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Veröffentlicht am 13.05.2018

Eine gelungene und vor allem spannende Mischung aus Fakten und Fiktion, die einen exzellenten viktorianischen Krimi ergibt.

Inspector Swanson und der Fall Jack the Ripper
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London, East End, 1888: Ein unheimlicher Killer verübt im Stadtteil Whitechapel eine bis dahin beispiellose Mordserie, der ausschließlich Prostituierte zum Opfer fallen. Er nennt sich selbst 'Jack the ...

London, East End, 1888: Ein unheimlicher Killer verübt im Stadtteil Whitechapel eine bis dahin beispiellose Mordserie, der ausschließlich Prostituierte zum Opfer fallen. Er nennt sich selbst 'Jack the Ripper'.
Scotland Yards Chief Inspector Donald Swanson und sein Team werden auf den Fall angesetzt. Doch alle Versuche, Licht ins Dunkel zu bringen, scheitern. Sogar Oscar Wilde und Lewis Carroll geraten in den Dunstkreis der Ermittlungen.
Wer ist der perfide Killer? Und warum ordnet der Commissioner von Scotland Yard die Vernichtung von Beweismaterial an? Ist am Ende etwas dran an den Gerüchten, das britische Königshaus selbst habe seine Finger im Spiel?...
(Klappentext)

♛♛♛♛♛♛♛♛♛♛

"Sie schien nur so in Blut zu schwimmen. Ihr Körper war größtenteils im Schatten verborgen, aber das durch das Fenster einfallende Licht spiegelte sich deutlich im matten Glanz ihrer weit geöffneten Augen." (S. 16)

Obwohl dies der 2. Teil der Inspector Swanson-Reihe ist, spielt dieser 5 Jahre vor "Inspector Swanson und der Fluch des Hope-Diamanten". Daher eignet sich dieser Teil auch sehr gut, um in diese Reihe einzusteigen.

Das Interessante und auch Spannende an dieser Inspector Swanson-Reihe ist, dass hier so mancher Protagonist keineswegs fiktiv ist, allen voran der Hauptcharakter Chief Inspector Donald Swanson.
Er war damals tatsächlich einer der leitenden Ermittler im Fall "Jack the Ripper". Dadurch erhält diese viktorianische Krimi-Reihe eine ganz besondere Authentizität. Doch unser Inspector ist nicht der Einzige der keineswegs fiktiv ist, denn auch die Romane selbst stützen sich auf historische Fakten.
War es im 1. Teil der tatsächlich immer noch existierende Hope-Diamant mit seinem anhaftendem Fluch, ist es in diesem Teil niemand geringeres als Jack the Ripper.

Hie erkennt man ein weiteres Mal wie viel Recherchearbeit vom Autor geleistet wurde, denn die Story stützt sich auch hier wieder auf diverse Fakten, wie z.B. bezüglich der damaligen Tatverdächtigen, die vermeintlichen von Jack the Ripper stammenden Briefe oder die damalige Ermittlungsarbeit.
Und auch hier haben wieder diverse damals existierende Personen, wie z.B. der Psychiater Dr. Forbes Winslow, Inspector Abberline und sogar Oscar Wilde und Lewis Carroll und noch einige mehr, ihren Auftritt.

Mit all dem erschuf der Autor eine gelungene Mischung aus Fakten und Fiktion, welche einen äußerst spannenden viktorianischen Krimi entstehen ließ.
Die Auflösung ist überraschend und keineswegs unglaubwürdig. Alle begonnenen Fäden verlaufen zu einem stimmigen Ganzen.

Das Buch ist in vier Abschnitte geteilt und jeder davon wird durch private Notizen eines damaligen Beamten eingeleitet. Nicht alle davon sind wahr und daher mit einem schelmischen Augenzwinkern zu betrachten.

Der Schreibstil ist flüssig und klar, die Erzählweise packend und atmosphärisch. Robert C. Marley schafft es Bilder im Kopf entstehen zu lassen und somit den Leser in das viktorianische East End zu katapultieren. Man sieht die nebelverhangenen Gassen regelrecht vor sich, während man sich mit Inspector Swanson auf die Jagd nach "Jack the Ripper" macht.

">>Sie meinen<<, sagte Abberline, dem offensichtlich gerade ein diffuses Licht aufgegangen war, >>der Mörder hat diese Schürze getragen?<<
>>Oder ein Schlachter.<<, sagte Chandler.
Swanson überlegte, ob das in diesem Fall nicht ein und dasselbe war." (S. 127)


Einen gelungenen Abschluß bildet das Nachwort von Nevill Swanson, Urenkel des berühmten Inspectors Donald Sutherland Swanson, der über den "wirklichen" Inspector Swanson erzählt.

Fazit:
Bevor ich an diesen Krimi ging, las ich das Sachbuch "Jack the Ripper - Anatomie einer Legende". Ich war also quasi auf dem letzten Stand der "Ripper-Forschung".
Daher fand ich es besonders interessant und äußerst bewundernswert, wieviel Fakten der Autor in diesen Krimi fließen ließ und dies zu einer neuen und spannenden Geschichte verwoben hat. Selbst für sogenannte "Ripperologen" ist dieser Krimi also durchaus lesenswert.

Ich habe das Buch innerhalb von 2 Tagen verschlungen, war komplett in die Jagd von "Jack the Ripper" vertieft und tauchte nur ungern wieder daraus auf.
Wieder einmal konnte mich Robert C. Marley von sich überzeugen und ich freue mich schon jetzt, mit dem 3. Teil der Inspector Swanson-Reihe ein weiteres Mal in das viktorianische London einzutauchen, um mit dem Inspector auf Verbrecherjagd zu gehen.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 12.05.2018

Ein spannendes, wie auch aufschlussreiches Sachbuch über den Serienkiller „Jack the Ripper“. Objektiv und fesselnd erzählt.

Jack the Ripper
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Jack the Ripper – der Name sorgt für Gänsehaut.
Das Rätsel um den bekanntesten Serienmörder der Geschichte ist noch immer ungelöst. Wer war es, der im Herbst 1888 in London mindestens fünf Prostituierte ...

Jack the Ripper – der Name sorgt für Gänsehaut.
Das Rätsel um den bekanntesten Serienmörder der Geschichte ist noch immer ungelöst. Wer war es, der im Herbst 1888 in London mindestens fünf Prostituierte auf bestialische Art und Weise tötete? Jack-the-Ripper-Forscher auf der ganzen Welt versuchen seit über 120 Jahren, das Mysterium zu entschlüsseln.
Update 2017: Hier legen die Autoren ein gründlich überarbeitetes Standardwerk vor: die aktuelle objektive deutschsprachige Gesamtdarstellung zum bekanntesten Fall der Kriminalgeschichte. Sie haben unzählige historische Zeitungsartikel, umfangreiche Londoner Polizeiakten sowie bisher unveröffentlichte Dokumente studiert. Minutiös werden die Ereignisse und Zusammenhänge der Taten rekonstruiert, die Fakten, die für oder gegen die Hauptverdächtigen sprechen, abgewogen und mögliche Theorien vorgestellt.
Ein spannendes Sachbuch mit vielen nützlichen Zusatzinformationen – nicht nur für „Ripperologen“...
(Klappentext)

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"Er hat unsere Vorstellung vom viktorianischen London mit seinen nebelschwangeren Straßen, den über das Kopfsteinpflaster klappernden Kutschen und den in Zylinder und knielangen Mantel gekleideten Gentlemen - neben Arthur Conan Doyle's Romanhelden Sherlock Holmes - wie vielleicht kein anderer geprägt." (S. 9 - Prolog)

Er ist einer der berüchtigsten Serienkiller der Geschichte. Jeder hat von ihm schon gehört und er ist nicht nur in England bekannt, sondern weltweit. Es ranken sich viele Geschichten und Geheimnisse um den nie gefassten Killer, der im verruchten Londoner East-End des viktorianischen Englands 1888 für nur wenige Monate wütete. Es gibt genau so viele Romane, Sachbücher, Filme und Dokumentationen wie Legenden.
Die Rede ist von "Jack the Ripper".

Autoren wie Regisseure ließen sich von ihm und seinen Taten inspirieren und natürlich gibt es auch unzählige Sachbücher (diese jedoch fast ausnahmslos englischsprachig). Nicht selten werden in diesen wilde Spekulationen durch den Raum geworfen und sich auf gewisse Tatverdächtige versteift.
Das vorliegende Buch geht ganz anders an das Thema "Jack the Ripper" heran. hier erhält man einen wertfreien und nüchternen Einblick in die damaligen Ereignisse und die Polizeiarbeit, basierend auf historische Autopsieberichte, Polizeidokumente und Zeitungsartikel.

Hier werden die Opfer dieses brutalen Serienkillers nicht vergessen, sondern ausführlich vorgestellt - ihr Umfeld, ihre Lebensweise, etc. Dadurch bekommen diese Frauen ein Gesicht. Für allzu zartbesaitete Leser ist dieses Sachbuch jedoch nur bedingt zu empfehlen, da auch die Mordtaten, inklusive Verletzungen, ausführlich beschrieben werden und Post Mortem-Fotos enthalten sind.
Ebenso werden hier die wichtigsten Tatverdächtigen vorgestellt, ohne sich jedoch auf einen von ihnen zu versteifen.

Inhaltsangabe:

-London 1888

"Die Traurigen, die Kranken und die Hilflosen
(Thomas Archer in 'The Terrible Sights of London', 1870)" (S. 13)


Besser kann dieses Kapitel nicht eingeleitet werden, denn hier geht es um die Geschichte des Londoner East End, wobei einem auch die fürchterlichen Lebensumstände der damaligen Bewohner näher gebracht werden.

-Die Mordserie

">>Ich bin schwach und krank und war sgoar in der Krankenstube - halte mein Bett für mich frei. Ich werde bald zurück sein.<<
(Anni Chapman zu Timothy Donovan, Vorsteher der 'Crossingham's'-Unterkunft, am 8. Sept. 1888)" (S. 51)


Hier werden die Opfer und ihre Lebensumstände vorgestellt, sowie der rekonstruierte Tathergang des jeweiligen Opfers. Auch die Verletzungen werden beschrieben und es wird ersichtlich wie brutal der Täter vorgegangen ist. Man erhält Einblicke in Zeugenaussagen, Autopsieberichte und richterliche Anhörungen und auch allgemein in das Leben der damaligen Zeit. Auch der immense Druck unter dem die Polizei stand wird hier thematisiert.

-Die Verdächtigen

">>Von diesem Mann sagt man, dass er Frauen grausam behandelte, und es war bekannt, dass er Seziermesser und andere Instrumente mit sich führte.<<
(Assistant Commissioner Sir Melville Macnaghten, Aberconway Papers.)" (S. 246)


Hier werden die wichtigsten Tatverdächtigen, ebenfalls durch eine kleine Biographie, vorgestellt, wie auch schon bei den Opfern. Ebenso wie sie auf die Tatverdächtigen-Liste gelangen konnten (manche gelangten erst vor wenigen Jahrzehnten oder gar vor wenigen Jahren auf diese Liste).
Pro und Kontras wurden erstellt, sowie ein Täterprofil für "Jack the Ripper".
Natürlich besteht die Möglichkeit, dass es keiner von diesen war und der Täter niemals wirklich ins Visier der Polizei rückte.

-Fußnoten-Verzeichnis,
welches unbedingt beachtet werden sollte, da auch dieses interessante Informationen bereithält.

Weiters enthält dieses Buch ein Personenregister und ein Literatur- und Bildverzeichnis.

Dies alles erfolgt in einem klaren und flüssigen Schreibstil und die Erzählweise ist objektiv und keinesfalls reißerisch. Das hebt dieses Sachbuch von vielen anderen über "Jack the Ripper" ab.

Fazit:
Ich habe schon einige Bücher über "Jack the Ripper" gelesen und auch viele Dokumentationen gesehen, aber selbst für mich waren hier noch viele und neue Informationen enthalten.
Zudem ist es ein Sachbuch, welches sich teilweise wie ein brutaler Thriller liest und mich dadurch regelrecht fesseln konnte.
Meiner Meinung nach ist es eines der besten Sachbücher in Bezug auf "Jack the Ripper", ein ebenso gutes Nachschlagewerk und daher ein Must-Have für alle "Jack the Ripper"-Interessierten (hätte ich doch fast "Fans" geschrieben, aber das wäre doch arg übertrieben gewesen ^^).

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 19.04.2018

Ein fesselndes Sachbuch über die verschiedensten forensischen Fachrichtungen, welches mich begeistert zurücklässt.

Anatomie des Verbrechens
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Dem, der genau hinhört, enthüllen die Toten alles: Woher sie kommen, wie sie gelebt haben, wie sie gestorben sind. Wie minimal die Spur auch sein mag, dem scharfen Blick des Forensikers entgeht nichts.
Krimiautorin ...

Dem, der genau hinhört, enthüllen die Toten alles: Woher sie kommen, wie sie gelebt haben, wie sie gestorben sind. Wie minimal die Spur auch sein mag, dem scharfen Blick des Forensikers entgeht nichts.
Krimiautorin Val McDermid erzählt erstmals anhand von konkreten, spektakulären Beispielen von ihrer Faszination darüber, wie die Gerichtsmediziner arbeiten und selbst die kompliziertesten Fälle lösen...
(Klappentext)

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"Die Geschichten über die oft langwierige Etappe, die zwischen Verbrechen und Gerichtssaal liegt, werden sie nicht loslassen. Sie zeigen, dass die Wirklichkeit alles, was man erfinden kann, weit hinter sich lässt." (S. 12)

Das oben erwähnte Zitat kann ich genau so unterschreiben!

Hier werden anhand von historischen Kriminalfällen, sowie von solchen in der Gegenwart, die Geschichte und die Arbeitsweise verschiedener forensischer Fachrichtungen näher gebracht.
Man ist von Anfang an dabei - vom Tatort selbst angefangen, über die Gerichtsmedizin, bis hin zum Gericht und der Darlegung der Beweise. Es kommen Spezialisten wie z.B. Brandermittler, Pathologen und Wissenschaftler zu Wort, welche uns so Einblick in ihre Arbeitswelt ermöglichen.

Beim Lesen erkennt man, dass die Autorin eine Thriller-Autorin ist, da dies alles auf einer sehr packende Art und Weise geschieht und auch für den interessierten Laien leicht verständlich ist.

Inhalt inkl. ein paar Beispielen:

Tatort:
- historisches Beispiel wie sich die Tatortbegehung und Spurensicherung im Laufe der Geschichte änderte.
- wie sehr uns Serien wie vor allem "CSI - Den Tätern auf der Spur" beeinflussen, negativ wie positiv.

Spurensicherung am Brandort:
- unter welchen Bedingungen diese Ermittler arbeiten und was sie aus einem Häufchen Asche alles herauslesen könne. Hat z.B. jemand von Euch gewusst, dass ein Streichholz niemals komplett verbrennt, möge der Brand noch so groß und heiß sein? Diese Ermittler können anhand der kleinsten Rückstände sogar die Streichholzmarke bestimmen.
- der große Brand von London 1666

Entomologie, forensische Insektenkunde:
- der erste Fall der anhand von Fliegen gelöst wurde
- wie Entomologen anhand von Insekten den Todeszeitpunkt fast auf die Woche genau bestimmen können

Pathologie:
- die erste uns bekannte Autopsie
- was Arthur Conan Doyle mit dem Star-Rechtsmediziner Spilsbury zu schaffen hatte und was Eitelkeit bei einem Rechtsmediziner anrichten kann
- wie ein Rechtsmediziner Schritt für Schritt vorgeht, um Todeszeitpunkt, Todesart, etc. zu bestimmen und weitere Beweise sammelt

"Keine zwei Körper zersetzen sich auf die gleiche Weise und im gleichen Tempo. Man kann zwei Leichen betrachten, die buchstäblich nur 2 Meter auseinander liegen, und sie können auf vollkommen verschiedene Weise verwesen." (S. 109)

Toxikologie:
- die Geschichte der Giftmorde, der Gifte und deren Aufklärung
- Giftmorde durch Personal des Gesundheitswesens

Fingerabdrücke:
- Grundlage des Beweismittels Fingerabdruck und weshalb man sich nicht zu sehr darauf versteifen sollte.

Blutspuren und DNA:
- Geschichte des DNA Profils und Interpretation von Blutflecken
- Das erste Verbrechen, welches mittels eines DNA-Profils aufgeklärt wurde

Anthropologie:

"Blutige Kriege und Naturkatastrophen sind ihr Einsatzgebiet; die Toten nach Hause zu bringen ist ihr Beruf." (S. 211)

-Wie Anthropologen z.B. in ehemaligen Kriegsgebieten, nach Naturkatastrophen eingesetzt werden und wie sie arbeiten.
- was man alles anhand eines Skeletts herausfinden kann und das dafür manchmal nur ein 4mm kleines Stück Knochen benötigt wird.

Gesichtskonstruktionen:
- Wie den Skelettüberresten von Toten das Gesicht zurückgegeben wird, angefangen bei ägyptischen Mumien bis hin zu Vermisstenfällen.

Digitale Forensik:
- die Cyber-Ermittler vor denen nichts verborgen bleibt.
- der Fall McAfee (Gründer der Antiviren-Software)

Forensische Psychologie:
- gibt es das "Psychopathen-Gen"? Laut dem Neurowissenschaftler James Fallon ja. Dies konnte er durch Gehirnscans und DNA an sich selbst beweisen.
- Beispiele anhand von Fällen wie "Der Vampir von Düsseldorf" und "Jack the Ripper".
- Die Geschichte des Profilings

Vor Gericht:
- über die Arbeit der Vertreter der Anklage, sowie die der Verteidigung
- der Weg von Beweismitteln vom Tatort bis zum Gericht
- Der Prozess - der ultimative Test forensischen Beweismaterials

"Und wenn sie im Gericht ihren Zweck verfehlen, sind alle Anstrengungen der forensischen Wissenschaftler - Computerspezialisten, Rechtsmediziner, Insektenkundler, Experten für Fingerabdrücke, Toxikologen, etc. - umsonst gewesen." (S. 333)

Dabei wird der Leser auf jeder Seite von einer täuschend echten Fliege begleitet, die ich nicht nur einmal versuchte wegzuwischen.

Hier wühlen also Brandermittler stundenlang durch stinkende und schmutzige Trümmer, Maden werden von verwesenden Leichen gesammelt und zertrümmerte Schädel konstruiert.
Man blickt hinter die Kulissen der verschiedensten Experten, welche den Kampf um Gerechtigkeit auf ihre Weise bestreiten und dabei dem Tod und was dieser übrig lässt, direkt ins Gesicht blicken.
Sie sind mehr als nur Ermittler, Wissenschaftler, Forscher oder Psychologen. Es sind Menschen, die für die Gerechtigkeit in Abgründe blicken und es werden immer neuere Techniken und Ideen geboren, welche ein perfektes Verbrechen nahezu unmöglich machen.

Fazit:
Ein fesselndes Sachbuch über die verschiedensten forensischen Fachrichtungen, welches mich begeistert zurücklässt. Packend und leicht verständlich und daher kaum aus der Hand zu legen. Ich habe es regelrecht verschlungen, als hätte ich einen Thriller in der Hand.
Von Val McDermid habe ich bisher noch keinen Thriller gelesen, doch dies wird sich nun definitiv ändern. Denn wenn ihre Thriller nur halb so spannend und packend sind, hat sie bei mir schon gewonnen.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 09.04.2018

Ein packender Thriller der nichts für schwache Nerven ist und man auch in die kranke Gedankenwelt des Täters blickt. Ein wahrer Pageturner!

Die perfekte Gefährtin
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WIE WEIT WIRD ER GEHEN, UM DIE PERFEKTE FRAU ZU FINDEN? ... In der Nähe von Edinburgh werden in einer abgebrannten Waldhütte die Überreste einer Frauenleiche gefunden. Nur wenige Gewebespuren führen zu ...

WIE WEIT WIRD ER GEHEN, UM DIE PERFEKTE FRAU ZU FINDEN? ... In der Nähe von Edinburgh werden in einer abgebrannten Waldhütte die Überreste einer Frauenleiche gefunden. Nur wenige Gewebespuren führen zu dem Schluss, dass es sich bei der Toten um die vor Tagen verschwundene Anwältin Elaine Buxton handelt. Detective Luc Callanach, der gerade erst seinen Dienst bei der Police Scotland angetreten hat, leitet die Ermittlungen. Doch er ahnt nicht, dass die echte Elaine Buxton noch lebt und in einem Keller gefangen gehalten wird ― von einem Mann, der nur einen Wunsch hat: die Frau zu finden, die er in seine perfekte Gefährtin verwandeln kann. Wird Callanach das Rätsel lösen, bevor der Täter die Geduld mit seinem Opfer verliert? ... (Klappentext)

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"Mit beinahe väterlicher Fürsorge legte er den Körper ab und breitete die Glieder aus, damit die Luft frei um die Haut zirkulieren konnte." (S. 7 - Anfang)

Der erste Satz und schon ist man mitten drin im Thriller. Hier wird nicht lange rumgefackelt und ab diesem Zeitpunkt kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.

Da wäre ein schottischer Franzose der in Edinburgh einen Neuanfang wagt und es dort nicht nur aufgrund seines Akzents schwer hat, sondern auch wegen seines Aussehens. Er könnte nämlich durchaus als "Unterwäschemodel" (Buchzitat) durchgehen.
Wenn er dann auch noch so ein eitler und/oder aalglatter Fatzke gewesen wäre, dem immerzu die Sonne aus dem Arsch scheint, hätte ich wohl genau an dieser Stelle das Buch zugeklappt. Doch DI Luc Callanach ist alles andere als eitel oder aalglatt und die Sonne scheint ihm so viel aus dem Arsch, wie es die Sonne in den schottischen Highlands im Herbst zu tun pflegt. Er ist nämlich keineswegs auf den Mund gefallen, etwas griesgrämig und direkt. Blöd kommen braucht ihm auch keiner und schnell wird dem Leser klar, dass hier ein kompetenter Ermittler am Start ist. Immerhin ehemaliger Interpol-Agent und mit allen Wassern gewaschen. Außerdem wird sein tolles Aussehen kein weiteres Mal mehr erwähnt, was meine kleine Befürchtung war.
Weshalb er seinen Job aufgab, um zur schottischen Polizei zu gehen und regelrecht aus Frankreich geflüchtet ist, bleibt lange sein Geheimnis, über das er nicht reden möchte. Sicher ist, dass er daran ordentlich zu knabbern hat.
Kaum hat er seinen Dienst angetreten wird eine bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leiche gefunden. Die wenigen Hinweise, welche sichergestellt werden konnten, weisen auf die vermisste Anwältin Elaine Buxton hin. Doch irgendwas kommt DI Callanach suspekt vor und sein Bauchgefühl sagt ihm, dass daran etwas nicht stimmt.

Hier eröffnen sich dem Leser zwei Handlungsstränge in denen man zum Einen DI Collanach begleitet.
Im zweiten Handlungsstrang taucht man in die kranke Gedankenwelt des Täters Dr. Reginald King ein. Ein Komplexhaufen mit verschrobener Wahrnehmung und der gerne Gott spielt. Er möchte sich eine perfekte Gefährtin kreieren, die ihm ebenbürtig ist. Natürlich muss diese schon vorher intelligent sein und eine starke Persönlichkeit besitzen. Für den Vorgang setzt er grausame Foltermethoden als Erziehungsmaßnahme ein, um sie zu biegen und zu brechen, bis sie so ist, wie sie in seinen Vorstellungen sein soll. Dafür sind jedoch auch Opfer notwendig.

"Mit der Ausnahme des schreienden, wimmernden, sabbernden, plärrenden Haufens lebendigen Fleisches war alles um ihn herum verblasst. Kein peripheres Sehen hätte ihn ablenken können, und er hatte außer ihren animalischen Schreien nichts mehr gehört. Das waren die intensivsten, konzentriertesten Sinneseindrücke, die er je erlebt hatte." (S. 33)

In diesem Thriller ist dem Leser von Anfang an klar wer der Täter ist, doch das nimmt dem keineswegs die Spannung. Im Gegenteil, denn das Interessante und vor allem das Spannende ist hier die Ermittlungsarbeit. Die Autorin überlässt hier nichts dem Zufall, wie es in so manch anderen Thrillern und Krimis nur allzu häufig vorkommt.

Auch die Charaktere sind gut gezeichnet und authentisch. DI Collanach hat zwar durchaus ein mehr oder weniger privates Problem, doch das führt bei ihm weder zu dem mittlerweile thrillerüblichen Alkoholismus, noch steht dieses Problem im Vordergrund. Hier wird also keineswegs über Seiten hinweg rumgejammert. Für mich ist das ein großer Pluspunkt.

Der Schreibstil ist bildhaft und erzeugt wahres Kopfkino.
Der Plot ist außergewöhnlich, durchwegs spannend und enthält mehrere überraschende Wendungen.
Obwohl es bezüglich des Täters keine Überraschung geben kann, enthält dieser Thriller einen spannenden Showdown, der einem mitfiebern lässt.

Fazit:
Hier hält man wirklich einen wahren Pageturner in der Hand und ich habe diesen Thriller in kürzester Zeit verschlungen.
Nun hoffe ich, dass auch die weiteren Teile dieser Reihe nicht allzu lange nach der englischen Erstveröffentlichung, auf sich warten lassen.
By the way - dieser Thriller ist angeblich ab 16 Jahren, also ein Jugendthriller, was ich aufgrund der bildhaften Beschreibung von so mancher Gewalttat eher bezweifle.

© Pink Anemone

Veröffentlicht am 09.04.2018

Eine Mischung aus Thriller und Milieustudie in typisch schottischer Manier - schräg, mit coolen Sprüchen und bissigem Sarkasmus.

Wer andern eine Bombe baut
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War’s das für Raymond Ash? An der Uni träumten er und sein Kumpel Simon von einer Zukunft als Rockstar, stattdessen hat er jetzt, mit Mitte 30, ein schreiendes Baby und einen neuen Job als Lehrer an der ...

War’s das für Raymond Ash? An der Uni träumten er und sein Kumpel Simon von einer Zukunft als Rockstar, stattdessen hat er jetzt, mit Mitte 30, ein schreiendes Baby und einen neuen Job als Lehrer an der Backe – und Simon ist seit drei Jahren tot. Kein Wunder, dass Ray seinen Augen nicht traut, als er ihn am Glasgower Flughafen sieht. Und dann geschehen auf einmal Dinge, die seltsamer und brutaler sind als jedes von Rays geliebten Computerspielen.
Gemeinsam mit der Polizistin Angelique de Xavia (bekannt aus Die hohe Kunst des Bankraubs) gerät er in sich immer schneller überschlagende Ereignisse, und die beiden müssen über sich hinauswachsen, um einen Terroranschlag zu verhindern, den der »neue«, sehr sehr böse Simon verüben will. Nur: was ist überhaupt das Ziel der Attacke? Die Spur führt in die schottischen Highlands …
(Klappentext)

Hier muss man definitiv Geduld haben bis man weiß wohin einem der Autor führen will, sich der Unzufriedenheit der Protagonisten stellen und sich darauf einlassen.
Der Autor schafft es ein Portrait der Gesellschaft zu zeichnen in der alle unzufrieden sind und vor sich dahin leben, angepisst auf das Leben und einem selbst sind bis...ja bis ihnen alles um die Ohren fliegt (im wahrsten Sinne), das Grauen Einzug hält und man, genau wie auch die Protagonisten selbst, erkennt, dass die ganze Jammerei unnötige Kleinscheißerei ist....doch dann ist es zu spät.
In einem Moment fragt man sich, wohin einem der Autor führen will, im nächsten fliegen einem so plötzlich die Körperteile entgegen, sodass man nahezu genauso geschockt ist, wie die Protagonisten selbst.

"Zwischen sich und dem kornblumenfarbenen Sommerkleid sah er zwei Beine in den Trümmern liegen. Ein Fuß fehlte, der andere hing noch an fransigen Fleischfetzen. Der Schuh sah aus wie seiner. Genau solche hatte er auch, aber heute hatte er sie nicht angezogen. Heute nicht. Heute hatte er andere an, die alten. Bitte!" (S. 44)

Die Thematik des Terrors, die der Autor hier aufgreift, ist aktueller denn je und Brookmyre geht hier noch um einiges weitere - Auftragsterrorismus. Für Geld Bomben legen und so viele Menschen wie möglich mitreißen.

Und in dieser Branche hat einer die Nase ganz vorne - Black Spirit.
Er hieß mal Simon, war aber schon immer ein arrogantes Arschloch und immer der Meinung er wäre zu etwas Großem bestimmt. Nun ist er freischaffender Terrorist und genießt die Macht über Menschenleben zu bestimmen. Dieser beginnt nun sogar Visitenkarten zwischen all dem Schutt und der Leichen zu hinterlassen. Besseres Marketing gibt es fast nicht und eines muss man schon sagen - die coolsten Sprüche hat er auf Lager.

Doch die Anti-Terroreinheit Englands ist nun auf seinen Fersen. Darunter die zierliche aber toughe Angelique de Xavia (kurz Angel X genannt), die vor allem damit zu kämpfen hat die einzige Frau in dieser Truppe zu sein. Aber das schert sie einen Scheißdreck und ebenso wenig hat sie Respekt vor diesem Auftragsterror-Heini. Sie will ihn einfach nur zur Strecke bringen.

Dann wäre da noch Ray. Ein Mittdreißiger der seinem alten Leben als Profi-Gamer ohne Baby mit Koliken nachheult. Er hat für die Familie all seine pubertären Träume aufgegeben und führt jetzt ein solides Leben als Lehrer und Papa eines schreienden Kindes. Hinfort sind seine Träume Rockstar zu werden, oder das Geld als Gamer zu verdienen. Nach der Arbeit flüchtet er sich manchmal auf den Flughafen. Er beobachtet die Abflüge und genießt das Gefühl die Möglichkeit zu haben aus der ganzen Alltagsscheiße auszubrechen - einfach in einen Flieger steigen, Frau und Kind hinter sich lassen und einen Neuanfang wagen. Doch dann sieht er einen alten Freund, was eigentlich nicht möglich ist, da Simon seit über 3 Jahren tot ist. Erinnerungen kommen hoch und es macht KLICK.

"Es war eine schallende psychologische Ohrfeige gewesen, die ihn aus seinem depressiven Tunnelblick gerissen hatte, sodass er wieder richtig sehen konnte, was wirklich vor ihm lag." (S. 101)

Doch was nützt einem diese Erkenntnis, wenn man auf einmal gejagt und versucht wird einem den Kopf wegzupusten?

Last but not least hätten wir da noch zwei 13-jährige Jungs, Murph und Lexy.
Zwei typische Jungs, die sich in ihrer Coolness übertreffen wollen, die Schule schwänzen und allzu neugierig sind. Diese Neugierde wird ihnen jedoch zum Verhängnis und sie sind dadurch in dieser terroristischen Action schnell mitten drin, statt nur dabei. Nun müssen sie über sich hinauswachsen, um aus dieser Scheiße wieder heil herauszukommen und wenn man schon dabei ist, kann man den bösen Kriminellen doch auch gleich ordentlich ans Bein pissen.

Dieser Thriller wurde bereits 2001 veröffentlicht, trotzdem ist er aktueller denn je.
Mit Ray und Simon reist man in deren Rückschau jedoch auch in die verrückten 90er und vor allem Gamer werden daran ihre Freude haben. Ray vergleicht nämlich sein Leben und was darin passiert gerne mit einem PC-Game.

"Es war Team Deathmatch, dachte Ray, Rocket-Arena-Regeln: keine Health Packs, keine neue Armour, keine Respawns; wenn man stirbt, bleibt man tot, das erste Team, das komplett ausgelöscht wird, hat verloren." (S. 457)


Zudem ist dies nicht nur ein Thriller, sondern auch eine Milieustudie vom Feinsten. Hier werden also auch ruhigere und tiefsinnige Töne angeschlagen und daher hat der Thriller zwischendurch auch den Charakter eines Romans.
Beides ist jedoch gewürzt mit herrlich schwarzem Humor und bissigem Sarkasmus. Dieser Thriller erinnert mich daher so ein wenig an den Film "Bube Dame König Gras", falls den jemand kennt.

Fazit:
Dieser Thriller ist für all diejenigen, die ein Faible für Spannung UND intelligente Unterhaltung und nichts gegen bissigen Humor und den ein oder anderen derben Spruch haben.
Vor allem Gamer der 90er, die "Doom" und "Half-Life" zockten, kommen durch Ray auf ihre Kosten und können daher, wie ich, in Erinnerungen schwelgen.

Ich habe geschmunzelt, gelacht, mir vor Spannung die Nägel abgekaut und reiste mit Vergnügen in die 90er. Es war eine Freude in diesem Thriller im typischen scottish Style zu lesen und wurde bestens unterhalten. Herz, was willst du mehr?

© Pink Anemone