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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.05.2018

Kraftvoll und poetisch

Himmel und Hölle
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Eine isländische Geschichte über Fischer und das Meer, kraftvoll, sehr dicht und poetisch geschrieben. Dabei relativ unspektakulär, angesiedelt wahrscheinlich anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts in Island.
Im ...

Eine isländische Geschichte über Fischer und das Meer, kraftvoll, sehr dicht und poetisch geschrieben. Dabei relativ unspektakulär, angesiedelt wahrscheinlich anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts in Island.
Im Mittelpunkt stehen Bardur und der Junge, zwei die nicht so ganz sind wie die anderen Fischer, zum Beispiel lesen sie viel und zitieren aus Miltons Das verlorene Paradies. Sie sind eigentlich nicht dafür geschaffen zur See zu fahren. Dennoch sind sie ganz im Geschehen verankert.
Doch das Leben auf dem Meer ist rau und gefährlich und als schließlich nur einer der beiden lebend zurückkehrt ist er wie betäubt und allein. Wie der Junge allmählich Teil des Dorfes wird, in das er geht, bestimmt die zweite Hälfte des Romans.

Ein guter Roman von 2009, dem noch zwei Teile rund um das Leben des Jungen folgte.
Diese Buch beweist, Jon Kalman Stefansson ist einer der großen Stimmen Islands!

Veröffentlicht am 05.05.2018

Kurz, aber fein

Ans Meer
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Ans Meer ist ein vergnüglicher Roman, der sich liest als wenn man einen unterhaltsamen Film sieht.
Durch die Kürze des Buches von nur 140 Seiten ist die Dauer auch vergleichbar.
Ich bin versunken im Buch ...

Ans Meer ist ein vergnüglicher Roman, der sich liest als wenn man einen unterhaltsamen Film sieht.
Durch die Kürze des Buches von nur 140 Seiten ist die Dauer auch vergleichbar.
Ich bin versunken im Buch und habe es einfach nur genossen.

Der Plot ist characterdriven. Rene Freund erschafft sympathische Figuren, die dem Leser am Herzen liegen werden.
Anton, der Busfahrer, lässt sich auf eine ungewöhnliche Bitte von Carla und ihrer Tochter Annika ein. Carla ist krebskrank und möchte ein letztes mal, das Meer sehen. Sie möchten, dass er sie mit seinem Linienbus ans Meer in Italien fährt. Weitere Jugendliche und eine ältere Frau sind mit im Bus. Es kommt zu einigen humorvoll erzählten Episoden, insbesondere bei Stopps. Durch ihre gemeinsame Fahrt wird die Gruppe zu einer Gemeinschaft, fast wie eine Familie.

Rene Freunds Stärke liegt in der Art des warmherzigen Erzählens, der Betonung der Menschlichkeit, dem dezenten Humor, der sich klar von Klamauk abgrenzt. Schon seinen Roman "Liebe unter Fischen" mochte ich und ich hoffe, ihn bald wieder lesen zu können.

Veröffentlicht am 28.04.2018

eindringlich

Peacemaker
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Simon Jacob erzählt von seinem Leben und Erfahrungen in kriegsgeschüttelten Ländern wie Syrien oder Irak, in die er Journalisten begleitete oder selbst journalistsich tätig wurfe und von seinem Peacemaker-Projekt, ...

Simon Jacob erzählt von seinem Leben und Erfahrungen in kriegsgeschüttelten Ländern wie Syrien oder Irak, in die er Journalisten begleitete oder selbst journalistsich tätig wurfe und von seinem Peacemaker-Projekt, in dem er viele Länder durchstreifte. Syrien, Irak, Libanon, Türki, Ägypten, Iran. Jacob will denen eine Stimme geben, die selber nicht gehört werden. Seine Mission ist der Frieden.

Entgegen den naiven Vorstellungen, die man sich vom Leben der vom Krieg betroffenen Menschen macht, sind Jacobs Schilderungen von der Realität und seinen Erfahrungen geprägt. Er erkennt eine Vielzahl von Gründen, die zu Krisen beitragen und macht deutlich, dass es keine einfache Lösung gibt.
Durch seine Familien- und Clanzugehörigkeit hat er die nötigen Kontakte, in die richtigen Gegenden zu kommen und die Menschen zu treffen. Simon Jacob beschreibt auch viel seine Emotionen, wie sich seine Gefühle im Laufe derJahre veränderten und wie er eine drohende innere Verhärtung, die verständlich ist, überwindet.

Jacob schreibt in einem konzentrierten, dichten Stil und mit viel Tempo. Mich hatte das Buch schnell gepackt und ich habe es mit interesse gelesen. Das Buch ist qualitativ hochwertige, gute Arbeit und sehr eindringlich!

Veröffentlicht am 28.04.2018

aufwühlend

Sommernachtstod
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Sommernachtstod ist ein Roman, der die Erwartungen an einen schwedischen Krimi in hohem Maße erfüllt. Eine ruhige und langsame Erzählart, aber voller Atmosphäre und innerer Spannung.
Veronika Lindh hat, ...

Sommernachtstod ist ein Roman, der die Erwartungen an einen schwedischen Krimi in hohem Maße erfüllt. Eine ruhige und langsame Erzählart, aber voller Atmosphäre und innerer Spannung.
Veronika Lindh hat, als sie selbst noch ein Kind war, miterleben müssen, dass ihr kleiner Bruder Billy spurlos verschwunden ist. Alle glauben, dass er ermordet wurde, doch es gab keine Beweise und der mutmaßliche Mörder wurde freigelassen. Die Mutter hat sich daraufhin umgebracht. Das war 1983.
20 Jahre später glaubt Vera eine Spur zu finden, dass Billy noch lebt und sie reist nach Jahren in der Großstadt zurück in ihr ländliches Heimatdorf, um mehr herauszufinden. Ihr Vater lebt noch dort und auch ihr älterer Bruder Mattias ist anwesend. Tatsächlich taucht dann der Mann auf, der Billy sein könnte.

Zwischendurch gibt es kurze Kapitel mit Passagen, die ins Jahr 1983 zurückgehen. Nur hier gibt es Szenen mit einem Polizisten, ansonsten kommt der Roman ohne Polizei oder Ermittler aus.

Wie Anders de la Motte die Beziehungen der Figuren, insbesondere in der Familie, zueinander zeigt, ist sehr gut gemacht und zeichnet den Roman aus. Auch zeigt sich bald, das manches nicht so war, wie alle glaubten. Nur ganz allmählich enthüllen sich mehr Details um die Wahrheit. Verdeutlicht wird auch, dass eine unbewältigte Vergangenheit die Menschen nicht mehr loslässt und das ein innerer Friede dann nur scheinbar ist. Deswegen sind die Menschen dieses Romans wie Getriebene. Es fehlen auch ein paar dramatische Szenen nicht, die aber erst ziemlich am Ende kommen.

Sommernachtstod braucht seine Zeit, um sich zu entwickeln, aber dann packt einen der Roman.

Veröffentlicht am 19.04.2018

Intensive Gespräche

»Das drucken Sie aber nicht!«
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So ein intensives Interviewbuch habe ich noch nicht gelesen.
Interviews lese ich gerne, gerade über Menschen, die mich interessieren, aber meist ist es doch so, dass die Antworten wohlüberlegt und schon ...

So ein intensives Interviewbuch habe ich noch nicht gelesen.
Interviews lese ich gerne, gerade über Menschen, die mich interessieren, aber meist ist es doch so, dass die Antworten wohlüberlegt und schon im Vorfeld entschärft sind. Deswegen ähneln sich verschiedene Interviews sehr und sind austauschbar.
Dass hier die Prominenten, meist Künstler oder Leute aus dem Literaturbetrieb mit außergewöhnlicher Vergangenheit, so aus sich herausgehen, hat den Effekt dass man sich kaum vom Buch lösen kann. Dennoch empfiehlt es sich, die Interviews nicht einfach hintereinander weg zu lesen sondern wohl dosiert, damit die Wirkung nicht verpufft.
Sven Michaelson stellt in seinen Interviews für das SZ-Magazin nicht einfach fragen, er führt Gespräche und manchmal lässt er auch nicht locker. Er weiß, wie er die Menschen nehmen muss.
Mich haben zum einen die Interviews sehr interessiert, die mit dem deutschen Literaturbetrieb zu tun haben und so tauchen auch Zusammenhänge in den Interviews mit den Schriftstellern wie Paul Nizon oder Peter Handke oder z.B. ihrem Lektor auf.
Spannend auch, was Douglas Coupland sagt, den man hier als Schriftsteller kennt, der sich aber eigentlich als Künstler sieht.
Einige Interviews sind so packend, dass auch aus den Branchen, die man nicht so kennt, sich einiges enthüllt, z.B. über Auktionatortätigkeit oder Restaurantkritiker.
Schauspieler hingegen scheinen in ihrer eigenen Scheinwelt zu leben. Rupert Everett erschien mir reichlich zynisch. Ein Philosoph wie Peter Sloterdijk hingegen kommt sympathisch rüber.
Dann sind natürlich die Interviews bemerkenswert mit Menschen, die die deutsche Vergangenheit überlebt haben und doch nie vergessen, Ruth Klüger und Niklas Frank.
In diesem Buch ist auch das preisgekrönte Interview mit Raddatz enthalten, vielleicht der Höhepunkt des Buches.

Fazit: Ein sehr intensives und lesenswertes Buch!