Einfühlsam, nachvollziehbar und amüsant
Gemischte Gefühle„Gemischte Gefühle“ von Katherine Heiny beschreibt das Familienleben des New Yorkers Graham, 56 Jahre alt. Er ist in zweiter Ehe mit der 15 Jahre jüngeren Audra verheiratet. Beide haben einen 10-jährigen ...
„Gemischte Gefühle“ von Katherine Heiny beschreibt das Familienleben des New Yorkers Graham, 56 Jahre alt. Er ist in zweiter Ehe mit der 15 Jahre jüngeren Audra verheiratet. Beide haben einen 10-jährigen Sohn der Matthew heißt und mit großer Wahrscheinlichkeit das Asperger-Syndrom hat. Graham denkt häufiger darüber nach, warum er welche Entscheidung im Leben getroffen hat. Gemischte Gefühle stellen sich bei ihm ein, wenn seine Gedanken in Richtung Ehe schweifen oder er sich eine selbstbestimmte Zukunft für Matthew vorstellt.
Nach einem Beginn in der medizinischen Forschung arbeitet Graham schon seit Jahren bei einem Arzneimittelunternehmen. Sein Job lässt ihm genügend Zeit dazu, abends und an den Wochenenden für die Familie zu kochen. Audra geht ihrem Beruf als Graphikdesignerin in Teilzeit nach. Der gemeinsame Sohn und dessen Entwicklung liegen ihnen beiden am Herzen. Aber häufig bleibt die Familie nicht unter sich, sondern bewirtet und beherbergt Übernachtungsgäste, die auch mal tage- und wochenlang bleiben. Hierzu gehören beispielsweise eine Bekannte, die von ihrem Ehemann betrogen wird, aber davon noch nichts weiß und der Portier der Wohnanlage, dessen Mutter seine Wohnung benutzt weil sie selber Gäste zu Hause beherbergt. Audra sieht die Unterbringung und Bewirtung der Gäste allein schon von ihrem Wesen her als selbstverständlich an, Graham fügt sich gerne ihren Wünschen. Dadurch kommt es immer wieder zu Überraschungen und Wendungen im Alltag der drei.
So alltäglich wie das Leben für Graham sein kann, so kompliziert erscheint es ihm immer wieder. Während er sich manchmal über die direkte und ungehemmte Ansprache von Fremden durch seine Frau wundert und sie nicht immer für angebracht hält, schätzt er Audra gleichzeitig für ihr unkompliziertes Auftreten mit dem sie oft ihr Ziel erreicht. Sie versucht allen gerecht zu werden und jedem ein positives Lebensgefühl zu vermitteln. Dieser Wesenszug machte mir Audra sympathisch. So ganz hat Graham das Aus seiner ersten Ehe nie verwunden. Er gibt sich eine Mitschuld daran. Seiner Frau und seinem Sohn bringt er nicht nur Liebe entgegen, sondern respektiert auch deren Eigenheiten. Das Miteinander der Familie strahlt auch nach außen und wird reflektiert durch ein Netz von Freunden und deren Hilfsbereitschaft in schwierigen Situationen.
Aus Grahams Gefühlschaos ergeben sich immer wieder amüsante Situationen. Katherine Heiny schreibt mit leichter Hand und sehr einfühlsam. Ihre Beschreibungen sind ehrlich und nachvollziehbar. „Gemischte Gefühle“ vermittelte mir als Leser, dass jeder auf seine Art und Weise eigen und liebenswert ist. Wer sich auf darauf einlässt, wird mit neuen Eindrücken und Erfahrungen belohnt. Gerne vergebe ich hierfür eine Leseempfehlung.