Mittelding
Fire & Frost, Band 1: Vom Eis berührtMein erstes Fantasy-Buch nach über einem Monat Genre-Pause sollte etwas Besonderes sein. Beim Durchstöbern meines Regals fiel mir dabei dieser Schmöker in die Hand, mit dem der Kater mir schon seit Ostern ...
Mein erstes Fantasy-Buch nach über einem Monat Genre-Pause sollte etwas Besonderes sein. Beim Durchstöbern meines Regals fiel mir dabei dieser Schmöker in die Hand, mit dem der Kater mir schon seit Ostern in den Ohren liegte. “Lies endlich mein Buch, sonst schenke ich dir nie wieder eins!”, sagt er immer wieder, weil es ein Geschenk von ihm war. Nur war “Fire &Frost– Vom Eis berührt” von Elly Blake auch dieses besondere Buch, das ich mir gewünscht habe?
Die 17-jährige Ruby verlebt ihre Kindheit und Jugend in einem beschaulichen Dörfchen. Doch Ruby trägt ein großes Geheimnis in sich, denn sie ist eine Fireblood und kann somit das heiße Element bändigen– zumindest in der Theorie, denn das Mädchen nie gelernt hat ihre Gabe zu kontrollieren. Als eines Tages die Schergen des Frostkönigs in ihr Dorf kommen, wird sie als Fireblood enttarnt und ins Gefängnis geworfen. Doch unerwartete Rettung naht, denn Ruby hätte niemals darauf gehofft ausgerechnet von Frostbloods gerettet zu werden! Die haben jedoch ihre eigenen Pläne mit ihr…
Ich muss sagen, dass meine Erwartungen an das Buch recht hoch waren. Wo ich auch hinsah, wurde es gefeiert, gelobt und empfohlen. Allerdings merkte ich schnell, dass ich die Euphorie nicht vollständig teilen konnte, was vorwiegend an den Charakteren lag, mit denen ich einfach nicht warm wurde. Zunächst muss ich sagen, dass ich sie in der knappen Zeit in ihrem Dorf wirklich als egoistisch und selbstgefällig empfand. Als die Soldaten des Frostkönigs ins Dorf kamen, ihre Mutter töteten und sie selbst ins Verließ geworfen wurde, hat sie ausschließlich dem König und den verräterischen Dorfbewohnern die Schuld daran gegeben, dass sie entdeckt wurde. Dass sie aber selbst aber alle Warnungen in den Wind schlug und heimlich trainierte, obwohl sie ihre Gabe kein Stück weit unter Kontrolle hatte und somit nicht nur sich selbst in Gefahr brachte, reflektiert sie nicht eine Sekunde lang. Ein Paradebeispiel dafür die Schuld bei jedem anderen, außer bei sich selbst, zu suchen. Generell kann ich leider kaum ein gutes Haar an der Protagonistin lassen. Auf mich wirkt sie naiv, unreif, unreflektiert und sprunghaft. Ihre zickige, aufbrausende Art macht das Ganze nicht wirklich besser.
Auch Arcus konnte mein Herz nur bedingt für sich erwärmen. Er ist kalt, ungeduldig und ähnlich aufbrausend wie Ruby. Ein Held in glänzender Rüstung? Weit gefehlt. Doch trotz seiner teils anstrengenden Eigenschaften wirkt er dennoch reifer, erwachsener und außerdem loyal. Insgesamt vermisse ich aber bei allen Charakteren irgendwie die Tiefe und generell fehlt mir in der Geschichte so ein richtiger Sympathieträger. Diese Ansammlung sinnlosen Hasses, der schlichtweg auf Vorurteilen beruht, raubte mir irgendwann den letzten Nerv.
Das i-Tüpfelchen bestand dann in der Liebesgeschichte zwischen Feuer und Eis, Ruby und Arcus. Diese kommt so vorhersehbar, aber unglaubwürdig daher, dass sich mir die Haare sträuben. Es gibt nicht einen romantischen Moment zwischen den beiden und der Vorsatz “Gegensätze ziehen sich an” wird hier bis auf den letzten Tropfen ausgequetscht. Mir ist das alles jedoch viel zu konstruiert und unglaubwürdig, als dass ich irgendjemanden diese Gefühle abkaufen könnte. Es ist so schade, was hier an Potential verschenkt wurde. Dass daraus dann auch nochmal ganz kurz eine Dreiecksgeschichte wurde, gab mir dann wirklich den Rest. Als hätte man noch schnell auch das letzte Jugendbuchklischee unterbringen müssen..!
Ob ich auch positive Aspekte an dem Buch finde? Ja, tatsächlich! Die Grundidee des Buchs hat mich so sehr überzeugt, dass ich die Trilogie nicht direkt nach dem ersten Band aufgeben möchte. Mir gefällt das Konfliktpotential, aber auch die Möglichkeiten zur Kooperation zwischen den Fire- und den Frostbloods und ich muss sagen, dass ich mir selbst nicht sicher bin, auf welche Seite ich mich schlagen würde.
Auch der Schreibstil von Elly Blake konnte mich gut bei der Stange halten. Ihre Beschreibungen sind oft zwar doch sehr ausgefallen und teilweise etwas übertreiben, doch insgesamt ist mir diese anschauliche Art wesentlich lieber, als wenn wirklich alles der Vorstellungskraft überlassen werden würde. Vor allem die Kampfszenen haben mir sehr gut gefallen, weshalb mir gerade bei denen die Seiten nur so durch die Finger glitten.
Sehr gut beschrieben und nachvollziehbar fand ich auch die Geschichte der beiden unterschiedlichen Magierstämme. Der Hass und die Vorurteile sind sehr realitätsnah und irgendwie kann man beide Seiten verstehen. Man erkennt hier sehr gut, dass die gegenseitige Ablehnung eher aus Unwissen und Angst erwächst, als aus einer tatsächlich vorhandenen Gefahr. Dieser Punkt könnte meines Erachtens noch klarer dargestellt werden, damit dem einen oder anderen eben auch im wirklichen Leben klar wird, dass Rassismus keine vernünftige Basis hat.
Ich bin unheimlich gespannt darauf, ob der zweite Teil mich nicht doch noch mehr überzeugen kann, denn leider kann ich Band 1 nur mit Mittelding bewerten. Es gibt meiner Meinung nach einfach zu viele Unstimmigkeiten und die beiden Hauptcharaktere ließen mich bisher ganz schön kalt. Vielleicht springt der Funke ja aber noch über!