Cover-Bild Am Ende eines Sommers
9,99
inkl. MwSt
  • Verlag: ROWOHLT Taschenbuch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 01.08.2012
  • ISBN: 9783499257360
Isabel Ashdown

Am Ende eines Sommers

Rainer Schmidt (Übersetzer)

Nichts ist einfach, wenn man erwachsen wird.Südengland, Ende der sechziger Jahre: Rachel und Mary sind Schwestern an der Schwelle zum Erwachsensein, unzertrennlich, wohlbehütet und süchtig nach Leben. Rachel ist immer ein paar Schritte voraus, doch dann entflieht ausgerechnet die jüngere Mary der Kindheitswelt so vehement, dass ihre Familie sie verstößt.Portsmouth, 1985: Jake ist erst 13, doch Probleme hat er genug. Sein Vater, den er vergöttert, verlässt die Familie. Und Mary, seine Mutter, ist am Boden zerstört. Jake tut alles, um ihr zu helfen. Er kümmert sich um seinen kleinen Bruder und versucht, den Schein der heilen Familie zu wahren. Als eines Tages Rachel auftaucht, von deren Existenz Jake nicht einmal wusste, scheint sich alles zum Guten zu wenden. Aber mit ihr kehrt auch ein lang gehütetes Familiengeheimnis zurück ...

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Veröffentlicht am 17.04.2018

Am Ende eines Sommers

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Isabel Ashdown beschreibt das Leben einer Familie. Einer Familie mit Problemen, wie sie wohl laufend vorkommen. Menschliche Tragödien, Kummer, Leid, kleines Glück, Zusammenhalt, Trauer, Freundschaft, ...

Isabel Ashdown beschreibt das Leben einer Familie. Einer Familie mit Problemen, wie sie wohl laufend vorkommen. Menschliche Tragödien, Kummer, Leid, kleines Glück, Zusammenhalt, Trauer, Freundschaft, winzige Lichtblicke und große Enttäuschungen – der Autorin steht eine riesige Palette an Emotionen zur Verfügung, mit denen sie durchaus gelungen spielt.

Besagte Familiengeschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Mary in den Sechzigerjahren und von ihrem Sohn Jake im Jahre 1985 erzählt. Mit jeder neuen Seite verdichtet sich dieser Roman und der Leser taucht tiefer in das Geschehen ein. Isabel Ashdown ist es gelungen, viele unterschiedliche Gefühlen in ihre Geschichte zu verweben und als Leser schafft man es kaum, das Buch aus der Hand zu legen. Ein leises Drängen, der Aufruf, die Geheimnisse und Hintergründe zu erforschen lassen es nicht zu, die Lektüre zu unterbrechen. Kein abenteuerlicher Spannungsroman, sondern ein Buch voll von Emotionen und voller Leben. Dem Leben, das sich Tag für Tag abspielt. Ein über alle Maßen realistisches Buch, das sehr berührend ist.

Das Buch wird abwechselnd aus der Sicht von Mary und Jake erzählt, jeweils in der Ich-Form und in der Gegenwart. Bei jedem Wechsel der Sichtweise wird dies mit einer großen Überschrift, dem Namen der jeweiligen Person und dem Datum markiert. Eine sehr übersichtliche Darstellung, die es dem Leser ermöglicht, sofort ins jeweilige Geschehen einzusteigen.

Die Handlung selber wird nicht von Spannung oder rasanten Themen beherrscht. Es handelt sich vielmehr um ein leises, unaufdringliches Buch, das seine Magie auf vielfältige Weise entwickelt. Und zwar durch kleine, aber wichtige Episoden im Alltag der Protagonisten, die detailliert und liebevoll beschrieben werden – wie beispielsweise das Erleben der ersten Liebe, die Unsicherheit und die Emotionen der Kinder aufgrund der Trunksucht der Mutter und deren selbst zerstörerisches Verhalten, die Unsicherheit aufgrund der Inaktivität des Vaters, die aufkeimende Freude über die Wiedervereinigung der beiden Schwestern Mary und Rachel, aber auch die lähmende Trauer wegen der radikalen Haltung der Eltern. All das und noch viele Dinge mehr bereichern dieses Buch und machen es zu einem regelrechten Leseerlebnis, das man nicht mehr missen möchte.

Meine größte Sympathie beim Lesen dieses Buches galt dem Jungen Jake, dessen detailgetreue Beschreibung mich von Anfang an zu ihm hingezogen hat. Ein kleiner Junge, der sehr früh erwachsen werden musste, der aber trotz seines Ernstes immer noch Kind bleibt. Facettenreich gezeichnet weckt Jake im Leser das Verlangen, ihn vor allen Übeln zu beschützen. Zugleich aber keimt auch eine Bewunderung für diesen „kleinen Mann“ auf, der neben der Schule einen Job annimmt, um seine unerfüllten kleinen Wünsche Realität werden zu lassen; der auf seine wochenlang im Bett liegende trunksüchtige Mutter und auf seinen kleinen Bruder achtet, der viel zu ernst für sein Alter zu sein scheint. Trotz allem lässt Isabel Ashdown diesen Jungen liebenswert erscheinen und dringt in seine Gedanken- und Gefühlswelt ein – man würde ihn am liebsten mehrfach in die Arme nehmen.

Doch die Autorin konzentriert sich nicht allein auf Jake – auch die anderen Charaktere werden sehr ausführlich und mit einer Liebe zum Detail gezeichnet. Lediglich die Mutter von Mary und Rachel bleibt ein ewiges Geheimnis – sie wird zwar erwähnt, deren Beweggründe, die Motive für die völlige Isolation bleiben unausgesprochen. Ebenso erging es mir mit Matthew, dem ältesten Sohn der Familie, der einfach über Nacht verschwunden ist und nur zweimal wieder auftaucht: einmal durch ein Telefonat und einmal durch einen kurzen Besuch in Abwesenheit der Familie, bei dem er die Ersparnisse von Jake einfach mitnimmt. Was waren seine Motive? Wie steht er zu der Familie, zu seinen Geschwistern? Wie ist es um seinen Charakter bestellt? Hier hätte ich sehr gerne mehr erfahren …

Es handelt sich beim vorliegenden Buch um eine Gebundene Ausgabe mit sehr ansprechender Covergestaltung. Zwei Jungen, die Steine ins Wasser werfen, vor ihnen die unendliche Weite des Meeres, unterbrochen von zwei kleinen Inseln. Das Ganze wurde in blassem blaugrau gehalten und allein die Optik schafft es, den Leser auf den Klappentext neugierig zu machen. Die Unterteilung der Kapitel in Sichtweise seitens Mary abwechselnd mit der Sichtweise von Jake macht das Buch interessant und ermöglicht eine rasche Orientierung beim Lesen.

Fazit: Isabel Ashdown hat ein Buch geschrieben, das seine Geschichte nicht einfach als pures Lesevergnügen serviert. Sie macht es dem Leser nicht so einfach. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Erzählung, die es verlangt, sich vollständig ins Geschehen hinein zu begeben, die ihre Geheimnisse nur nach und nach Preis gibt und nicht mit einer Fülle von Informationen überquillt, sondern mit leisen Andeutungen arbeitet. Das Unausgesprochene, das in vielen Familien im Raum steht, spielt hier die Hauptrolle. Die Antwort auf die Fragen des Lesers findet sich zwischen den Zeilen, findet sich in den wechselnden Erzählungen von Mary und Jake.