Cover-Bild Hinterhofleben
15,90
inkl. MwSt
  • Verlag: BlueCat Publishing GbR
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 300
  • Ersterscheinung: 27.11.2017
  • ISBN: 9783863270469
Maik Siegel

Hinterhofleben

Was passiert mit einer Hausgemeinschaft, wenn auf einmal statt Mülltrennung Weltpolitik diskutiert wird?
Die Linde im Hinterhof grünt gerade erst, als die Bewohner der Nummer 68 im Prenzlauer Berg entscheiden, dem syrischen Kriegsflüchtling Samih Unterschlupf zu bieten.

Doch mit der Zeit spaltet sich die Hausgemeinschaft in hilfsbereite und um die eigene Sicherheit besorgte Menschen, deren Zentrum die Linde im Hof bildet und als Inbegriff des deutschen Raumes gilt.
Im Hinterhof erlebt sie als stumme Zeugin, das Verhalten und die Gedanken der 68er gegenüber ihrem neuen Nachbarn Samih. Die neuesten Entwicklungen, die er mit sich bringt und die gemeinsamen Entscheidungen der sehr heterogenen Hausgemeinschaft werden im Hinterhof ausgetragen. Bis das letzte Blatt der Linde im Herbst gefallen ist, werden die Bewohner einiges über sich und ihre wahren Absichten offenbart haben.

Maik Siegel hat mit „Hinterhofleben“ ein Buch geschaffen, das ein Gesellschaftsroman im klassischen Sinne ist und aktuelle und gerade hoch brisante Themen behandelt, ohne dabei den Humor zu verlieren. Von den Kriegszuständen in Syrien, den Flüchtlingsströmen zu Land und zu Wasser, der deutschen Willkommenskultur, Homosexualität, Gewalt in Computerspielen, der europäischen Kolonialisierungsgeschichte, kindlicher Abenteuerlust und dem Helfer-Syndrom wird mal mit Ernsthaftigkeit, mal mit Witz und Sarkasmus erzählt. Dabei gibt die Komplexität der Charaktere den gängigen Argumenten in der Flüchtlingsdebatte ein Gesicht, das jenseits von Schwarz- und Weißmalerei liegt.

Inspiriert von klassischen und zeitlosen Werken wie Gerhart Hauptmanns „Die Ratten“ und Ödön von Horvaths „Geschichten aus dem Wiener Wald“ ergibt sich eine spannende und dicht erzählte Geschichte, die ihren Realitätsanspruch durch die detailgetreue Wiedergabe des Prenzlauer Bergs erhebt.

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Lesejury-Facts

  • Dieses Buch befindet sich bei JulianeG in einem Regal.
  • JulianeG hat dieses Buch gelesen.

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.01.2018

Die 68er als Spiegel unserer Gesellschaft

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Cover und Gestaltung
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Das Cover wirkt schlicht, passt aber gut zum Titel: Der Hinterhof eines städtischen Hochhauses mit dem Blick von unten nach oben. Der Blick durch ...

Cover und Gestaltung
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Das Cover wirkt schlicht, passt aber gut zum Titel: Der Hinterhof eines städtischen Hochhauses mit dem Blick von unten nach oben. Der Blick durch die Fenster sowohl in den Hof als auch vom Hof auf die Fassade spielt im Roman eine immer wieder kehrende Rolle. Als Klappenbroschur gehört dieses Taschenbuch zu der stabileren, hochwertigen Sorte.

Inhalt
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Ort des Geschehens ist ein 8-Parteien-Hochhaus an einer Hauptstraße am Prenzlauer Berg mit der Hausnummer 68. Hier wohnen "Die 68er", die einen guten Querschnitt der etwas gehobenen Gesellschaft symbolisieren: die Helikoptereltern, das Rentnerehepaar mit Spitzelambitionen, der verkannte, knöternde Dichter, ein jüdischer Homosexueller, eine ausländische Familie, eine Ärztin, die dort praktiziert, 2 typische Studentinnen und das junge, sozial eingestellte Ehepaar Inga und Jan. Als Inga beschließt, einen syrischen Flüchtling illegal aufzunehmen, verändert dies die Hausgemeinschaft und ihr Leben für immer.

Mein Eindruck
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"Die Linde gilt vielen als deutscher Baum.[...] Doch wäre es ein Irrtum, sie deutsch zu nennen. Sie ist ein Weltbaum: Von China über Iran bis hin zu den Vereinigten Staaten ist sie in zahlreichen Ländern verbreitet.[...]Sie existiert nicht, die deutsche Linde. Trotzdem glauben viele fest daran, dass es sie gibt. Inmitten eines Berliner Hinterhofes grub eine Linde seit Jahrzehnten ihre Wurzeln tief ins Erdreich. Ein kaiserlicher Beamter hatte sie dort irrtümlich statt einer Buche einpflanzen lassen. Als der Fehler auffiel, saß der Baum bereits in der Erde und man beschloss, ihn dort seinem Schicksal zu überlassen [...]." (S. 7f.)
"Unbeeindruckt von all dem menschlichen Treiben harrte die Linde inmitten des Berliner Lebens aus, eine unerkannte Fremde, gezüchtet in einer Baumsiedlung nahe Bratislava als eine Kreuzung von Sommer- und Winterlinde. Sie wuchs als Bastard auf fremdem Boden, aber weil dies keiner der Bewohner des Hauses ahnte, störte sich auch niemand daran." (S. 9)"

Diese Linde spielt eine zentrale Rolle in dem Roman: sie erlebt das Leben im Hinterhof mit und ihre Veränderungen sind ein Spiegel der jeweils aktuellen Stimmung bei den 68ern. Die Linde als Symbol eines Einwanderers begleitet das Geschehen auf poetische Weise mit und ist ein Grund, warum ich den Roman als wahres Leseerlebnis bezeichnen würde.

Am Anfang des Buches ist eine Skizze des Hauses, in der man sehen kann, wer wo wohnt. Das ist am Anfang zur Orientierung und für die Einführung der vielen Personen hilfreich, später brauchte ich sie aber nicht mehr; ich hatte die 68er schnell verinnerlicht.

Der Stil des Autors ist einfach wunderbar. Er schafft es, auf treffende Weise – mal poetisch, mal sarkastisch - der Gesellschaft mit dieser Geschichte den Spiegel vorzuhalten. Anfangs sind alle enthusiastisch, wollen helfen, solange es ihr bürgerliches gutes Leben nicht beeinträchtigt. Doch langsam bröckeln die Fassaden, unterschwellige Konflikte kommen zutage, Lügen werden verbreitet, Vorurteile vertieft, Ängste geschürt und das alles auf Kosten des Flüchtlings Samih. Letztendlich wird er nur noch herumgeschubst und geht nicht um sein Wohl, sondern nur noch darum, wer am Ende von den Hausbewohnern besser dasteht und wer schuld an etwas ist oder nicht. Die Geschichte zu verfolgen ist mindestens so spannend wie ein Krimi. Die Charaktere sind Leute, die man aus dem wahren Leben kennt, weil es einfach bestimmte Typen darstellen, die in der Gesellschaft immer wieder vorkommen. Interessant ist, dass ein und dieselbe Handlung oft mehrfach beschrieben wird, jeweils aus der Perspektive eines anderen Bewohners. Durch die Darstellung der verschiedenen Sichtweisen kann man sich gut jede Person und ihre Haltung vorstellen. Manchmal fragt man sich, ob man nicht auch manchmal solche Gedankengänge hat und wie man selbst wohl gehandelt hätte. Diese Art von "Unterschwellige Geschichte" ist genau der Grund, warum mich das Buch so gepackt hat. Es deckt schonungslos und doch mit einer Prise Humor die Gedanken auf, die den unterschiedlichen Personen kommen, die aber Angst haben, sie auszusprechen. Hier werden sie einfach mal mit in in die Geschichte rein gepackt, so wie sie tatsächlich sein könnten.

"Ich rede davon, dass du jegliches Maß verloren hast. Und du bist nicht die Einzige. Die Menschen in Deutschland offenbaren gerade angesichts der Flüchtlinge, dass ihnen jeder vernünftige Gedanke abhanden gekommen ist. [...]Zwei Seiten bekriegen sich auf dem Rücken der Flüchtlinge und das Einzige, was in diesen Diskussionen zählt, ist, mit Beleidigungen die moralische Oberhand zu behalten. Kein Abwägen, keine neutrale Betrachtung der Situation. Schwarz und Weiß mehr gibt es nicht. Ein 'Aber', einst Ausdruck des denkenden Menschen, ist nicht mehr salonfähig. Wer 'aber' sagt, ist automatisch ein Nazi, egal welche Argumente er aufbringt. Niemand ist mehr fähig, rational über dieses Thema zu diskutieren." (Jan zu Inga auf S. 211f.)

Die Entwicklung der einzelnen Personen ist hier auch sehr spannend zu beobachten, einige zum negativen, andere wiederum überraschen mit positiven Veränderungen. Während sich die Handlung schließlich auf dramatische Weise zuspitzt und das Verhalten der Erwachsenen an kindische Streitereien erinnert, ist ausgerechnet ein Kind fast allein als wirklich vernünftig handelnde Person tätig: Er heißt Tumaini (Suaheli für "Hoffnung") und er ist der Einzige, der unvoreingenommen an Samih herantritt und dessen Bedürfnisse erkennt. Tumaini setzt den Rat des Schriftstellers um:

"Hör den Menschen zu. Den einen wirst du zustimmen, den anderen nicht. Anschließend kannst du selbst nachdenken und deine eigene Meinung formen. Aber vergiss nie zuzuhören." (S.229).

Wahre Worte, die wir alle öfter beherzigen sollten!

Neben dem Geschehen Haus lernt man nebenbei als Leser auch einige Fakten über die allgemeine Flüchtlingslage, die geschickt in die Ereignisse eingeflochten werden. Das gefiel mir sehr gut.

Am Ende war ich sehr erschüttert und musste alles erst mal sacken lassen. Das Buch wird sicher noch lange in mir nachhallen und ich werde es sicherlich noch mehrfach in die Hand nehmen und darin herum blättern. Es steht so viel zwischen den Zeilen, dass man es nicht alles beim ersten Mal verarbeiten kann. Und wenn man die Handlung kennt, kann man das Buch m. E. auch einfach mal in der Mitte aufschlagen und sich irgendeine Stelle genauer vornehmen, denn es gibt viele schöne und wahre Worte, die man sich als Zitate merken sollte, die an dieser Stelle aber den Rahmen sprengen würden.

Fazit
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Ein großartiges Buch über das aktuelle Thema Flüchtlinge und Integration, poetisch, sarkastisch und dramatisch zugleich – Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 20.12.2017

Nachbarschaft

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Diese brisante, spannende und emotionsgeladene Geschichte könnte sich überall in Deutschland so oder ähnlich abgespielt haben. Sie hält der Gesellschaft einen Spiegel vor, in dem sich die Gesichter derer, ...

Diese brisante, spannende und emotionsgeladene Geschichte könnte sich überall in Deutschland so oder ähnlich abgespielt haben. Sie hält der Gesellschaft einen Spiegel vor, in dem sich die Gesichter derer, die hineinschauen, oft enorm schnell ändern ,leider oft auch zur häßlichen Fratze im Handumdrehen werden.
Klug und mit sehr guter Beobachtungsgabe erzählt der junge Autor über das Leben eines syrischen Flüchtlings inmitten der deutschen Großstadt.
Ein echt lesens- und beachtenswertes Buch.

Veröffentlicht am 21.01.2018

Der Autor hält dem Leser den Spiegel vor und zeigt, was beim Thema „Flüchtlinge“ in Deutschland alles schief läuft.

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Im Rahmen meiner „Lesen außerhalb der Komfortzone“ Aktion habe ich mich mal wieder aus meiner bequemen literarischen Reichweite begeben, und zwar mit Maik Siegels Gesellschaftsroman„Hinterhofleben“. Normalerweise ...

Im Rahmen meiner „Lesen außerhalb der Komfortzone“ Aktion habe ich mich mal wieder aus meiner bequemen literarischen Reichweite begeben, und zwar mit Maik Siegels Gesellschaftsroman„Hinterhofleben“. Normalerweise versuche ich, beim Lesen wenigstens eine gewisse Distanz zu politischen Themen zu wahren, dabei sind gerade diese Themen doch besonders wichtig. In Siegels Roman geht es also um ein Paar, das einen syrischen Flüchtling Unterkunft bieten möchte. So weit, so gut, doch hat jeder der 14 (sofern ich mich nicht verzählt habe) Bewohner der Nummer 68 da auch ein Wörtchen mitzureden. Während die einen für die Aufnahme Samihs sind, sind die anderen dagegen, und als der Syrer dann nach einem demokratischen Entscheid in Inga und Jans Wohnung landet, entspinnen sich Intrigen und Verschwörungen zwischen den Mietern, die Gerüchteküche brodelt, und mittendrin steht Samih, der sich nichts zu schulden kommen lässt, aber trotzdem „auffällig schweigsam“ oder „verdächtig“ scheint – zumindest für einige der Anwohner. Was ist ihm widerfahren? Und was ist seine Geschichte? Ist er wirklich ein Alawit und hat Menschen auf dem Gewissen? Oder ist alles doch ganz anders, als die Bewohner der 68 sich zusammengespinnt haben?

Maik Siegel bringt mit „Hinterhofleben“ ein sehr wichtiges Thema in unseren Aufmerksamkeitsbereich. Denn oft werden die Augen vor Themen wie der Flüchtlingskrise verschlossen, Gerüchte verbreiten sich, Vorurteile entstehen. Dass dies nicht die optimale Entwicklung ist, sollte klar sein. Siegel zeichnet seine Charaktere deshalb so, dass der Leser innerhalb des Mikrokosmus der Nummer 68 möglichst diverse Meinungen und Ansichten erfahren kann. Sei es nun die kritische Ute, die gern alle möglichen (vor allem negativen) Gerüchte im Haus herumtratscht, damit jeder bloß Bescheid weiß, „wen er sich da ins Haus geholt hat“, oder aber Inga, deren Idee es ja war, Samih eine Unterkunft zu bieten, die sich aber ärgert, weil die anderen Bewohner ihn nicht so aufnehmen, wie sie es sich gewünscht hätte. Und weil Samih nicht ihren Erwartungen – welche Erwartungen darf man denn an einen Flüchtling haben? – entspricht: Samih ist nicht dürr, struppig und gezeichnet genug, erscheint ihr gar wie ein normaler Mensch; er blüht auch nicht, wie erhofft, unter ihrer Fürsorge auf. Inga will Samih helfen, aber sie möchte für ihre selbstlose Tat anerkannt werden, laut Freund Sven am liebsten einen „Preis bekommen“. Die Aufnahme Samihs erscheint mehr und mehr ihrem Schuldbewusstsein geschuldet, ihrem Wunsch nach Anerkennung und Lob, und nicht der Selbstlosigkeit, die sie vorgibt.

Flüchtlinge ja, aber nicht, wenn sie das gemütlich bürgerliche Leben beeinträchtigten.

Samih gegenüber negativ eingestellt erscheint auch Miesepeter und Grummel Ott, der Samih sogar einen deutschen Namen (Erwin) erteilt. Während Sven, Anne, und die beiden Studentinnen Julia und Nikola anfangs die Aufnahme Samihs begrüßen, hält Ott sich aus der Diskussion heraus, streut aber selbst Gerüchte über den Syrer oder lässt ihn Schweinefleisch essen. Jedoch erscheint Ute als einzigste der Beherbergung Samihs am Ende völlig abgeneigt, befürchtet sie doch, dass dieser letzten Endes nutzlos und ohne Beschäftigung gelangweilt im Hof herumsitzen und vermutlich anfangen würde, Drogen zu verkaufen und im Müll nach Pfandflaschen zu wühlen.

Und während der kleine Tumaini, Sohn der afrikanischen Familie im Haus, nachforscht, was es denn mit diesen Flüchtlingen überhaupt auf sich hat und wieso diese ihr Land verlassen müssen, erkennt der Leser nach und nach erkennt, wer aus der Nummer 68 sich wirklich um Samih sorgt und ihn nicht nur aus Schuldgefühlen oder „weil man das gerade so macht“ aufnimmt; sich seine Geschichte anhört; mitfühlt.

Die vollständige Rezension findet ihr auf meinem Blog: https://killmonotony.de

Veröffentlicht am 04.04.2018

Perfekte Schullektüre

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Mit der heutigen Rezension schlage ich mal ein paar ernste Töne an, denn heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, dass sich mit einem eben solchen ernsten Thema befasst. Herzlich Willkommen in einem ...

Mit der heutigen Rezension schlage ich mal ein paar ernste Töne an, denn heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, dass sich mit einem eben solchen ernsten Thema befasst. Herzlich Willkommen in einem ganz normalen Berliner Hinterhof, für den die Flüchtlingsproblematik plötzlich eine ganz persönliche Note bekommt.

Da mir das Buch mit der Bedingung einer Rezension zur Verfügung gestellt wurde, weise ich hier mal darauf hin, dass der Artikel Spuren von Werbung enthalten könnte.

Vorab möchte ich sagen, dass ich mit dieser Rezension keine politische Diskussion lostreten möchte und dass ich meine Meinung zu diesem Thema hier auch nicht kundtun werde. Es geht allein um die Besprechung des Buches.

Im Prenzlauer Berg ist die Welt noch in Ordnung. Die Hausgemeinschaft lebt weitestgehend friedlich mit einander und jeder nimmt auf jeden Rücksicht. Bis Inga und Jan den anderen Bewohnern mitteilen, dass sie einen illegalen Flüchtling aus Syrien bei sich aufnehmen werden. Plötzlich prallen politische Meinungen, Stammtischweisheiten und ein traumatisierter Kriegsflüchtling aufeinander und nicht jeder ist von dem Neuankömmling und den Herausforderungen, die er mit sich bringt, begeistert.

Gut gefallen hat mir die differenzierte Betrachtungsweise des Autoren. Er wertet nicht, welcher Standpunkt der Hausbewohner gut oder schlecht, richtig oder falsch ist und drückt dem Leser keinen Stempel auf. Kurzum, das Buch ist nicht dafür gemacht, jemanden umzustimmen oder zu bekehren. Sachlich werden viele Problematiken rund um das Flüchtlingsthema angesprochen, ohne dabei belehrend zu wirken, was dieses Buch für mich zur perfekten Schullektüre machen würde. Der Leser wird immer dazu angehalten sich selbst eine Meinung zu bilden, wobei klar zu sagen ist, dass es sich weder um einen Zeugenbericht noch um die Nachrichten handelt.

Der Schreibstil nimmt der Thematik für mein Empfinden die Brisanz, da Maik Siegel eher locker und entspannt an die Geschichte von Samih und den Bewohnern der 68 umgeht. Der Einstieg fiel mir nicht ganz so leicht, da es hier nicht einen festen Protagonisten gibt. Jeder der Hausbewohner wird im Laufe des Buches näher beleuchtet und so kommen Pro- als auch Antiflüchtlingsstimmen zu Wort und können ihre Bedenken und Gefühle äußern.

Vor allem aber gewinnt das Buch durch die Auftritte von Tulmaini, einem 12 Jahre alten Jungen mit Migrationshintergrund an Leichtigkeit. Die Szenen, in denen er seine Auftritte hat, in denen er die Situation im Haus hinterfragt und Samih versucht zu verstehen und kennen zu lernen, sind geprägt von kindlicher Neugierde und Unschuld. So ist auch der Leser gezwungen das ganze Szenario noch einmal unvoreingenommen zu betrachten und kann seine Meinung noch einmal überdenken, ohne das Gefühl zu haben, er würde nicht verstanden oder gemaßregelt werden.

Schlussendlich hat Hinterhofleben es gemeistert ein sensibles Thema anzusprechen, ohne dabei dabei irgendjemanden vor den Kopf zu stoßen. Teils war mir das Buch dabei auch ein wenig zu soft, teils hielt ich es für Augenwischerei, doch im großen und ganzen hat es mich überzeugen können. irgendwie wünsche ich mir gerade ich hätte noch eine Kategorie zwischen dem Lesetipp und dem Mittelding, denn beiden wird nicht wirklich gerecht. Letztendlich überwiegen aber die positiven Punkte, womit es bei den Lesetipps landet.

Veröffentlicht am 27.02.2018

positiv überrascht, besser als gedacht

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Ich war positiv überrascht und es gäbe keinen Grund das Buch an einer Stelle abzubrechen. Der Autor hat es geschafft das Thema so auszuarbeiten, das der Leser Hintergundwissen erfährt und sich mit dem ...

Ich war positiv überrascht und es gäbe keinen Grund das Buch an einer Stelle abzubrechen. Der Autor hat es geschafft das Thema so auszuarbeiten, das der Leser Hintergundwissen erfährt und sich mit dem Thema auseinandersetzten muss, ihm aber keine Meinung aufzwingt. Er hat alle Facetten an Meinungen, Gedanken, Abwägungen und Urteile der Menschen mit eingearbeitet. Es geht natürlich in eine Richtung, das ist klar, ganz neutral wird man dem Thema nicht gegenüber stehen. Deshalb ist es ja auch so sensibel und schwierig. Und Meinungen, Vorurteile usw entstehen ja meist aus Erfahrungen, Unwissenheit, Ängsten. Der Anfang vom Buch, bis man sich an den Stil gewöhnt hatte, war für mich etwas suspekt, auch der Umgang mit den Klischees, aber das zog sich ja in allen Richtungen durch das Buch, wenn auch bestimmte Parteien schon Klischeehaft bedient wurden. Was ich sehr interessant fand, war die Darstellung aus der Sicht des kleinen Jungen, dies fand ich sehr beeindruckend und sympatisch. Inwiefern die politischen Inhalte der Wahrheit entsprechen, kann und möchte ich nicht beurteilen. Geschickt gemacht war von dem Autor auch die Besetzung des Hauses. Von einem eingefleischten Berlin, der auch in diesem Dialekt auftrat, bis suspekter alter Herr der Bücher liebte, über Jude, Moslem, Polin, Studenten, Kinder, Schwule war alles vertreten. Quasi die ganze Bandbreite. Eine gute Kombination bei der Interaktion zu dem Thema um alle Seiten zu der Thematik zu beleuchten. Das Problem der Kommunikation, der Einstellung und des Lebens dort. Die Linde spielte leider nur eine untergeordnete Rolle. Das Ende ist tragisch, in einem Roman hätte ich es mir besser gewünscht. Wenn man die Realität nimmt ist es natürlich leider passend. So viel Streit und Zickerei wie in dieser 68 erlebt man wohl nicht alle tage so offensichtlich, wenn auch typisch für die heutige Zeit.
Ich bin ja niemand, der sich mit dem Thema so wirklich auseinander setzt und es wahrscheinlich auch zu wenig tue. Natürlich habe auch ich meine Meinung und würde, ohne das ich angeschrieben worden wäre, so Bücher nie lesen. Das ist so gar nicht meins sonst. In diesem Falle jedoch, bin ich froh, dass ich es getan habe. Ich schwanke zwischen 3 oder 4 Bücherpunkten und bin mir nicht so richtig schlüssig. Es ist jetzt keine Roman, den ich wieder lesen würde, jedoch hat er überzeugt, allein weil ich ihn gelesen habe und weil er so gut geschrieben war in den Darstellungen. Auf der Bestenliste jedoch würde er keinen Platz finden. Aber das ist wohl auch dem Thema geschuldet.