Profilbild von Archer

Archer

Lesejury Star
offline

Archer ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Archer über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.04.2018

Mir ist was Komisches passiert

Die Herrenausstatterin
0

Wenn man zum Zahnarzt geht, erwartet man nicht, dass etwas Aufregendes passiert. Oder Außergewöhnliches, es sei denn, man sieht das Behandeln der Zähne als solches. Doch Katja passiert etwas - oder jemand. ...

Wenn man zum Zahnarzt geht, erwartet man nicht, dass etwas Aufregendes passiert. Oder Außergewöhnliches, es sei denn, man sieht das Behandeln der Zähne als solches. Doch Katja passiert etwas - oder jemand. Der Zahnarzt, Jakob. Denn sie verlieben sich, heiraten, ziehen zusammen. (In der Reihenfolge.) Ein normales Leben - er Zahnarzt, sie Übersetzerin, doch dann ist er weg. Jakob. Erst geistig, dann passiert ihm was Komisches, er wird überfahren. Natürlich kommt er nicht als Geist zurück, das macht Doktor Blank. Und weil Doktor Blank nur von Katja gesehen wird, klingelt eines Tages ein Feuerwehrmann.

Auch zwei Tage nach Beenden des Buches weiß ich eigentlich nicht genau, was mir Leky mit der Geschichte sagen möchte. Aber obwohl dieses Buch weit vor dem Okapi geschrieben wurde, ist hier schon die großartige Erzählweise der Autorin zu erkennen. Sie berichtet von völlig absurden Sachen in einer Art Poesie, die Groteskes mit bitterem Leid verknüpft und im nächsten Moment voller Überraschung auflachen lässt. Die Meisterin banaler Genialität hat es ein weiteres Mal geschafft, mir ein kurzweiliges Lesevergnügen in einem mir fremden Genre zu bereiten.

Veröffentlicht am 05.04.2018

Dryaden und Elfenblut

Stella Montgomery und die bedauerliche Verwandlung des Mr Filbert
0

Stella Montgomery kennt ihre Eltern nicht und lebt, seit sie denken kann, bei ihren drei Tanten, die alles andere als fürsorglich oder gar wohlwollend sind. Meistens auf sich allein gestellt, durchstreift ...

Stella Montgomery kennt ihre Eltern nicht und lebt, seit sie denken kann, bei ihren drei Tanten, die alles andere als fürsorglich oder gar wohlwollend sind. Meistens auf sich allein gestellt, durchstreift sie das Hotel in dem englischen Badeort, in welchem sie leben und bereist lesend mithilfe eines Atlas' die Welt. Versteckt hinter hohen Pflanzen im Wintergarten des Hotels, bemerkt sie eines Tages, dass der uralte Mister Filbert etwas in einem Pflanzentopf versteckt. Neugierig holt sie das winzige Päckchen hervor - nicht ahnend, dass sie damit die Aufmerksamkeit eines teuflischen Professors und seiner kriminellen Spießgesellen auf sich zieht. Der Professor geht für das, was er will, über Leichen und so gerät Stella in das Abenteuer ihres Lebens (und Überlebens), bei dem die sonderbare Verwandlung des Mister Filbert noch eines der harmloseren Dinge ist, die passieren.

Man befindet sich sofort mit Stella in diesem Wintergarten, in diesem Hotel, wird von ihren furchtbaren Tanten abgekanzelt, von der Zofe der Tanten in einer Tour herumgezerrt und verbal angegriffen. Kein schönes Leben für ein kleines Mädchen, kein Wunder, dass sie versucht, sich Freiräume zu schaffen. Der Schreibstil entwickelt einen altmodischen Charme und gepaart mit den Beschreibungen des englischen Küstenorts in (vermutlich) den Zwanzigern des letzten Jahrhunderts und Zeichnungen, die einige Szenen gekonnt wiedergeben, ist das ein nahezu perfektes Kinderabenteuer. Warum es nicht die volle Punktzahl erreicht? Mir war es ein bisschen zu viel Run & Hide und zu wenig der erwarteten Magie, auch der Showdown verpuffte zu schnell meiner Meinung nach. Trotzdem ist das eine Reihe, von der ich hoffe, dass sie fortgesetzt wird, zumal hier Wert auf Zusammenhalt von Kindern gelegt wird ohne erhobenen Zeigefinger und keiner der sympathischen Protagonisten in irgendeiner Form Superheldenfähigkeiten besitzt. Vielversprechend!

Veröffentlicht am 03.04.2018

Axeman's Jazz

Höllenjazz in New Orleans
0

New Orleans, 1919. Ein Serienkiller geht in der Stadt um, und fast in der Tradition des berüchtigten Jack the Rippers schreibt der "Axeman" Briefe an die Zeitungen. Drei verschiedene Parteien versuchen, ...

New Orleans, 1919. Ein Serienkiller geht in der Stadt um, und fast in der Tradition des berüchtigten Jack the Rippers schreibt der "Axeman" Briefe an die Zeitungen. Drei verschiedene Parteien versuchen, ihn zu finden: der Ermittler Michael Talbot, der in seinem eigenen Revier zum Abschuss freigegeben ist, weil er als Nestbeschmutzer gilt, seit er gegen den beliebten Ex-Bullen Luca d'Andrea ausgesagt hat, der dafür fünf Jahre im Knast verschwand. Jetzt ist Luca wieder draußen und bekommt vom Mafiapaten den Auftrag, den Axeman zu stellen. Und dann ist da noch Ida, eine junge Frau, die als Mädchen für alles in der Pinkerton-Abteilung von NO arbeitet, die aus genau ihr und ihrem Chef besteht. Wer ist der Mörder? Welche Motive treiben ihn an? Der Regen wütet überLouisiana, die Volksseele kocht und tanzt und niemand ist mehr sicher.

Historische Krimis, die auch noch auf wahren Fällen beruhen, finde ich von Natur aus spannend. Allerdings fand ich die erste Hälfte des Buches ein wenig zäh, obwohl (oder gerade weil?) es verschiedene Perspektiven gab, aus denen erzählt wurde. Gut getroffen fand ich die Zeit, die geprägt war durch die Schwarze Hand (Mafia) und dem noch immer schwelenden Rassenhass. Ab der zweiten Hälfte ging es ein bisschen flotter zur Sache und man konnte erkennen, dass es eigentlich keine Pro- oder Antagonisten mehr gab; auf Dauer waren fast alle korrumpiert und brutal, und die Leute starben wie die Fliegen. Ein wenig unklar war mir zum Schluss die Motivation von Luca; sehr interessant hingegen ist die Spielerei des Autors mit der Tatsache, dass alle drei Ermittlungen in verschiedene Richtungen gingen, aber trotzdem alle die Lösung fanden. Es war also schon eine interessante Lektüre, die durchaus fesselnder hätte sein können, wenn sich Autor und/oder Lektor für etwas mehr Straffung entschieden hätten.

Veröffentlicht am 30.03.2018

Magpie Murders

Die Morde von Pye Hall
0

Atticus Pünd ist einer der berühmtesten Detektive Englands - zumindest in der Literatur. Der Bestsellerautor Alan Conway liefert seinen achten und letzten Roman mit dem deutsch-griechischen Meisterdedektiv ...

Atticus Pünd ist einer der berühmtesten Detektive Englands - zumindest in der Literatur. Der Bestsellerautor Alan Conway liefert seinen achten und letzten Roman mit dem deutsch-griechischen Meisterdedektiv ab, und Susan Ryeland, seine Lektorin, freut sich darauf. Doch nicht lange - ausgerechnet das Schlusskapitel, in welchem Atticus normalerweise alle Verdächtigen versammelt und den Mörder benennt, fehlt. Damit nicht genug, erreicht am darauffolgenden Montag den Verlag ein Brief, der verdächtig nach Suizid klingt. Und wirklich, Alan Conway ist tot. Susan kann weder den einen Tod noch das unvollständige Ende auf sich beruhen lassen, ganz im Stile Atticus' nimmt sie Ermittlungen auf.

Ein Krimi in einem Krimi, keine schlechte Idee. Auch die Umsetzung war zum größten Teil spannend, wobei mir der zweite Teil "in der Realität" um ein Stück besser gefallen hat. Zu gemächlich war mir die Geschichte um Atticus gestrickt, nicht so sehr, dass ich mich gelangweilt habe, aber, und wahrscheinlich mit Absicht, so konzipiert, dass ich ständig das Gefühl hatte: alles schon mal gesehen und gelesen. Mir fehlte zwischendurch der Sog, unbedingt weiterlesen zu müssen, spannender kam mir der zweite Teil mit Susans Ermittlungen vor, als sich herausstellte, was alles aus dem Buch des Autors mit seinem realen Leben übereinstimmte und als beide Fälle zu einem Abschluss gebracht wurden. Dabei wiederum fand ich Atticus' Lösung ein wenig stimmiger als den des "true crimes".

Veröffentlicht am 24.03.2018

Hautgier

Palace of Glass - Die Wächterin
0

Rea lebt in einem London der Zukunft, doch die Umgangsformen sind steifer als zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Berührungen sind strengstens verboten, lediglich Ehepaare dürfen, und auch dann nur im Sinne ...

Rea lebt in einem London der Zukunft, doch die Umgangsformen sind steifer als zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Berührungen sind strengstens verboten, lediglich Ehepaare dürfen, und auch dann nur im Sinne der Fortpflanzung. Diese Gesetze wurden geschaffen, um zu verhindern, dass magisch begabte Menschen, sogenannte Magdalenen, in den Geist eines anderen eindringen und ihn manipulieren können. Rea ist eine dieser Magdalenen, was niemand erfahren darf, denn dann ist ihr Leben nichts mehr wert. Sie nutzt ihre Gabe, um in illegalen Kämpfen ihre überlegenen Gegner auszuschalten - doch genau das wird ihr zum Verhängnis. Eines Tages steht der Geheimdienst vor ihrer Tür und sie wird gezwungen, die Leibwächterin des Kronprinzen zu werden. Plötzlich wird sie in Intrigen, Verrat und Lebensgefahr gebracht, denn nicht nur eine unterschwellige Rebellion, die das Leben des Prinzen bedroht, sondern auch ihr Geheimnis kann tödlich für sie ausgehen.

Die Idee und auch die Umsetzung ist schon mal richtig krass gut. Ich mochte dieses moderne England, in welchem ein Königshaus herrscht und Sitten aus einer Zeit vor 200 Jahren. Es war auch spannend und interessant geschrieben, sodass ich erfahren möchte, wie es in den nächsten Bänden weitergeht. Einige Sachen waren für mich nicht richtig stimmig; ohne spoilern zu wollen kann ich damit nur auf die Liebe zwischen Rea und dem Prinzen eingehen und das Verhalten einiger Personen. Vielleicht klärt sich da noch einiges in den Folgebüchern, doch falls nicht, ergibt nicht alles einen richtigen Sinn für mich. Wie gesagt, man muss abwarten, das Lesen hat auf jeden Fall schon mal Spaß gemacht.