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Veröffentlicht am 30.12.2018

Gott und der alltägliche Wahnsinn

Stille Wörtchen
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Kleine Sequenzen zum Alltag mit Gott - klang vortrefflich, denn ich glaube durchaus, wenn auch auf eine ziemlich pragmatische Weise, mit wenig Kirche und bewussten Gebeten. Aber ich weiß Gott an meiner ...

Kleine Sequenzen zum Alltag mit Gott - klang vortrefflich, denn ich glaube durchaus, wenn auch auf eine ziemlich pragmatische Weise, mit wenig Kirche und bewussten Gebeten. Aber ich weiß Gott an meiner Seite und habe meinen eigenen Stil entwickelt, um mit ihm zu kommunizieren.

Da dachte ich mir, dass neunzig Sekunden mit Gott genau das Richtige für mich sein könnten - Alltagssituationen wie Gedrängel an der Kasse, ein Tete-á-tete mit dem Bademeister, oder sogar das Teilen der Toilette mit anderen an öffentlichen Orten (letzteres für mich eine sich täglich wiederholende Problematik am Arbeitsplatz. Da ich - obwohl Kölnerin und somit mitten im Einzugsbereich lebend - keine 1Live-Hörerin bin, sagte mir der Name Florian Sobetzko nix.

Und wie sich nun herausstellte, habe ich auch nix verpasst. Denn diese stillen Wörtchen tragen - nun, jedenfalls für mich und meine Bedürfnisse - nicht den Hauch einer Botschaft in sich. Jedenfalls keiner, die aus meiner Sicht mit dem Glauben zu tun hat - jedenfalls nicht mit dem, den ich lebe- und mit allem, was mich diesbezüglich in irgendeiner Form weiterbringt. Sie sind eher so im Stil von "die Moral von der Geschicht'" und mit so etwas kann ich nicht viel anfangen. Sie sind noch nicht einmal witzig (naja, fast nie) und auch wenig originell. Manche Bücher schenke ich bei Nichtgefallen einfach weiter, an jemanden, zu dem es vielleicht besser passt, aber dieses hier will ich niemandem antun und kloppe es in bester Dennis-Scheck-Manier in die Tonne. Gut, dass diese Sequenzen in der Regel übers Radio kommuniziert werden. Denn das hat einen entscheidenen Vorteil - man muss einfach nur aufs Knöpchen drücken und dann sind die stillen Wörtchen weg. Gott sei's gepriesen!

Veröffentlicht am 18.04.2018

Einen wirklich ungewöhnlichen Serienhelden

Roter Himmel
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Einen wirklich ungewöhnlichen Serienhelden bietet Renate Klöppel in ihren Freiburger Regionalkrimis mit dem Molekularbiologen und Lehrstuhlinhaber Alexander Kilian. Sein Beruf ist nicht das einzig Ungewöhnliche ...

Einen wirklich ungewöhnlichen Serienhelden bietet Renate Klöppel in ihren Freiburger Regionalkrimis mit dem Molekularbiologen und Lehrstuhlinhaber Alexander Kilian. Sein Beruf ist nicht das einzig Ungewöhnliche an ihm: alleine lebend ist er weit davon entfernt, alleinstehend zu sein - er hat eine Lebensgefährtin und eine achtjährige Tochter, ist zudem noch Witwer und bester Freund des komissars Jörg Gessler. "Blutroter Himmel" ist schon der sechste Krimi um Kilian, für mich war es jedoch der erste.

Der Beginn war gleich ein Knaller - ein lichterloher Brand in Kilians Institut - es gab eine - zunächst unbekannte - männliche Leiche... Kilians Sekretärin Beate und ihr indischer Lebensgefährte benahmen sich in diesem Zusammenhang von Beginn an ausgesprochen merkwürdig und machten sich verdächtig.

Begeistert vom ungewöhnlichen, für mich sehr passenden Setting - beruflich bin ich in der Förderung wissenschaftlicher Projekte tätig und habe viel mit Universitäten zu tun - machte ich mich ans Lesen, war aber leider bald ein wenig enttäuscht. Eine recht umständliche Darstellung gepaart mit der nicht vorhandenen Auflösung zahlreicher Erzählstränge und der nicht gerade bildhaften Darstellung der Charaktere ließ mich schon bald verzagen und nur lustlos weiterlesen. Schade - hier wurden Ideen vom Feinsten geradezu verschenkt und somit ist dieser Krimi wirklich nur ganz eingefleischten - und damit schmerzlosen - Freiburg-Fans zu empfehlen.

Veröffentlicht am 18.04.2018

Jersey-Flop

Was du nicht weißt
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Ein Deutscher, der einen englischen Krimi schreibt: das hat es schon gegeben, so bspw. Petra Oelker. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden: gerade bei "Was Du nicht weißt" hoffte ich auf ein besonders ...

Ein Deutscher, der einen englischen Krimi schreibt: das hat es schon gegeben, so bspw. Petra Oelker. Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden: gerade bei "Was Du nicht weißt" hoffte ich auf ein besonders atmosphärisches Werk, spielt es doch auf Jersey und kann mit der Teeverkäuferin Emily, die über ein (fast) absolutes Gedächtnis verfügt, eine besonders charismatische Protagonistin vorweisen. Das Buch enttäuscht dann auch nicht im Hinblick auf die Darstellung der Insel: zu jeder Minute kann ich es mir lebhaft vorstellen, den Entwicklungen der Geschichte auf Jersey beizuwohnen, die Landschaft zu bewundern, die Gerüche zu spüren, durch die Straßen zu wandeln, eine Tasse Tee zu trinken und natürlich vor allem die Gegenwart des Meeres auf mannigfaltigste Weise zu spüren.
Doch dieses so präsente Setting wird leider von so vielen Ereignissen, Figuren, Verflechtungen und im Sande verlaufenden Erzählsträngen überfrachtet, dass es nur gelegentlich mal aufblitzen kann.
Zur Geschichte: Es werden zwei Frauenleichen aufgefunden, die der Polin Jolanta, die kaum jemand kennt und die der allseits bekannten Inselbewohnerin Debbie, um die sich etliche Geheimisse ranken: allem voran die Identität zweier Väter - ihres eigenen und der ihres Kindsvaters. Auch ihr kleiner Sohn ist bereits verstorben und zwar auf überaus undurchsichtige Weise. Emily entdeckt Debbies Leiche und gerät dadurch ins Kreuzfeuer, wobei sie bald einen unerwarteten und unliebsamen persönlichen Bezug zu dem Fall feststellen kann.
Sie finden, das klingt wirr? Das ist es auch, zumal neben den Mordermittlungen unzählige alte und neue Liebesgeschichten aufgerollt werden. Der Autor hat jahrelang beim Fernsehen gearbeitet und das ist zu spüren: der Krimi gemahnt an die täglich gezeigten Vorabendserien, in denen sich immer wieder verblüffende und unerwartete Entwicklungen vollziehen und ein roter Faden nicht einmal im Ansatz zu erkennen ist - so wird bspw. das Thema um das "besondere" Gedächtnis Emilys nicht stringent durchgezogen - dass so eine Eigenschaft viel, viel besser und eindrücklicher in die Krimihandlung eingebunden werden kann, zeigt der ebenfalls kürzlich erschienene Krimi "Dornröschenschlaf" der amerikanischen Autorin Alison Gaylin.
Dies soll der erste Teil einer Serie werden und trotz meiner bisher fehlenden Begeisterung werde ich die Flinte noch nicht ins Korn werfen und beherzt auch zum Nachfolgeband greifen: ich bin nämlich sicher, dass sich der Autor gerade erst warmschreibt und wir noch einiges von ihm zu erwarten haben - zu groß ist das in diesem Krimi vorhandene Potential.

Veröffentlicht am 21.02.2018

Iris blickt zurück auf ihr Leben

Der Mann an der Reling
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Und das hatte es in sich, denn neben einem schönen Leben im ländlichen Frankreich mit Albert, ihrem fürsorglichem Ehemann und in guten materiellen Verhältnissen, hat sie es auch nicht lassen können, mit ...

Und das hatte es in sich, denn neben einem schönen Leben im ländlichen Frankreich mit Albert, ihrem fürsorglichem Ehemann und in guten materiellen Verhältnissen, hat sie es auch nicht lassen können, mit dem Feuer zu spielen - mit dem Briten Robert gab es eine handfeste Affäre, die ihren Blick aufs Leben gehörig modifiziert hat. Jahre später sieht sie ein Foto von Robert mit ihrer Zwillingsschwester Sally in vertrauter Pose. Robert hat sie längst aus den Augen verloren, Sally ist verstorben. Gibt es einen Weg, herauszufinden, was passiert ist?

Ein Buch mit einem überaus einladenen Cover - frühlingshaft blühende Obstbäume mit ersten Früchten hat mir die Lektüre schmackhaft gemacht, doch konnten Klappentext und Gestaltung ihr Versprechen nicht halten: der Schreibstil erschien mir hölzern und erschwerte die Lektüre, zudem ging es sehr oft um Sex und um sexuelle Anspielungen, auch in Settings, wo das gar nicht so recht passte.

Iris' Geschichte wirkt wirr - die Abläufe waren für mich schwer nachzuvollziehen, was als Darstellung des Rückblicks einer alten Frau auf ihr Leben durchaus schlüssig war, mir das Lesen aber extrem erschwerte.

Auch die Charaktere sind aus meiner Sicht nicht eindringlich geschildert: ich habe keine großen Unterschiede zwischen Albert, Iris' Ehemann und Robert dem Geliebten gesehen, bzw. nicht verstanden, was sie an dem einen langweilte, an dem anderen so faszinierte. Im Prinzip waren sie austauschbar. Ein Roman, der mir leider wenig Freude bereitet hat und für den ich somit auch keine Empfehlung aussprechen kann.

Veröffentlicht am 29.01.2018

Langatmig und blutig

Wolfswut
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Was für ein Schock - nach dem überraschenden Tod des geliebten Vaters wird die junge Lotte Soltau mit einem weiteren, absolut grausamen Umstand konfrontiert: in einer von ihrem Vater genutzten ...

Was für ein Schock - nach dem überraschenden Tod des geliebten Vaters wird die junge Lotte Soltau mit einem weiteren, absolut grausamen Umstand konfrontiert: in einer von ihrem Vater genutzten Halle werden Fässer mit Leichenteilen gefunden, wohlgemerkt von menschlichen Körpern, die brutal zerstückelt wurden.

Bald steht fest, dass keiner dieser Frauen - es handelt sich um Prostituierte - ein friedlicher Tod vergönnt war - im Gegenteil, es geht hier ganz klar um Mord. Die Frauen wurden alle brutal gefoltert und haben vor ihrem Tod sehr gelitten. Kann es sein, dass Axel Soltau, über den einer jeder nur Gutes zu sagen weiß, in Wirklichkeit ein brutaler Serienkiller war?

Lotte jedenfalls, die ihren Vater über alles geliebt hat, will das einfach nicht glauben. Dennoch deutet im Laufe der Ermittlungen alles darauf hin. Das charismatische Berliner Ermittlerteam bestehend aus den Komissaren Kira Hallstein und dem erst kürzlich aus Bayern dazugekommenen Max Lohmeyer ermittelt - und zwar durchaus nicht, ohne im eigenen Haus auf Hürden zu stoßen. Und dann geschieht etwas, das nicht ins Schema passt.

Soweit, so gut: das Thema erschien mir spannend, wenn auch die Darstellung meiner Ansicht nach etwas zu sehr ins Brutale driftete - alle blutigen Details werden - so kommt es mir vor - genüsslich aufbereitet. Und dazu sehr komplex - Umständlichkeit und Grausamkeit gehen hier Hand hin Hand.

Die eigentlich spannende Handlung erlahmt aus meiner Sicht durch den ausgesprochen kleinteiligen Erzählstil - nicht nur werden ständig neue Figuren eingeführt, die der Leser - ich zumindest - unmöglich alle im Kopf behalten kann, auch die Handlung entwickelt sich über viele Umwege.

Natürlich ist es schön und auch nützlich, wenn im ersten Band einer geplanten Reihe die Protagonisten - bei Krimis also die Ermittler - ausführlich eingeführt werden, hier war es aber des Guten zu viel, zumal sich Kira Hallsteins persönliche Geschichte mit dem Fall vermischte.

Obwohl eigentlich sehr viel geschah, habe ich mich beim Lesen sehr gelangweilt und musste häufig unterbrechen. Trotz des spannenden Themas und eines Ermittlerteams mit viel Potential war die Lektüre für mich eine ziemliche Tortur.