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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.04.2018

Wenn die Gier nach Geld keine Grenzen kennt

Offshore
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Bei einem Staatsakt in der Hafenstadt Valparaiso in Chile kann Paul Margis einen großen Erfolg verkünden. Der Verhandlungsstratege der Bundesregierung hat entscheidend daran mitgewirkt, dass eine internationale ...

Bei einem Staatsakt in der Hafenstadt Valparaiso in Chile kann Paul Margis einen großen Erfolg verkünden. Der Verhandlungsstratege der Bundesregierung hat entscheidend daran mitgewirkt, dass eine internationale Partnerschaft zur Ausschöpfung einer neuen Rohstoffquelle im Pazifik eingegangen wird, die Tiefseeförderung von sogenannten Manganknollen. Doch schon wenige Stunden nach seinem Auftritt vor den Kameras will man ihm den Mord an dem Wissenschaftler Eduard Maining anhängen, der die neue Abbautechnologie erforscht hat. Mitten in der Nacht stürmen Polizisten sein Hotelzimmer und nehmen ihn fest. Um seinen Ruf zu retten, muss Paul herausfinden, was der Tote wusste. Doch damit gerät er erst recht ins Visier mächtiger Gegner und in den Strudel eines Komplotts…

„Offshore“ ist ein spannender Wirtschaftsthriller von Till Berger.

Meine Meinung:
Aufgeteilt ist das Buch in 78 Kapitel, denen ein spannender Prolog vorangestellt ist. Die Handlung wechselt zwischen Chile, Deutschland, Frankreich und der Schweiz.

Der Schreibstil ist angenehm und liest sich flüssig. Schon nach wenigen Seiten bin ich in der Geschichte versunken, die mich packen konnte.

Die Personen sind vielschichtig angelegt. Hauptprotagonist Paul ist für mich kein großer Sympathieträger, aber ein interessanter Charakter und - ebenso wie die anderen Figuren - authentisch dargestellt.

Thematisch ist der Thriller sehr interessant, aber auch anspruchsvoll. Es geht um Energiegewinnung, Umweltschutz, Technik, die Finanzwelt und politische Verstrickungen. Die Zusammenhänge kann der Autor gut erklären. Zwar ist beim Lesen viel Aufmerksamkeit gefordert. Jedoch lohnt sich die Lektüre, denn die komplexe Thematik macht eine der Stärke des Thrillers aus.

Die Handlung ist spannend und trotz der eher hohen Seitenzahl kurzweilig. Der Thriller kann einige Wendungen bieten, die Auflösung wirkt absolut schlüssig. Immer wieder wird der Leser auf falsche Fährten geführt und fragt sich, wem zu trauen ist und wem nicht. Nur an manchen Stellen hat der Autor ein wenig zu viel aufgetragen. Das schmälert den Lesegenuss jedoch kaum.

Das Cover gefällt mir sehr gut und passt gut zur Geschichte. Das Taschenbuch kann mit einer besonderen Haptik punkten. Auch der knappe Titel ist aussagekräftig und treffend gewählt.

Mein Fazit:
„Offshore“ von Till Berger ist ein lesenswerter Wirtschaftsthriller, der mir spannende Lesestunden bereitet hat. Er hebt sich durch seine Komplexität positiv von anderen Büchern des Genres ab.

Veröffentlicht am 23.04.2018

Die Architektur des Himmels

Perfect Memories
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London in der Zukunft: Der 36-jährige Jarek Woods ist todkrank. Ein unheilbarer Hirntumor wurde bei dem attraktiven Journalisten entdeckt, er hat nur noch kurze Zeit zu leben. Er will eine neue Technologie ...

London in der Zukunft: Der 36-jährige Jarek Woods ist todkrank. Ein unheilbarer Hirntumor wurde bei dem attraktiven Journalisten entdeckt, er hat nur noch kurze Zeit zu leben. Er will eine neue Technologie nutzen, die ihm nach seinem Tod eine Art des angenehmen Weiterlebens ermöglicht – und zwar im künstlichen Jenseits. Genau das will Isobel Argent, eine 31-jährige Himmelsarchitektin, für ihn schaffen. Seit zehn Jahren arbeitet sie in einer renommierten Agentur, die sich darauf spezialisiert hat. Während die beiden dabei sind, für Jareks virtuellen Himmel die schönsten seiner Erinnerungen zusammenzutragen, verlieben sie sich ineinander. Und auch das Leben von Izzy gerät völlig aus den Fugen…

„Perfect memories“ von Holly Cave ist ein spannender Roman mit einer interessanten Zukunftsvision.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 33 Kapiteln. Erzählt wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Isobel, und zwar vorwiegend im Präsens. Diesen Aufbau finde ich gelungen.

Der Erzählstil ist anschaulich und flüssig. Durch die kreative Grundidee des künstlichen Jenseits hatte das Buch sofort meine Aufmerksamkeit. Das Worldbuilding ist durchdacht und überzeugend erklärt. Mir fiel es nicht sonderlich schwer, mich in die ferne Welt der Zukunft hineinzudenken. Die Visionen der Autorin, zum Beispiel der Kalte Krieg gegen China, scheinen mir nicht unrealistisch.

Die Charaktere sind dagegen ein wenig die Schwäche des Romans. Die Liebesgeschichte von Isobel und Jarek bleibt, was die Emotionen angeht, etwas zu sehr an der Oberfläche. Beide Figuren sind interessant, vielschichtig und mir nicht unsympathisch. Jedoch macht es die Autorin dem Leser nicht ganz so einfach, einen Zugang zu ihnen zu finden.

Ein Pluspunkt der Geschichte sind wiederum die ethischen und moralischen Aspekte, die die neue Technologie aufwirft. Einige interessante Fragen, die uns in Zukunft erwarten, werden thematisiert. Auch darüber hinaus regt der Roman zum Nachdenken an: Was würde man selbst in seinem Himmel haben wollen? Dabei bietet die Geschichte philosophisch angehauchte Denkimpulse, zum Beispiel den Hinweis, dass schöne Erinnerungen nur deshalb schön sind, weil man eben auch traurige Erlebnisse kennt.

Die Handlung ist insgesamt recht kurzweilig. Mehrfach gibt es spannende Passagen. Auch einige Wendungen sind in den Roman eingebaut.

Das Cover finde ich sehr schön. Das Gesicht erkennt man erst auf den zweiten Blick. Den deutschen Titel finde ich nicht ganz so passend wie das Original („The Memory Chamber“), da es ja nicht nur um schöne Erinnerungen geht.

Mein Fazit:
Auch wenn „Perfect memories“ leider nicht ganz das Potenzial der Geschichte ausgeschöpft hat, hat mir der originelle Roman von Holly Cave unterhaltsame Lesestunden beschert.

Veröffentlicht am 18.04.2018

Der Feind im Ehebett?

Wahrheit gegen Wahrheit
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Mit ihrem Mann Matt, einem IT-Spezialisten, und ihren vier Kindern lebt Vivian Miller in einem Vorort von Washington. Als Spionageabwehr-Analystin bei der CIA hat sie einen spannenden Job. Mithilfe eines ...

Mit ihrem Mann Matt, einem IT-Spezialisten, und ihren vier Kindern lebt Vivian Miller in einem Vorort von Washington. Als Spionageabwehr-Analystin bei der CIA hat sie einen spannenden Job. Mithilfe eines speziellen Algorithmus will Vivian, kurz Viv, ein Netz von russischen Spionen in den USA enttarnen. Sie schafft es, den Computer eines Agentenbetreuers zu durchsuchen. Dabei stößt sie auf fünf Fotos, die die „Schläfer“ zeigen, die auf amerikanischem Boden arbeiten. Was sie dabei entdeckt, schockiert sie und bringt alles, was ihr wichtig ist, in Gefahr: ihre Familie, ihre Ehe, ihren Job. Vivian beginnt zu zweifeln: Ist Matt nicht nur ein perfekter Ehemann und Vater, sondern auch ein perfekter Lügner? Sie steckt in einem Dilemma.

„Wahrheit gegen Wahrheit“ ist der Debütroman von Karen Cleveland.

Meine Meinung:
Der Thriller besteht aus 25 Kapiteln. Er beginnt mit einem Prolog und endet mit einem Epilog. Erzählt wird im Präsens aus der Sicht von Vivian in der Ich-Perspektive.

Der Erzählstil ist angenehm und lebhaft. Es fiel mir leicht, in die Geschichte einzutauchen. Schon nach wenigen Seiten hat mich der Roman gefesselt, sodass ich das Buch nur ungerne zur Seite gelegt habe.

Auch inhaltlich konnte mich der Thriller überzeugen. Vivian kommt als Hauptprotagonistin sympathisch und glaubhaft rüber. Ihre Gedanken- und Gefühlswelt und ihre ganzen menschlichen Seiten werden recht deutlich, so dass ich ihr Handeln gut nachvollziehen und mit ihr mitfiebern konnte. Sie und die anderen Mitarbeiter werden authentisch beschrieben. An diesem Punkt merkt man, dass sich die Personen und Abläufe zum Teil von anderen Thrillern unterscheiden. Ich finde es sehr ansprechend, dass Vivian nicht das typische Klischee einer CIA-Mitarbeiterin bedient. Dies ist wahrscheinlich der persönlichen Berufserfahrung der Autorin geschuldet, die ja bereits selbst in diesem Job gearbeitet hat.

Das Szenario hat schnell meine Neugier geweckt. Die Handlung ist absolut schlüssig und wird nicht zu langatmig. Im Gegenteil: Mehrfach gibt es interessante Wendungen, die die Geschichte spannend halten.

Das Cover gefällt mir sehr gut, denn es ist nicht nur ansprechend gestaltet, sondern passt auch gut zum Inhalt. Ich finde auch prima, dass es sich an der amerikanischen Hardcover-Ausgabe anlehnt. Der deutsche Titel weicht wiederum stark vom Original („Need To Know“) ab, ist aber treffend gewählt.

Mein Fazit:
“Wahrheit gegen Wahrheit” von Karen Cleveland ist ein lesenswerter Thriller, der für unterhaltsame Lesestunden sorgt. Ich bin bereits auf die geplante Verfilmung gespannt, die ich mir sicherlich anschauen werde.

Veröffentlicht am 14.04.2018

Eine ostdeutsche Familie voller Geheimnisse

Skandinavisches Viertel
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Ostberlin in den 1970er-Jahren: Als Zwölfjähriger durchstreift Matthias Weber regelmäßig das Skandinavische Viertel und benennt Straßen fantasievoll und konsequent um. Je mehr er heranwächst, desto deutlicher ...

Ostberlin in den 1970er-Jahren: Als Zwölfjähriger durchstreift Matthias Weber regelmäßig das Skandinavische Viertel und benennt Straßen fantasievoll und konsequent um. Je mehr er heranwächst, desto deutlicher stellt sich heraus, dass seine Familie einige Geheimnisse hat, von denen er nichts erfahren soll. Als Student verlässt er die Heimatstadt. Nach seinem Abschluss geht er einige Jahre ins Ausland, bevor er lange nach dem Mauerfall nach Berlin in die bekannte Gegend zurückkehrt. Als Wohnungsmakler im Skandinavischen Viertel macht er es sich zur Aufgabe, Neureiche und Großkonzerne fernzuhalten und gegen die Gentrifizierung anzukämpfen. Doch auch im Alter von 49 Jahren lassen ihn die dunklen Geheimnisse seiner Familie nicht los…

„Skandinavisches Viertel“ ist eine ostdeutsche Familiengeschichte von Torsten Schulz.

Meine Meinung:
Erzählt wird aus der Sicht von Matthias. Episoden aus seiner Zeit als Teenager und solche aus der Gegenwart als Makler wechseln sich ab, wobei es in diesen Abschnitten auch zusätzlich noch Rückblenden gibt. Dieser Aufbau ist äußerst gelungen. Beide Erzählstränge sind perfekt miteinander verknüpft.

Sprachlich kann der Roman absolut überzeugen. Der Erzählstil gefällt mir sehr gut. Er ist nicht nur angenehm und flüssig, sondern auch einfühlsam und eindringlich.

Der Roman ist sehr geschickt konstruiert. Die verschachtelte Handlung sorgt für Spannung und einige Wendungen, bleibt dennoch jederzeit gut verständlich. Die Geheimnisse und weitere tragische Erlebnisse werden auf raffinierte Art sukzessive enthüllt beziehungsweise präsentiert. Sie wirken glaubwürdig und schlüssig.

Im Vordergrund steht Matthias, der mir schon nach nur einigen Seiten recht unsympathisch war. Sein Denken und Verhalten sind mir fremd. Schon als Kind lügt er häufig – mal einfach aus Spaß, mal um jemanden zu ärgern, mal um gewisse Ziele zu erreichen. Daran hält er bis zum Erwachsenenalter fest. Er schreckt sogar nicht davor zurück, an nahen Verwandten Verrat zu üben, und lädt dadurch weitere Schuld auf sich. Er genießt die Gefühle von Macht, die er ausnutzt, und spielt gerne mit anderen. Leider macht er auch im Erwachsenenalter keine Entwicklung durch, sondern bleibt bis zum Ende verantwortungslos und geistig unreif. Dies ist nach meiner Meinung eine Schwäche des Romans.

Einen Anteil an seinem Verhalten hat sicherlich seine Familie, in der es gestörte Beziehungen gibt. Zunehmend findet durch das Verdrängen und Verschweigen von Konflikten eine Entfremdung der Charaktere statt. Die Personen machen auf mich dabei einen authentischen Eindruck.

Das Cover des Buches entspricht zwar nicht meinem persönlichen Geschmack, ist allerdings treffend gewählt. Der Titel ist prägnant und gleichzeitig passend. Die Stadtkarte des Viertels mit den fiktiven Straßennamen ist eine schöne Ergänzung.

Mein Fazit:
„Skandinavisches Viertel“ ist ein anspruchsvoller Roman von Torsten Schulz. Keine leichte Kost, aber dennoch – oder gerade deswegen - lesenswert.

Veröffentlicht am 03.04.2018

Kleider machen Leute

Das Leben ist ein Seidenkleid
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Fast jeden Abend ist die 25-jährige Maja allein in ihrer Wohnung in Berlin. Dort sitzt sie oft an ihrer Nähmaschine und schneidert tolle Kleidung, die aber kaum jemand zu Gesicht bekommt. Denn Maja fehlt ...

Fast jeden Abend ist die 25-jährige Maja allein in ihrer Wohnung in Berlin. Dort sitzt sie oft an ihrer Nähmaschine und schneidert tolle Kleidung, die aber kaum jemand zu Gesicht bekommt. Denn Maja fehlt der Mut, mehr aus ihrem Talent zu machen. Stattdessen ärgert sie sich in einem Kaufhaus mit ihrer gemeinen Vorgesetzten Hanneliese herum und fährt am Wochenende Essen für Senioren aus. Bei einer dieser Touren lernt sie den 88-jährigen Leonhard Viktorow kennen, mit dem sie sich anfreundet. Seit dem Tod seiner Frau Luise vor mehreren Jahrzehnten hat niemand mehr ihr Ankleidezimmer betreten dürfen. Doch für Maja macht Leo eine Ausnahme. Ob ihr mit seiner Hilfe gelingt, ihren Traum zu verwirklichen? Und ob es auch mal ein Mann schafft, ihr Herz zu erobern?

„Das Leben ist ein Seidenkleid“ ist ein unterhaltsamer Roman von Tanja Wekwerth.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus 17 Kapiteln. Die Geschichte wird aus der Sicht von Maja erzählt.

Der Schreibstil ist sehr angenehm und flüssig. Die Beschreibungen sind sehr anschaulich und eindrücklich. Es wird liebevoll erzählt. Mir fiel es daher leicht, in die Geschichte einzutauchen. Die Seiten lassen sich schnell lesen.

Maja ist ein verträumter, liebenswürdiger Charakter. Ebenso wie Leo war sie mir schnell sympathisch. Ihre Entwicklung wird glaubwürdig dargestellt. Allerdings reagiert sie an manchen Stellen für meinen Geschmack etwas zu überzogen. Dadurch wirkt sie in dieser Hinsicht nicht immer ganz authentisch. Dies hat mich aber nicht so sehr gestört, dass darunter die Leselust gelitten hätte. Das gilt auch für die interessanten Nebenfiguren. Sie bereichern den Roman, sind zum Teil aber etwas stereotypisch geraten.

Die Handlung ist kurzweilig und unterhaltsam. Sie hält eine Wendung bereit, die ich nicht erwartet habe. Insgesamt ist mir die Geschichte allerdings leider ein wenig zu vorhersehbar – selbst für einen Liebesroman. Dieses Manko wird jedoch etwas dadurch ausgeglichen, dass die Geschichte großen Charme und Zauber besitzt. Neben vielen emotionalen und sehr berührenden Szenen gibt es immer wieder auch humorvolle Momente.

Das Thema Kleidung wird in vielen Facetten gezeigt und macht Lust auf gute Mode. Lobenswert: Dabei werden auch kritische Aspekte wie die Produktionsbedingungen in anderen Ländern und billige Qualität nicht verschwiegen, sodass die Geschichte durchaus auch Stoff zum Nachdenken bietet. Auch die Botschaft des Romans gefällt mir gut.

Das Cover lädt zum Träumen ein und passt inhaltlich sehr gut. Der Titel ist ebenfalls treffend gewählt.

Mein Fazit:
Mit „Das Leben ist ein Seidenkleid“ legt Tanja Wekwerth einen Wohlfühlroman vor, der mir vergnügliche Lesestunden bereitet hat.