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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.05.2018

Hohe Komplexität

Die Reise der Scythe 1
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Die Reise der Scythe ist der erste Teil einer Reihe. Dirk van den Booms Wurzeln liegen in der Trivialliteratur. Daran gemessen ist das Buch wirklich ein ordentlicher Science Fiction-Roman.
Durch mehrere ...

Die Reise der Scythe ist der erste Teil einer Reihe. Dirk van den Booms Wurzeln liegen in der Trivialliteratur. Daran gemessen ist das Buch wirklich ein ordentlicher Science Fiction-Roman.
Durch mehrere Handlungsstränge und viele Figuren entsteht eine hohe Komplexität.

Neben der Mannschaft der Scythe sind vielleicht die beiden Astronomiestudenten Jordan und Elissi wichtigste Figuren, jedenfalls meine Lieblingsfiguren.
Jordan und Elissi ist ein interessantes Paar, da die intelligente Elissi sehr verschlossen ist, Jordan sich aber liebevoll um sie kümmert.
Manche Klischees werden nicht vermieden. Schwachpunkt bei der Figurengestaltung ist der sadistische Superschurke Joaquim Gracen, der wie aus einem James Bond-Film entsprungen wirkt.
Auch einige der positiv besetzten Figuren überzeugen nicht vollumfänglich.
Wie die vielen Plots letztlich zusammengeführt werden, erschließt sich noch nicht und man muss fürchten, dass das dem Autor nicht komplett gelingen wird. Aber wirklich sagen kann man das erst später und vielleicht erhalten einige Figuren, die zunächst überflüssig zu sein scheinen, später doch noch Bedeutung.

Der Roman Spaß gemacht und ich gebe 3,5 von 5 Sternen! Es endet vollkommen offen und es bleibt ein latentes Interesse daran, wie es weitergehen wird. Bei Gelegenheit werde ich vielleicht weitere Teile lesen.

Veröffentlicht am 04.05.2018

Realistisch geschilderte Autobiographie

Barbarentage
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Barbarentage ist die Autobiographie des 1952 geborenen US-amerikanischen Autors William Finnegan, der in Hawaii aufwuchs und dessen Leidenschaft das Surfen ist.
Finnegan bekam für dieses umfangreiche Werk ...

Barbarentage ist die Autobiographie des 1952 geborenen US-amerikanischen Autors William Finnegan, der in Hawaii aufwuchs und dessen Leidenschaft das Surfen ist.
Finnegan bekam für dieses umfangreiche Werk den Pulitzerpreis. Ich könnte mir vorstellen, dass einer der Gründe dafür ist, dass es ihm gelang in nüchterner, sachlicher Sprache mit großer Genauigkeit ein Zeitportrait zu schaffen. Durch seine Schilderungen kann man sich genau vorstellen, was es hieß in der Zeit aufzuwachsen. Dazu gehörte zum Beispiel Gewalt an der Schule. Was Finnegan als Junge befreite war das Surfen. Damit verbrachte er seine Freizeit, das grenzte ab von dem anderen, eintönigen Leben in Schule und Familie.
Hier fand er Frieden und Freiheit. Insgesamt nimmt das Surfen deshalb einen so großen Raum im Buch ein.

Barbarentage ist ein Buch, für das man Geduld braucht, doch wenn man bedenkt, dass der Autor sein ganzes Leben in ein Buch gesteckt hat, ist der Umfang angemessen.
Die Form wird sinnvoll durch einige Schwarzweiß-Fotos ergänzt.

Auch Literatur spielt für den jungen William eine große Rolle: Thomas Pynchon, Claude Levi-Strauss, Cormac McCarthy, Patrick White, Dylan Thomas …
Der spätere Journalist schreibt auch an einem Roman.
Dann reist er durch die Länder, sogar nach Südafrika, schließlich wieder in die USA, San Francisco und New York.

William Finnegan verfemt die Zeit der sechziger und siebziger Jahre nicht, aber verklärt sie auch nicht. Dadurch wirkt es so realistisch.

Veröffentlicht am 02.05.2018

Charakter-driven

Alles Begehren
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Alles begehren ist in erster Linie ein Roman über Beziehungen, dazu über einen langen Zeitraum angelegt und vollkommen unkitschig.
Mit Kate ist eine realistische Hauptfigur vorhanden. Sie ist Schauspielerin, ...

Alles begehren ist in erster Linie ein Roman über Beziehungen, dazu über einen langen Zeitraum angelegt und vollkommen unkitschig.
Mit Kate ist eine realistische Hauptfigur vorhanden. Sie ist Schauspielerin, eine europäische, damit entfallen die Klischees, die man sich über Hollywoodschauspieler macht. Schließlich ist auch die Autorin Ruth Jones selbst Schauspielerin und erstellt in ihrem Debütroman ein stimmiges Bild.

Kate ist selbstbewusst, sie wurde bei einem One-Night-Stand als 22jährige Studentin von einem verheirateten Mann schwanger und diesen Mann trifft sie jetzt nach fast 20 Jahren in Edinburgh, Schottland wieder. Eigentlich dachten sie, die Vergangenheit läge hinter ihnen, aber die erneute Begegnung lässt alte Gefühle wieder aufbrechen.
Das ist problematisch, da Callum immer noch verheiratet ist, ebenso wie Kate inzwischen auch, sie hat sogar noch eine kleine Tochter. Wenn die Situation eskaliert wird das für alle Beteiligten sehr schmerzhaft. Hier stellt sich auch die Frage, ob große Leidenschaft es wert ist, alles andere zu opfern.

Ob Kate und Callum wirklich gut füreinander sind, sei dahingestellt. Kate kann sehr rücksichtslos sein, wenn es darum geht, das zu bekommen, was sie will. Und Callum ist oft willensschwach.

Der relativ ruhig geschriebene Roman braucht lange, um in Fahrt zu kommen. Erst in den letzten 100 Seiten kommt richtig Tempo auf.

Ruth Jones große Fähigkeit ist es, ihre Figuren mit allen Fehlern und Schwächen zu entwerfen und doch den Leser stark für sie fühlen zu lassen.

Veröffentlicht am 25.04.2018

Ein Buch der kleinen Gesten

Die Lichter unter uns
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Zwei Familien im Urlaub in Sizilien.
Anna mit Mann und ihren Kindern Judith und Bruno.
Alexander mit seiner jungen, schwangeren Frau und Sohn aus erster Ehe.
Perspektivisch erzählt Verena Carl meist aus ...

Zwei Familien im Urlaub in Sizilien.
Anna mit Mann und ihren Kindern Judith und Bruno.
Alexander mit seiner jungen, schwangeren Frau und Sohn aus erster Ehe.
Perspektivisch erzählt Verena Carl meist aus den Gedanken von Anna und Alexander heraus.
Durch diese Erzählweise gelingt es der Autorin, den Leser die Figuren schnell und auf wenig Raum den Leser nahezubringen.
Alexander verheimlicht eine Erkrankung, der er sich nicht stellen will. Eigentlich ist die Reise eine Flucht.
Annas Blick ist oft beobachtend, z.B. auf ihre Kinder. Auch sie am Rande einer Krise und sie fühlt sich von Alexander unerlaubterweise stark angezogen. Der Plot bleibt im großen und ganzen unspektakulär, aber lesenswert.

Ein Buch der kleinen Gesten.

Veröffentlicht am 20.04.2018

Lebensgefühl

Kleine Feuer überall
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Celeste Ng´s erster Roman “Was ich euch nicht erzählte” war ein großer Erfolg. Erfreulich, dass die Autorin auch mit Kleine Feuer überall das Niveau hält und wieder eine realistische, detaillierte und ...

Celeste Ng´s erster Roman “Was ich euch nicht erzählte” war ein großer Erfolg. Erfreulich, dass die Autorin auch mit Kleine Feuer überall das Niveau hält und wieder eine realistische, detaillierte und genaue Familiengeschichte in einer US-amerikanischen Kleinstadt zeigt. Zeitlich würde ich die Handlung ungefähr auf die frühen neunziger Jahre verorten.

Die Künstlerin Mia Warren ist mit ihrer 15jährigen Tochter Pearl nach Shaker Heights gezogen. Pearl schließt sich schnell der wohlhabenden Familie Richardson an, die mit Lexie, Izziy, Trip und Moody 4 Kinder haben.
Wie die Beziehungen der Jugendlichen untereinander gezeigt werden, ist gut und realistisch ausgestaltet. Das Lebensgefühl der Kids, ihre Hoffnungen und Nöte werden deutlich. Schließlich aber auch ein Geheimnis, dass Mia Warren mit sich herumschleppt und dass der Grund für ihre häufigen Umzüge ist.

Celeste Ng kann wirklich schreiben, und das ohne je zu übertreiben.