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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.04.2018

Erik & Erika

Der Mann, der Weltmeisterin wurde
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Anlässlich seines 70. Geburtstags erscheint das zweite Buch von Erik Schinegger, jenem Mann, der bei der Schi-WM in Portillo 1966 Weltmeisterin wurde.

Wie kann das sein?
Die Geschichte ist so einfach ...

Anlässlich seines 70. Geburtstags erscheint das zweite Buch von Erik Schinegger, jenem Mann, der bei der Schi-WM in Portillo 1966 Weltmeisterin wurde.

Wie kann das sein?
Die Geschichte ist so einfach wie kompliziert.

Erik wird am 1948 auf dem Bauernhof seiner Eltern in Agsdorf bei St. Urban in Kärnten geboren - eine Hausgeburt, wie damals am Land üblich. Der prüfende Blick der Hebamme auf das Geschlecht des Neugeborenen ergibt ein Mädchen, das allerdings scheinbar einen kleinen Leistenbruch aufweist. Das Baby wird Erika genannt und wächst recht unbefangen, aber später mit harter Arbeit auf.
Ein bisschen scheel wird die grobknochige und burschikose Erika immer schon angesehen, weil sie sich nicht für Puppen und ähnliches Mädchenspielzeug interessiert. Schnitzen, “Bamkraxeln” wie man in Kärnten sagt und rangeln, das ist ihr Metier.
Auch in der Schule wird ihr unweibliches Verhalten bestraft und ihr Platz ist jahrelang neben einem der wilden Burschen – strafhalber.
Als Erika 1966 im chilenischen Cortillo Weltmeisterin wird, ahnt sie nicht, dass diese Goldmedaille ihre einzige bleiben wird. In der Schisaison 1967/68 wird der sogenannte “Sextest” eingeführt. Erika besteht den Test nicht – lt. diesem Ergebnis hat sie einen 100% männlichen Chromosomensatz. Der Österreichische Schiverband zwingt die völlig verdatterte Erika zum Rücktritt und will, dass sie sich zur Frau umoperieren lässt.
Man lässt sie im Glauben, danach wieder Rennen für den die Damenmannschaft fahren zu dürfen.

Schinegger steht nun vor einer folgenschweren Entscheidung. Familie und ÖSV wollen einen Skandal vermeiden und drängen zu einer Hormonkur, die ein Leben als (gebärunfähige) Frau ermöglichen würde. Eine Operation böte dagegen die Chance, ein zeugungsfähiger Mann zu werden. Erika entscheidet sich für die Operation und verlässt nach mehreren Operationen und einsamen Wochen das Krankenhaus als ERIK.

Was dann seitens Schiverband passiert, ist mehr als schäbig: Erik darf nicht mehr im Nationalkader fahren, obwohl er gute Ergebnisse bringt. Als Grund wird angegeben, dass sein Erscheinen Unruhe in die Mannschaft bringt…
Er muss seine Ausrüstung zurückgeben und wird von seiner Schi-Firma Kneissl fristlos (!)gekündigt.

In dieser Zeit zeigen sich die wahren Freunde. Allen voran Hans Naglreiter, der als Jugendlicher von seinem Vater ins Burgendland verpflanzt wird, um dort eine Bäckerlehre zu absolvieren. Diese Freundschaft hält bis heute.

Erik, der mehr als achtzehn Jahre seines Lebens als Mädchen verbracht hat, muss mit seinem echten Geschlecht erst umgehen lernen. Er kauft sich, “als Krücke” wie er sagt einen Porsche mit 185 PS und einer auffälligen orange/schwarzen Sportlackierung. Langsam wächst er in sein neues, zweites Leben hinein, lässt wenig anbrennen, heiratet Renate und wird Vater einer Tochter.
Mit seiner zweiten Frau Christa lebt er nach wie vor in Agsdorf. Seine Kinderschischule ist die größte Kärntens und erfreut sich regen Zulaufs.

2014 nimmt Erik an “Dancing Stars” teil. Seine Beweglichkeit, die ihn schon auf der Piste ausgezeichnet hat, kommt ihm auch hier zu Gute, bis er verletzungsbedingt aussteigen muss.

Die in Chile gewonnene Goldmedaille wird ihm nie aberkannt. Er schenkt sie später aus freien Stücken der Zweitplatzierten Marielle Goitschel. Rückgängig gemacht wird jedoch die anlässlich des Weltmeistertitels zuerkannte Schenkung eines Grundstücks seitens der Gemeinde, weil Erika nicht mehr Erika ist.

Meine Meinung:

Eine reflektierte Rückschau auf ein, nein, zwei Leben, in der wenig offenbleibt.
Erik Schinegger gibt unumwunden zu, dass ihn das Verhalten des OSV sehr gekränkt hat. Das Verbot für die Kollegen und Kolleginnen aus dem Kader mit ihm Kontakt aufzunehmen, der Maulkorb für die Medien – das alles hat ihn hart getroffen. Es wirft wohl eher ein schlechtes Bild auf den ÖSV, denn auf Erik. Er hat sich ja sein Schicksal nicht ausgesucht.

Wenn man heute Wochenschauberichte von 1966 sieht, muss man über Erika, die mit ihrer Sturmfrisur und in ihrem Kleid seltsam verkleidet wirkt, fast ein wenig schmunzeln.

Ich persönlich finde es ja ziemlich grotesk, dass bei allem medizinischen Aufwands, den der ÖSV betrieben hat (und betreibt), nicht aufgefallen sein soll, dass Erika eigentlich Erik ist. Aber, was man nicht sehen will, sieht man einfach nicht …

Die Zusage, Erika nach der Hormonkur und Umwandlung in eine Frau wieder in den Damenkader aufnehmen zu wollen, kann nur als Farce betrachtet werden. Aus einem männlichen Chromosomensatz (XY) kann keinesfalls ein weiblicher werden (XX). Spätestens beim nächsten “Sextest” wäre Erika wieder von den Bewerben ausgeschlossen worden. Da hätte ein “das haben wir nicht gewusst”, sicher nicht gezogen und ein möglicher Betrug vermutet worden. Auf einen solchen konnte sich der ÖSV sicher nicht einlassen, da vernichtet man lieber die sportliche Karriere des Erik Schinegger.

Ich werde jedenfalls den Film “Erik & Erika” ansehen. Regisseur Reinhold Bilgeri scheint das rechte Fingerspitzengefühl für dieses Thema zu haben.

Fazit:

Eine facettenreihe Autobiografie, des Mannes, der Weltmeisterin wurde. Gerne gebe ich fünf Sterne.

Veröffentlicht am 02.04.2018

Ein Reiseführer der besonderen Art

Von Inseln, die keiner je fand
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Autor Malachy Tallack nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise zu 24 Inseln, die eine Eintragung auf Seekarten geschafft haben, ohne zu existieren. Und nicht nur das! Einige dieser Phantominseln haben ...

Autor Malachy Tallack nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise zu 24 Inseln, die eine Eintragung auf Seekarten geschafft haben, ohne zu existieren. Und nicht nur das! Einige dieser Phantominseln haben sogar Jahrhunderte auf Pergament und Papier und in den Köpfen der Menschen überdauert.

Wie es zu solchen Fantasien kommt?

Von echten Irrtümern, falsch klassifizierten Wetterphänomenen, falsch abgezeichneten Karteninhalten und Wunschdenken bis hin zu bewussten Falschmeldungen ist hier alles vertreten.

Wer hat noch nie von Atlantis oder dem Königreich von Thule gehört? Mythen, Sagen und Vorstellungen vom Paradies mischen sich mit Halbwahrheiten.

Der Autor fasst jeweils vier Inseln zu einem Kapitel zusammen, u.a. „Inseln des Lebens und des Todes“, „Versunkene Länder“, „Trügerische Inseln“ oder „Widerrufene Entdeckungen“.

Manches, wie der Mythos Atlantis geistert seit mehr als 2.000 Jahre durch die Köpfe der Menschheit. Ganz faszinierend ist, dass man sogar im Zeitalter der Satelliten-Vermessung dem Phantom „Sandy Island“ nachjagte: Dort, wo laut Koordinaten die Inseln sein sollten, fand das Forschungsschiff nur Wasser, allerdings rund 1.400 m tief. „Sandy-Island“ wird 2012 aus den Kartenwerken entfernt.

Manchmal sucht eine Schiffsbesatzung nach einem Archipel („Davies Land“) und findet eine andere Insel, die Osterinsel nämlich (1721, Niederländische Westindien-Kompagnie).

Auch das wechselhafte Schicksal der Los Jardines-Inseln regt zum Schmunzeln an. Über 400 Jahre waren sie in unterschiedlicher Größe auf den Seekarten verzeichnet. Jedes Mal, wenn sie nicht entdeckt werden konnten, änderten sie ihre Größe, ihre Anzahl und ihre Lage.

Dieses Buch ist eines der vielen, die sich mit nicht existenten Inseln oder Ländern beschäftigen. Dennoch ist dieses Werk in seiner Präsentation einzigartig: Es wird mit wunderschönen Zeichnungen von echten Tieren und Pflanzen sowie von Fabelwesen aus der Zeichenfeder von Katie Scott bereichert.

Die anspruchsvolle Verarbeitung wird um eine Weltkarte mit allen genannten Inseln ergänzt. Das Buch verspricht einen kurzweiligen Lesegenuss und ist ein tolles Geschenk, nicht nur für Kartenliebhaber.

Veröffentlicht am 02.04.2018

Ein gelungener Reiseführer durch ein Waldviertel abseits der Touristenpfade

111 Orte im Waldviertel, die man gesehen haben muss
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Wieder ein toller Reiseführer aus dem Haus Emons, der uns Ausflugsorte abseits der touristischen Trampelpfade anbietet.

Von A wie Allensteig bis Z wie Zwettl sind die 111 unterschiedlichsten Sehenswürdigkeiten ...

Wieder ein toller Reiseführer aus dem Haus Emons, der uns Ausflugsorte abseits der touristischen Trampelpfade anbietet.

Von A wie Allensteig bis Z wie Zwettl sind die 111 unterschiedlichsten Sehenswürdigkeiten aufgelistet. Ein paar davon waren mir bislang unbekannt. Als erklärter Waldviertel-Fan könnte ich wahrscheinlich noch einmal 50 interessante Locations hinzufügen …

Ich kann mir vorstellen, dass den Autoren die Auswahl schwergefallen sein muss. Das Waldviertel bietet einfach für jeden Geschmack schöne Ausflugsziele. Von Naturdenkmälern bis hin zu alten Burgen und Schlössern, von Kulinarik bis Kunst.

Fazit:

Wer gerne bislang unbekannte geheimnisvolle Orte kennen lernen möchte, ist hier richtig. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 01.04.2018

Goethe und SChiller ermitteln wieder

Die Affäre Carambol (Goethe und Schiller ermitteln)
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Eigentlich wollten Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller anno 1801 nur auf einen Sprung bei Goethens Mutter in Frankfurt vorbeischauen. Die Reise scheint unter keinem guten Stern zu stehen, ...

Eigentlich wollten Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller anno 1801 nur auf einen Sprung bei Goethens Mutter in Frankfurt vorbeischauen. Die Reise scheint unter keinem guten Stern zu stehen, benötigen sie doch 4 (!)Kutschen und einen Tag länger als geplant.
Und auch der Aufenthalt dauert länger als gewollt. Die beiden werden nämlich in einen Kriminalfall verwickelt, der es in sich hat: Zwei ermordete Stadträte, mysteriösen Mehllieferungen und falsche Postboten lassen auf eine Verschwörung schließen. Doch wer gegen wen?

Ein Aufstand gegen Napoleon, der Frankfurt hohe Kontributionszahlungen auferlegt hat? Das hätte fatale Folgen und so werden die beiden scharfsinnigen Dichter von den übriggebliebenen Stadträten beauftragt, die Hintergründe zu erforschen.

Längere Zeit ist nicht klar, ob Frankfurts Obrigkeit nicht selbst hinter den Malversationen steckt…

Meine Meinung:

Diese Kriminalgeschichte wird wie schon der erste Fall “Durch Nacht und Wind” von Friedrich Schiller erzählt. Kurz wird auch auf das erste Abenteuer eingegangen.

Wir begleiten die beiden Freunde bei ihren Ermittlungen, die sie als nicht ganz ungefährlich herausstellen. So wird Goethe auf einer Gesellschaft vergifteter Wein gereicht, später geraten sie in einen Hinterhalt usw. usw.

Dieser aktuelle Kriminalfall ist ebenso Fiktion wie der erste. Die Schilderungen von Frankfurt und Umgebung sowie die Lebensgewohnheiten entsprechen geschichtlichen Fakten. Das Bild der Stadt mit Stadtmauer, als Verkehrsknotenpunkte, die durch Napoleon zerstörten Häuser und die als Lager verwendete Kirche sind authentisch.
Ebenso (fast) authentisch ist die Sprache, der sich die Darsteller in diesem Krimi bedienen. Der Autor hat sie der Originalsprache behutsam aber realistisch angepasst. Dennoch liest sich das Buch leicht und flüssig.

Das Wortgeplänkel zwischen Schiller und Goethe verleitet häufig zum Schmunzeln. Besonders als es um das Honorar für das erste Buch geht (s. 144/145), erkennt der geneigte Leser, dass in dem distinguierten Geheimrat Goethe ein mittleres Schlitzohr steckt.

Das Buch ist wieder in einer tollen Aufmachung erschienen: Das Format etwas kleiner als üblich, in einem hochwertigen Hardcover-Einband mit goldfarbener Prägung. Schiller und Goethe stehen sich wir zwei Duellanten gegenüber.

Fazit:

Wer auf der Suche nach einem "richtigen" Krimi ist, ist hier falsch. Wer aber eine humorvolle Geschichte in einem authentischen historischen Umfeld für kurzweilige Unterhaltung sucht, wird hier fündig. Dafür gebe ich gerne 5 Sterne.

Veröffentlicht am 01.04.2018

Ein kniffliger Fall für Meierhofer und sein Team

Teufelssturz
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Als ein Kletterer knapp unterhalb der idyllische Burgruine Aggstein eine weibliche Leiche finden, ist es mit der herbstlichen Beschaulichkeit in der Außenstelle des Landeskriminalamtes in Krems einmal ...

Als ein Kletterer knapp unterhalb der idyllische Burgruine Aggstein eine weibliche Leiche finden, ist es mit der herbstlichen Beschaulichkeit in der Außenstelle des Landeskriminalamtes in Krems einmal vorbei.

Die Tote trägt ein sündteures weißes Umstandskleid. Neben ihr wird eine historisch anmutende Axt auf der Berkana-Rune, die für Fruchtbarkeit und Wiedergeburt, aufgemalt ist sowie ein Zettel mit der Aufschrift „Teufelssturz“ gefunden.

Was hat das zu bedeuten?
Der nunmehr dritte Fall für Chefinspektor Hans Meierhofer und seinem italienisch stämmigen Kollegen Stefano Staudinger gibt dem gesamten Team einiges aufzulösen.
Wie immer dürfen wir Meierhofer bei seinen Ermittlungen, die sich diesmal auch in die Schweiz erstrecken, und seinen kulinarischen Genüssen zusehen.

Mit viel Fingerspitzengefühl und manchmal auch einem Quäntchen Glück lösen sie ihre Fälle. Das Privatleben der sympathischen Ermittler darf auch nicht fehlen.

Fazit:

Ein solider Krimi, der in der schönen Wachau spielt und dem ich gerne 5 Sterne gebe.