Zum besseren Verständnis sollte man "Sturmhöhe" gelesen haben - so packte mich Roberts Suche nach Alicia nicht
Alicia verschwindetAlicia und Robert sind seit zehn Jahren Freunde. Als Robert kurz vor der Verlobung mit seiner Freundin Rovena steht, ist Alicia plötzlich verschwunden. In ihrer Wohnung hinterlässt sie offenbar absichtlich ...
Alicia und Robert sind seit zehn Jahren Freunde. Als Robert kurz vor der Verlobung mit seiner Freundin Rovena steht, ist Alicia plötzlich verschwunden. In ihrer Wohnung hinterlässt sie offenbar absichtlich ihren Lieblingsroman "Sturmhöhe" von Emily Bronte. Robert begibt sich daraufhin in Sorge auf die Suche nach ihr und erhält von Personen, die er nach Alicia fragt, weitere Hinweise in Form von drei Fotos. Die Suche Roberts wird zu einer Art Schnitzeljagd, die ihn durch England führt.
Der Roman ist ungewöhnlich aufgebaut, indem Robert seine Suche nach Alicia, die ihm so viele Rätsel aufgibt, an einem Abend einem "Doktor" erzählt, aus dessen Ich-Perspektive der Roman verfasst ist. Robert gehört der englischen Upperclass an, was sich auch in seiner Sprache niederschlägt. Anfangs fand ich den Schreibstil in Form einer Nacherzählung der Ereignisse befremdlich. Er wurde für mich erst aufschlussreich, als auch Alicia ihre Sicht der Geschichte dem "Doktor" erzählte.
"Alicia verschwindet" ist ein kurzer, schnell zu lesender Roman über die Liebe und welche Tricks von Nöten sein können, um dem Schicksal bzw. Liebesglück etwas auf die Sprünge zu helfen. Robert begibt sich nicht nur auf eine spielerisch von Alicia initiierte Suche nach seiner Freundin, deren Verschwinden er sich nicht erklären kann, sondern gelangt auch durch die Gespräche mit "Doktor" zu für ihn überraschenden Erkenntnissen über sich selbst und seine Beziehungen.
Der Roman ist originell, jedoch für Leser, die sich nicht unbedingt mit klassischer englischer Literatur auskennen und Romane von Edgar Allan Poe und insbesondere Emily Brontes "Sturmhöhe" nicht gelesen haben, zumindest im ersten Teil der Geschichte zu undurchsichtig. Die Anspielungen und Parallelen zu "Sturmhöhe" konnte ich so nicht erkennen, weshalb mir sicher viele Pointen und Doppeldeutigkeiten entgangen sind. Der raffinierte Kern des Romans blieb mir damit verborgen und "Alicia verschwindet" nur einer von vielen Romanen über eine Freundschaft aus der Liebe wird. Wer insofern die Symbolik zwischen den Zeilen begreifen möchte, sollte "Sturmhöhe" gelesen haben.
Weder im ersten Teil, der von Robert erzählt wird, noch im zweiten Teil, der von Alicia erzählt wird, erhält man Einblick in deren Gefühlswelt. Ich konnte ihr Suchen und Finden der Liebe deshalb nicht nachvollziehen, der Roman erreichte mich emotional nicht.