Nicht nur Bücher finden ein neues Zuhause
Die 40-jährige Greta hat ihr Leben lang als Stewardess bei der Lufthansa gearbeitet und viel von der Welt gesehen. Doch bei einem Flug nach China bekommt sie Platzangst, ihr wird schwarz vor Augen und ...
Die 40-jährige Greta hat ihr Leben lang als Stewardess bei der Lufthansa gearbeitet und viel von der Welt gesehen. Doch bei einem Flug nach China bekommt sie Platzangst, ihr wird schwarz vor Augen und nach ihrem Zusammenbruch wird sie per Krankentransport von Bord gebracht. Um sich etwas zu erholen, fährt sie ihre Tante Hille besuchen, die auf einer Nordseeinsel in einem Haus am Strand mit tausenden Büchern und ihrer Lebensgefährtin Karin lebt. Dort hat Greta als Kind all ihre Ferien verbracht und sich immer wohl gefühlt. Als Greta ankommt, registriert sie sofort die Veränderung im Haus, denn Hille hat alle Bücher aussortiert und in ihre alten Ladenräume verbannt. Greta organisiert einen Bücherflohmarkt, der schnell von den Touristen, aber auch den Einheimischen gut besucht wird. Als Greta eigentlich wieder in ihren Job zurück muss, bekommt sie erneut eine Panikattacke und hat nun zwei Wochen Zeit, sich zu überlegen, wie es mit ihr weitergehen soll. Da kommt ihr durch den Bücherverkauf die Idee, vielleicht eine Buchhandlung zu eröffnen. Dies würde aber bedeuten, ihr altes Leben hinter sich zu lassen und sich auf unsicheres Terrain zu begeben. Dafür könnte sie aber auf der Insel bleiben. Wie wird Greta sich entscheiden?
Janne Mommsen hat mit seinem Buch „Die kleine Inselbuchhandlung“ einen sehr unterhaltsamen und warmherzigen Roman vorgelegt, der den Leser auf eine Nordseeinsel entführt, um das dortige Inselleben, seine teils kauzigen Bewohner und ihr Treiben mitzuerleben. Der Schreibstil ist flüssig und mit einer guten Prise Humor gewürzt, schnell ist man in die Handlung eingetaucht und regelrecht mit ihr verschmolzen. An der Seite Gretas erlebt der Leser so einiges, darf an ihren Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen und Zweifeln teilhaben. Die Landschaftsbeschreibungen sind herrlich bildhaft, beim Lesen spürt man fast die Meeresbrise und sieht das Schilfgras sich im Wind biegen, den Leuchtturm erhaben sein Licht über das Meer senden. Auch die Bücherberge kann der Leser sich gut vorstellen, die über die Jahrzehnte liebevoll gehortet wurden, in wunderschönen alten Regalen ihr Dasein fristen, und so mancher Klassiker nun ein neues Zuhause sucht. Wie schön, wenn sich dann durch ein Buch eine neue Liebe findet oder sich durch die Sortierung nach der Farbe des Einbands neue Möglichkeiten ergeben.
Die Charaktere sind liebevoll und individuell ausgestaltet worden. Sie besitzen Ecken und Kanten und wirken durch ihre Eigenheiten so lebendig und authentisch, dass der Leser den einen oder anderen persönlich zu kennen glaubt und sich auch selbst in einem von ihnen wiederfindet. Greta ist eine sympathische Frau, die sich ihre Panikattacken nicht erklären kann, vielleicht verschließt sie aber auch nur die Augen davor. Sie ist hilfsbereit, offen und lebensbejahend, allerdings ist sie insgeheim auf der Suche: nach einer neuen Liebe, nach Geborgenheit und vor allem Zufriedenheit. Tante Hille ist ein Unikum, sie ist liebevoll mit einem etwas rauen Ton, jedoch mit dem Herz am rechten Fleck. Sie lässt Greta an der langen Leine laufen, gibt ihr freie Hand, denn sie weiß, Greta muss für sich Entscheidungen treffen. Vor allem aber braut sie einen tollen Manhattan, der in jeder Lebenslage hilft und allem und jedem die Zunge löst. Claas ist ein alter Freund von Greta, der sich momentan als Koch verdingt in einem kleinen Hotel, nebenbei aber so manche Surfrunde über die Nordsee dreht. Er ist sympathisch und offen, hegt wohl einige Gefühle für Greta. Florian ist ein Arbeitskollege von Greta, der ihr immer wieder im Kopf rum spukt, mit dem sie beim Tango eine flotte Sohle aufs Parkett gelegt hat und dieser Tanz immer noch in ihrem Herzen eine Rolle spielt. Ellen ist die Inselpolizistin, die eine raue Schale hat, eine Vorliebe für blutige Krimis und auf einmal die Liebe trifft. Auch die übrigen Inselbewohner sorgen mit ihren kleinen Geschichten für einige Unruhe und Überraschungen. Sogar ein Geheimnis wird aufgedeckt.
„Die kleine Inselbuchhandlung“ ist ein rundum gelungenes Wohlfühlbuch für eine Auszeit auf der Couch, in der man sich wunderbar an die See träumen und sich unter den sympathischen Bewohnern tummeln kann. Man wird ein Teil von ihnen und möchte sich gar nicht verabschieden. Absolute Leseempfehlung!