Frida Paulsen arbeitet als Polizistin in Hamburg. Nach zehn Jahren bei der Schutzpolizei absolviert sie gerade ihr Studium an der Polizeiakademie, um bei der Kriminalpolizei arbeiten zu können. Als sie die Nachricht erhält, dass ihr Vater hinterrücks niedergeschlagen wurde, fährt sie sofort in ihre Heimat im Marschland. Wer hat ihrem Vater das angetan und warum? Bjarne Haverkorn von der Mordkommission aus Itzehoe soll die Tat untersuchen und nutzt die Gelegenheit, um auch seinen Cold Case Marit Ott noch einmal zu beleuchten. 1998 wurde die Jugendliche, die Fridas beste Freundin war, ermordet in einer Scheune gefunden. Während Haverkorn sich in der Gegend umhört, stößt Frida beim Versuch, den Hof ihrer Eltern zu retten, bald auf alte Geheimnisse und neue Feinde.
Das Cover von „Totenweg“ zeigt eine weitläufige, verlassene Landschaft mit einer Scheune im Hintergrund. Der perfekte Ort, um unbemerkt ein Verbrechen zu begehen? So ist es zumindest im Jahr 1998 passiert, als Marit Ott an einem solchen Ort ermordet aufgefunden wurde. Das Leben der Protagonistin Frida war danach nicht mehr dasselbe – ihre beste Freundin tot, sie als Ausreißerin im Internat. Bis heute trägt sie ein Geheimnis mit sich herum, obwohl sie es als Polizistin inzwischen besser wissen sollte. Ich war neugierig, sie besser kennenzulernen und in Aktion zu erleben.
Die Nachricht vom Angriff auf ihren Vater erreicht Frida nach wenigen Seiten und so reist sie auf den Hof ihrer Eltern, um ihrer Mutter beizustehen. Gut konnte ich verstehen, dass sie angesichts der schwierigen Lage – ihr Vater ringt um sein Leben und um den Hof steht es schlecht – erst einmal Urlaub nimmt und beschließt, zu bleiben. Auch über Haverkorn, der als Ermittler aus Itzehoe anreist, erfährt der Leser schnell mehr. Bis heute hat ihn der ungelöste Fall Marit Ott nicht losgelassen, bei dem er zum ersten und letzten Mal die Mordkommission geleitet hat. Dass Frida nun selbst Polizistin ist, überrascht ihn zunächst. In seinen Augen ist sie immer noch die Jugendliche, die ihm etwas verheimlicht hat. Für Frida ist er hingegen der Polizist, der sie damals mit seinen Fragen nicht in Ruhe lassen wollte.
Frida und Haverkorn bilden kein Ermittlerduo im eigentlichen Sinne, kommen bei ihren Nachforschungen aber auch nicht aneinander vorbei. Aufgrund der Vorgeschichte begegnen sie sich erst einmal recht distanziert und tauschen trotz des gemeinsam Berufsstandes nicht viele Informationen aus. Haverkorn versucht mittels Befragungen, systematisch mehr Licht ins Dunkel des aktuellen und alten Falls zu bringen. Gleichzeitig stößt Frida durch Gespräche mit alten Bekannten und bei ihren Versuchen, den Hof zu retten, unweigerlich auf einige Ungereimtheiten. Hängt alles miteinander zusammen? Ergibt sich daraus ein Motiv? Oder werden die Zeichen falsch gedeutet?
Dem Leser wird viel Raum zur Spekulation gelassen und neue Erkenntnisse zwingen immer wieder zum Umdenken. Diese Unvorhersehbarkeit hat mir gefallen. Gleichzeitig gelingt es der Autorin, die Atmosphäre des weitläufigen Marschlandes einzufangen, in welchem es auch so manchen unheimlichen Moment gibt. Die Geschichte wird zunehmend komplexer und bietet unterschiedliche Facetten, während Frida und Haverkorn sich weiterentwickeln. Über weite Teile geht es zügig, aber sortiert zu, bis sich die Ereignisse schließlich überschlagen. Bei den letzten Seiten muss man einfach mitfiebern und der Spannungsbogen wird gelungen abgerundet.
In „Totenweg“ hat die Autorin mit den zwei ungleichen Polizisten Frida und Haverkorn authentische Charaktere geschaffen, die ich gerne begleitet und näher kennengelernt habe. Die Ermittlungen sind vielschichtig und bieten Überraschungen sowie falsche Fährten. Auf die bereits angekündigte Fortsetzung freue ich mich schon jetzt. Ein starkes deutsches Krimidebüt, das ich klar empfehlen kann!