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Veröffentlicht am 21.04.2018

Vorhersehbare, flache Handlung, kindische Protagonisten und fehlendes Flair des Herrschaftshauses Anfang des 19. Jahrhunderts

Eine Liebe in Blackmoore
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Kate Worthington, genannt Kitty, ist 17 Jahre alt und träumt davon, ihrer Familie, insbesondere ihrer anstrengenden Mutter, für die sie sich in Gesellschaft schämt, zu entfliehen. Ihre Mutter möchte sie ...

Kate Worthington, genannt Kitty, ist 17 Jahre alt und träumt davon, ihrer Familie, insbesondere ihrer anstrengenden Mutter, für die sie sich in Gesellschaft schämt, zu entfliehen. Ihre Mutter möchte sie dagegen schnellstmöglich verheiraten und hat dafür auch schon einen heiratswilligen Herren gefunden. Kate weigert sich. Sie hat sich geschworen, nie so wie ihre Mutter und ihre Schwestern zu werden, möchte ihre Freiheit behalten und niemals heiraten. Ihr Ziel ist es, mit ihrer Tante nach Indien zu gehen.

Kates beste Freunde sind die Geschwister Sylvia und Henry Delafield, die jeden Sommer im Herrenhaus ihres Großvaters, Blackmoore, verbringen. Diesen Sommer lädt Henry ohne das Einverständnis seiner Mutter, die den schlechten Rufen der Worthington-Frauen kennt, nach Blackmoore ein. Kate ist euphorisch, hat sie doch nach den Erzählungen Henrys schon seit Jahren von einem Aufenthalt in Blackmoore im Heidemoor geträumt. Ihre Mutter lehnt diesen zunächst ab, lässt Kate nach einer Abmachung aber doch fahren. Kate hat ihrer Mutter das Versprechen abgenommen, dass sie bei Ablehnung von drei Heiratsanträgen, die sie in Blackmoore bekommen soll, frei ist, um nach Indien zu reisen.

Der Roman spielt im Jahr 1820 im Norden Englands und handelt vom Kampf einer jungen Frau für Unabhängigkeit und Freiheit.
Kate fühlt sich wie ein Vogel, gefangen in einem goldenen Käfig. Schon als 14-Jährige hat sie sich nach einem einschneidenden Erlebnis geschworen, niemals zu heiraten. Von der Freizügigkeit ihrer Mutter und Schwestern abgestoßen und durch die Erkenntnis, der lieblosen Ehe ihrer Eltern fühlt sie sich darin weiterhin bestärkt.

Kate oder Kitty, wie sie von allen bis auf Henry trotz mehrfachen Insistierens genannt wird, ist ein anstrengender Charakter. Mit ihren 17 Jahren wirkt sie noch jünger als sie eigentlich ist, wie ein Trotzkopf, der hohe Erwartungen und Ansprüche an sich und andere hat, aber eigentlich doch nicht so recht weiß, was sie will.
Zunächst träumt sie von einem Besuch in Blackmoore, dem traumhaften Anwesen der Delafields, das ihr Henry von Jahren als Modell nachgebaut hatte. In Blackmoore ist sie schnell ernüchtert, als sie feststellt, unerwünscht zu sein und als einziger Gast in einem anderen Flügel untergebracht wird. Von den anderen Besucher - auch von den männlichen Gästen - von denen sie sich eigentlich die Heiratsanträge erwartet hat - wird sie nicht ernst genommen. Sie setzt bald schon alles daran, ihre Mutter zu überlisten und nach Indien zu gelangen. Ihr treuer Freund Henry soll dabei der Ausweg aus ihrem Schlamassel sein...

Nach den guten Bewertungen des amerikanischen Originals hatte ich mir einen charmanten Roman der Regency-Zeit erhofft. Die Handlung ist allerdings denkbar flach, simpel und enttäuschend vorhersehbar. Kate wird zu überspitzt dargestellt und mutiert dadurch unweigerlich zur Nervensäge, die stur auf ihrer eigenen Meinung beharrt. Andere verurteilt sie, ohne sie vorher kennengelernt zu habe und zieht sich bei Konflikten zurück. Durch ihre Fluchten durch Fenster und Geheimgänge verhält sie sich unreif und kindisch.

Die Autorin wiederholt sich in vielen Floskeln, weshalb mich auch der Schreibstil nicht überzeugen konnte. Die ständigen Wiederholungen von "Kate statt Kitty", die Metaphern der Vögel oder wie Henry sich durch das Haar streift, wirken für mich wie Lückenfüller für eine fehlende interessante Handlung. Dagegen hätte das Setting im 19. Jahrhundert in dem herrschaftlichen Anwesen Blackmoore viel anschaulicher und mit mehr Detailliebe beschrieben werden können, um dem Roman selbst mit einer simplen Handlung noch Flair zu verleihen.

Aufgrund des Alters der Protagonistin und ihres entsprechenden Verhaltens würde ich den Roman eher dem Genre Young Adult zuordnen, obwohl er durch die Beschreibung eher eine charmanten, romantischen Roman in historischem Ambiente verspricht.

Veröffentlicht am 14.04.2018

Anstrengender Roman, der sich in zu vielen Details verliert, dass die Meerjungfrau nur eine untergeordnete Rolle spielt

Die letzte Reise der Meerjungfrau
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"Denn eine Meerjungfrau ist ein höchst unnatürliches Wesen und ihr Herz ohne Liebe."

1785 erhält der verwitwete Kaufmann Jonah Hancock von seinem Kapitän ein Mitbringsel aus Übersee: eine tote Kreatur, ...

"Denn eine Meerjungfrau ist ein höchst unnatürliches Wesen und ihr Herz ohne Liebe."

1785 erhält der verwitwete Kaufmann Jonah Hancock von seinem Kapitän ein Mitbringsel aus Übersee: eine tote Kreatur, seiner Ansicht nach nach eine Meerjungfrau, die er gegen ein Schiff eingetauscht hat. Der Kapitän ist überzeugt davon, dass Hankock mit ihr ein Vermögen machen kann. Hankock ist kein Schausteller, da die Geschäfte aber ohnehin schlecht laufen, macht sich Hankock die Neugier und Faszination der Londoner Gesellschaft zu nutze und vermarktet die "Meerjungfrau" gewinnbringend in einem Kaffeehaus. Die Meerjungfrau wird in London zu einer Sensation.

Mrs. Chapell, die Inhaberin eines florierenden Bordells, wird auf das Spektakel aufmerksam und mietet die "Meerjungfrau", um Kunden in ihr Etablissement zu locken. Hankock ist entsetzt über das Treiben in dem Bordell und hält den Ort nicht für den richtigen Platz für seine Meerjungfrau, weshalb er sie für eine große Summe verkauft. Über Mrs. Chapell lernt Hankock die Kurtisane Angelica kennen und verliebt sich in sie. Angelica hält sich trotz ihres Status als "Hure" für etwas Besseres und verlangt von Hankock eine eigene Meerjungfrau.
Unerwartet kehrt Hankocks Kapitän im Gegensatz zu der grotesken ersten Variante mit einer lebendigen Meerjungfrau zurück, die dann in einer unterirdischen Grotte gefangen gehalten wird.

Der Roman spielt Ende des 18. Jahrhunderts im georgianschen London und ist wirklich originell geschrieben. In einer sehr bildhaften Sprache die Imogen Hermes Gowar die damalige Zeit und die Vielfalt der skurrilen Personen näher.

Für meinen Geschmack waren die Beschreibungen von Örtlichkeiten und Personen allerdings zu detailreich und überzogen, dass sie eine Handlung überlagerten und den Roman sehr in die Länge gezogen haben.

"Sein Atem stinkt so faulig wie ein Fliegenschrank mit einer lang vergessenen Scheibe Speck drin. [...] An diesem Mann stinkt nicht nur der Mund, auch seine Kleider, nach Spülwasser und saurer Milch, nach der Bratensoße einer Pastete, die ihm aufs Hemd gespritzt ist, und sein Körper riecht so abstoßend wie ein Tier, das zu lange in einem winzigen Bau gelebt, sich im eigenen Schweiß und Dreck gewälzt hat."

Auch die Dialoge der Damen in dem Etablissement empfand ich als zu langweilig und für die Handlung nicht förderlich.
Hankock ist ein eher blasser Charakter, während die Frauen überwiegend unsympathisch dargestellt werden. So fällt es schwer, sich auch nur in irgendeine der Personen hineinzuversetzen.
Ich fand es allerdings interessant zu lesen, dass sich die Kurtisanen als "Schwestern im Dienste der Venus" freier fühlten, als sie es als Ehefrau gewesen wären. So wollte Angelica niemals nur "'Frau von' und 'Tante von', später dann 'Mutter von' sein."

"Die letzte Reise der Meerjungfrau" ist ein außergewöhnlicher Roman abseits des Mainstreams, der einerseits faszinierend, aber andererseits anstrengend zu lesen ist. Die Stimmung ist zunächst überschwänglich, das historische Treiben sehr lebhaft beschrieben. Die Atmosphäre wird im Verlauf aber zunehmend melancholischer.
Die Autorin ist eine fantastische Erzählerin, so dass man sehr anschaulich in das London der damaligen Zeit eintauchen kann und das Flair einer Stadt Ende des 18. Jahrhunderts spürt. Inhaltlich überzeugte mich der Roman um Prostitution, die Situation der Freudenmädchen in den Bordellen und einschlägigen Etablissements, die sich gezwungen sehen, für ihren Lebensunterhalt ihren Körper zu verkaufen nicht ganz. Die Autorin verliert sich für mich in zu vielen Details,weshalb mir ein roter Faden fehlte. Zudem wurde die Rolle der Meerjungfrau, die nur als Symbol für das gierige und rücksichtslose Streben nach mehr der Menschen steht, dem Titel nicht gerecht.

Veröffentlicht am 29.03.2018

Morbider, beklemmender Roman über zwei Migranten auf der Suche nach Liebe

Nach dem Winter
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Claudio ist gebürtiger Kubaner und lebt seit einigen Jahren als Lektor in New York. Dort hat er ein Verhältnis mit der etwas älteren, verheiraten Ruth, die er nur abfällig als seine "Cougar" bezeichnet. ...

Claudio ist gebürtiger Kubaner und lebt seit einigen Jahren als Lektor in New York. Dort hat er ein Verhältnis mit der etwas älteren, verheiraten Ruth, die er nur abfällig als seine "Cougar" bezeichnet.
Cecilia ist Studentin und vor Kurzem von Mexiko nach Paris gezogen. Dort lebt sie in einem kleinen Apartment unmittelbar neben dem Friedhof Père-Lachaise. Sie verliebt sich in ihren Nachbarn Tom, der wie sie eine Vorliebe für Friedhöfe hat. Als dieser vorübergehend in seine Heimat Sizilien reist, lernt Cecilia über eine Freundin Claudio kennen. Dieser fühlt sich von der schönen Mexikanerin magisch angezogen und schreibt ihr nach seiner Abreise nach New York sehnsuchtsvolle Briefe, obwohl sie nur einen Nachmittag zusammen verbracht haben. Claudio besucht sie wenig später in Paris und lädt Cecilia auch zu sich nach New York ein, wobei sich ihr Aufenthalt dort anders gestaltet als gedacht, da er es trotz seiner wachsenden Abneigung nicht geschafft hat, sich von Ruth zu trennen.

Die Geschichte von Cecilia und Claudio entwickelt sich zunächst parallel. So begegnen sie sich erst ab knapp der Hälfte des Romans. Die Beziehung zu einander ist stark einseitig geprägt, geht überwiegend von Claudio aus, während Cecilia eher eingeschüchtert von seinem Werben wirkt. Der Schwerpunkt der Erzählung liegt, anders als von mir gedacht, eher auf der Beziehungen von Claudio und Ruth sowie Cecilia und Tom, die beide auf ihre Art kompliziert und nicht glücklich sind.
Der Roman dreht sich um Einsamkeit, unerfüllte Liebe und Beziehungen, die keine Zukunft zu haben scheinen. Mit Bezug auf die Friedhöfe, die besucht werden und die sowohl psychischen als auch physischen Erkrankungen, mit denen die Protagonisten sich konfrontiert sehen, ist es ein morbider, beklemmender und fast schon deprimierender Roman.
Letztlich ist die scheinbare Liebe von Claudio und Cecilia nur Teil einer größeren Geschichte, in der Claudio als von sich selbst überzeugter, arroganter Liebhaber in Erscheinung tritt, während Cecilia von ihren Ängsten bestimmt wird und in Paris für sich allein verloren wirkt. Claudio ist ein schwieriger Charakter, der wenig Sympathien weckt, weshalb es am Ende auch so scheint, als würde er vom Schicksal für sein Verhalten bestraft werden. Cecilia klammert sich dagegen so sehr an die Liebe zu Tom, die ihr mehr wert wird, als ihr eigenes Leben.
Aufgrund des Klappentextes hatte ich mir unter dem Roman etwas anderes vorgestellt und war über den Verlauf der Geschichte deshalb etwas irritiert.

Veröffentlicht am 02.02.2018

Trotz der ernsthaften Themen recht simple Handlung ohne Höhepunkte

Like You and Me
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Lexie ist Anfang 20 und träumt davon, ihren Modeblog bekannt zu machen. Sie ist die Tochter eines selbstständigen Landschaftsgärtners, der vor zehn Jahren von seiner Ehefrau und Lexies Mutter verlassen ...

Lexie ist Anfang 20 und träumt davon, ihren Modeblog bekannt zu machen. Sie ist die Tochter eines selbstständigen Landschaftsgärtners, der vor zehn Jahren von seiner Ehefrau und Lexies Mutter verlassen wurde und dadurch zum Alkoholiker geworden ist. Lexie ist diejenige, die mit einem Angestellten in Teilzeit das Unternehmen stemmt, ihren Vater und sein Alkoholproblem vor allen anderen versteckt.
Lexie bewegt sich in den Kreisen der Reichen und Schönen, in der Hoffnung selbst aus ihrem Sumpf herauszukommen. Von Vorteil ist dabei die Freundschaft zu der deutschen Lena, die mit dem Hotelerben des WEST zusammen ist. Lexie kommt auf diese Weise auf exklusive Partys, wo sie Kontakte zu Männern knüpft.

Von festen Beziehungen hält Lexie nichts, für sie geht es lediglich um unverbindliche One-Night-Stands. Die Ausnahme bildet der Barkeeper Trip, der mehr von ihr möchte, als nur die Nächte mit ihr zu verbringen. Lexie hält ihn allerdings auf Abstand, bis die Situation zu Hause so schlimm wird, dass sie sich nicht mehr allein zu helfen weiß.

"Like You and Me" ist Band 2 der Upper-East-Side-Reihe und stellt Lexie in den Vordergrund, die als Nebencharakter aus Band 1 bekannt war. Zum Verständnis ist es hilfreich Band 1 gelesen zu haben, um die Hintergründe in Bezug auf ihre Freundin Lena zu verstehen, aber nicht zwingend notwendig.

Lexie ist kein auf den ersten Eindruck sympathischer Charakter. ie gibt sich überheblich und unnahbar und schient nur an schnellem Sex interessiert zu sein. Zunächst überwiegt deshalb auch das rein körperliche Interesse an Trip. Er sieht hinter ihrer Fassade, die verletzliche Seele, dass sie einsam und liebesbedürftig ist und Hilfe braucht. Ihre Situation zu Hause ist ihr peinlich, weshalb Lexie alles - die Versorgung ihres verbitterten Vaters und die Leitung des kleinen Familienbetriebs - allein bewältigen möchte. Ihr Modedesign-Studium hat sie abgebrochen und was ihr noch bleibt,. ist ihr kleiner Modeblog, mit dem sie groß herauskommen möchte.

"Like You and Me" ist ein Roman, der zahlreiche Klischees bedient und denkbar vorhersehbar ist. Durch die existentiellen Probleme von Lexie und ihren alkoholkranken Vater ist der Roman aber nicht nur auf eine Liebes-Herz-Schmerz-Geschichte oder Erotikszenen beschränkt,weshalb er mehr Anspruch hat als Band 1 der Reihe. Ich fand den Roman dennoch durch die so langanhaltende abneigende Haltung Lexies gegenüber Trip und sein tiefgreifendes Verständnis dafür sowie die sich wiederholenden Szenen mit ihrem Vater langatmig. Ich hätte mir stattdessen gewünscht, dass der Modeblog eine größere Rolle gespielt hätte. Dieser beschränkte sich nur auf vereinzelte Fotos, die Lexie von ihren Outfits schießt.

Lexie fand ich nicht nur aufgrund ihrer Fassade, die sie krampfhaft versuchte, aufrechtzuerhalten, nicht authentisch. Ich konnte mir das Modepüppchen auf der allabendlichen Suche nach Sex und reichen Männern einfach nicht als hart arbeitenden Landschaftsgärtnerin vorstellen. Zudem wunderte ich mich, wie oft Lexie sich ein Taxi in New York gönnte, auf der anderen Seite aber nicht wusste, ob ihre Lebensmittel für den Monat noch ausreichen. Die erotischen (?) Dialoge zwischen Lexie und Trip (Stichwort: Hedwig oder der Ritt auf Kitt) waren nicht nur frivol, sondern zum Fremdschämen peinlich.

Trotz der ernsthaften Themen wie der Tod von Trips Bruder oder der Alkoholsucht des Vaters von Lexie, die zur Sprache kamen, war die Handlung recht simpel und vermittelte mit dem Ende für Lexie einzig, dass Reichtum und Einfluss alle Probleme lösen.

Veröffentlicht am 10.01.2018

Der Roman bleibt oberflächlich und verliert sich in Beschreibungen des deprimierenden (Drogen-)Alltags im Restaurant

Sweetbitter
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Die 22-jährige Tess kehrt ihrer Heimat den Rücken, um in New York neu anzufangen. Sie erhält einen Job als Hilfskellnerin in einem Edelrestaurant, das die besten Zeiten hinter sich hat. Die Arbeit in dem ...

Die 22-jährige Tess kehrt ihrer Heimat den Rücken, um in New York neu anzufangen. Sie erhält einen Job als Hilfskellnerin in einem Edelrestaurant, das die besten Zeiten hinter sich hat. Die Arbeit in dem Restaurant ist ein Knochenjob, der oft bis spät in die Nacht andauert. Die Anfängerin Tess muss sich unterordnen, möchte jedoch den Aufstieg von der Hilfskellnerin zur Kellnerin machen, ist wissbegierig und lässt sich von Kellnerin Simone in Bezug auf Wein weiterbilden. Gerade in stressigen Situationen, sei es an der Bar oder im Service, ist Tess sichtbar überfordert und steht anfangs des Öfteren kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

Nach Restaurant-Schluss trinken die Angestellten einen Absacker und ziehen in der Regel weiter in die nächste Bar. Alkohol und Drogen gehören zu Tess' Alltag. Tess passt sich den anderen Mitarbeitern des Restaurants an und fühlt sich zunächst von Simone und dann von Jack angezogen. In Jack verliebt sie sich, doch scheint eine Beziehung zu ihm keine Chance zu haben, da dieser in einem schon seit Jahren bestehenden (Abhängigkeits-)verhältnis zu Simone zu stehen scheint.

Der Roman untergliedert sich in die vier Jahreszeiten und beschreibt Tess' Arbeit in dem New Yorker Restaurant innerhalb eines Jahres. Der Schauplatz des eintönigen Romans ist ausschließlich das Restaurant bzw. die "Park Bar". Der Inhalt des Romans ist im Wesentlichen auf den Arbeitsalltag in dem Restaurant reduziert. Auch wenn es ein Edelrestaurant ist, gibt es Probleme mit Ungeziefern und hygienische Mängel.
Nach Schichtende bedienen sich die Angestellten am Alkohol und konsumieren ihre Aufputschmittel und härtere Drogen.
Tess, deren Name der Leser erst nach zwei Drittel des Romans überhaupt erfährt, lässt sich willenlos mitziehen, um dazuzugehören.

Die Charaktere, sogar die Protagonisten Tess, aus deren Sicht der Roman geschrieben ist, bleiben fremd. Der Leser erfährt rein gar nichts über Tess' Vergangenheit, weiß nicht, wo sie herkommt und welche Probleme es mit ihrer Familie gegeben haben muss, dass sie allein nach New York gegangen ist. Die Mehrheit der zahlreichen Angestellten, die einen den Überblick verlieren lassen - Köche, Barista, Kellner, Hilfskräfte - bleiben reine Statisten, von denen man nur die Namen kennt.

Der Roman bleibt oberflächlich, verliert sich in Beschreibungen des deprimierenden Alltags in dem Restaurant und den allabendlichen Drogenexzessen von Tess und ihren Kollegen.
Offensichtlich verarbeitet die Autorin in ihrem Debütroman ihre eigenen Erfahrungen als Kellnerin in New York.
Die Geschichte ist schwer zugänglich wirkt zusammengestückelt und insbesondere langweilig, da über 400 Seiten nicht viel passiert. Jeder neue Tag - egal in welcher Jahreszeit - ist für Tess immer gleich, ein Alltag außerhalb des Jobs findet nicht statt.

Auch wenn Tess am Ende des Romans unerwarteten Einsatz für sich selbst zeigt und Anspruch auf eine Anstellung als Kellnerin erhebt, vermisste ich eine Entwicklung der Hauptperson, mehr Tiefgang und Struktur, um einen Zugang zu ihrem Charakter, ihren Gefühlen und eine Idee für eine Intention der Autorin zu erhalten.

"Sweetbitter" zieht den Leser nicht nach New York, könnte in jeder x-beliebigen Großstadt handeln und beschreibt schon gar keinen kulinarischen Hochgenuss eines Edelrestaurant. Dieser Roman hinterlässt allenfalls einen bitteren Geschmack.