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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.04.2018

Spannend, skurril und schwarzhumorig

Wer andern eine Bombe baut
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Spannend, skurril und schwarzhumorig ist dieser Schottland-Thriller. Durch Blickwechsel zwischen den Charakteren und viele (etwas langatmige) Rückblenden kann sich der Leser einige Zusammenhänge selbst ...

Spannend, skurril und schwarzhumorig ist dieser Schottland-Thriller. Durch Blickwechsel zwischen den Charakteren und viele (etwas langatmige) Rückblenden kann sich der Leser einige Zusammenhänge selbst erarbeiten, wird aber dennoch immer wieder überrascht.

Für mehr Überraschung empfehle ich dringend, den Klappentext nicht zu lesen, da dieser schon eine Menge spoilert. Wer das Buch ohne viel Vorwissen beginnt, versetzt sich intuitiv stärker in die ebenso lebensnahen wir skurrilen Personen hinein.

Da hätten wir: Raymond, Lehrer und Jungvater mit Schlafentzug. Angelique, die toughe Ermittlerin mit dunkler Hautfarbe. Lexy und Murph, zwei von Raymonds Schülern, die einfach nur “ganz normale neugierige Jungs” sind. Ihnen gegenüber stehen einige skrupellose Gestalten und um sie herum passieren merkwürdige Unfälle und Attentate.

Am Ende gibt es ein paar Superman-Gene zu viel, aber es passt zum Rest des Romans und wirkt daher trotzdem stimmig und nicht zu übertrieben. Der Schreibstil ist flott, die Handlung mit eine guten Portion Ironie und Humor versehen. Und obwohl das alles erst passiert, weil Raymonds Vergangenheit ihn einholt, ist es gerade diese Vergangenheit, die ihm hilft, bis zum bitteren Ende zu kommen. Also Game over? Finde es selbst heraus!

Veröffentlicht am 11.04.2018

Pfarrer Bauer lässt Pater Brown weit hinter sich

Glaube Liebe Tod (Ein Martin-Bauer-Krimi 1)
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Dieser Krimi, der im Ruhrgebiet spielt, lässt sich in rasendem Tempo lesen. Schneller ist nur Martin Bauer, der “Polizeipfarrer”, wenn er auf dem Weg zu einem Jugendlichen ist, der seine Hilfe braucht.

Der ...

Dieser Krimi, der im Ruhrgebiet spielt, lässt sich in rasendem Tempo lesen. Schneller ist nur Martin Bauer, der “Polizeipfarrer”, wenn er auf dem Weg zu einem Jugendlichen ist, der seine Hilfe braucht.

Der Titel des Kriminalromans fasst einiges schon sehr gut zusammen, auch wenn die Handlung natürlich etwas komplexer ist. Mit dem Tod fängt alles an. Als ein Polizist in den Tod springt, hat Bauer das Gefühl, dass er es verhindern hätte können und macht sich Vorwürfe. Als er im dem Fall, der offiziell ein Suizid ist, weiterermittelt (was er natürlich gar nicht dürfte), kommen zahlreiche Puzzleteile ans Licht, die seinen Glauben stark erschüttern.

Spätestens nach der Hälfte des Buches ist nichts mehr so wie es schien und Bauer kann nicht aufhören, in Familiengeschichten und der Vergangenheit zu wühlen. Der Cocktail aus Verzweiflung, Prostitution, Drama, Affären und anderen Geheimnissen, den die beiden Autoren mixen, geht dem Leser unter die Haut und steigt ihm in den Kopf. Wie berauscht blättert man Seite um Seite um, angetrieben von vielen Schauplatzwechseln und kurzen Kapiteln.

Und plötzlich sind die Seiten zu Ende, die Ermittlungen schlussendlich richtig abgeschlossen und fast alles wird aufgeklärt. Doch wie geht es weiter mit dem Seelsorger, der zwar andere gekonnt berät, aber selbst beratungsresistent ist? Der Ausspruch “Gott sei Dank” ist hier sicher passend, denn Gott sei Dank gibt es eine Fortsetzung, ein Wiedersehen mit Martin Bauer. Sie heißt “Tiefer denn die Hölle” und ist gerade erst (am 6. April 2018) erschienen.

Veröffentlicht am 07.04.2018

Eine umfangreiche Zeitreise aus Fiktion und Tatsachen

Höllenjazz in New Orleans
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Auf 495 starken Seiten nimmt Ray Celestin den Leser mit in die wilde Zeit der Südstaaten, als Jazzmusik von Weißen kritisch beäugt wurde und die Prohibition knapp bevorstand. Farbenfrohe Beschreibungen ...

Auf 495 starken Seiten nimmt Ray Celestin den Leser mit in die wilde Zeit der Südstaaten, als Jazzmusik von Weißen kritisch beäugt wurde und die Prohibition knapp bevorstand. Farbenfrohe Beschreibungen der großteils bescheidenen Lebensumstände vieler wechseln sich mit melancholischen Momenten ab.

Der Roman, Krimi, ist so umfangreich, dass man neben der Mordermittlung noch vieles über Musik, Stadtentwicklung, Gefängnisse, Prostitution, Korruption und Rassenkonflikte lernt. Viele passend gewählte Begriffe aus der Zeit um 1919 machen das Buch ebenso authentisch wie seine zahlreichen und einzigartigen Protagonisten. Um den Überblick nicht zu verlieren, gibt es vorne im Buch ein Personenregister und hinten noch ein Glossar.

Aber man kommt auch ohne diese Hilfen gut zurecht, lässt sich treiben zwischen dem Mörder, der scheinbar wahllos Menschen mit einer Axt tötet und jenen, die ihn stellen wollen. Nicht nur Detective Michael Talbot ist hinter ihm her. Und sogar ein (damals noch nicht so) berühmter Jazzmusiker ist in die Fälle, die tatsächlich stattgefunden haben, verwickelt.

Am Ende erwacht der Leser aus einer wunderbaren Zeitreise, die es es trotz einiger Opfer und Überraschungen schafft, einen positiv gestimmt zurückzulassen. Mit ein paar Kniffen schafft der Autor es, einen Teil der Protagonisten zu “retten” und er gibt ihnen ihm geplanten nächsten Band (Todesblues in Chicago) wieder wichtige Rollen in seinem ausgeklügelten Ensemble.

Veröffentlicht am 01.04.2018

Wohl durchdacht und in sich stimmig

Krokodilwächter
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Dieses so schlichte und doch sensationell tolle Cover umschließt einen Krimi, der sich von der Masse etwas abhebt. Aber Achtung! Den Umschlag bitte nur von vorne betrachten, denn der Text auf der Hinterseite ...

Dieses so schlichte und doch sensationell tolle Cover umschließt einen Krimi, der sich von der Masse etwas abhebt. Aber Achtung! Den Umschlag bitte nur von vorne betrachten, denn der Text auf der Hinterseite bremst das Lesevergnügen leider enorm. Er verrät so viel, dass man die wunderbar geschriebene und durchdachte Einleitung in die Geschichte, die ersten rund 70 Seiten, gar nicht mehr genießen und nägelkauend mitraten kann.

Wer dies beherzigt, bekommt einen rundum spannenden Kopenhagenkrimi geboten, der sich mal in die eine, dann in die andere Richtung entwickelt und dessen Fäden am Ende doch nicht so zusammenlaufen wie man es sich zusammenreimt. Nicht komplett anders, dennoch gibt es überraschende Details. Der Fall, in dem Jeppe Kørner und Annette Werner ermitteln, ist gut aufgebaut, wohl durchdacht und in sich stimmig.

Neben der Jagd auf den Täter, der eine junge Frau tötet, bleibt auch noch Zeit, die Hauptpersonen etwas kennenzulernen. Aber auch andere zwischenmenschliche Episoden machen den Krimi zu einem rundum angenehmen Buch, wenn auch Blut fließt. Und sogar der ungewöhnliche Titel erklärt sich.

Veröffentlicht am 21.03.2018

Mental auf der Achterbahn

NACHTWILD
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Spätestens nach der Geburt eines Kindes aktiviert sich ein gewisser Mutterinstinkt, so viel weiß fast jeder. Unter normale Umständen ist dieser auch so stark, dass die Mutter sich um das Baby kümmert, ...

Spätestens nach der Geburt eines Kindes aktiviert sich ein gewisser Mutterinstinkt, so viel weiß fast jeder. Unter normale Umständen ist dieser auch so stark, dass die Mutter sich um das Baby kümmert, egal was vorher passiert ist oder noch passieren wird. Sie wird es beschützen, mit ihrem Leben verteidigen.

Das sagt sich leicht und liest sich auch gut. Doch welche Ausmaße Mutterliebe annehmen kann und muss, zeigt sich in Ausnahmesituationen am stärksten. Joan, Mutter von Lincoln, der bald zu schwer sein wird, um getragen zu werden, sieht sich mit so einer Situation konfrontiert.

Mit einer Intensität, die unter die Haut geht, lässt Gin Phillips den Leser miterleben, wie Joan nicht nur für sich lebenswichtige Entscheidungen treffen muss, sondern dabei auch ihr Kind berücksichtigt.

Wie auch Joan erfährt der Leser erst im Verlauf des Thrillers, wie die Situation tatsächlich aussieht und man überlegt ganz automatisch selbst, was das Beste wäre, formuliert in Gedanken Ratschläge für Joan und fiebert mit ihr mit, kann nichts tun außer die Mutter, die ihr Kind mit allem verteidigt, was sie hat, aus der Ferne zu beobachten. Eine mentale Achterbahnfahrt, nicht nur für Mütter.