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Veröffentlicht am 24.04.2018

Unterhaltsame Selbstfindung

Liebe geht immer
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Charlotte Mai, etwas schüchtern, leicht übergewichtig, trifft es wie ein Schlag vor den Bug, als Oliver, ihr Freund und Chef von Kiez TV, ihr mitteilt, dass sie für den zu vergebenden Job einer Fernsehmoderatorin ...

Charlotte Mai, etwas schüchtern, leicht übergewichtig, trifft es wie ein Schlag vor den Bug, als Oliver, ihr Freund und Chef von Kiez TV, ihr mitteilt, dass sie für den zu vergebenden Job einer Fernsehmoderatorin einfach ungeeignet sei. Lotte packt ihre Sachen und geht. Arbeitslos und total gefrustet beschließt sie, sich ganz neu zu erfinden. Sie will abnehmen, nein-sagen lernen, eine neue Sprache lernen und Sport treiben. Darauf ist sie so fixiert, dass sie nicht merkt, dass das Leben auch Spaß machen kann und ein neuer Mann, der sie genau so liebt wie sie ist, schon ganz nahe ist.

Es ist sehr humorvoll zu lesen, wie aus Lotte zuerst Charlie wird und schließlich die selbstbewusste Charlotte.
War Lotte von Oliver eher fremdbestimmt, so versucht Charlie von jetzt auf gleich alles anders zu machen. Aber sie merkt, dass sie auch damit nicht so ganz glücklich ist. Natürlich werden hier und da Fettnäpfchen aufgestellt, die sie trittgenau trifft. Und dem ein oder Anderen tritt sie sehr stark auf die Füße. Aber in ihrer liebenswerten Art kann ich ihr das nicht übelnehmen. Ich mag sie einfach. Vor allem, weil sie dann zu ihrem eigenen Ich doch noch die Kurve kriegt.

Eine wunderschöne Liebes- und Selbstfindungsgeschichte, bei der es mich gar nicht gestört hat, dass sie sehr vorhersehbar ist. Ich habe mich einfach nur gut unterhalten gefühlt: von den zumeist liebenswerten Protagonisten; von den klugen Lebensweisheiten von Frau Mai, die bei aller Namensgleichheit nichts mit Charlotte zutun hat; von den leckeren Gerichten, die Burgerrestaurantchef Lars kreiert; von den vor jedem Kapitel zu lesenden Selbsthilftetipps und natürlich von dem dicken Kater, der bis zum Schluss keinen Namen hat.

"Liebe geht immer" von Myriam Klatt ist ein lesenswerter Debütroman mit einer klaren Botschaft für den unterhaltsamen Nachmittag zwischendurch.

Veröffentlicht am 05.04.2018

Neues aus Neuharlingersiel

Muscheln, Mord und Meeresrauschen
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Neues aus Neuharlingersiel
Goldener Oktober in Neuharlingersiel. Die Sommerhitze ist vorbei. Trotzdem wird es heiß, als durch einen Molotowcocktail ein Feuer auf der Baustelle des Geflügelbarons und Investors ...

Neues aus Neuharlingersiel
Goldener Oktober in Neuharlingersiel. Die Sommerhitze ist vorbei. Trotzdem wird es heiß, als durch einen Molotowcocktail ein Feuer auf der Baustelle des Geflügelbarons und Investors Johann Gehrken ausbricht. Hier soll ein neues Wellness- und Entspannungszentrum entstehen, gegen das sich einige Bewohner des Ortes quer stellen. In der abgebrannten Halle verbrennt einer der polnischen Arbeiter. Johann Gehrken verbreitet die Nachricht, dass er weiß, wer den Brand verursacht hat – und kurze Zeit später ist auch er tot.
Hobbydetektivin Rosa Moll und Postbote Henner Steffens ermitteln wieder zusammen mit ihrem Freund dem Dorfpolizist Rudolph "Rudi" Hieronymus Bakker und seinen Kollegen Kriminalhauptkommissar Siegfried Haueisen und Kriminaloberkommissar Helmut Schnepel aus Wittmund. Es ist diesmal ein ganz verzwickter, mehrteiliger Fall, den sie lösen müssen.

Dies ist nun schon der 5. Fall, bei dem ich dem sympathischen Ermittlertrio Moll, Steffens und Bakker über die Schulter schauen und mit ermitteln darf. Und ich habe es auch diesmal nicht geschafft, alles vor der endgültigen Aufklärung zu durchblicken. Der Fall ist diesmal sehr verzwickt, die Ermittlungen gestalten sich schwierig und es dauert lange, bis sich die Männer endlich ganz langsam zur Lösung hinarbeiten.
Spannung ist wieder ab der ersten Seite da und hält sich, bis sich alles endgültig auflöst.

Ich liebe das Nordseeflair mit seinen Krabbenkuttern und dem Blick über die Weite des Wassers. Wenn ich von den Sandstränden und den Strandkörben lese, bekomme ich sofort Urlaubsgefühle. Diese bei mir anzufachen, ist den Autorinnen auch diesmal wieder sehr gut und sehr schnell geglückt.
Ich liebe es, im Frisiersalon dem neuesten Tratsch zu lauschen. Ich bin mittendrin, wenn Muddern und Vaddern ein paar Brocken Platt snacken, ich in ihrer Küche zusammen mit den Mädels und Rudi sitze, und sich sogar Rosa zu manch norddeutscher Äußerung hinreißen lässt. Sie ist halt oben schon richtig angekommen.
Wer auch in diesem Fall nicht mein Freund geworden ist – KOK Helmut Schnepel. Ich kann seine Frau Susanne so gut verstehen, dass sie ihn als A... tituliert und ihn endlich verlassen hat. Ich bin gespannt, ob er sich nicht doch noch irgendwann einmal wenigstens ein ganz kleines bisserl zum Positiven verändert.

Das Personenregister und die leckeren Rezepte aus Mudder Steffens Küche runden die Geschichte sauber ab.

Auch bei diesem Fall konnte ich wieder miträtsel, habe immer wieder in mich rein gegrinst, hatte ein paar wundervolle Stunden Nordseeluft in der Nase und habe das Lesen genossen.

Veröffentlicht am 01.04.2018

Ein neuer "Ermittler" aus dem Bayerischen Wald

Eiskalter Hund
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Lebensmittelkontrolleur Fellinger wird Anfang Juni zum Restaurant Peking gerufen, da mit der schwatrzen Soße etwas nicht in Ordnung sein soll. Mit der Soße scheint soweit alles in Ordnung zu sein, aber ...

Lebensmittelkontrolleur Fellinger wird Anfang Juni zum Restaurant Peking gerufen, da mit der schwatrzen Soße etwas nicht in Ordnung sein soll. Mit der Soße scheint soweit alles in Ordnung zu sein, aber im Kühlraum hängt ein Hund an der Kette von der Decke. Als Fellinger heraus findet, dass das Frauchen des Hundes, die reiche Helga Poschinger verschwunden ist, beginnt sich sein Spürsinn zu regen. Und da er ja viel lieber bei der Kriminalpolizei gelandet wäre, als bei der Lebensmittelüberwachung, und seine Freunde von der Polizei ihn nicht ernst nehmen, beginnt er selbst zu ermitteln...

Oliver Kern hat so einen einerseits weichen, andererseits bissigen Humor, der meine Mundwinkel oft nach oben gezogen hat. Er versteht es sehr gut, die bayerische Mentalität und viele Kleschees in kurzen knappen schnörkellosen Sätzen durch Fellinger, an den Leser zu bringen. Er pflanzt mir Bilder in meinen Kopf, die ich nur schwer wieder raus bekomme. Durch viele dialektische Auswürfe bin ich mittendrin im Bayerischen Wald, komme aber auch mit dem chinesischen und dem tschechischen Wortschatz in Berührung. Die kleine Übersetzungshilfe am Schluss der Geschichte hätte ich persönlich nicht gebraucht, hilft aber Nichtbayern beim Verständnis sicher weiter.

Dass Fellinger die Geschichte in der Ich-Form erzählt, hat mir sehr gut gefallen und lässt mich noch näher am Geschehen dransein und teilnehmen. Flotte Sprüche und interessante Vergleich hat der Herr Lebensmittelkontrolleur reichlich im Repertoir.

Ich habe mit Berti Fellinger einen neuen Ermittler kennenlernen dürfen, dem ich zutraue, noch weitere Fälle ohne seine Freunde bei der Polizei lösen zu können. Urig, grantelnt, geradeaus, mit einem Hang zu gutem Essen war er mir sofort sympathisch. Auch die anderen Prtagonisten, manche etwas schräg, andere einfach menschlich, kann ich mir gut vorstellen und hatte meinen Spaß mit ihnen. Die Gesichter der Restaurant- oder Gaststättenbesitzer, wenn Fellinger reinkommt, die erst die Starre fallen lassen, wenn er wieder geht, oder privat dort ist, kann ich mir gut vorstellen. Auch da habe ich ab und an schmunzeln müssen.

Wer eine superspannende Krimilektüre mit Mord und Totschlag sucht, der wird hier nicht fündig werden. Wer aber einen gut ausgedachten Fall mit Humor, Wortwitz und Spannung lösen möchte, der ist hier genau richtig. Ich hatte wundervolle unterhaltsame Lesestunden, die ich gerne bei einem neuen Fall für Berti Felinger wiederholen würde.
4,5 von 5 Punkten lasse ich dafür gerne hier.

Veröffentlicht am 25.03.2018

Ein erschreckender Blick zurück

Strandmord
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Ein erschreckender Blick zurück

Ruth Kranold, eine Ex-Polizistin aus Greifswald, muss bei diesem Schietwetter sehr langsam fahren. Nur so wird sie auf eine besinnungslose junge Frau aufmerksam, die am ...

Ein erschreckender Blick zurück

Ruth Kranold, eine Ex-Polizistin aus Greifswald, muss bei diesem Schietwetter sehr langsam fahren. Nur so wird sie auf eine besinnungslose junge Frau aufmerksam, die am Straßenrand in einem Gebüsch liegt. Die junge Ina ist brutal zusammengeschlagen und grausamst verletzt worden. Ruth nimmt die junge Frau, die ich ganz zu Anfang der Geschichte kennenlerne, mit zu sich nachhause und päppelt sie auf.
Ein paar Tage später wird an einem Strand zwischen Glowe und Juliusruh auf Rügen eine schrecklich zugerichtete, erfrorene, nackte Frau gefunden. Die Tote, die 35-jährige Pharmareferentin Karola Thiel, bereitet Kommissarin Romy Baccare sehr unschöne Erinnerungen. Vor ca. 15 Jahren hat Romy so etwas schon mal gesehen – in München, ganz zu Beginn ihrer Kripozeit. Der damalige Täter wurde vor einem Jahr entlassen. Schlägt er jetzt hier im Norden wieder zu?

Da ich bei den ersten 6 Fällen schon mit Romy Baccare die Täter gesucht habe, ist es schön, wieder einmal auf Rügen zu sein und alte Bekannte aus den Kommissariaten in Bergen und Stralsund zu treffen. Wie auch die ersten Fälle, ist dieser abgeschlossen und kann, auch dank dem zum Schluss aufgeführten Verzeichnis der Ermittler, gut von Neueinsteigern gelesen werden.

Der Kriminalfall scheint recht eindeutig und präsentiert nacheinander eine Menge Verdächtige. Alibis werden überprüft, Verdächtige verhört, die Spannung steigt von Seite zu Seite. Aber obwohl die Kommissare in Bergen und Stralsund unter Hochdruck ermitteln, tappen sie lange Zeit im Dunkeln. Ich bin immer mittendrin, kann den Ermittlungen und den Gedanken der Ermittler sehr gut folgen. Aber die eigentlichen Zusammenhänge habe ich auch erst kurz vor Schluss durchblickt. Mich hat die Auflösung des Falles ziemlich schockiert und mitgenommen.
Nicht so gut gefallen hat mir, dass Romy diesmal persönlich viel zu nah an diesem Fall dran war und um ihr Leben fürchten musste. Ich würde mir wünschen, dass sie sich endlich einmal richtig von ihren schlimmen Erfahrungen erholen kann. Fälle, in denen die Ermittler nicht selbst involviert sind, lese ich einfach lieber.

Die meisten der Ermittler kenne ich ja schon länger. Da Kasper Schneider, der Lieblingskollege von Romy, nun im ersehnten Ruhestand ist, nur hier und da als Berater zu den Fällen hinzugezogen wird, und noch kein neuer Kollege da ist, nimmt seine Stelle z.Zt. der 30-jährige Polizeiobermeister Bernd Kasch ein. Unauffällig, still und nachdenklich macht er seine Arbeit, was Romys Urteil über ihn mit der Zeit revidiert. Mir gefällt Paschs Arbeitsweise sehr gut und ich würde mich freuen, wenn er weiter ein Teil des Teams bleiben würde.
Dieser Fall hält eine Menge unterschiedlicher Charaktäre aus den unterschiedlichsten Schichten bereit. Alle gut ausgearbeitet, farbig mit ihren Eigenarten skizziert und für mich gut vorstellbar dargestellt.

Aber auch die Insel Rügen bekommt mit ihrer winterlichen Schönheit, die hier gut vorstellbar gezeichnet wird, ihren Raum. Da ich erst im vergangenen Jahr dort war, habe ich einige Orte noch bildlich vor Augen. Absolut eine Reise wert.

Auch der 7. Fall für Rommy Baccare und ihren Freund und Partner Jan Riechter hat mich wieder fasziniert und sehr gut unterhalten. Ich hoffe bald wieder zu einem neuen Fall auf die Insel Rügen kommen zu dürfen.

Veröffentlicht am 20.03.2018

Ein interessantes Debüt

Leinsee
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Der Künstler August Stiegenhauer hat sich das Leben genommen. Seine Frau Ada, eine ebenfalls gefeierte Künstlerin, liegt nach einer schweren Gehirn-OP mit wenig Überlebenschancen im Krankenhaus. Beider ...

Der Künstler August Stiegenhauer hat sich das Leben genommen. Seine Frau Ada, eine ebenfalls gefeierte Künstlerin, liegt nach einer schweren Gehirn-OP mit wenig Überlebenschancen im Krankenhaus. Beider Sohn Karl, der sich ebenfalls in der Kunstwelt einen Namen gemacht hat, lerne ich auf der Zugfahrt zu seinem Elternhaus nach Leinsee kennen. Ein junger Mann, der nie die Liebe seiner Eltern erlangen konnte, früh ins Internat abgeschoben wurde und mir einen sehr einsamen Eindruck macht, dessen Eltern immer nur um sich selbst kreisten, steht nun in einem Haus voller Erinnerungen. Konsequent verbrennt er den gesamten Hausrat nach dem Tod der Mutter um sich wieder seiner Kunst zu widmen und vielleicht zu sich selbst zu finden.
Neben Karl taucht plötzlich die 8-jährige Tanja auf, die ihn ab jetzt stückweise begleitet, ihn zu inspirieren scheint. Seine Freundin Mara Schlüter, der ehemalige Vertraute seiner Eltern Torben Behning genannt Buddy Holly, Galerist Maximilian Raiken und wenige weitere Protagonisten tauchen immer wieder in Karls Leben auf. Bis zum Schluss kommt er mir fremdbestimmt und einsam vor.
 
Die meisten Personen bleiben für mich blass, anstrengend, und nicht allzu sympathisch. Ich kann ihre Handlungen teilweise nicht verstehen oder nachvollziehen. Alles ist mir etwas zu abstrakt. Alle leben in ihrer eigenen Welt zu der ich keinen rechten Zugang finde.
Trotzdem werde ich immer aufs Neue verblüfft. Sei es durch Tanja, die auf die absurdesten oder liebevollsten Ideen kommt, sei es durch Karl, der sich plötzlich befreien will und seinen Kunststil ändert. Die von ihm erschaffenen Skulpturen habe ich direkt vor Augen und sie verleiten mich, ebenfalls einen Blick hinein zu tun.
 
Vor allem aber ist es die farbige Ausdrucksweise der Autorin, die mich stark beeindruckt und fasziniert hat. Sie schafft es mit wenigen Worten so vieles auszudrücken, bringt vieles direkt auf den Punkt. Ihre bildhaften Beschreibungen werden mir immer wieder ins Gedächtnis kommen und präsent bleiben. Die poetischen Farbüberschriften der einzelnen Kapitel gefallen mir sehr gut und ich habe beim Lesen des Textes schon darauf gewartet, dass ich sie dort wiederfinde.
Gewürzt mit einer Prise Sarkasmus und einer Prise Humor liest sich das Buch leicht und locker weg. Trotzdem ist es eine Geschichte, die ich auf mich wirken lassen musste um mich darauf einlassen zu können.
 
Alles in allem ein interessantes, sprachlich geniales Debüt von einer Autorin, von der ich unbedingt mehr lesen möchte.