Der Soundtrack deines Lebens
„Du und ich sind auch nur zwei Suchende. Zwei Blinde, die sich gegenseitig führen. Aber ich will daran glauben, vielleicht an Liebe, vielleicht an Größe, vielleicht auch an die Ewigkeit“ Wenn ich an Cab ...
„Du und ich sind auch nur zwei Suchende. Zwei Blinde, die sich gegenseitig führen. Aber ich will daran glauben, vielleicht an Liebe, vielleicht an Größe, vielleicht auch an die Ewigkeit“ Wenn ich an Cab dachte, musste ich lächeln – das war schon immer so gewesen. Ich spürte die Wärme des bloßen Wissens, dass es ihn gab und dass er mein Freund war, und ich war froh, ihn zu kennen. Wenn mich etwas beschäftigte, ging ich damit zu Cab, und wenn ich einen Rat brauchte, fragte ich ihn. Wenn ich wütend oder traurig war, munterte er mich auf und mit seiner Musik berührte er mein Herz immer wieder aufs Neue“.
Lily, die stets in schwarze Klamotten gekleidete sechzehnjährige Schülerin mit dem langen, dunklen Haar erzählt von ihrer tiefen Freundschaft zur elfenhaften blonden Leonie und ihren beiden achtzehnjährigen besten Freunden Alex und Christian, „Cab“ genannt. Nach einem gemeinsamen Nachsitzen erwächst aus diesem zufälligen Zusammentreffen eine eingeschworene Gemeinschaft, deren Leidenschaft der Musik gehört. Besonders Cab, der alle mit seiner Leichtfertigkeit und Begeisterung anzustecken vermag und stets mit den verrücktesten Ideen ankommt, widmet sich mit großer Hingabe dem Spiel auf seiner Akkustikgitarre und dem Schreiben von Liedtexten, die er zusammen mit Alex in der von ihm gegründeten Rockband namens „Suneclipse“ darbietet. Sowohl Cab, als auch Alex, brechen gerne mal die Regeln und freuen sich auf den Abschluss ihrer Schulzeit nach dem Abitur im kommenden Schuljahr, auf eine verheißungsvolle Zukunft, die Cab mit einem langen Auslandsaufenthalt einleiten möchte. Lily hingegen sieht dem Ende ihrer gemeinsamen Schulzeit bereits mit einer gewissen Wehmut entgegen, sie fürchtet eine Zeit, wo die Wege der eingeschworenen Freunde sich zwangsläufig trennen werden. Doch im Grunde halten sich Alex, Cab, Leonie und Lily für unsterblich und unbesiegbar, sie denken, ihre Freundschaft würde nie enden, die Band alles überdauern und all ihre Pläne und Träume wahr werden. Sie meinen, noch alle Zeit der Welt zu haben. Als aus der langen gegenseitigen heimlichen Verliebtheit zwischen Leonie und Alex mehr wird, und auch Cab und Lily nicht mehr nur die „allerbesten Freunde“ sein möchten, als ihre Welt voller Verheißungen für eine glückliche Zukunft scheint, bringt eine schreckliche Diagnose ihre heile Welt abrupt zum Einsturz.
Dieses Buch, das wie eine beiläufige Erzählung über vier beste Freunde beginnt, entpuppte sich sehr rasch als Geschichte, die so emotional und tiefgründig wurde, dass sie mich mehrfach zu überwältigen drohte. Die Autorin lässt ihre Leser die Ängste und Sorgen, die Hoffnung und Verzweiflung und manchmal auch die Hilflosigkeit und Resignation ihrer Protagonisten miterleben. Sie begleitet die drei Freunde ans Krankenbett von Cab und gibt eindrucksvolle Gespräche wieder, in denen sie sich gegenseitig Kraft und Stütze geben. Doch im Grunde ist und bleibt Cab die schillernde Hauptfigur dieses beeindruckenden Buches. Cabs Krankheit schafft es nicht, sein besonderes Lächeln, das eine Mischung aus Lebensfreude und Gleichgültigkeit war, zum Verschwinden zu bringen. Er blüht auch während der kräfteraubenden Chemotherapien auf, wenn er Musik macht, egal, wie elend er sich auch fühlt. Er vermag es, die anderen zu begeistern, ist dankbar für schöne Momente, trotz seiner Angst vor dem, was kommen mag, trotz seiner in manchen Situationen überwältigenden Sehnsucht nach Normalität. Im Krankenhaus trifft er auf Fiona, eine tiefgläubige junge Patientin, die ihm Verständnis und Trost vermittelt. Mit Fiona lernt er wieder zu beten, die Hoffnung nicht aufzugeben. Er glaubt fest an einen Plan Gottes hinter all dem Leiden, auch wenn er und seine Freunde den Sinn hinter allem im Moment nicht verstehen können. Seine Hoffnung strahlt regelrecht nach außen, sie scheint unerschütterlich und er vertraut auf Gott, egal, was geschieht. Er vertraut ihm sogar, obgleich er nicht weiß, ob es zu seinem Plan gehört, ihn zu heilen. Im Grunde ist Cab selber das Wunder, um das er gebetet hat.
„Und wir hielten uns für unsterblich, für unauslöschlich und mussten feststellen, dass wir zerbrechlich sind. Und wir hielten uns für unvergänglich, für unbesiegbar und mussten feststellen, dass wir nur Menschen sind. Sein Plan ist perfekt. Die Kämpfe dieses Lebens, sie waren – verkleidet und versteckt – nur Zeichen seines Segens.“
Dieses Buch, das mich dermaßen berührte, kann ich nur als „Perle“ bezeichnen, als außergewöhnliches Leseerlebnis, das mir von dieser Autorin „direkt ins Herz geschrieben“ wurde. Dringende Leseempfehlung und eindeutige Höchstbewertung!