Ich möchte sehen, ob ich Glauben auf Erden finde, bevor ich mein Werk vollende.
Der Eindringling„Ich möchte sehen, ob ich Glauben auf Erden finde, bevor ich mein Werk vollende.“
Die Erzählung „Der Eindringling“ von Melvin J. Sandström ist zwar eine mit historischen Ereignissen angereicherte theologische ...
„Ich möchte sehen, ob ich Glauben auf Erden finde, bevor ich mein Werk vollende.“
Die Erzählung „Der Eindringling“ von Melvin J. Sandström ist zwar eine mit historischen Ereignissen angereicherte theologische Fiktion, die Grundfrage, was Jesus in der heutigen Zeit vorfinden würde, wenn er inkognito auf der Erde erscheint, ist dennoch ein sehr aktuelles Thema. Würde er noch Glauben vorfinden? Würde IHM jemand Glauben schenken? Oder würde er als Verrückter, als Eiferer abgetan? Würde ihm überhaupt jemand Gehör schenken? Der Autor malt anhand einiger fiktiver Begegnungen ein Bild dieses Szenarios, und bedient sich dabei verschiedener Schauplätze.
Zunächst steht ein altes Backsteinhaus im Zentrum des Geschehens, in dem ein blinder alter Bewohner mit seiner Katze lebt. Arnie war dem Alkohol zugetan, hatte sich jedoch bereits vor vielen Jahren bekehrt, und seine Reaktion auf Jesu Besuch ist erstaunlich.
Im zweiten Kapitel besucht Jesus die theologische Fakultät einer Universität - den Arbeitsplatz eines angesehenen Professors namens Peter Hellner. Der Theologe führt eine beinahe hitzige Diskussion mit dem zunächst unbekannten Besucher und kämpft mit aller Macht um die Erhaltung seiner Glaubenssätze, sucht einen Ausweg aus dem Käfig des Intellekts. Jesu Fragen haben die Macht, alles zu verändern, woran er bislang glaubte und es kommt aus diesem Grund beinahe zu einem Theologenstreit.
Der Schauplatz des dritten Kapitels ist eine Klosterkirche, in dessen Umfeld gerade eine Prozession zu Ehren der heiligen Jungfrau Maria stattfindet. Jesus besucht den Organisator, Bischof Pius Manz, sowie zwei Pilger, Caro da Silva und ihre blinde Tochter Anna. Während die Gespräche mit Caro da Silva und Anna Herz erwärmend und tief berührend ausfallen, eskaliert die Unterhaltung mit dem Bischof.
In Kapitel vier steht der 48jährige charismatische Unternehmer Ted Weinberger im Mittelpunkt. Weinberger jagt im Namen des Evangeliums und im Namen Gottes Macht und Besitz nach und stellt seinen Erfolg und seine falschen Wertvorstellungen auch über seine Ehefrau Kristin. Auch seine Konfrontation mit dem ungewöhnlichen Besucher verändert einiges im Leben des Firmengründers, er ist jedoch noch nicht zur Umkehr bereit.
Jener Handlungsort, der mich persönlich am meisten beeindruckt hat, war eine Bar mit Western-Atmosphäre, im Grunde nichts anderes als ein Bordell. Vitali, der raubeinige Besitzer, handelt mit dem Leid rumänischer, ungarischer und russischer Mädchen, denen er ein Leben im goldenen Westen verspricht, und die anschließend für die Rückzahlung der Reisekosten und der Auslagen als Prostituierte arbeiten müssen. Die Mädchen, die aus Angst vor der Polizei und aus Scham gegenüber den Eltern und Verwandten schweigen, haben längst ihre Unschuld und den Glauben an eine gerechte Welt verloren. Mitten in diesem „Sumpf“ taucht plötzlich Jesus auf. Und verändert die Welt einer ganz bestimmten jungen Frau auf drastische Art und Weise.
Der Autor berichtet in wunderschöner Sprache und auf berührende Art und Weise über diese fiktiven Besuche von Jesus, er beschreibt dabei auch anschaulich die Reaktionen seiner Protagonisten auf seine unbequemen Fragen. Keiner der Menschen bleibt von dieser Begegnung unbeeinflusst, ihre Lebenswege sind miteinander verflochten und werden im sechsten und letzten Kapitel „Der siebte Tag“ wieder zusammengeführt.
„Der Eindringling“ ist zwar kein dickes, dafür aber ein inhaltlich sehr reiches Buch, von dem man auch persönlich sehr viel profitieren kann. Ich möchte ganz besonders auch die optische Aufmachung hervorheben, die mich bereits beim ersten Anblick begeistert hat. Eine harmonische Farbgestaltung mit symbolträchtiger Zeichnung auf dem Cover wird durch edel erhobene Schrift vervollständigt. Die Erläuterungen im Anhang sind in Kapitel gegliedert und führen Details zu einzelnen Ausdrücken oder historischen Fakten an.
Ich kann dieses Buch jedem Menschen ans Herz legen, der sich und seinen Glauben ein wenig näher beleuchten und sich anhand der vorliegenden Erzählung Gedanken darüber machen möchte, wie er selber in einer solchen Situation handeln, denken und fühlen würde.
Uneingeschränkte fünf Bewertungssterne und eine klare Leseempfehlung, sowie mein herzliches Dankeschön an den Brunnen-Verlag und die Organisatorin der Lovelybooks-Leserunde für die Zurverfügungstellung dieses Rezensionsexemplars.