Der zweite Fall für Hugh de Singleton
Unheilige UmtriebeDer zweite Fall für Hugh de Singleton
Im zweiten Band der Reihe um den Chirurgen Hugh de Singleton präsentiert der amerikanische Autor und Experte für die Geschichte der Chirurgie sowie für Sprache und ...
Der zweite Fall für Hugh de Singleton
Im zweiten Band der Reihe um den Chirurgen Hugh de Singleton präsentiert der amerikanische Autor und Experte für die Geschichte der Chirurgie sowie für Sprache und Kultur Englands im Mittelalter einen neuen Mordfall, der seiner Auflösung durch den sympathischen Protagonisten harrt.
Der Ich-Erzähler Hugh de Singleton übt zwar sein erlerntes Handwerk als Chirurg immer noch aus, fungiert zudem aber bereits seit zwei Jahren als Burgvogt in Bampton, wo es seine Aufgabe ist, während der Abwesenheit von Lord Gilbert Talbot für Recht und Ordnung zu sorgen. Als der Büttel Alan an einem Wegrand außerhalb von Bampton ermordet aufgefunden wird, fällt die Aufklärung in die Zuständigkeit Hugh de Singletons. Zwar deuten die äußerlichen Verletzungen des Mannes auf einen Überfall durch einen Wolf hin, eine genauere Untersuchung der Leiche bringt jedoch einige Ungereimtheiten zu Tage. Hugh beginnt erneut zu ermitteln, doch diesmal gestalten sich seine Recherchen ein wenig schwieriger als bei seinem ersten Fall…
Meine Erwartungshaltung war nach Lektüre des ersten Bandes dieser Reihe hoch. Mel Starr hat zwar seinen einnehmenden Schreibstil beibehalten und sich bemüht, einen komplexen Fall zu konstruieren, dennoch vermochte mich der erste Fall von Hugh de Singleton ein wenig mehr zu begeistern. Zum einen fehlen mir in diesem Buch ganz entschieden die humorvollen Wortgeplänkel des Protagonisten mit Lord Gilbert, der im zweiten Band diesmal durch völlige Abwesenheit glänzt. Des Weiteren wies die Handlung an manchen Stellen einige Längen auf, die jedoch durch die gewählte Sprache wieder wettgemacht wurden. Zwischenzeitlich konnte ich mich bereits mit der Erzählform aus der Ich-Perspektive des Protagonisten anfreunden, und hielt es dem Autor zugute, dass viele handelnde Personen aus dem ersten Band wieder eine Nebenrolle im Nachfolgeband spielen durften. Durch die immerwährenden kleinen Rückblicke und Hinweise auf diese Personen ist die Lektüre des Vorgängerbuches es für ein Verständnis des Inhalts meines Erachtens auch nicht zwingend erforderlich. Geschickt geht Mel Starr in einigen kurzen Sätzen auch auf das Schicksal von Hughs erster Liebe, Lady Joan, ein und präsentiert in der Person der charmanten Tochter des Pergamenthändlers in Oxford die neue Frau seines Herzens.
Mel Starr versteht es ausgezeichnet, die Lebensumstände der Menschen jener Zeit zu beschreiben– sowohl die der Burgbewohner und dessen Bediensteten, als auch jene der Feld- und Waldarbeiter, der Handwerker und des Klerus. Durch den Mordfall baut der Autor einen Spannungsbogen auf, der keine allzu großen Höhen und Tiefen aufweist. Die Untersuchungen führen nicht sofort zum Ziel, Hugh de Singleton geht auch falschen Fährten nach und erleidet kurzfristige Misserfolge. Dennoch ist es mir auch diesmal schwer gefallen, das Buch aus der Hand zu legen.
Durch die Rolle des ungebildeten und fettleibigen Priesters in St. Andrew’s Chapel, Pater John Kellet, wird der Kirche ein wenig mehr Aufmerksamkeit zuteil. Der christliche Glaube spielt auch in diesem Buch eine Rolle, Hugh de Singleton wurde nicht zuletzt durch seinen Lehrer und Mentor John Wyclif geprägt, den er auch diesmal wiederholt aufsucht.
Großes Augenmerk wurde erneut auf die optische Gestaltung gelegt. Das Buchcover mit dem pergamentfarbenem Hintergrund und den blutroten Lettern präsentiert wie im ersten Band wieder den ornamental gestalteten Titel. Ein roter Blutstropfen ist im Begriff, auf den darunter stehenden, heulenden Wolf zu fallen. Erneut verwöhnt der Autor seine Leser mit einem umfassenden Glossar, in dem er im Buch vorkommende Begriffe aus dem Mittelalter erläutert. Die detaillierte Karte von Bampton hilft dem Leser, sich auch optisch am Ort des Geschehens zurechtzufinden
Fazit: „Unheilige Umtriebe“ vermochte es zwar nicht, mich derart zu begeistern, wie es dem Vorgängerbuch „Verräterische Gebeine“ gelungen ist. Es hat mich aber dennoch in seinen Bann gezogen und mir besonders durch die wunderschöne Sprache Mel Starrs höchst vergnügliche Lesestunden beschert. Ich freue mich auf die Lektüre des dritten Band „Tintenspur“, der in Form eines zwölfseitigen Auszugs am Ende des Buches bereits kurz vorgestellt wird.