Zwischen den Zeilen lesen
Der Inhalt
Ben wird 18 Jahre alt und hat eine Sinnkrise. Was soll er mit seinem Leben anfangen? Was bringt ihm die Schule eigentlich noch? Und wem kann er sich anvertrauen? Am Tage seines Geburtstages ...
Der Inhalt
Ben wird 18 Jahre alt und hat eine Sinnkrise. Was soll er mit seinem Leben anfangen? Was bringt ihm die Schule eigentlich noch? Und wem kann er sich anvertrauen? Am Tage seines Geburtstages meldet er sich von der Schule ab, ohne mit seinen Eltern darüber zu reden. Während seiner Geburtstagsfeier beschließt Ben, mit seiner älteren Schwester Annika zum Haus seines verstorbenen Opas zu fahren. Nur einmal noch die schönen Tage der Kindheit aufleben lassen und die Alltagssorgen hinter sich lassen.
Meine Meinung
Uff, dieses Buch ist mir auf den ersten Seiten wahnsinnig schwer gefallen, denn der Schreibstil ist… wie soll ich sagen… „anders“? Ungewöhnlich, sehr gewöhnungsbedürftig. Das trifft es wohl ganz gut. Die Autorin schreibt abwechselnd aus der Sicht der beiden Geschwister Benedikt und Annika. Sie verwendet die von mir so ungeliebte Ich-Perspektive gepaart mit Präsens als Zeitform. schauder Mag ich nicht, werde ich auch nie mögen, aber ich gebe jedem Buch gerne eine Chance.
Das Buch beginnt mit Annikas Sicht auf die Geburtstagsfeier ihres jüngeren Bruders Ben, der vor einigen Tagen 18 Jahre alt geworden ist und sie darf auf der Feier die Anstandsdame spielen, da die Eltern der beiden in den Urlaub fahren. Bietet sich an, denn das Buch spielt kurz vor Ostern rechtzeitig zu den Osterferien.
Allerdings ist der Schreibstil sehr abgehackt und holprig, ja fast eher wie eine Checkliste oder ein Notizbuch. Annikas Gedanken rasen nur so dahin und manchmal fällt es mir schwer, ihr zu folgen.
Die junge Frau hat verständlicher Weise keine große Lust, auf ihren Bruder und dessen Freunde aufzupassen, da sie eine wichtige Arbeit für Ihr Studium zu erledigen und somit aus ihrer Sicht etwas Besseres zu tun hat. Doch Ben gelingt es, seine Schwester ins Auto der Eltern zu verfrachten (Alkohol und „Gras“ sei Dank), um mit ihr zum Haus am See zu fahren, dass ihrem Opa gehört hat. Das Haus am Mausmeer. So nennen sie den kleinen See.
Als die Perspektive zu Ben wechselt, ändert sich der Schreibstil plötzlich zu einer strukturierteren, ausführlicheren und weniger hektischen Darstellung.
Das ist der Moment, wo es bei mir Klick gemacht hat und ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte, denn nun wurde mir klar, dass diese gehetzte Schreibweise Annikas unsteten und nur auf sich und ihr Studium gerichteten Charakter unterstreichen soll.
Ben hingegen reflektiert sich und seine Umgebung, wirkt nachdenklich, gemäßigter und nimmt sich mehr Zeit für die kleinen Dinge.
Ab da zieht mich das Buch in seinen Bann und offenbart eine traurig-tragische Geschichte um einen jungen Mann, der zwar mitten im Leben steht, aber dennoch völlig verloren ist. Verzweifelt versucht Ben, mit Annika ins Gespräch zu kommen, sie für ein paar ruhige Tage zu begeistern, ihr von seinen Sorgen zu erzählen, doch Annika blockt ab, wo sie nur kann.
Es schmerzt, mit an zu sehen, wie die beiden an einander vorbei reden und leben und man bangt mit Ben, daß ihm endlich eine Aussprache gelingt; das ihm gelingt, die Distanz zu seiner Schwester zu überbrücken. Auch mit den Eltern scheint es nicht zum Besten zu stehen. Gerade der Vater entpuppt sich als voreingenommen und denkt von seinem Sohn immer nur das schlechteste. Ich fühle mich unangenehm an meine eigene Familie erinnert, in der es ebenfalls eine Person gibt, die immer eine vorgefertigte Meinung zu mir hat, egal worum es geht. So geht es auch Ben, der die besten Noten mit nach Hause bringen könnte und sein Vater würde wohl dennoch behaupten, er hätte nicht genug dafür gelernt oder gar abgeschrieben.
Fazit:
Dies ist ein Buch, wie wir es wohl in der Schule gelesen hätten. Klassischer Stoff für eine Interpretation und Analyse der Charaktere. Ich bin sehr froh, durchgehalten zu haben und mich nicht von der seltsamen Erzählweise hab abschrecken lassen, denn „Mausmeer“ ist ein kleines Juwel. Gesellschaftskritisch, mitreißend und gefühlvoll, wenn man sich die Zeit nimmt, zwischen den Zeilen zu lesen, darüber nachzudenken und nicht einfach nur durch die Seiten hetzt, wie Annika durch ihre Gedankenwelt.