder erfülltes Leben geben? Eher nicht. Generationen überspannend bleibt die Familie gefühlsmäßig verhärtet.

Bei dem Leid, welches Krieg und Nazi-Herrschaft über die Menschen gebracht haben, würde man wünschen, die Menschen hätten endlich gelernt. In Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes steht: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Da gibt es keine Einschränkung, da darf es keine Einschränkung geben. Vor diesem Hintergrund mag man kaum glauben, wie es heute in der Welt zugeht. Würden sich doch nur alle an diese einfachen Worte halten, dürfte es gewisse Äußerungen und gewisse Gruppierungen nicht geben. Vor diesem Hintergrund gelesen, macht der Roman mit eindringlichen Worten klar, dass Krieg und Unmenschlichkeit die Welt ganz sicher nicht besser machen. Noch Generationen später sind die Auswirkungen zu spüren. Doch man gewinnt den Eindruck, dass wenn ein Krieg mal überwunden werden könnte, setzt keine glücklichere Phase ein, sondern eher eine Phase des Vergessens und Verleugnens, in der die selben entsetzlichen Taten wieder begangen werden. Man steht ziemlich fassungslos davor und möchte Bücher wie dieses jedem empfehlen, der auch nur ein einigermaßen mitfühlendes Herz hat.

Veröffentlicht am 04.02.2018

Der Fährmann

Nadjas Katze
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Nadja Schwertfeger wurde bereits als Baby adoptiert. Inzwischen ist sie pensioniert und ein Hobby von ihr ist die Suche nach vergessenen Autoren. In einem Antiquariat entdeckt sie eine Beschreibung aus ...

Nadja Schwertfeger wurde bereits als Baby adoptiert. Inzwischen ist sie pensioniert und ein Hobby von ihr ist die Suche nach vergessenen Autoren. In einem Antiquariat entdeckt sie eine Beschreibung aus den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges. Dort wird eine Spielzeugkatze genauso beschrieben wie ihr Maunz, das einzige, was ihre leibliche Mutter ihr gegeben hat. Nadja zweifelt, ob sie noch nach ihrer wahren Herkunft suchen soll, doch Ruhe lässt es ihr nicht. Sie beginnt nach dem Ort zu suchen, der in der kleinen Veröffentlichung beschrieben wird. Eine überraschende Hilfe ist ihr der ebenfalls pensioniert und nun als Privatermittler tätige Hanz Berndorf.

Kurz nach dem Krieg geboren, muss sich Nadja mit ihrer Suche beeilen, wenn sie noch Zeugen finden will, die ihr helfen könnten, ihre Mutter zu finden. Ihre energische Freundin Wally reist zunächst mit ihr durch das württembergische Land, um nach dem kleinen Ort zu suchen. Eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen? Eher durch Zufall stoßen die Freundinnen auf eine Ort, auf den die Beschreibung passt. Doch keiner der Einheimischen will wirklich mit den beiden reden. Erst der Hinweis auf Berndorf, der ebenfalls von dort stammt und der bei der Polizei gelandet ist, scheint sie voranzubringen. Irgendwie scheint Berndorf selbst noch eine Rechnung offen zu haben.

Es wird Zeit. Möchte man heute noch etwas aus den letzten Kriegstagen wissen, möchte man Zeitzeugen befragen, ist Eile geboten, die Zeugnisse zu dokumentieren. Die Befreier standen vor den Toren der Städte. Doch einige meinten noch, sie müssten das Reich verteidigen. Nahrung und Wohnraum war knapp. Menschen wie die Flüchtlingin aus der gefundenen Geschichte, wurden an fremde Orte verschlagen, stachen heraus und zogen nicht nur Sympathie auf sich. In diese Szenerie hinein forscht der verschwiegene Berndorf, der sich mit seiner Auftraggeberin ebenso wenig anfreunden kann wie sie sich mit ihm. Beide jedoch sind begierig darauf, zu erfahren, was damals in dem Dorf geschah. Und so wie sie sich anzicken, ergänzen sie sich doch in ihren Nachforschungen.

In seinem zehnten Fall bekommt Hand Berndorf einen wirklich besonderen Auftrag, der ihn in seine eigene Vergangenheit führt. Vielleicht eine Vergangenheit, mit der er sich nicht unbedingt beschäftigen wollte, die ihn aber doch nicht loslässt. Das ausgerechnet diese beinahe unerträgliche pensionierte Lehrerin ihn darauf bringt, ist schon ein gediegener Zufall. Gemeinsam oder auch gegeneinander steigen sie in die Tiefen einer Dorfvergangenheit. Ruhig, akribisch und stetig - so entsteht eine formidable Spannung aus der Langsamkeit und den Eigenheiten eines Menschenschlags.

Ein Buch das Seite für Seite genossen werden kann, mit einer Geschichte, die sich in ihren vielen Facetten nach und nach entfaltet.

Veröffentlicht am 03.02.2018

Charleston

Charleston Girl
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Gerne würden ihre Eltern ihr Vernunft beibringen, doch Lara Lington kann nicht von ihrem Ex-Freund lassen. Auch beruflich steht Lara nicht gut da, ihre Geschäftspartnerin hat sich eine unbegrenzte Auszeit ...

Gerne würden ihre Eltern ihr Vernunft beibringen, doch Lara Lington kann nicht von ihrem Ex-Freund lassen. Auch beruflich steht Lara nicht gut da, ihre Geschäftspartnerin hat sich eine unbegrenzte Auszeit genommen und Lara mit offenen Vorgängen und offenen Rechnungen sitzen gelassen. Und nun ist eine betagte Verwandte verstorben und Lara muss mit der ganzen Familie zur Trauerfeier. Die ganze Familie bedeutet auch der reiche Onkel Bill, der allen in der Familie als herausragendes Beispiel für Unternehmerinitiative gilt. Das alles ist aber nicht gegen die Stimme, die Lara plötzlich hört, die Stimme ihrer Großtante Sadie, die nach ihrer Halskette verlangt.

Wer glaubt schon an Geister? Lara jedenfalls nicht, eigentlich. Doch vielleicht würde sie gerne an Geister glauben. Ihre Großtante Sadie, die an sich selbst natürlich nicht als alte Frau denkt, sondern an die 20jährige, die durch die wilden Zwanziger flaniert ist und Charleston getanzt hat, bringt Laras Leben tüchtig durcheinander. Lara ist die gewissermaßen die Einzige, die Sadie sehen und hören kann, wodurch die Kommunikation mit ihren Mitmenschen etwas schwierig wird. Es dauert allerdings nicht lange, bis Lara feststellt, dass Sadie ihr helfen kann. Zunächst einmal ist Laras erstes Ziel, ihren Ex zurückzugewinnen. Doch je mehr sie von Sadie erfährt, desto mehr unternimmt sie, um ihrer Großtante zur Seite zu stehen.

Wenn man die ersten Worte Sadies liest, denkt man vielleicht, verwöhntes Gör. Man wehrt sich genauso gegen die Geister-Existenz wie Lara. Wenn liest, wie fixiert Lara auf ihren Ex-Freund ist, denkt man, Stalker - wie peinlich. Doch je mehr sich die Persönlichkeiten von Lara und Sadie entfalten, desto mehr ist man angefixt von dieser bittersüßen Geschichte. Man spürt die Tragik in Sadies Leben, man spürt die dunkle Wolke, die Bill über die Familie gebracht hat, man spürt, dass Lara ein sehr liebenswerter Mensch ist, die einfach nur eine falsche Entscheidung getroffen hat. Immer ist man gebannt von den Wendungen, die die Schicksale aller Beteiligten in die richtigen Bahnen schubsen.

Eine Geistergeschichte zum Dahinschmelzen.