Die Chroniken der Elfen
Die Chroniken der ElfenDie Protagonistin Pia landet gemeinsam mit ihrer Bekannten Alica auf ihrer Flucht vor gefährlichen Kriminellen in einer für sie völlig fremden, unbekannten Welt. Der Übergang von den finsteren Winkeln ...
Die Protagonistin Pia landet gemeinsam mit ihrer Bekannten Alica auf ihrer Flucht vor gefährlichen Kriminellen in einer für sie völlig fremden, unbekannten Welt. Der Übergang von den finsteren Winkeln der Favelas Rio de Janeiros nach WeißWald gelingt durch ein Portal, das auf mysteriöse Weise erschienen – und auch wieder verschwunden zu sein scheint. Pia wird in dieser Welt als Gaylen verehrt, die nach einer alten Legende nach dem Volk Frieden und Freiheit bringen soll – doch nicht jeder der seltsamen Bewohner dieser fremden Welt ist ihr wohl gesonnen…
Hohlbein ist es vortrefflich gelungen, seiner Idee Ausdruck zu verleihen, sie in diesem magischen Roman umzusetzen. Er findet einen raschen Übergang von der Realität zur magischen Welt und nimmt den Leser dabei einfach mit. Eine grandiose Idee mit einer großartigen Umsetzung!
Wolfgang Hohlbeins Schreibstil ist von Zauber und Fantasie geprägt. Er erzählt die Geschichte von Pia (Gaylen) und wählt dazu die Mitvergangenheitsform, aus der Sicht des Autors selber. Hohlbein vermag es wie kein anderer, verschiedene Genres in einer Geschichte zu vereinen. Man kann ihn sowohl als Meister der Spannung, als auch als Meister der Fantasie, bezeichnen. Geschickt umhüllt der den Leser mit seinen Worten wie mit einem Mantel aus Magie, verwickelt ihn in seine reiche Gedankenwelt, lässt ihn nicht mehr aus seinen Fängen. Ein Autor, der für meine Person Suchtfaktor besitzt.
Wolfgang Hohlbein gewöhnt den Leser an den Alltag seiner Protagonistin in den Straßen der Favelas in Rio und katapultiert ihn dann mit einem rasanten Tempo in die fremde Welt. Obgleich ich Hohlbein auch als Spannungsautor überaus schätze, finde ich seine Fantasie, seine Kreativität bezüglich magischer Geschichten großartig. Es gelang ihm, mich gedanklich in die Geschichte hinein zu versetzen, ich vermeinte, körperlich beschriebene Dinge wie Kälte und Hunger zu spüren und die Emotionen Pias wurden sehr rasch auch zu meinen eigenen. Er zerstreut beim Leser jegliche Skepsis, entreißt ihn der vernunftgesteuerten Realität und lässt ihn uneingeschränkt an Magie, Zauberei und märchenhafte Wesen glauben. Man könnte fast sagen: Hohlbein schafft das Kunststück, den Menschen die Fantasiewelt seiner Kindheit wieder zu geben – zwar nur für die Dauer eines Buches, aber uneingeschränkt und vollständig.
Hohlbein geizt auch nicht mit Spannung – durch die abenteuerlichen Ereignisse in WeißWald hält er sie durchgehend aufrecht und obgleich das Buch 762 Seiten hat, musste ich es einfach durchlesen, ohne zu pausieren.
Der Fantasie Hohlbeins scheint auch bei der Beschreibung von Ort und Bewohner keine Grenzen gesetzt – er begeistert mit skurillen Figuren, absonderlichen Tieren und vermittelt durch seine detaillierten Beschreibungen der Wohnstätten und Bewohner von WeißWald einen sehr genauen Eindruck der Lebensweise dieses Volkes. Man meint, sich mitten drin zu bewegen, durch die winkeligen Gässchen WeißWalds zu wandeln, an Pias Seite deren Abenteuer hautnah mit zu erleben.
Hohlbeins Protagonisten sind überzeugend, detailliert beschrieben und sympathisch. Die Gute bleibt auch in der magischen Welt die Gute, ebenso verfährt er mit den Bösewichten. Pia, ihr bester Freund Jesus und der Bösewicht Hernandez tauchen allesamt auch in WeißWald auf, es verändern sich ihre Erinnerungen und ihr Bewusstsein, nicht jedoch ihr Charakter und ihr Aussehen. Bei Pia selber hat man den Eindruck, sie im Verlauf der Geschichte immer besser kennen zu lernen, ihre inneren Gewissenskonflikte und widerstreitenden Gefühle werden sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Erstaunlicherweise gibt es in diesem Buch nicht sehr viele Nebenfiguren, deren Beschreibungen empfand ich jedoch ebenfalls als völlig ausreichend. Nicht zu viele Details, aber genau die richtige Dosis an Informationen über die Personen, um sich ein Bild von ihnen machen zu können. Hohlbein verwirrt nicht mit zu vielen Namen, er hebt vielmehr die wichtigsten hervor und webt mit ihnen seine magischen Fäden, fabriziert sein märchenhaftes Abenteuer. Für meine Person kann ich nur sagen, dass ich sofort in die Rolle von Pia schlüpfte, mit ihr mit lebte, mit bangte und kämpfte. Ihre Gefühle wurden zu meinen, ebenso ihre Hoffnungen und Träume. Faszinierend.
Dieses zauberhafte Buch von Wolfgang Hohlbein besticht schon allein durch seine Optik. Man wird sofort von dem Coverfoto angezogen, das die Protagonistin „Gaylen“ mit ihrer Kapuze, dem widerspenstig-offenen langen Blondhaar und ihrem magischen Schwert zeigt. Ihre Haltung ist kämpferisch, ihr Blick rätselhaft. Die Person ist umgeben von einem magischen Ring, der das Portal in die andere Welt auszudrücken scheint. Die Schrift auf dem Coverfoto ist erhoben, Autor in grünglänzender Farbe, Titel in Gold. Ein märchenhafter Anblick, der mich sofort zu diesem Buch greifen ließ. Ich kann mir gut vorstellen, dass Fantasy-Leser es allein aufgrund der Optik kaufen könnten …
Das Buch wurde in gebundener Ausgabe aufgelegt, was allein schon durch seine stattliche Seitenanzahl ein klarer Vorteil ist. Was ich hier jedoch vermisse war eine genaue Karte der Welt, in der Pia (hier Gaylen genannt) gelandet ist. Ich hätte mich gerne auch bildhaft in die verschlungenen Gassen und Winkeln der mysteriösen Stadt WeißWald vertieft, hätte gerne die Wege vom Gasthaus zum Markt und zum bedrohlichen Turm des Hochkönigs mit verfolgt und Pia so begleitet.
Fazit: Dieses Buch stellt für mich ein Glanzstück aus den Federn eines großartigen Fantasyautors dar, das ich aus voller Überzeugung weiter empfehlen kann. Ein Zauberwerk an Magie, das es schaffte, die Realität für einige Stunden vollkommen verschwinden zu lassen.