Nur wer den Mut zu träumen hat, hat auch die Kraft zu kämpfen
Das Lied des NordwindsChristine Kabus erzählt in ihrem neuen Roman über das Schicksal von zwei jungen Frauen aus unterschiedlichem Milieu, die in Schlesien und dem norwegischen Stavanger leben.
Während Karoline in die verarmte ...
Christine Kabus erzählt in ihrem neuen Roman über das Schicksal von zwei jungen Frauen aus unterschiedlichem Milieu, die in Schlesien und dem norwegischen Stavanger leben.
Während Karoline in die verarmte Adelsfamilie von Blankenburg-Marwitz eingeheiratet hat, aber unter der Gefühlskälte und dem ausschweifenden Leben ihres Ehemannes Moritz, als auch der biestigen Schwiegermutter leidet, findet die aus ärmlichen Verhältnissen stammende Liv Svale Arbeit bei den Treskes. Liv muss ihre Familie mit ihrem Verdienst unterstützen, seitdem ihr Vater nach einem schweren Arbeitsunfall nicht mehr für die Familie sorgen kann, sondern sich in Selbstmitleid suhlt und zu trinken begonnen hat. Obwohl Oddvar Treske, Lehrer einer Missionsschule, in seinem Haus vorallem Strenge walten lässt, hat Liv genug zu essen und freundet sich mit der Köchin des Hauses an. Elias, der neunjährigen Sohn der Treskes, erfährt von seinem Vater keinerlei Zuneigung und wird oftmals hart bestraft. Erst zu Liv fasst er Vertrauen, die Mitleid mit dem Jungen hat. Als Elias ins Heim abgeschoben werden und Liv einen Missionar heiraten soll, wo doch ihr Herz jemand anderes gehört, fliehen die Beiden.
Auch Karolines Situation in Schlesien wird immer schlimmer. Ihr Mann ist kaum zuhause und sie soll den notwendigen Erben gebären. Als Moritz schwer erkrankt und Karoline erfährt, dass er ein uneheliches Kind in Norwegen hat, fasst sie den Entschluss nach diesem zu suchen...
Kapitelweise erfahren wir abwechselnd mehr über Karolinas und Livs Schicksal. Durch eingebaute Cliffhanger am Ende jedes Kapitels wird zusätzlich Spannung aufgebaut. Die beiden Hauptcharaktere machen eine große Entwicklung und Wandlung durch, die sehr glaubhaft wirkt. Diese findet nach und nach statt und offenbart beiden Frauen eine ganz neue Welt. Ein Thema, das dies noch mehr unterstreicht, ist die aufkommende Frauenbewegung Anfang des 20. Jahrhunderts, als Frauen für ihr Wahlrecht zu kämpfen beginnen.
Während Liv erstaunt ist, dass auch sie die Möglichkeit zu einer Gratis-Schulausbildung hat, wird Karoline durch ihre Reisebegleitung ermutigt ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Beide Frauen werden selbstbewusster und beginnen sich mehr zu öffnen.
"Nur wer den Mut zu träumen hat, hat auch die Kraft zu kämpfen."
Als Nebenfiguren haben mir vorallem Frau Bethge, Karolinas Reisebegleitung und Frauenrechtlerin, sowie Ida, ihre Freundin, gefallen. Zwei sehr starke Frauen, die sich durchzusetzen wissen. Außerderm gab es noch eine tierische Nebenfigur, die den Roman auflockerte.
Christine Kabus bringt dem Leser nicht nur die Frauenbewegung dieser Zeit näher, sondern auch die politische Wandlung Norwegens. Das Land steht zu dieser Zeit unter dem schwedischen König und möchte unabhängig werden.
Im letzten Drittel trifft man auf Figuren aus Christine Kanus letzten Roman "Das Geheimnis der Mittsommernacht", das ich vor 1 1/2 Jahren gelesen habe. Für mich war es ein nettes Wiedersehen mit Sofia und vorallem das Ende erschien mir dadurch viel runder. Für Leser, die diesen Roman nicht kennen, stellte dies überhaupt kein Problem dar, sondern machte eher Lust diese Geschichte nachzulesen.
Trotzdem gab es wieder einige Längen und ein Handlungsstrang blieb leider gänzlich offen. Vielleicht gibt es dazu eine Lösung im nächsten Buch....
Schreibstil:
Der Schreibstil von Christine Kabus ist sehr leicht und trotzdem oft ausschweifend und detailliert. Für Leseanfänger des historischen Romanes würde ich diesen Roman auf jeden Fall empfehlen.
Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr bildhaft, vorallem die Schiffsreise und die Zeit in Roros wurde sehr bildgewaltig dargestellt. Über den jeweiligen Kapiteln steht der Ort und das Datum, als auch der Name der Protagonistin. So weiß man immer, mit wem man die nächste Stunde verbingen wird.
Fazit:
"Das Lied des Nordwindes" hat mir um einiges besser gefallen, als mein erster Roman der Autorin. Die Wandlung der beiden Frauen wurde sehr autenthisch beschrieben und die kleinen Cliffhanger am Kapitelende hielten die Spannung aufrecht. Die bildhaften Beschreibungen der norwegischen Landschaft sind ebenfalls sehr gelungen und haben wieder Fernweh in mir ausgelöst.