Zwei Leben für den Kaiser
Der Löwe des KaisersKaiser, Papst und Gegenpapst, Ehrgefühl über alles, Intrigen zwischen den Herzögen, Auflösung kinderloser Ehen – das ist die Zeit, in die uns die Autorin entführt.
Historischer Hintergrund:
Wir befinden ...
Kaiser, Papst und Gegenpapst, Ehrgefühl über alles, Intrigen zwischen den Herzögen, Auflösung kinderloser Ehen – das ist die Zeit, in die uns die Autorin entführt.
Historischer Hintergrund:
Wir befinden uns im Hochmittelalter, 12. Jahrhundert. Die deutschen Lande sind in viele kleine oder größere Fürstentümer aufgeteilt. Über ihnen allen herrscht Friedrich I, genannt Barbarossa als „Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“. Diese Kaiserwürde ist nicht erblich, sondern die sieben Kurfürsten (drei geistliche und vier weltliche) wählen „ihren“ Kaiser. Bestechung, Korruption und Machtmissbrauch sind die gängigen Mittel um dem „richtigen“ Kandidaten auf den Thron zu verhelfen. Ganze Fürstentümer werden hin- und her geschoben, bis endlich ein Kaiser gewählt wird, der als „kleinster gemeinsamer Nenner“ gilt. So mancher Kaiser ist bald wieder in der Versenkung verschwunden, Friedrich nutzt die Gunst der Stunde. Allerdings legt er sich recht bald mit dem Papst in Rom an. Mehrmals zieht er gegen die Lombardei zu Felde und vor Rom verliert er einen großen Teil seiner Truppen durch die Malaria.
Inhalt:
Die Zwillinge Einhard und Gunnar von Arsberg wachsen als junge Knappen auf der Burg Wallberg heran. Die Brüder können nicht unterschiedlicher sein: Gunnar ist ein Womanizer, Einhard bedächtig.
Kurz bevor sie in den Ritterstand erhoben werden, reißt die Geschichte das Brüderpaar auseinander. Der eine, Gunnar folgt Kaiser Friedrich I. Barbarossa, der andere, Einhard wird Gefolgsmann Herzogs Heinrich, genannt der Löwe.
Durch die damals vorherrschende Primogenitur (nur der älteste Sohn erbt, aber dafür alles), bleibt für die beiden jüngeren nur der Weg, durch eigene Ruhmestaten Lehen und Ansehen zu verdienen.
Durch ein Missverständnis, gehen sie einander aus dem Weg. Werden sie sich aussöhnen?
Erzählweise/Spannung:
Autorin Cornelia Kempf schafft es, durch penible Recherche einer Vielzahl von geschichtlichen Details die Welt des Mittelalters vor uns Lesern wieder auferstehen zu lassen. Dabei vermittelt sie das Wissen so geschickt, dass der Leser niemals den Eindruck hat, Wissen vermittelt zu bekommen. Die Informationen werden subtil und spielerisch dargeboten. Es fehlt der moralische Zeigefinger. Die Leser können sich selbst ein Urteil über die Protagonisten bilden. Sei es ob man lieber Gunnar und seine zahlreichen Liebschaften mögen, oder eher die Sympathie seinem Zwillingsbruder Einhard schenken soll. Genauso verhält es sich mit den Mächtigen jener Zeit. Friedrich oder Heinrich, das ist hier die Frage.
Durch geschicktes Aneinanderreihen von Szenen bzw. Aussparen derselben ist der Leser verführt, ständig und unablässig weiterzulesen, obwohl vielleicht andere Dinge wie die Hausarbeit oder das Bett rufen.
Sehr klug und sehr spannend!
Einige Personen werden unvermutet eingeführt. Nicht immer ist deren Rolle gleich sichtbar. Doch einige entwickeln sich rasant und warten darauf im zweiten Teil dieses Mittelalterepos ihren Platz zu finden.
Charaktere:
Gunnar und Einhard sind sich als Zwillinge sehr, sehr vertraut. Daher ist es für beide ein Leichtes, den anderen zu verletzen.
Stolz und eigensinnig sind sie auch, daher ist der Weg zu Versöhnung im wahrsten Sinn spitz und schmerzhaft.
Diese Fähigkeiten hat die Autorin sehr gut herausgearbeitet.
Friedrich I. ist wie alle Mächtigen der Welt von Schleimern, Schmeichler und Intriganten umgeben. Daher schätzt er Gunnars ehrliche Worte, auch wenn sie manchmal ziemlich ungehörig sind. Für weniger freche Worte sind schon häufig die Köpfe gerollt.
Heinrich der Löwe ist machthungrig dargestellt. Er ist wie Friedrich ein Kind seiner Zeit. Geld, Macht und Einfluss sind ihm wichtig – je mehr desto besser.
Nun zu den Frauengestalten: wir begegnen gemeinsam mit Einhard der großen Liebe, die keine Zukunft hat. Wir stürzen uns mit Gunnar in die Arme zahlreicher Liebschaften.
Oda, die Witwe nach Wolfram, der Zwillinge großer Bruder und Mutter des Erben Bernhard, ist einerseits zänkisch andererseits die beschützende Mutter, die ihren einzige Sohn lieber einem Kloster anvertraut als ihn Ritter werden zu lassen.
Dann Agnes, sie kennen Einhard und Gunnar aus ihrer Zeit als Knappen auf Wallburg, ist mit dem Fiesling Walther verheiratet. Sie beginnt mit Einhard ein Verhältnis und bringt ihn dadurch in tödliche Gefahr. Sieht so wahre Liebe aus?
Dann hätten wir da noch Luzia, die in Gunnars Leben eine nicht unbedeutende Rolle spielt.
Hier, bei den Frauen, ist der einzige Punkt in dem ich mit der Autorin nicht ganz d’accord gehe. Ehebruch durch die Frau wird mit aller Härte bestraft. Und das wissen die Damen des Adels. Ob sie wirklich so schnell, beinahe leichtfertig, eine Liebschaft eingegangen sind?
Fazit:
Ein wunderschönes Buch, das den interessierten Lesern das Mittelalter und seine Lebensart völlig unaufgeregt und unterschwellig näherbringt. Die verwirrende Politik rund um die Deutschen Fürstentümer, den Kaiser und die Macht der Päpste ist gekonnt mit dem Leben von Gunnar und Einhard verflochten.
Ein echter Glücksgriff und eine absolute Empfehlung für die Liebhaber von historischen Romanen.
Voll Ungeduld und Spannung warte ich auf den zweiten Teil, dessen Untertitel „der Fall“ ein böses Ende erwarten lässt. Doch für wen?