Das Paulus-Evangelium
Wolfgang Hohlbein erzählt die Geschichte des raffinierten Eindringens zweier Hacker in das Computersystem des Vatikans und dessen dramatische Folgen.
Mittels abenteuerlicher Verfolgungsjagden, unorthodoxem ...
Wolfgang Hohlbein erzählt die Geschichte des raffinierten Eindringens zweier Hacker in das Computersystem des Vatikans und dessen dramatische Folgen.
Mittels abenteuerlicher Verfolgungsjagden, unorthodoxem Eingreifen seitens Polizei und Geheimdienst, brutaler Verhörmethoden und grausamer Morde läuft Hohlbein wie gewohnt zur Höchstform auf. Die grandiose, wenn auch ein wenig absurd klingende Idee im Hintergrund wirkt wie eine Prise im vorliegenden Roman, die dem Gesamtpaket seine essentielle Würze verleiht.
Um Spoiler zu vermeiden, möchte ich auf besagtes Geheimnis nicht detailliert eingehen, es sei jedoch gesagt, dass es sich um eine Geschichte von äußerster Brisanz handelt. Ein Geheimnis, durch dessen Aufdeckung die Grundfesten der Kirche erschüttert werden können.
Ich lese Hohlbein gerne und muss auch hier wieder neidlos zugeben, dass er anhand seiner bisherigen großen Anzahl von Büchern in Windeseile erstaunliche Ideen aus dem Ärmel zieht, damit einen faszinierenden Plot fabriziert und er reihenweise Bestseller liefert. Er versteht es auch, sich nicht nur mit einer Idee alleine zu begnügen – nein. Gerade die Mischung mit dem Thema Geheimdienste, deren Verzweigung und die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel, vermögen es mit Leichtigkeit, den Leser an dieses Buch zu fesseln. Tolle Idee, gute Umsetzung.
Hohlbein schreibt diesen Thriller aus der Sicht des Autors als Erzähler, der typische „Hohlbein-Stil“ (spannungsgeladener Schreibstil mit vielen Elementen der Fantasy, Spuren des Übernatürlichen und einem atemberaubenden Tempo), der ein Garant für Spannung und Fantasy darstellt, zeichnet auch diesen Roman des deutschen Bestseller-Autors aus. Was meine Freude am Lesen ein wenig beeinträchtigte, war jedoch die ziemlich kleine Schrift, der enge Zeilenabstand und die hohe Seitenanzahl. Hier wäre ich definitiv mit dem Kauf der HC-Variante besser beraten gewesen. Vorzüglich jedoch die Unterscheidung in der Schriftform: Hohlbein wählt eine völlig andere Schrift, um dem Leser die Ereignisse zu schildern, die die beiden Hacker auf der gestohlenen Datei entdecken. Auf diese Art gelingt ihm ein raffinierter Wechsel von der Realität im Buch hin zur virtuellen Welt.
Das Element der Spannung kommt natürlich auch in diesem Buch von Hohlbein nicht zu kurz, im Gegenteil. Das ganze Buch ist von Anfang bis zum Schluss höchst spannend erzählt, die vielen Höhepunkte verlieren sich jedoch aufgrund der hohen Seitenanzahl, so dass das Ganze nicht überladen oder gekünstelt wirkt. Vielmehr hatte ich bei einigen Passagen das Gefühl, dass hier versucht wurde, die Geschichte ein wenig in die Länge zu ziehen, seitenfüllend zu wirken. Dem Autor ist es jedoch gelungen, eine Menge an Informationen und spannender Höhepunkte zu liefern - das Buch wird niemals langweilig.
Bei den Figuren beschränkt Hohlbein sich auf die relevantesten Protagonisten Marc, Jezebel, Forsyth, Alberto und Kommissar Dallberg. Die Beschreibung jener Hauptpersonen erfolgt detailliert und sehr lebendig, er erzählt nicht nur über Hintergründe besagter Personen, sondern vermittelt auch einen Einblick in deren Denk- und Handlungsweisen und überzeugt beim Charakter Albertos sogar mit der Finesse, einem kaltblütigen Profikiller kurzweilig fast schon mitleidige, menschliche Züge zuzugestehen.
Obgleich Hohlbein sich sehr auf diese Hauptfiguren konzentriert, bleiben auch die Nebenfiguren in diesem Buch nicht auf der Strecke. Mir gefällt die Art, nebensächlich Dinge zu erwähnen, die sich später als überaus wichtige Informationen heraus stellen. So zum Beispiel die Beschreibung des Taxifahrers Ari, bei der ich mir einige Male die Frage stellte, weshalb sich Hohlbein so sehr des Charakters einer unwichtigen Nebenfigur annimmt. Nun, im Laufe der Geschichte erfuhr ich über die wahre Identität und Bedeutung dieses Taxifahrers…doch ich möchte auch hier die Spannung nicht vorweg nehmen und zu viel verraten. Ein wenig zu farblos und lasch war mir der Charakter des Johannes. Er, der im Grunde eine auslösende Funktion in dieser mörderischen Verfolgungsjagd innehat, wird nur wenig und sehr oberflächlich beschrieben. Für mich ungenügend.
Es handelt sich hierbei um ein sehr dickes Taschenbuch mit einem vorerst verwirrend erscheinenden Cover. Eine Abbildung des Kopfes von Christus mit seiner Dornenkrone, in blaues Computerlicht getaucht und mit verschwimmenden Ziffern umgeben. Der Text „Das Paulus-Evangelium“ wirkt aber bis zur brisanten Entdeckung auf den ersten Seiten des Buches befremdlich, danach erscheint es logisch und aussagekräftig. Ich möchte jedoch jedem potentiellen Leser dieses Buches die HC-Version ans Herz legen. Wie bereits erwähnt irritierten mich hier die gewaltige Seitenanzahl und die kleine Schrift, die mir das Lesen erschwerte.
Ich möchte dieses Buch jedem Thriller-Begeisterten ans Herz legen, der zugleich auch ein Faible für Fantasy hat. Einige Vorkommnisse im Buch mögen an den Haaren herbeigezogen oder vielleicht unglaubwürdig wirken – nicht jedoch, wenn man Wolfgang Hohlbein als Autor kennt und schätzt. Es ist jedoch entgegen dem Hinweis auf dem Cover kein reiner Thriller, es beinhaltet vielmehr auch Elemente des Fantasyromans. Eine durchaus gelungene Mischung dieser beiden Genres, komprimiert in einem Plot, der Fragen aufwirft und den Leser teilweise staunen lässt, was Hohlbein sich hier nun wohl wieder „aus den Fingern saugen konnte“ und zugleich dermaßen spannend umzusetzen vermochte.