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22,95
inkl. MwSt
  • Verlag: Rowohlt
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: historischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 480
  • Ersterscheinung: 09.10.2017
  • ISBN: 9783498035679
Daniel Kehlmann

Tyll

"Tyll", der neue Roman des Erfolgsautors Daniel Kehlmann – er veröffentlichte u.a. "Die Vermessung der Welt", "Ruhm", "F" und "Du hättest gehen sollen" –, ist die Neuerfindung einer legendären Figur: ein großer Roman über die Macht der Kunst und die Verwüstungen des Krieges, über eine aus den Fugen geratene Welt.
Tyll Ulenspiegel - Vagant, Schausteller und Provokateur - wird zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Müllerssohn in einem kleinen Dorf geboren. Sein Vater, ein Magier und Welterforscher, gerät schon bald mit der Kirche in Konflikt. Tyll muss fliehen, die Bäckerstochter Nele begleitet ihn. Auf seinen Wegen durch das von den Religionskriegen verheerte Land begegnen sie vielen kleinen Leuten und einigen der sogenannten Großen: dem jungen Gelehrten und Schriftsteller Martin von Wolkenstein, der für sein Leben gern den Krieg kennenlernen möchte, dem melancholischen Henker Tilman und Pirmin, dem Jongleur, dem sprechenden Esel Origenes, dem exilierten Königspaar Elisabeth und Friedrich von Böhmen, deren Ungeschick den Krieg einst ausgelöst hat, dem Arzt Paul Fleming, der den absonderlichen Plan verfolgt, Gedichte auf Deutsch zu schreiben, und nicht zuletzt dem fanatischen Jesuiten Tesimond und dem Weltweisen Athanasius Kircher, dessen größtes Geheimnis darin besteht, dass er seine aufsehenerregenden Versuchsergebnisse erschwindelt und erfunden hat. Ihre Schicksale verbinden sich zu einem Zeitgewebe, zum Epos vom Dreißigjährigen Krieg. Und um wen sollte es sich entfalten, wenn nicht um Tyll, jenen rätselhaften Gaukler, der eines Tages beschlossen hat, niemals zu sterben.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.04.2020

Von Menschen und Narren

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Geschichten über Till Eulenspiegel kennt man bereits seit dem 14. und 15. Jahrhundert. Mal Dil oder Dyl genannt, mal Ulenspegel oder Ulenspiegel, war nicht nur sein Name über die Zeit allerlei Veränderungen ...

Geschichten über Till Eulenspiegel kennt man bereits seit dem 14. und 15. Jahrhundert. Mal Dil oder Dyl genannt, mal Ulenspegel oder Ulenspiegel, war nicht nur sein Name über die Zeit allerlei Veränderungen unterworfen.

Was um 1510 literarisch unter dem Titel Ein kurtzweilig lesen von Dyl Vlenspiegel begann, greift Daniel Kehlmann über ein halbes Jahrtausend später in seinem Roman Tyll wieder auf. Doch während das erste Kapitel „Schuhe“ thematisch noch an sein historisches Vorbild erinnert, zeugen die weiteren Kapiteln weniger von den Streichen und Scherzen des Gauklers, als von den Geschehnissen um den Dreißigjährigen Krieg und seine Zeit.

Denn der Narr Tyll Ulenspiegel, wie er bei Kehlmann heißt, kann Einblicke in jede Gesellschaftsschicht bieten. Tyll wächst als Sohn eines Müllers auf, der seiner Zeit entrückt scheint. Statt sich mit seiner Arbeit als Müller zu beschäftigen, studiert er lieber die Rätsel der Sonne und des Mondes.

Doch Claus Ulenspiegels Wissensdrang geht weit über solche Fragen hinaus und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Inquisition in Gestalt von Tesimond und Kircher auf ihn aufmerksam wird.

Jahre später macht der Narr Tyll Ulenspiegel Bekanntschaft mit dem Winterkönig, seiner Frau Liz und Gustav Adolf. Es ist nicht die Inquisition, die diese Heimsucht, sondern die Pest und die Schattenseiten des Krieges.

Doch so vielseitig die Einblicke auch sind, die der Narr dem Leser gewährt, so unzuverlässig ist Kehlmanns Erzählstil, die Wirklichkeit zeigt sich selten eindeutig. Zum einen ist die Welt Claus Ulenspiegels im Wissen und Glauben ihrer Zeit verhaftet, fortschrittliche Meinungen kommen bei seiner Anklage zwar zu Wort, finden jedoch kein wohlwollendes Gehör. Auch die Zauber, die Claus Ulenspiegel kennt, bleiben ambivalent, denn wenn diese versagen, findet sich zumeist eine Alternativerklärung dafür, sodass nicht abschließend geklärt werden kann, ob in der Welt Tyll Ulenspiegls Zauber und Magie einen Platz haben; im Aberglauben der Zeit hatten sie ihn jedenfalls.

Auch die letzten Worte und Gedanken des Winterkönigs bleiben in der Schwebe. Denn während der letzten Nachricht, die er seiner Frau Liz zukommen lassen will, fällt ihm das klare Denken nicht mehr leicht.

Daniel Kehlmann gelingt es in seinem Roman Tyll eine geschicktes Netz aus den Gegensätzen der Zeit, zwischen Fortschritt und Aberglaube, Humor und Tod, sowie Wirklichkeit und Schein-Wirklichkeit, zu knüpfen. Doch alle Maschen sind stark und so behält Tyll, obwohl die Geschichten einiger Figuren zu Ende erzählt sind, Abschluss finden und Fragen geklärt werden, doch seine Offenheit.

Selten hat ein Buch so stark dazu eingeladen, sich auf Perspektivwechsel und Ambivalenzen einzulassen. Während die Sprache klar und strukturiert ist und so ein stimmiges Gerüst bildet, sind es die Gedankenwelten der Figuren selten. Und somit lässt Kehlmann dem Leser genug Luft, seine eigenen Gedanken in diese seit Jahrhunderten vergangene Zeit einzubringen. Nur, ob sie auf die richtige Fährte führen, bleibt abzuwarten.

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Veröffentlicht am 04.03.2018

Niemals sterben

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Schon als Kind beschließt Tyll Ulenspiegel, niemals zu sterben. Leicht einzuhalten ist sein Entschluss allerdings nicht. Sein Vater wird als Hexer gehängt und seine Mutter aus dem Dorf verbannt. Tyll flieht ...

Schon als Kind beschließt Tyll Ulenspiegel, niemals zu sterben. Leicht einzuhalten ist sein Entschluss allerdings nicht. Sein Vater wird als Hexer gehängt und seine Mutter aus dem Dorf verbannt. Tyll flieht mit Nele, der Bäckerstochter in die weite Welt. Zunächst schließen sie sich einem Bänkelsänger an und dann dem Gaukler Pirmin, der sich allerdings als schlechter Begleiter erweist. Für eine Weile sind sie am nicht mehr vorhandenen Hof des entmachteten Königs von Böhmen und seiner englischen Gattin, der Königstochter Elizabeth. Und immer laviert sich Tyll durch, mit seinen Künsten und frechen Sprüchen. Und immer haut er im richtigen Moment ab.

Nach der Legende ist Tyll Ulenspiegel um 1300 geboren und ungefähr fünfzig Jahre später doch gestorben. Sein Nachname kann zwar als Zusammensetzung aus Eule und Spiegel gedeutet werden, eine auch sehr treffende Deutung ist jedoch die das ulen so viel wie wischen bedeutet und mit Spiegel das Hinterteil von Reh und Hirsch bezeichnet wird, den Rest kann man sich dann selbst ausdenken.

Diesen Tyl Ulenspiegel, für dessen Existenz es keinen wirklichen Beweis gibt, hat der Autor in die Zeit des dreißigjährigen Krieges versetzt. Und so treibt er seinen Schabernack in rauen Zeiten. Vielen Kindern ist es nicht vergönnt, erwachsen zu werden, auch Tyll ist ein eher schwächlicher Junge. Doch schon früh hat er Interesse am Balancieren und am Geben von Wiederworten. Das zieht sich durch sein Leben und Wirken. Manchmal erweist sich seine Art als hilfreich, manchmal auch eher nicht. Überall lauert Gefahr, der Krieg wütet über das Land. Es herrschen Armut und Hunger und das Land ist entvölkert. Für die Gaukler bleibt da kaum etwas übrig, nicht einmal an dem fahrenden Hof des entmachteten Königs von Böhmen, der auf seinem letzten Bittgang arg gedemütigt wird.

Mit einem Kaleidoskop der Schelmereien des Tyl Ulenspiegel erfreut dieses neueste Werk von Daniel Kehlmann. In den dreißigjährigen Krieg hineingeschrieben nimmt er einen in die Kriegswirren mit und stellt die Härte und die Grausamkeit dieser Zeit ohne Zweifel klar. Deutliche Schilderungen sollten mahnen, dass ein Krieg wahrlich nichts Wünschenswertes ist. Mit großer Fabulierkunst erweckt Kehlmann seinen Tyll zum Leben, von dem dieser dann nicht mehr lassen will. Ein eher spilleriges Kerlchen, das die Weltgeschichte durchwandert, die sich in dem Moment dort abspielt, was man heute als Deutschland bezeichnet. Wie es seinem Namen entsprechen könnte, hält er uns einen Spiegel vor, wie schnell gerät ein ganzer Landstrich zum Spielball der Mächte oder der Mächtigen. Ohne Rücksicht auf Verluste werden Ziele verfolgt, die nicht zwingend als groß bezeichnet werden können. Das Land verödet, die Menschen leiden und wenn sie nicht leiden, sterben sie. Eine Mahnung in leichte und lebendige Worte gekleidet. Ein Buch, das in keinem Regal fehlen sollte.

Veröffentlicht am 09.02.2018

Tyll der Narr

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Als Hauptprotagonist tritt hier der uns bekannte Tyll Ulenspiegel auf,aber hier wurde er Anfang des 17. Jahrhunderts geboren,hinein in die schreckliche Zeit des 30- Jährigen Krieges mit all seinen Gräueltaten, ...

Als Hauptprotagonist tritt hier der uns bekannte Tyll Ulenspiegel auf,aber hier wurde er Anfang des 17. Jahrhunderts geboren,hinein in die schreckliche Zeit des 30- Jährigen Krieges mit all seinen Gräueltaten, verbrannter Erde ,Religionskriegen,Hexenverfolgungen und vielem Schrecklichen mehr.

Auch hier führt Tyll seinem Gegenüber die eigenen Fehler vor. Er hält mit seinen Streichen dem Publikum einen Spiegel vor Augen;zeigt deren Charakterschwächen und Unzulänglichkeiten; Auch in seiner Zeit als Hofnarr den Königen und anderen hochgestellten Persönlichkeiten. Im Buch begegnen wir einfachen Leuten und Adligen,die alle unter den Kriegsereignissen leiden. Es wird sinnlos getötet,Menschen werden verleumdet und verbrannt durch Fanatiker; das Volk verhungert. Eine wirklich harte Zeit durch die uns Kehlmann mit Tyll hier führt. Aber auch der traurige,besinnliche,intelligente Tyll wird hier gezeigt.

Der uns bekannte Till Eulenspiegel mit seinen Schelmengeschichten soll aber angeblich schon im 14 Jahrhundert gelebt haben (wenn überhaupt) . Da hätte ich mir doch von Daniel Kehlmann ein Vorwort oder Nachwort mit Erklärungen dazu sehr gewünscht.Da findet der Leser in dem Buch gar nichts zu.Wirklich schade,das fehlt mir doch sehr in dem ansonsten hervorragend geschriebenen Buch.

Veröffentlicht am 17.09.2024

Till Eulenspiegel im Dreißigjährigen Krieg

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Der Dreißigjährige Krieg hält Europa in Atem, als der Vater des jungen Tyll Ulenspiegel wegen Hexerei verurteilt wird.
Gemeinsam mit einer Freundin aus dem Dorf flieht Tyll von zu Hause. Sie schließen ...

Der Dreißigjährige Krieg hält Europa in Atem, als der Vater des jungen Tyll Ulenspiegel wegen Hexerei verurteilt wird.
Gemeinsam mit einer Freundin aus dem Dorf flieht Tyll von zu Hause. Sie schließen sich einem Gaukler an, um dessen Künste zu erlernen.
Und trotz Hunger, Schnee und Armut gelingt es Tyll, sich in ganz Deutschland einen Namen zu machen.

Unschwer erkennbar hat sich Daniel Kehlmann für seinen Protagonisten den bekannten Schelm Till Eulenspiegel zum Vorbild genommen und ihn etwa zweihundert Jahre in die Zukunft versetzt, mitten in den Dreißigjährigen Krieg.
Dieser Krieg ist auch das eigentliche Thema des Buches. Tyll ist dabei zwar Dreh- und Angelpunkt, aber mitnichten der einzige Protagonist. Die Handlung erfahren wir aus verschiedenen Perspektiven und so entsteht ein ziemlich ganzheitliches Bild des Krieges.
Der Erzählton ist dabei manchmal rau, manchmal zart, manchmal spöttisch und manchmal klug; was ihn eint, ist die Tatsache, dass der Text auf knapp 500 Seiten wirklich gut und flüssig lesbar ist und die Worte Kehlmann leicht von der Hand gegangen zu sein scheinen.
Ich persönlich hätte mir ein bisschen mehr Tyll und ein bisschen weniger Politik gewünscht, aber das ist ja Geschmackssache. Der Roman ist allen Leser*innen von Historien und Neuerzählungen zu empfehlen. ⭐️4/5⭐️

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Veröffentlicht am 03.04.2018

Philosophisch geschriebener, gesellschaftskritischer Roman

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Daniel Kehlmann hat in seinem Roman „Tyll“ der im 16. Jahrhundert geschaffenen Figur des Dil Ulenspiegel, die durch seine Schelmengeschichten bekannt ist, einen neuen Handlungsrahmen gegeben. Seine Erzählungen ...

Daniel Kehlmann hat in seinem Roman „Tyll“ der im 16. Jahrhundert geschaffenen Figur des Dil Ulenspiegel, die durch seine Schelmengeschichten bekannt ist, einen neuen Handlungsrahmen gegeben. Seine Erzählungen hat er hundert Jahre später angesiedelt, der Hauptteil spielt im 30-jährigen Krieg. Tyll wird als Sohn eines Müllers geboren und wächst dort am Rand des kleinen Dorfes als einziges Kind seiner Eltern heran. Zart, feinsinnig und geschickt ist er. Sein Vater ist des Lesens mächtig, schaut hinter die Bedeutung von Alltagsgegenständen und hinterfragt diese. Sein Verhalten ist auffällig, so dass er in die Hände der Inquisition gelangt. Am Tag seiner Hinrichtung läuft Tyll davon und beginnt ein Leben als freier Mann mit all seinen Vor- und Nachteilen auf die der Autor hinweist.

Hätte ich nun nach den ersten beiden Kapiteln eine weitere Beschreibung der Eulenspiegeleien erwartet, so überraschte der Autor mich damit, dass er im Folgenden seinen Blick mehr auf die Machthabenden der damaligen Zeit wirft. In Szenen, die nicht chronologisch geordnet sind, zeichnet er das Bild der Gesellschaft der damaligen Zeit, die gebunden ist an viele undurchschaubare, manchmal unlogische Gesetze. Jeder Beruf ist mit Pflichten und Rechten streng belegt. Unterschiede in den Rängen sind schwer zu überbrücken, Rollen müssen eingehalten werden, Ehen dienen dem Zweck. Alles Unverständliche wird mit überirdischer Macht und Mysterien beschrieben. Wer Macht erlangt versucht diese durch blutige Kämpfe zu sichern, die Unterlegenen haben zu folgen.

Tyll wird zur Randfigur und dient lediglich zum Zusammenhalt der einzelnen Episoden. Er setzt jedoch deutliche Akzente durch seine Kunst durch eigene Ausdrucksformen die Wahrheit ans Licht zu bringen und den Menschen wie in einem Spiegel ihr eigenes Verhalten vorzuführen. Daniel Kehlmann übernimmt in seinem Roman die Rolle des Tyll, der mir als Leser in zahlreichen Schilderungen die verschrobene Denkweise ad absurdum vor Augen führt. Auf seine philosophische Weise lässt er die Mächtigen sich mit ihrer Welt auseinandersetzen bei denen es manchmal so scheint, dass das Verständnis dazu noch zu groß für das 17. Jahrhundert ist. Leider sind einige Ansichten bis heute aktuell. Der Schalk des Tyll der ursprünglichen Geschichten bleibt dabei zurück, der Wahnsinn des Kriegs tritt in den Vordergrund. Wer philosophisch geschriebene, gesellschaftskritische Romane mag, ist bei diesem Buch von Daniel Kehlmann richtig.