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Veröffentlicht am 16.04.2018

Erinnerung an einen schmutzigen Engel

Erinnerung an einen schmutzigen Engel
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Die junge Schwedin Hanna lebt bei ihrer verwitweten Mutter und den Geschwistern in bitterster Armut. Als die Not am größten ist und Elin nicht mehr weiß, wie sie ihre Kinder durch den kalten, harten Winter ...

Die junge Schwedin Hanna lebt bei ihrer verwitweten Mutter und den Geschwistern in bitterster Armut. Als die Not am größten ist und Elin nicht mehr weiß, wie sie ihre Kinder durch den kalten, harten Winter bringen soll, schickt sie ihre älteste Tochter Hanna mit einem Pelzhändler auf den Weg zum Meer, in der Hoffnung auf ein besseres Leben für sie. Hanna leidet unter der Trennung von ihrer Familie, erhält jedoch die Möglichkeit, an Bord eines Schiffes nach Australien zu gehen. Sie verdingt sich vor Ort als Köchin, kommt jedoch niemals in ihrem Zielland an. Henning Mankell erzählt in sehr eindrucksvoller Art und Weise die Lebensgeschichte einer sehr starken Frau, die allen Hindernissen zum Trotz ihren Weg sucht – und findet. Hanna verschlägt es nach Afrika, wo sie zu Reichtum kommt und eines Tages spurlos verschwindet.

Der Autor begleitet die verschiedenen Stationen des Lebensweges Hanna Lundmarks, basierend auf einer wahren Begebenheit. Eine erstaunliche Frau, die allen Widerständen und Vorurteilen der weißen Bevölkerung trotzt und den herrschenden Rassismus offen zu kritisieren wagt. Hannas Gedanken, ihre Emotionen und ihr wacher Verstand werden vortrefflich beschrieben und durch einen Tagebuchfund wird mit Hilfe des Autors Henning Mankell ein lebendiges Bild dieser ungewöhnlichen Frau gezeichnet. Die Charaktere sind authentisch, die Lebensbedingungen der schwarzen Bevölkerung sowie die krassen Entgleisungen im Namen der Rassentrennung werden dem Leser eindringlich vor Augen geführt.

Henning Mankell liefert keine leichte Kost für einen vergnüglichen Nachmittag auf der Lesecouch. Er konfrontiert den Leser vielmehr mit der teils sehr brutalen Realität Afrikas zu Beginn des letzten Jahrhunderts und regt zum Nachdenken an. Er schildert den Zwiespalt einer Weißen, die den Umgang der restlichen weißen Minderheit mit den schwarzen Ureinwohnern in diesem Land mit Argusaugen beobachtet und kritisiert. „Erinnerung an einen schmutzigen Engel“ ist meines Erachtens ein ganz besonders eindringliches Werk dieses Autors, das ich auf jeden Fall weiterempfehlen kann.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Ich bin keine Ware. Ich bin eine Person!

Der erste Ball der Clara Carter
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„Ich bin keine Ware. Ich bin eine Person“.
… „die für eine großartige Ehe bestimmt ist. Du wirst bald ein Leben führen, von dem jedes Mädchen träumt. Ein wahrhaftiges Märchen.“

Die 17jährige Arzttochter ...

„Ich bin keine Ware. Ich bin eine Person“.
… „die für eine großartige Ehe bestimmt ist. Du wirst bald ein Leben führen, von dem jedes Mädchen träumt. Ein wahrhaftiges Märchen.“


Die 17jährige Arzttochter Clara Carter, die ihre Mutter bereits in jungen Jahren verloren hatte, wird unvermittelt mit der Tatsache konfrontiert, dass ihre Einführung in die Gesellschaft bereits ein Jahr früher als geplant stattfinden soll. Für Clara, die sich nichts mehr wünscht, als ein selbstbestimmtes Leben zu führen und die im New York des Jahres 1891 sogar kühn von einem Studium träumt, scheinen all ihre Pläne und Träume für die Zukunft zunichte gemacht. Von Kindheit an zu striktem Gehorsam erzogen fügt sie sich jedoch in ihr Schicksal und verbringt ihre Tage mit mühsamen Tanzstunden und Benimm-Unterricht. Die Weisung ihres Vaters ist eindeutig: unter Anleitung ihrer unerbittlichen Tante soll Clara sich den reichen Erben Franklin de Vries angeln. Obgleich sich alles in Clara sträubt, macht sie gute Miene zum bösen Spiel und stürzt sich in die gesellschaftlichen Verpflichtungen, die ihr Debüt mit sich bringt. Sie kokettiert mit ihren Bewunderern und wird zum strahlenden Star der Saison. Clara unterdrückt sowohl ihr aufbegehrendes Wesen, als auch ihren Herzenswunsch, höhere Bildung zu erfahren. Durch einen Kutschenunfall landet sie in einem zwielichtigen Viertel, wo ihr zum ersten Mal die große Armut der notleidenden New Yorker Bevölkerung vor Augen geführt wird. Clara scheint ihrem Ziel bereits sehr nahe zu sein und die Erfüllung der ehrgeizigen Pläne ihrer Familie in Reichweite. Doch dann blickt sie tief hinter die Kulissen der feinen Gesellschaft… und muss schließlich eine Entscheidung treffen…

Ich war, was den Inhalt dieses Buches betrifft, ein wenig zwiespältig. Einerseits wurde der Person der Clara Carter viel Aufmerksamkeit in diesem Roman zuteil und man konnte als Leser ihre Wandlung vom leichten Schmetterling und „Darling der Gesellschaft“ zur reiferen, selbstbewusst agierenden jungen Frau hautnah miterleben. Claras Wissensdurst, ihr ungewöhnlich tiefer Ernst sowie ihre Gleichgültigkeit modischem Schnickschnack gegenüber machen sie als Protagonistin sehr sympathisch. Ich vermisste in diesem Buch jedoch Gegenspieler und Nebenfiguren, die ebenso detailliert und lebendig ausgearbeitet waren. Gleichzeitig muss ich auch unumwunden zugeben, dass ich kaum Verständnis für die Oberflächlichkeit in der Gestaltung des Alltags, als auch die strikte Etikette der viktorianischen Frauen aufbringen konnte – wie beispielsweise das endlose Hungern und tägliche Schnüren der Korsetts bis zur Bewusstlosigkeit, aber auch andere, zum Teil schmerzhafte Einschränkungen, die Mode und Zeitgeist mit sich brachten. Die ausführlichen Beschreibungen dieser „Foltermethoden“ und das Streben nach im Grunde vollkommen unwichtigen Dingen, denen die so genannte „bessere Gesellschaft“ jedoch große Bedeutung zusprach, bildeten einen drastischen Kontrast zu deren Gleichgültigkeit jenen Zustände gegenüber, in denen zwei Drittel der städtischen Bevölkerung elend und notleidend vegetieren musste. Siri Mitchell bringt hier das aufrüttelnde Buch „Wie die andere Hälfte lebt“ von Jacob Riis ins Spiel, welches die Protagonistin heimlich las, und das einen tiefen Sinneswandel in ihr auslöste.

„Der erste Ball der Clara Carter“ war für mich ein interessanter historischer Liebesroman, der mich gut unterhalten hat. Für eine maximale Anzahl an Bewertungssternen fehlte mir jedoch neben den bereits erwähnten wenig authentischen handelnden Personen auch „das gewisse Etwas“ – die Fähigkeit, mich tief zu berühren, zu fesseln.

Abschließend möchte ich das Coverfoto positiv erwähnen, das Clara Carter exakt so darstellte, wie ich sie mir aufgrund der Personenbeschreibungen im Buch vorgestellt hatte. Die stille, sanfte Anmut und die schlichte Eleganz verbreiteten zusammen mit dem versonnenen, aber auch nachdenklichen Lächeln der hübschen Protagonisten eine geheimnisvolle Atmosphäre.

(Rezension zum Printexemplar)

Veröffentlicht am 16.04.2018

Ein aufregender Sommer in Wyoming

Der Sommer, der so viel versprach
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„Woher weiß man, dass man jemanden liebt?“
„Man weiß es einfach. Im tiefsten Inneren seines Herzens weiß man, dass dies der Mensch ist, mit dem man den Rest seines Lebens verbringen möchte“.

Abigail Harding, ...

„Woher weiß man, dass man jemanden liebt?“
„Man weiß es einfach. Im tiefsten Inneren seines Herzens weiß man, dass dies der Mensch ist, mit dem man den Rest seines Lebens verbringen möchte“.


Abigail Harding, eine junge Lehrerin einer Mädchenschule in Wesley, Vermont, trifft nach dem Erhalt einiger melancholischer Briefen ihrer Schwester Charlotte eine folgenschwere Entscheidung: sie macht sich mutig auf nach Wyoming, um herauszufinden, wie es ihrer Schwester seit ihrer Heirat mit dem Offizier Jeffrey Crowley vor einem Jahr ergangen ist. Bereits die Fahrt in der Postkutsche birgt einige Überraschungen, und nicht alle davon sind erfreulicher Natur. Ein versuchter Überfall auf die Insassen, Abigail eingeschlossen, ist der Beginn einer Kette von Ereignissen, die alle Zukunftspläne der hübschen Frau mit den faszinierenden Augen und der impulsiven Art ins Wanken bringen...

Amanda Cabot, für mich bislang eine unbekannte Autorin aus der Riege der Christlichen Romanschreiberinnen, hat mich mit ihrem Buch „Der Sommer, der so viel versprach“, gut unterhalten. Der Inhalt bietet die bereits im Klappentext avisierte Spannung, verbindet die Beziehung Abigails und ihrer Schwester auch noch mit einer wunderschönen, romantischen Liebesgeschichte der jungen Lehrerin, liefert aber auch reichlich sehr schöne Passagen mit christlichem Inhalt.

Was mir bei dieser Lektüre fehlte, waren einige Hintergrundinformationen, einige Zusammenhänge, die durch die Autorin im Verlauf des Buches zwar angesprochen, jedoch letztendlich nicht aufgelöst wurden. Die tatsächliche Ursache der rätselhaften Schwankungen von Charlottes Gesundheitszustand waren die eine Komponente, die fehlende Enthüllung der Person des „Barons“, eines der Drahtzieher des Komplotts, die andere. Zudem hätte ich gerne mehr über den Konflikt zwischen Leutnant Ethan Bowles und seinen Großvater, Curtis Wilson, sowie über die Hintergründe der Heirat seiner Eltern und deren Schicksal erfahren. Auch die Entwicklung der Nebenfigur „Lea“ und des Korporal Keller wie auch tiefere Einblicke in Charlottes und Jeffreys Denken und Fühlen, aber auch ein wenig „mehr“ über das Leben der Einwohner des Fort Laramie, vermisste ich in diesem Roman. Der flüssige Schreibstil der Autorin machte die Lektüre zu einem Vergnügen, die zu flachen Charaktere und bereits erwähnten ungelösten Fragen veranlassten mich jedoch dazu, für dieses romantische, mit Spannungselementen versehene Buch dennoch nur vier Bewertungssterne zu vergeben.

Fazit: Das Buch „Der Sommer, der so viel versprach“ würde ich als unterhaltsame Lektüre für Leser mit einem Faible für Liebesgeschichten mit einem eingebauten Kriminalfall zu empfehlen. Für meinen Geschmack waren die handelnden Personen zu wenig ausgefeilt, das Buch ließ mich auch das „gewisse Etwas“ vermissen, das es schafft, mich vollständig in seinen Bann zu ziehen, tiefe Emotionen beim Lesen zu wecken und dafür zu sorgen, dass der Inhalt noch eine ganze Weile nach der letzten Seite nachwirkt. Dennoch gebe ich gerne eine Leseempfehlung für einen Roman, der mir einige unterhaltsame Lesestunden beschert und mich für eine Zeitlang in die Weite der Landschaft Wyomings entführt hat.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Gottes unfassbare Wege

Gottes unfassbare Wege
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„Kann Gott wirklich das Böse besiegen? Ist Liebe wirklich stärker als Hass? Wie kann man mitten im Dunkeln Hoffnung bewahren, und wenn es noch so wenig ist? Wie kann der Glaube in einem Irrenhaus wie Somalia ...

„Kann Gott wirklich das Böse besiegen? Ist Liebe wirklich stärker als Hass? Wie kann man mitten im Dunkeln Hoffnung bewahren, und wenn es noch so wenig ist? Wie kann der Glaube in einem Irrenhaus wie Somalia überleben? Wie kann ein Christ das überfließende, sieghafte Leben, das Jesus verheißen hat, an Orten in unserer Welt leben, die die reinste Hölle sind? Funktioniert das Christentum auch in Ländern, die nicht westlich, gutbürgerlich und wohlgeordnet sind? Und wenn ja, wie?“

Der Ich-Erzähler schreibt zum Schutze der Identität vieler Menschen, die in seinem Buch vorkommen, unter dem Pseudonym Nik Ripken und berichtet zunächst von seiner ärmlichen Kindheit auf einer Farm im ländlichen Kentucky, wo er bei seinen Eltern und inmitten seiner sechs Geschwister aufwuchs. Von seinen Eltern bekam er einen ausgeprägten Sinn für Familienzusammenhalt, Ehrlichkeit, persönliche Verantwortung, Eigenständigkeit und solide Arbeitsethik als Basis mit auf den Weg. Kontakt zum Glauben hatte er lediglich durch die Sonntagsschule sowie den anschließenden Gottesdienst. Nach seinem achtzehnten Lebensjahr verließ er sein Elternhaus, um zu studieren, und als er eine junge Frau namens Ruth kennen lernte, war es für ihn wie ein Geschenk Gottes. Er verliebte sich bereits bei der ersten Begegnung in die junge Pastorentochter und fand in ihr die Frau fürs Leben. Danach ging Nik Ripken mit seiner Frau nach Afrika – und erlebte dort als Pastor eine tiefe Glaubenskrise. Nach einem Aufenthalt in Hargeysa wagte er sich als einer der ersten christlichen Helfer in die somalische Hauptstadt Mogadischu, wo nach dem blutigen Bürgerkrieg unvorstellbare Grausamkeit und Leiden herrschten. Ein somalisches Sprichwort, das ihm einer seiner einheimischen Mitarbeiter nahe brachte, zeugte in kurzen Worten vom Ausmaß des Schreckens: „Ich und Somalia gegen die Welt; ich und mein Clan gegen Somalia; ich und meine Familie gegen meinen Clan; ich und mein Bruder gegen meine Familie; ich gegen meinen Bruder“. Der Autor wird mit dahin dämmernden Lebenden und hoffnungslosen leeren Augen, unzähligen Leichen am Wegesrand und in den Hütten verhungerter Menschen konfrontiert, wo nichts anderes mehr zu tun blieb, als sie vorsichtig inmitten der verminten Straßen und Wege zu bergen, und zu begraben. Die Plünderungen, Vergewaltigungen, Misshandlungen und Folter in Somalia schilderte er als Albtraum der Gewalt und des Wahnsinns, eine Hölle des Bösen, eine Welt ohne genügend Nahrung, um zu überleben, eine Welt, in der die Kinder nicht zur Schule gehen konnten und ihre Eltern kaum damit rechneten, dass sie das Erwachsenenalter erreichen würden. Ripken musste halb verhungerte kleine brüllende Bündel Mensch aus den Armen ihrer toten Mütter nehmen, die vor Hunger und Entkräftung starben, während sie ihre Babys stillten. Durch den fanatischen Glauben der Einwohner Somalias an die Überlegenheit des Islams und deren völlige Ablehnung des Christentums wurden die Hilfseinsätze des Autors zu höchst riskanten Unternehmen, für die viele seiner somalischen Helfer mit dem Leben bezahlten. Ripken stand vor dem Problem, in einem Land, wo christliche Mission gesetzlich verboten war, offen über Jesus zu reden. Und er erkannte auch rasch, dass die Menschen in Somalia zwar dringend Lebensmittel, Medikamente, Kleidung und Schutz vor den Elementen benötigten, dass sie aber beinahe ebenso dringend jemanden brauchten, der für sie da war, ihnen zuhörte, dem sie ihre Geschichte erzählen konnten. Durch einfaches Zuhören und Gespräche „von Mensch zu Mensch“ konnte er ihnen ein Stück Menschenwürde zurückgeben. Ripkens Problem war es jedoch, angesichts all dieses Elends nicht abzustumpfen, die Gefühle zu stählen, ohne das sein Herz dabei hart würde. Seine Hilfseinsätze waren tägliche körperliche und emotionale Schwerstarbeit, während rings um ihn herum das Rattern der Gewehre und die Blitze explodierender Granaten zu hören war. Einzig sein Glaube an Gott und der Rückzug zu seiner Ehefrau Ruth und seinen drei Söhnen Shane, Timothy und Andrew gaben ihm die Kraft, weiter zu machen. Die Pastorentochter war der Stützpunkt seiner Hilfsorganisation, Mutter seiner Kinder und fungierte als Familienmanagerin, unterstützte ihren Mann, wo sie nur konnte. Der Autor erlebte in seinen Jahren in Afrika auch persönliche Tragödien, als seine gesamte Familie schwer an Malaria erkrankte, und als sein Sohn Timothy im Alter von nur sechzehn Jahren an einem schlimmen Asthmaanfall starb.

Als Ruth und Nik im Zuge eines Forschungsprojektes freigestellt wurden, besuchten sie ein halbes Dutzend ehemaliger Ostblockstaaten und erkannten, dass der christliche Glaube auch an den schwierigsten, feindseligsten Orten der Welt überleben kann. In Russland erlebte er beispielsweise hautnah die Christenverfolgung mit, und erzählt unter anderem die tragische Geschichte seines Bekannten Dimitri, der seinen Glauben leben und auch seine Söhne im christlichen Sinne erziehen wollte. Verfolgung war für die Pastoren in solchen Gegenden ebenso etwas Alltägliches wie in Somalia. Auch in der Ukraine musste er mit ansehen, wie das Regime der kommunistischen Länder versuchte, die Seele oder zumindest die Identität der Menschen, die als Bedrohung galten, zu zerstören. Jahrelange Haft, Folter und Misshandlungen waren an der Tagesordnung. Der Bericht seines Aufenthalts in China umfasst die Überwachung und Beschattung der so genannten Hausgemeindechristen durch die Polizei und dem unvorstellbar grausamen Vorgehen der Schwangerschaftspolizei, wo Zwangsabtreibungen nur ein Beispiel für den Versuch der Regierung waren, alle Lebensbereiche des Einzelnen zu kontrollieren. Der Glaube an Gott stellte für diese Regierung eine Bedrohung dar, und wurde mit allen Mitteln bekämpft. Nik Ripken betrachtete seine Chinareise als einer der größten Schlüssel- und Wendepunkte seines geistlichen, persönlichen und beruflichen Lebens. Nach seinem Einsatz in Südostasien resümiert der Autor: „Wir fanden Jesus – und entdeckten, dass er auch im 21. Jahrhundert lebt und handelt. Er offenbart sich in Leben, Worten und in Auferstehungsglauben verfolgter Christen. Diese Christen leben nicht nur für Jesus, sie leben jeden Tag mit ihm. Und sie haben mir eine ganz neue Perspektive zum Thema „Verfolgung“ geschenkt. „Ich habe nicht auf alle meine Fragen Antworten gefunden. Ich weiß immer noch nicht genau, wohin die Reise geht. Aber ich bin sicher, dass es sich lohnt, die Fragen zu stellen – und dass Gott ein geduldiger, wenn auch zuweilen anspruchsvoller Lehrer ist“.

Dieses Buch hat mich mit seinen grauenhaften Details über die Zustände nach dem Bürgerkrieg in Somalia und der Grausamkeit der Christenverfolgung in den ehemaligen Ostblockstaaten tief betroffen gemacht. Der schonungslose und offene Bericht des Autors kann den Leser unmöglich unberührt lassen, Nik Ripkens mutiger Einsatz verlangt großen Respekt und Bewunderung ab. Inhaltlich kann ich dieses Buch jedem Menschen ans Herz legen, der einmal einen Blick „über den Tellerrand“ riskieren und über beinahe unvorstellbare Zustände in ein wenig entfernteren Regionen dieser Welt lesen möchte. Mein Abzug eines Bewertungssternes ist auf dem sprunghaften Schreibstil des Autors begründet (unvermittelter Wechsel in der Zeit und der Perspektive). Hier wären Orts- bzw. Jahreszahlangaben hilfreich gewesen.

Veröffentlicht am 16.04.2018

Gottes Gnade trägt

Gottes Gnade trägt
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„Ich war eine naive, achtundzwanzigjährige christliche Ehefrau und Mutter gewesen, die ihr ganzes behütetes Leben inmitten einer idyllischen Amisch-Umgebung verbracht hatte. Würde es für mich jemals wieder ...

„Ich war eine naive, achtundzwanzigjährige christliche Ehefrau und Mutter gewesen, die ihr ganzes behütetes Leben inmitten einer idyllischen Amisch-Umgebung verbracht hatte. Würde es für mich jemals wieder so sein? Alltäglich? Normal?“

Die zugrunde liegende grauenhafte Katastrophe dieser Geschichte ist der mörderische Amoklauf des 32jährigen Charles Roberts, der am 2. Oktober 2006 die kleine „Ein-Klassenzimmer-Amisch-Schule“ von Nickel Mines in Pennsylvania stürmt, 10 Mädchen im Alter zwischen 7-12 Jahren als Geiseln nimmt, sich verbarrikadiert, fünf der Mädchen ermordet, und fünf weitere schwer verletzt. Anschließend begeht der Mann, der bislang als ruhiger, sanftmütiger Familienvater und treuer, zärtlicher Ehemann galt, Selbstmord.

In diesem Buch kommt Marie, die Ehefrau des Mörders, zu Wort und erzählt ihre und Charlies Geschichte, begonnen von ihrer Kindheit, über das gegenseitige Kennenlernen, ihre Heirat, und ihres gemeinsamen Lebens bis zu jenem tragischen Tag, als all ihre Hoffnungen und Träume mit einem Schlag zunichte gemacht wurden. Ein Zuhause, das ein Ort voller Lachen und Leben war, und in dem ein junges Ehepaar mit seinen drei kleinen Kindern glücklich war, gab es von einem Augenblick auf den anderen plötzlich nicht mehr. Anstelle der fröhlichen Zuversicht auf eine gemeinsame Zukunft traten Schock, Entsetzen, Kummer und Trauer. Die junge Witwe musste nicht nur das unendliche Leid ertragen, das ihr Ehemann seinen nächsten Nachbarn, den friedlichen, freundlichen und von allen geachteten Familien der Amisch-Bevölkerung angetan hatte, sondern sie musste sich zudem auch noch ihren Scham- und Schuldgefühlen stellen. Inmitten der Fragen, ob sie Hinweise auf die sich anbahnende Tat übersehen, oder diese gar hätte verhindern können, wuchs Maries Glaube um ein Vielfaches, und sie verspürte inmitten dieses Alptraumes als Ehefrau eines Mörders Gottes tröstende Gegenwart. Marie Monville berichtet, wie sie vergeblich in der Vergangenheit nach Anzeichen forschte, wie nichts an dem fleißigen, verantwortungsvollen und liebevollen Vater, gläubigen Christen und Kirchgänger, fürsorglichen Sohn und Schwiegersohn, auf diese grauenhafte Tat hinwies. Mit großer Offenheit öffnet sich Marie in diesem Buch ihren Lesern, erzählt von ihren Gefühlen und ihrer permanenten Zwiesprache mit Gott, dessen spürbare Gegenwart ihr eine unbeschreibliche Kraft gab. Maries Glaube wuchs in diesen schrecklichen Momenten um ein Vielfaches, er umgab sie wie ein Schutzwall und Marie wurde durch ihn getragen, als ihr ruhiges, normales Dasein so unvermittelt endete.

„Gottes Gnade trägt“ zeigt die Ereignisse dieses 2. Oktober 2006 aus der Sicht der Ehefrau des Mörders und schildert deren Gedanken- und Gefühlswelt auf eine sehr intensive Art und Weise. Besonders berührt hat mich die ergreifende Schilderung jener Szene, die weltweit tiefe Betroffenheit und Erstaunen auslöste, als die betroffenen Amisch-Familien Charlies Familie mit der unvorstellbaren Gnade und Barmherzigkeit Gottes überschütteten und auf diese Weise das Evangelium sichtbar gelebt wurde, indem sie bedingungslose Liebe übten. Diese schwer nachvollziehbare Geste der Vergebung, wo kein Zorn, keine Wut, kein Groll, sondern an ihrer Stelle Ermutigung, Besorgtheit und Trost an Marie und ihre Familie herangetragen wurde, hat mich tief bewegt.

Dieses Buch verdeutlich, wie groß die Kraft und Zuversicht ist, die man aus einem tiefen Glauben ziehen kann, und wie Gottes Gnade einen Menschen durch die schlimmsten Katastrophen im Leben tragen kann. „Gottes Gnade trägt“ – Marie Monville erzählt in ihrem bewegenden Buch sehr detailliert und zutiefst emotional davon. Sie beginnt, und schließt die Geschichte ihres Lebens mit folgenden Gedanken: „Ihr Leben ist keine Tragödie, auch wenn Ihre Lebensumstände noch so tragisch sind. Es ist eine Liebesgeschichte. Und wenn Sie glauben, dass in Ihrer Liebesgeschichte alle Lichter erloschen sind: Ein Licht scheint immer noch.“