Was, wenn man die passenden Worte nicht mehr findet?
Tage zwischen Ebbe und FlutKurzbeschreibung
Der 70 jährige Felix hat Alzheimer. Seine Gedanken sind wie Wellen im Kopf. Er spricht aus was viele sich nicht zu sagen trauen und macht Dinge, die sonst niemand tun würde.
Sein größter ...
Kurzbeschreibung
Der 70 jährige Felix hat Alzheimer. Seine Gedanken sind wie Wellen im Kopf. Er spricht aus was viele sich nicht zu sagen trauen und macht Dinge, die sonst niemand tun würde.
Sein größter Wunsch ist eine Kreuzfahrt und so erlebt er sein größtes Abenteuer, während es für seine Frau, seine Tochter und Enkeltochter eine Reise durch schwere Gewässer wird, die jedoch Kurs auf die Sonne nimmt.
Eindruck
Worte. Meist kommen sie uns leicht über die Lippen und manchmal, manchmal suchen wir nach den richtigen, den passenden Worten, die beschreiben sollen, was wir fühlen, was wir denken.
Doch was wenn man sie einfach nicht mehr findet? Wenn eine vermaledeite Krankheit, nämlich Alzheimer, dafür sorgt, dass man seine eigenen Gedanken nicht mehr mitteilen kann?
Unvorstellbar, und doch hat es Carin Müller auf eine sehr bewegende Art geschafft, dieses Gefühl dem Leser zu vermitteln.
In ihrer fiktiven Geschichte lässt sie Felix erzählen, wie das so ist, wenn man sich nicht mehr so mitteilen kann, wie man möchte.
Wenn man verwirrt ist, weil man glaubt, der längst verstorbene Hund sei noch am Leben.
Wie es sich anfühlen muss, wenn alle um einen herum die Entscheidungen für einen selbst treffen wollen.
Felix bekommt eine Stimme, doch auch seine Frau, seine Tochter und seine Enkeltochter spielen in dieser Handlung eine große Rolle.
Denn nicht nur Felix kämpft mit und gegen Alzheimer, auch die Familie ist längst damit konfrontiert und so dient eine Kreuzfahrt dazu, sich all dem zu stellen und Gehör zu verschaffen.
Doch nicht immer kann man die Wahrheit ertragen.
Laut aber auch leise, gefühlvoll und warmherzig, amüsant aber auch bissig, lässt dieser Roman alle Beteiligten auf emotionale und unterhaltsame Weise zu Wort kommen und berührt den Leser, der im besten Fall am Ende der Geschichte mehr Verständnis für Menschen haben wird, die mit Alzheimer leben müssen.
Figuren
Die Charaktere sind sehr feinfühlig dargestellt und ermöglichen dem Leser verschiedenen Emotionen zu durchleben. Selbst die Randfiguren sind intensiv beschrieben und untermauern die Handlung zusätzlich.
Ganz besonders Felix ist liebenswert, doch selbst wenn es die eine oder andere Figur es einem zunächst schwer macht sie zu mögen, am Ende mag man sie alle.
Schreibstil
Carin Müller besitzt einen sehr poetischen aber auch witzigen Schreibstil. Einige Sätze klangen so melodisch und besaßen so viel Tiefgang, dass sie mich nicht losließen. Mitunter schnürte es mir die Kehle zu, vor allem dann, wenn sie verschiedene Umstände beschrieb und dann wiederum lockerten ihre unterhaltsamen und amüsanten Passagen die Geschichte auf.
Viele ihrer Dialoge sind bissig und so richtig sarkastisch, was mir persönlich sehr gut gefiel.
Ihr bildhafter Schreibstil, mit dem sie den Schauplatz und die Figuren beschrieb, machten nicht nur Lust auf Urlaub, sondern ermöglichten mir ein richtiges Kopfkino, was die Geschichte nur umso intensiver machte.
Fazit
„Die Tage zwischen Ebbe und Flut“ ist ein wunderbarer Roman, der nicht nur traurig, sondern auch wunderschön ist.
Auf sehr bewegende und intensive Weise schafft die Autorin hier den Spagat zwischen einem sehr ernsten Thema und lockerer Unterhaltung.
Liebenswerte Figuren, ein wunderbarer Schreibstil und ein großartiger Schauplatz wurden für mich zu einem wahren Leseerlebnis.