Cover-Bild Und jenseits der Berge das Leben
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inkl. MwSt
  • Verlag: Francke-Buch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 382
  • Ersterscheinung: 09.2016
  • ISBN: 9783868275971
Elizabeth Musser

Und jenseits der Berge das Leben

Julian Müller (Übersetzer)

Die frühere Bibelschmugglerin Bobbie kehrt erstmals seit Jahren in die »Oase« zurück, eine christliche Einrichtung für Flüchtlinge, in der sie einst gearbeitet hat. Doch ihre Rückkehr nach Wien weckt schmerzliche Erinnerungen – an ihre verlorene Liebe Amir und ein Geheimnis, das sie seit Langem hütet.
In der »Oase« begegnet Bobbie nicht nur Amir wieder, sondern wird auch mitten hineingezogen in das dramatische Schicksal des Iraners Hamid, der aus seinem Heimatland fliehen muss, weil er von der Religionspolizei verfolgt wird. Seine Tochter hat eine Kinderbibel geschenkt bekommen und so schweben nicht nur Hamid, sondern auch der Rest seiner Familie in größter Gefahr. Werden Bobbie und ihre Freunde sie in Sicherheit bringen können?

Hier können Sie mehr über die Arbeit der »Oase« erfahren:
oasis.iteams.org/deutsch.html

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.04.2018

Mut ist Angst, die gebetet hat

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Mut ist Angst, die gebetet hat

„Eines der wichtigsten Dinge, die ich in meinem Leben gelernt habe, ist es, dankbar anzunehmen, was mich an jedem Tag erwartet. Sozusagen ein vierundzwanzig-Stunden-Abenteuer.“

Diese ...

Mut ist Angst, die gebetet hat

„Eines der wichtigsten Dinge, die ich in meinem Leben gelernt habe, ist es, dankbar anzunehmen, was mich an jedem Tag erwartet. Sozusagen ein vierundzwanzig-Stunden-Abenteuer.“

Diese lebensbejahende Einstellung der aktiven und abenteuerlichen Bobbie Blake aus Atlanta wird durch die schreckliche Diagnose „Krebs im Endstadium“ in ihren Grundfesten erschüttert.
Nachdem sie sich nach dem plötzlichen Tod ihres Schwagers ausschließlich um ihre verwitwete Schwester und deren sechs Kinder gekümmert hatte, verspürt sie nun nach so vielen Jahren den Wunsch, noch einmal zu jenem Ort zurück zu kehren, wo sie großen Einsatz in der Flüchtlingshilfe und als Bibelschmugglerin gezeigt und zugleich auch die glücklichste Zeit ihres Lebens verbracht hatte. Ihre Nichte Tracie begleitet Bobbie schließlich an ihren ehemaligen Wirkungsort nach Österreich, wo sie in der christlichen Einrichtung „Oase“ Flüchtlinge aus der ganzen Welt unterstützt hatte. In Traiskirchen begegnet sie schließlich nicht nur ehemaligen Weggefährten, sondern wird auch mit den Schatten ihrer Vergangenheit konfrontiert und trifft ihre große Liebe Amir wieder.

Elizabeth Musser erzählt im vorliegenden Roman anhand einiger beispielhafter Protagonisten die Geschichte von Menschen, die in ihren Herkunftsländern bedroht werden, denen als letzter Ausweg nur noch die Flucht ins rettende Ausland bleibt. Verfolgung, Folter, Mord und Willkür werden sehr authentisch dargestellt, der Überlebenskampf während der gefährlichen Flucht durch unwegsames Gelände und vom Militär verfolgt in grauenhaften Details skizziert. Der Glaube an Isa al-Masih, wie Jesus Christus auf Farsi genannt wird, spielt eine zentrale Rolle im gesamten Buch. Allein der Besitz des Injil, des neuen Testaments auf Farsi, kann in einigen Ländern das Todesurteil bedeuten – und das nicht nur für einen bekehrten Islamisten, sondern für dessen gesamte Familie. Die Autorin schildert in diesem Roman die Einsätze der Missionare aus aller Herren Länder, beleuchtet die Vielseitigkeit der Hilfe. So berichtet sie von christlichen Radiosendern, die verschlüsselte Nachrichten der Hoffnung ausstrahlen, von Christen, die jeden Tag ihr Leben riskieren, um Flüchtlingen über die Grenzen ins rettende Ausland zu helfen, und von amerikanischen Freiwilligen, die einerseits durch ihre Missionarsarbeit in der „Oase“, aber auch durch Gebetsketten in den USA ihren christlichen Glauben leben. Einige dieser mutigen Helfer setzen sogar ihr Leben aufs Spiel, um jenes von politisch oder religiös Verfolgten zu retten.

Elizabeth Musser steigt in ihrem Prolog im Jahre 1989 in die Geschichte ein, wo sie ihren Lesern einen Einblick in Bobbie Blakes Arbeit als Bibelschmugglerin gestattet. In einem anschließenden Wechsel in das Amerika des Jahres 2005 erfährt man von Bobbie Blakes aktuellem Leben bei ihrer Schwester in Atlanta und der tragischen Krebsdiagnose. Im Zuge ihrer Reisevorbereitungen und während der Rückkehr in ihre zum Teil sehr schmerzhafte Vergangenheit werden nach und nach die Ereignisse von damals aufgerollt. Die Autorin bringt hierbei immer wieder die Flüchtlingsthematik ein und berichtet anhand ihres iranischen Protagonisten Hamid von der Anklage der Gotteslästerei und der drohenden Todesstrafe, sobald ein Muslim mit einem christlichen Buch ertappt wird. Die Geschichte wird jeweils aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Elizabeth Musser bedient sich einiger Hauptpersonen, die die Ereignisse aus ihrer Sicht schildern. Auf diese Weise ermöglicht sie es ihren Lesern, tief in die Handlung einzutauchen und an den Gedankengängen ihrer Figuren Anteil zu nehmen. Die Autorin bleibt in der Sprache der jeweiligen handelnden Person treu und gibt in Dialogen die Aussagen der Flüchtlinge in teilweise „gebrochenem Deutsch“ wieder. Für Rückblenden in die Vergangenheit oder der Darstellung von Telefongesprächen bedient Elizabeth Musser sich der kursiven Schrift. Den Schreibstil der Autorin empfand ich als sehr angenehm und mitreißend, durch einige waghalsige Fluchtszenen brachte sie zudem eine gehörige Portion Spannung ins Buch ein.

Ihre handelnden Figuren hat Elizabeth Musser meiner Meinung nach sehr überzeugend dargestellt. Die unverheiratete Bobbie Blake sprüht vor Tatendrang und nicht einmal der Krebs schafft es, ihrer Energie, ihrer Leidenschaft für die Flüchtlingsarbeit und ihrem unerschütterlichen Glaube an Gott Abbruch zu tun. Bobbie hütet ein schmerzhaftes dunkles Geheimnis aus ihrer Vergangenheit, das sie quält und dem sie sich letztendlich wird stellen müssen. Ihre sensible, tiefsinnige und begabte Nichte Tracie wird als Sonnenschein dargestellt, der ihre Tante auf ihrem schweren Weg begleiten wird. Der sanfte Professor aus dem Iran namens Hamid steht beispielhaft für jene Menschen, die aufgrund ihrer Religion oder ihrer Überzeugungen verfolgt, gefangen und gefoltert werden und ihr Leben nur noch durch eine Flucht ins Ausland retten können. Die Problematik der Familiennachholung bzw. Familienzusammenführung und der gnadenlosen Verfolgung der zurück bleibenden Angehörigen stellen schauderhafte Höhepunkte in Elizabeth Mussers Berichten dar. Der starke Gegenpart zu Bobbie Blake ist ihr ehemaliger Partner Amir, der als Flüchtling ins Land kam und nun als Pastor einer iranischen Gemeinde selber Flüchtlingsarbeit leistet. Der charismatische, herzliche und freundliche Mann mit den schwarzen Augen zeichnet sich durch unermüdlichen Einsatz und großer Leidenschaft für seine Tätigkeit aus. In Stephen Lefort, einem franko-amerikanischen Reporter, Peggy Milner aus Atlanta und einigen weiteren ehrenamtlichen Helfern lässt die Autorin ihren Protagonisten tatkräftige Unterstützung zuteilwerden. Auch die übrigen Nebenfiguren dieses Buches empfand ich als sehr authentisch dargestellt, ich hätte jedoch gerne noch ein wenig mehr von ihnen erfahren.

Die optische Gestaltung des Buches ist vortrefflich gelungen. Das Bild auf dem Cover zeigt zwei Menschen, die nebeneinander auf einem Felsen sitzen und ins Tal dahinter sehen, das von der Sonne in goldenes Licht getaucht wurde. Ein romantischer, hoffnungsvoller Anblick, der meiner Meinung nach sehr gut zum Titel passt.

Fazit: Elizabeth Musser hat mit ihrem Buch „Und jenseits der Berge das Leben“ erneut einen sehr aussagekräftigen und überzeugenden Roman zu Papier gebracht, dessen Lektüre ich als anregend, zum Teil „aufregend“ und auf jeden Fall zum Nachdenken animierend empfand. Ein Lese-Erlebnis, das ich keinesfalls missen möchte und das ich uneingeschränkt weiter empfehle.