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Veröffentlicht am 16.04.2018

Ich fliege mit zerrissenen Flügeln

Ich fliege mit zerrissenen Flügeln
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„Meine autistische Wahrnehmung ist nur selten deckungsgleich mit eurer „normalen“ Wahrnehmung. Wer vermag schon mit objektiver Sicherheit zu sagen, wessen Realität nun realer ist, nehmen wir doch alle ...

„Meine autistische Wahrnehmung ist nur selten deckungsgleich mit eurer „normalen“ Wahrnehmung. Wer vermag schon mit objektiver Sicherheit zu sagen, wessen Realität nun realer ist, nehmen wir doch alle nur Ausschnitte der Wirklichkeit wahr. Jeder erkennt nur einen kleinen Teilbereich und verteidigt diesen tapfer als „die Wahrheit““.

Raphael Müller, der durch einen Schlaganfall vor seiner Geburt im September des Jahres 1999 körperliche Einschränkungen erdulden muss, lässt uns durch sein Buch an seiner ganz persönlichen Sichtweise auf sein Erleben und die Welt im Allgemeinen teilhaben. Er erzählt von der ersten harten Zeit der innerlichen Isolation, bis er sich nach sieben Jahren erstmals durch Schreiben mitteilen, und seine außergewöhnlichen Fähigkeiten seinen Mitmenschen offenbaren konnte. Der Junge, der fälschlicherweise oftmals als geistig behindert galt, durfte sich nach einem abgegrenzten und von seiner Umwelt unverstandenen Dasein endlich äußern und seine Genialität zu erkennen geben. Ich vertiefte mich in die Geschichte des jungen Autors, und mein anfänglich ungläubiges Staunen verwandelte sich sehr rasch in respektvolle Faszination, als er Einblick in seine ganz besonderen Fähigkeiten gab, um die ihn unzählige Menschen beneiden würden. Nicht nur das fotooptische Gedächtnis oder das für ihn scheinbar spielend einfache autodidaktische Lernen, sondern auch sein Umgang mit Buchstaben und Zahlen, die seiner eigenen Aussage nach seine Freunde und seine Vertrauten sind, verlangten mir höchsten Respekt und große Bewunderung ab. Raphael Müllers Schilderungen seines oftmals harten Alltags und seiner körperlichen Einschränkungen sind manchmal nüchtern und realistisch, teilweise zu Tränen rührend. Durch seine selbst verfassten Texte erlaubt er seinen Lesern, sich ein wenig näher an seine autistische Welt heran zu wagen, ein wenig tiefer zu blicken. Er erzählt auch von seinem starken Glauben an Jesus, der ihn hält, der die Quelle seiner Hoffnung, und neben seiner Familie auch die einzige Konstante in seinem Leben war bzw. ist. Im Kapitel „Ich möchte Brücken bauen!“ vermittelt der Autor eindrucksvoll, was ihn bewegt. Raphael Müller möchte Positives bewirken, so wie einige seiner großen Vorbilder Ghandi, Nelson Mandela oder Alber Schweitzer. Er ist der Meinung, dass auch sein Schicksal Sinn machen und anderen Betroffenen den Weg ebnen sollte, und er möchte Brücken zwischen seiner eigenen, autistischen Welt, und der unseren bauen. Hierbei ist Inklusion ein sehr wichtiges, dominierendes Thema in seinem Leben. Sehr beeindruckend war es für mich, den bedingungslosen Zusammenhalt und die Unterstützung durch die gesamte Familie in den Ausführungen zu erleben, und die Briefe seiner Mutter und einiger ihm nahestehender Personen im Anhang des Buches komplettieren den Gesamteindruck dieses außergewöhnlichen Autors.

Besonders berührt hat mich ein kleiner Satz im ersten Drittel des Buches, wo Raphael Müller über seine Schulzeit schreibt: „Dabei sein dürfen und einen Hauch Normalität erleben, das bedeutet mir sehr viel“. Vielleicht sollten wir uns an dieser Stelle selber fragen, wie oft wir eigentlich unseren Alltag bewusst wahrnehmen? Wie oft danken wir für die Tatsache, in einem gesunden Körper leben und uns verbal äußern zu dürfen? Wie oft nehmen wir die Geschenke des Lebens wirklich und wahrhaftig wahr?

Ich bin der Meinung, wir können von Raphael eine Menge lernen, und ich würde mich freuen, auch zukünftig noch einiges von ihm zu lesen bzw. zu hören. Und vielleicht können wir über unseren Schatten springen und seinem Wunsch entsprechen, wenn er sagt: „Ich wünsche mir Menschen, die nicht vor meinem Anderssein zurückschrecken, sondern die den Mut haben für eine Freundschaft, und mich begleiten auf meinem manchmal holprigen Weg durch das Gestrüpp des Alltags hin zu meiner Bestimmung.“

Vielleicht können wir alle lernen, hinter die Fassade zu blicken und vorurteilsfrei auf Menschen wie Raphael zuzugehen.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Mut ist Angst, die gebetet hat

Und jenseits der Berge das Leben
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Mut ist Angst, die gebetet hat

„Eines der wichtigsten Dinge, die ich in meinem Leben gelernt habe, ist es, dankbar anzunehmen, was mich an jedem Tag erwartet. Sozusagen ein vierundzwanzig-Stunden-Abenteuer.“

Diese ...

Mut ist Angst, die gebetet hat

„Eines der wichtigsten Dinge, die ich in meinem Leben gelernt habe, ist es, dankbar anzunehmen, was mich an jedem Tag erwartet. Sozusagen ein vierundzwanzig-Stunden-Abenteuer.“

Diese lebensbejahende Einstellung der aktiven und abenteuerlichen Bobbie Blake aus Atlanta wird durch die schreckliche Diagnose „Krebs im Endstadium“ in ihren Grundfesten erschüttert.
Nachdem sie sich nach dem plötzlichen Tod ihres Schwagers ausschließlich um ihre verwitwete Schwester und deren sechs Kinder gekümmert hatte, verspürt sie nun nach so vielen Jahren den Wunsch, noch einmal zu jenem Ort zurück zu kehren, wo sie großen Einsatz in der Flüchtlingshilfe und als Bibelschmugglerin gezeigt und zugleich auch die glücklichste Zeit ihres Lebens verbracht hatte. Ihre Nichte Tracie begleitet Bobbie schließlich an ihren ehemaligen Wirkungsort nach Österreich, wo sie in der christlichen Einrichtung „Oase“ Flüchtlinge aus der ganzen Welt unterstützt hatte. In Traiskirchen begegnet sie schließlich nicht nur ehemaligen Weggefährten, sondern wird auch mit den Schatten ihrer Vergangenheit konfrontiert und trifft ihre große Liebe Amir wieder.

Elizabeth Musser erzählt im vorliegenden Roman anhand einiger beispielhafter Protagonisten die Geschichte von Menschen, die in ihren Herkunftsländern bedroht werden, denen als letzter Ausweg nur noch die Flucht ins rettende Ausland bleibt. Verfolgung, Folter, Mord und Willkür werden sehr authentisch dargestellt, der Überlebenskampf während der gefährlichen Flucht durch unwegsames Gelände und vom Militär verfolgt in grauenhaften Details skizziert. Der Glaube an Isa al-Masih, wie Jesus Christus auf Farsi genannt wird, spielt eine zentrale Rolle im gesamten Buch. Allein der Besitz des Injil, des neuen Testaments auf Farsi, kann in einigen Ländern das Todesurteil bedeuten – und das nicht nur für einen bekehrten Islamisten, sondern für dessen gesamte Familie. Die Autorin schildert in diesem Roman die Einsätze der Missionare aus aller Herren Länder, beleuchtet die Vielseitigkeit der Hilfe. So berichtet sie von christlichen Radiosendern, die verschlüsselte Nachrichten der Hoffnung ausstrahlen, von Christen, die jeden Tag ihr Leben riskieren, um Flüchtlingen über die Grenzen ins rettende Ausland zu helfen, und von amerikanischen Freiwilligen, die einerseits durch ihre Missionarsarbeit in der „Oase“, aber auch durch Gebetsketten in den USA ihren christlichen Glauben leben. Einige dieser mutigen Helfer setzen sogar ihr Leben aufs Spiel, um jenes von politisch oder religiös Verfolgten zu retten.

Elizabeth Musser steigt in ihrem Prolog im Jahre 1989 in die Geschichte ein, wo sie ihren Lesern einen Einblick in Bobbie Blakes Arbeit als Bibelschmugglerin gestattet. In einem anschließenden Wechsel in das Amerika des Jahres 2005 erfährt man von Bobbie Blakes aktuellem Leben bei ihrer Schwester in Atlanta und der tragischen Krebsdiagnose. Im Zuge ihrer Reisevorbereitungen und während der Rückkehr in ihre zum Teil sehr schmerzhafte Vergangenheit werden nach und nach die Ereignisse von damals aufgerollt. Die Autorin bringt hierbei immer wieder die Flüchtlingsthematik ein und berichtet anhand ihres iranischen Protagonisten Hamid von der Anklage der Gotteslästerei und der drohenden Todesstrafe, sobald ein Muslim mit einem christlichen Buch ertappt wird. Die Geschichte wird jeweils aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Elizabeth Musser bedient sich einiger Hauptpersonen, die die Ereignisse aus ihrer Sicht schildern. Auf diese Weise ermöglicht sie es ihren Lesern, tief in die Handlung einzutauchen und an den Gedankengängen ihrer Figuren Anteil zu nehmen. Die Autorin bleibt in der Sprache der jeweiligen handelnden Person treu und gibt in Dialogen die Aussagen der Flüchtlinge in teilweise „gebrochenem Deutsch“ wieder. Für Rückblenden in die Vergangenheit oder der Darstellung von Telefongesprächen bedient Elizabeth Musser sich der kursiven Schrift. Den Schreibstil der Autorin empfand ich als sehr angenehm und mitreißend, durch einige waghalsige Fluchtszenen brachte sie zudem eine gehörige Portion Spannung ins Buch ein.

Ihre handelnden Figuren hat Elizabeth Musser meiner Meinung nach sehr überzeugend dargestellt. Die unverheiratete Bobbie Blake sprüht vor Tatendrang und nicht einmal der Krebs schafft es, ihrer Energie, ihrer Leidenschaft für die Flüchtlingsarbeit und ihrem unerschütterlichen Glaube an Gott Abbruch zu tun. Bobbie hütet ein schmerzhaftes dunkles Geheimnis aus ihrer Vergangenheit, das sie quält und dem sie sich letztendlich wird stellen müssen. Ihre sensible, tiefsinnige und begabte Nichte Tracie wird als Sonnenschein dargestellt, der ihre Tante auf ihrem schweren Weg begleiten wird. Der sanfte Professor aus dem Iran namens Hamid steht beispielhaft für jene Menschen, die aufgrund ihrer Religion oder ihrer Überzeugungen verfolgt, gefangen und gefoltert werden und ihr Leben nur noch durch eine Flucht ins Ausland retten können. Die Problematik der Familiennachholung bzw. Familienzusammenführung und der gnadenlosen Verfolgung der zurück bleibenden Angehörigen stellen schauderhafte Höhepunkte in Elizabeth Mussers Berichten dar. Der starke Gegenpart zu Bobbie Blake ist ihr ehemaliger Partner Amir, der als Flüchtling ins Land kam und nun als Pastor einer iranischen Gemeinde selber Flüchtlingsarbeit leistet. Der charismatische, herzliche und freundliche Mann mit den schwarzen Augen zeichnet sich durch unermüdlichen Einsatz und großer Leidenschaft für seine Tätigkeit aus. In Stephen Lefort, einem franko-amerikanischen Reporter, Peggy Milner aus Atlanta und einigen weiteren ehrenamtlichen Helfern lässt die Autorin ihren Protagonisten tatkräftige Unterstützung zuteilwerden. Auch die übrigen Nebenfiguren dieses Buches empfand ich als sehr authentisch dargestellt, ich hätte jedoch gerne noch ein wenig mehr von ihnen erfahren.

Die optische Gestaltung des Buches ist vortrefflich gelungen. Das Bild auf dem Cover zeigt zwei Menschen, die nebeneinander auf einem Felsen sitzen und ins Tal dahinter sehen, das von der Sonne in goldenes Licht getaucht wurde. Ein romantischer, hoffnungsvoller Anblick, der meiner Meinung nach sehr gut zum Titel passt.

Fazit: Elizabeth Musser hat mit ihrem Buch „Und jenseits der Berge das Leben“ erneut einen sehr aussagekräftigen und überzeugenden Roman zu Papier gebracht, dessen Lektüre ich als anregend, zum Teil „aufregend“ und auf jeden Fall zum Nachdenken animierend empfand. Ein Lese-Erlebnis, das ich keinesfalls missen möchte und das ich uneingeschränkt weiter empfehle.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Ein bezaubernder Liebesroman mit spannenden Elementen

Wie Schneeflocken im Wind
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Ein bezaubernder Liebesroman mit spannenden Elementen

Eden Martelli ist auf der Flucht. Die junge Witwe versucht, sich und ihren kleinen Sohn Micah in Sicherheit zu bringen. Ein Mörder und korrupte Staatsbeamte ...

Ein bezaubernder Liebesroman mit spannenden Elementen

Eden Martelli ist auf der Flucht. Die junge Witwe versucht, sich und ihren kleinen Sohn Micah in Sicherheit zu bringen. Ein Mörder und korrupte Staatsbeamte sind ihr auf den Fersen, sie kann niemandem mehr trauen. Eine Autopanne verursacht einen Zwischenstopp in Maine, im kleinen Küstenort Sea Harbour, wo Eden letztendlich auf die großherzige und liebenswerte Familie Callahan trifft. Um die Reparatur ihres Wagens zu finanzieren, nimmt sie vorübergehend eine Stellung an – und möchte Sea Harbour letztendlich gar nicht mehr verlassen. Durch ihr Bleiben bringt sie jedoch die Menschen, die ihr ans Herz gewachsen sind, in Gefahr. Wie wird Eden sich entscheiden, und welches Mitspracherecht hat Beau Callahan dabei?

Die altbekannte Geschichte einer Flucht im Zuge eines missglückten Zeugenschutzprogrammes wurde durch Denise Hunter auf einfühlsame Weise und in flüssigem Schreibstil neu erzählt. Mit der Webdesignerin Eden bringt die Autorin eine Protagonistin in ihre Handlung, die um das Leben ihres Kindes kämpft. Edens Gefühls- und Gedankenwelt werden auf anschauliche Art und Weise dargestellt, ihre Zurückhaltung, ihre Skepsis und die übergroße Vorsicht im Umgang mit anderen Menschen basieren auf bitteren Erfahrungen in ihrer Vergangenheit. Die warmherzigen Callahans nehmen sich der jungen Frau an und bieten ihr Unterschlupf und Geborgenheit. Beau Callahan, der ehemalige Hilfssheriff und Inhaber der Weihnachtsbaumplantage, nimmt als Protagonist viel Raum in diesem Roman ein. Dennoch war die Autorin bemüht, auch ein paar liebenswerte Nebenfiguren in die Handlung einzubringen. Hierbei finde ich besonders Tante Trudy, die eigenwillige und zynische Ersatzmutter der Callahan-Brüder mit dem weichen Herzen und ihren „heimlichen“ Verehrer Sheriff Colton erwähnenswert. Die Rolle des Antagonisten spielt Marshall Langley, der alles versucht, Eden und ihren kleinen Sohn aufzuspüren und zu ermorden. Diese beharrliche Suche nach Micah, dem einzigen Augenzeugen des Mordes an Edens Ehemann, bringt einen gewissen Spannungsfaktor ins Buch.

Die im flüssigen Schreibstil erzählte Geschichte gewinnt im Verlauf der Seiten zunehmend an Tempo, wobei Liebe und Romantik nicht zu kurz kommen. Der christliche Glaube ist in diesem Buch nur andeutungsweise vorhanden. Da bereits im Klappentext darauf hingewiesen wird, dass es sich bei diesem Buch um einen „bezaubernden Liebesroman“ handelt, war ich auch nicht allzu enttäuscht, als bei der Darstellung und Entwicklung der Liebesgeschichte der beiden Protagonisten einige Klischees bedient wurden.

Ich empfand „Wie Schneeflocken im Wind“ als angenehme, flüssig zu lesende, zum Teil humorvolle, aber vor allen Dingen romantische Liebesgeschichte. Das Kernthema des Zeugenschutzes sorgte für einen gewissen Spannungsaufbau, den Abschluss bildet ein wunderschönes Happy End.

Der Romantik im Inneren des Buches wird bereits auf dem Coverfoto Ausdruck verliehen. Dieses zeigt das völlig in Weiß gehüllte Gesicht einer jungen Frau mit strahlend blauen Augen, rosafarbenem Lippenstift und blondiertem Haar, das Gesicht vor Kälte leicht gerötet. Der optimal dazu passende Buchtitel „Wie Schneeflocken im Wind“ deutet einerseits auf die eisige Kälte, andererseits auf das Fluchtszenario mitten im Winter in Maine im Rahmen des Zeugenschutzprogrammes und die Verletzlichkeit der Protagonistin hin. Ein wirklich gelungener Blickfang, der unweigerlich dazu verleitet, das Buch zur Hand zu nehmen und sich dem Klappentext bzw. dem Inhalt zu widmen.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Ein beeindruckendes Leseerlebnis

Als der Himmel zerriss
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Ein beeindruckendes Leseerlebnis

„Ich bete, dass sie später einmal mutig sein wird. Dass sie der feinen Gesellschaft sagen wird, um was es im Leben wirklich geht. Dass es keine Unterschiede zwischen den ...

Ein beeindruckendes Leseerlebnis

„Ich bete, dass sie später einmal mutig sein wird. Dass sie der feinen Gesellschaft sagen wird, um was es im Leben wirklich geht. Dass es keine Unterschiede zwischen den Menschen gibt.“

Der ehemalige Lieutenant Charles Winslow verkauft sein Haus und seine Ländereien in England und wandert mit seiner Tochter Emily nach Irland aus. In der Nähe der Ortes Grenmore befindet sich das Anwesen Ashton Manor, das ihm als Erbe zugefallen ist und das nun ihr neues Zuhause sein wird. Die Ankunft der beiden vornehmen Engländer steht jedoch von Beginn an unter keinem guten Stern. Die Verunsicherung der irischen Pächter, deren bittere Armut und die nicht leistbaren Pachtforderungen ihrer Grundherren führten zur Bildung einer Bruderschaft, Rebellion und Aufstand sind vorprogrammiert. Um Asthon Manor zu leiten, die Interessen des neuen Eigentümers durchzusetzen und das Anwesen vor Übergriffen zu schützen, wird der Sohn einer wohlhabenden Familie aus Shropshire als Verwalter engagiert. Ronald Tuppence verwaltete bereits in England große Güter und sein tadelloser Ruf, sein gefälliges Äußeres sowie sein selbstbewusstes Auftreten beeindrucken Charles Winslow. Seine Tochter Emily ist jedoch anfangs skeptisch – Ronald verhält sich ein wenig zu perfekt, um echt zu sein, und es scheint ihr, als hätte er etwas zu verbergen.

Stephanie Rapp ist es hervorragend gelungen, ihren Lesern das Geschehen in Irland um 1845 bildhaft vor Augen zu führen. Sie thematisiert die schwelenden Konflikte zwischen den irischen Pächtern und deren nicht-katholischen Grundherren, deren unermesslich hohe Pachtforderungen und die verachtenswerte Praxis der Vertreibung der Pächter aus ihren Häusern, wonach viele Familien sogar dazu gezwungen waren, in Erdlöchern zu hausen. Die Autorin beschreibt die große Kartoffelfäule, die den Menschen über Jahre hinweg das wichtigste Grundnahrungsmittel nahm und zu einem Massensterben und einer großen Auswanderungswelle führte. Durch ihre Protagonistin Emily und die liebenswerte Familie O’Neill führt sie ihren Lesern diese Szenarien bildhaft vor Augen. Dem christlichen Glauben wird ein hoher Stellenwert eingeräumt. Emily Winslow findet Trost und Zuversicht in ihrer Bibel, ihr Glaube wird im Verlauf der Handlung immer mehr gefestigt. Ein zentrales Thema dieses Buches ist jedoch auch der Konfessionsstreit und die damit verbundene Diskriminierung der Katholiken bzw. den Versuch, die katholische Kirche auszulöschen, was dazu führte, dass das Bestreben, das Schulwesen einzuführen, behindert wurde. Nicht zuletzt erfährt man in diesen Roman von den „Irish Palatines“ – den Irland-Pfälzern, die als deutsche Einwanderer und Methodisten einen schweren Stand in der irischen Landbevölkerung hatten.

Diese gewichtigen Themen werden von Stephanie Rapp in einem sehr einnehmenden und interessanten Schreibstil erzählt, und dank der authentischen Darstellung ihrer handelnden Personen wird die Lektüre dieses Romans zu einem beeindruckenden Leseerlebnis. Durch Dialoge zwischen dem Protagonisten Brendan O’Neill und der englischen Grundbesitzerin Emily Winslow wird dem Leser die Möglichkeit geboten, regen Anteil am Leben der irischen Pächter zu nehmen. Durch die bereits im Klappentext erwähnte Liebe, die nicht sein darf, wird auf die strengen Etikette der feinen englischen Gesellschaft und den unüberwindlichen Standesunterschieden Bezug genommen. Die Autorin bringt in ihren Roman auch interessante und in ihrer Darstellung überzeugende Nebenfiguren in die Handlung ein, was diese ungemein bereichert und den geschilderten Ereignissen eine lebendige und realistische Note verleiht.

Das beeindruckende Coverfoto dieser gebundenen Ausgabe zeigt die ganz in Weiß gekleidete junge Engländerin aus gutem Hause, mit rätselhaftem Blick und offenem Haar, einem schematisch dargestellten jungen Mann mit Hut zugewandt. Die Zweige mit den roten Rosen im rechten oberen Bildrand geben dem Ganzen eine verspielte Note. Nach einem zweiseitigen Prolog erzählt Stephanie Rapp auf über 470 Buchseiten und in 33 Kapiteln ihre Geschichte und liefert in einem langen Nachwort viele Fakten zum historischen Hintergrund dieses Buches.

Fazit: ein wunderschön erzählter historischer Roman mit vielen Emotionen und großer Tiefe, dessen Lektüre ich uneingeschränkt weiter empfehlen kann. Ich empfand „Als der Himmel zerriss“ als ganz besonderes Lese-Highlight und freue mich bereits auf weitere Bücher der Autorin.

Veröffentlicht am 16.04.2018

*Weihnachten – Krippe, Kreuz und Krone*

Wunder der Weihnacht
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Weihnachten – Krippe, Kreuz und Krone

Als Gründerin der Frauenzeitschrift LYDIA hat Elisabeth Mittelstädt jahrelang Magazine mit Geschichten verschiedenster Menschen herausgegeben, darüber hinaus auch ...

Weihnachten – Krippe, Kreuz und Krone

Als Gründerin der Frauenzeitschrift LYDIA hat Elisabeth Mittelstädt jahrelang Magazine mit Geschichten verschiedenster Menschen herausgegeben, darüber hinaus auch mehrere Bücher. Im vorliegenden Buch „Wunder der Weihnacht“ präsentiert sie ihrer Leserschaft über vierzig Kurzgeschichten, in denen sie auf mehr als zweihundert Seiten verschiedene Autoren zu Wort kommen lässt, die ihrerseits von Ereignissen berichten, die sie selber als Weihnachtswunder erleben durften.

In der Schilderung dieser bewegenden Begebenheiten ist das zentrale Thema das Weihnachtsfest, dessen Ursprung und Bedeutung. Es wird von Situationen berichtet, in denen Gott Menschen als seine Werkzeuge gebraucht, um für andere zum Segen zu werden. Elisabeth Mittelstädt regt jedoch dazu an, nicht nur an Weihnachten offen für diese Aufträge Gottes zu sein, sondern vielmehr das ganze Jahr über. In den einzelnen Geschichten erzählen die Autoren von wundervollen Fügungen, Bewahrungen, überströmender Freude, von der Kraft des Glaubens, wundersamen Heilungen und Bekehrungen. Sie berichten aber vor allen Dingen davon, wie Menschen ihr Herz für andere öffnen und sich ganz nahe an das Mysterium von Weihnachten herantasten. Diese Menschen werden dann zu menschlichen Schutzengeln, die Gottes Liebe auf Erden vermitteln.


Doch nicht alle Menschen verleben ein frohes Weihnachtsfest. In „Wunder der Weihnacht“ werden auch Verlust, Schmerz und Trauer thematisiert, wenn kurz vor dem Fest ein geliebter Angehöriger stirbt und jedes zukünftige Weihnachtsfest auf diese Art und Weise einen schmerzlichen Beigeschmack erhält. Die Autorin verdeutlicht aber, dass auch aus einem solchen Verlust die Fähigkeit erwachsen kann, alles Gute, das uns geschenkt ist, noch mehr wertzuschätzen, noch dankbarer dafür zu sein.

In einigen Geschichten kommen auch Erinnerungen an lieb gewordene weihnachtliche Traditionen aus der Kindheit zur Sprache und die aufregende Erwartung, die Vorfreude und Weihnachtsabende, die aufgrund der Konzentration auf das Eigentliche, auf Jesu Geburt, zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde. Es sind dies Momente, in denen die gesamte Familie beisammen war, wo das weihnachtlich geschmückte Heim mit köstlichem Duft gebackener Kekse durchströmt war, in denen gemeinsam gebetet, musiziert und Zeit miteinander verbracht wurde.

Sehr berührend fand ich die Geschichte des kleinen Sterns, der über dem Stall von Bethlehem leuchtete und der in dieser Aufgabe seine Bestimmung fand. Zustimmend las ich den Bericht von Eva Breunig, die als wertvollste Weihnachtsgeschenke ihrer gesamten Kindheit Bücher erwähnt, die ihr Flügel verliehen, die sie in weit entfernte Fantasiewelten entführten und die gesamte Welt um sich herum vergessen ließen.

Abgesehen davon findet man zwischen den einzelnen Kapiteln auch humorvolle Aussagen aus dem „Kindermund“, besinnliche Texte, oder beispielsweise den Lebenslauf eines Engels, bestehend aus Bibelzitaten. Interessiert durfte ich über den Adventkranz und die 1670 erfundenen „Zuckerstangen“ lesen, die zwar heute in den meisten Haushalten zu finden sind, deren ursprüngliche Bedeutungen bzw. Entstehungsgeschichten jedoch weitgehend unbekannt sind.

Die optische Aufmachung des Buches ist bemerkenswert. In warmes Licht getaucht findet man in der Mitte des Buchcovers eine Abbildung von zwei kleinen Wundern: einem Schwarzkieferzapfen - ein Wunder der Natur, sowie eine aufwändig in Goldfarbe bestickte weiße Schleife - ein kleines Wunder aus Menschenhand. Der Buchtitel dominiert das Bild und wird in geschwungener Schreibschrift dargestellt, der dunkle Hintergrund und der seitliche Goldrand vervollständigen das edle Erscheinungsbild.

Fazit: Ein wunderschönes Buch, das man besonders zur Weihnachtszeit gelesen haben sollte!