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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.04.2018

Durch die Jahrhunderte

Wie man die Zeit anhält
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Wie man die Zeit anhält von Matt Haig ist ein wunderbares Leseerlebnis. Es erzählt von Tom Hazard, ein Mann der im 16.Jahrhundert geboren ist und nur sehr langsam altert. Jetzt ist er schon 429 Jahre alt.
Die ...

Wie man die Zeit anhält von Matt Haig ist ein wunderbares Leseerlebnis. Es erzählt von Tom Hazard, ein Mann der im 16.Jahrhundert geboren ist und nur sehr langsam altert. Jetzt ist er schon 429 Jahre alt.
Die Kapitel wechseln von der Jetzt-Zeit und der Vergangenheit, die durch die Jahrhunderte führt und bei der Tom berühmten Menschen begegnet, zum Beispiel Shakespeare, Captain Cook, Zelda und Scott F. Fitzgerald und viele andere historische Persönlichkeiten.

Der Roman erinnert mich vom Lesegefühl an Matt Haigs früheren Roman “Ich und die Menschen”, der ebenfalls mit einer außergewöhnliche Idee spielte, um das Phänomen “Menschen” zu ergründen. Menschen und ihr Verhalten, das nicht selten schrecklich ist, man denke nur an die Hexenverfolgungen.

Der Plot ist spannend durch den roten Faden der sich durch die Handlung zieht und der Toms Suche nach seiner Tochter, die ebenfalls kaum altert, und der Organisation Albas, die versucht die langlebigen zu schützen, dabei manchmal auf rücksichtslose Art.
Tom ist also nicht der einzige. Die Gefahr der Enttarnung ist immer da und zwingt ihn, regelmäßig weiter zu ziehen. Doch jetzt hat er Camille getroffen, die erste Liebe, die er erfahrt, seit seine große Liebe vor Jahrhunderten starb. Dieses Element erinnert leicht an Highlander.

Prägendes Merkmal ist Toms Menschlichkeit, die er nie verlor. Sie äußert sich auch in der Liebe zur Musik und zu den Menschen, denen er begegnet.

Nach diesen Roman muss ich Matt Haig zu einen der interessantesten britischen Schriftsteller dieser Generation zählen!

Veröffentlicht am 18.03.2018

Ode an den Mut, die Stärke und die Hoffnung

Der Zopf
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Der Roman ist so intensiv erzählt, dass man sich kaum nur einen Augenblick aus dem soghaften Lesen lösen kann.
Entsprechend schnell ist der kurze Roman durchgelesen.

Erzählt wird abwechselnd von 3 Frauen, ...

Der Roman ist so intensiv erzählt, dass man sich kaum nur einen Augenblick aus dem soghaften Lesen lösen kann.
Entsprechend schnell ist der kurze Roman durchgelesen.

Erzählt wird abwechselnd von 3 Frauen, Smita, Giulia und Sarah, alle sehr unterschiedlich, aus verschiedenen Kulturen und Schichten und aus verschiedenen Ländern: Indien, Italien und Kanada.

Auffällig ist, dass die Frauen überwiegend alleine mit ihren Problemen klarkommen müssen und wenig Unterstützung haben. Die kastenlose Smita z.B. möchte ihrer Tochter das Los als Unberührbare ersparen und muss ihren schwachen Mann dabei zurücklassen, da der nicht bereit ist, gegen das “Schicksal” anzukämpfen.
Die erfolgsverwöhnte Anwältin Sarah in Kanada hingegen zieht sich bei ihrer Krebserkrankung zunächst in sich selbst zurück.
Giulia in Italien aber profitiert von dem, was sie von ihrem Vater in der Fabrik lernte, kommt aus eigener Kraft klar und sie trifft einen Mann, der sie unterstützt.

Unterschiedliche Lebensläufe, die hier gezeigt werden und insgesamt ein realistisches Bild der vielfältigen Welt zeigen.

Was die Frauen schließlich doch verbindet ist überraschend. Von Anfang an einigt sie aber, dass sie im Leben mit Schwierigkeiten kämpfen müssen, auf die sie zunächst wenig Einfluß haben. Ihre Stärke und Unbeugsamkeit lässt sie Widerstand leisten.

Die französische Autorin Laetitia Colombani hat einen überzeugenden Debütroman vorgelegt. Man kann gespannt sein, was von ihr noch folgen wird.

Veröffentlicht am 19.02.2018

Generationsübergreifende Familiengeschichte

Die Vergessenen
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Was die Krimiautorin mit „Die Vergessenen“ vorgelegt hat, ist eine aufregende und bemerkenswerte Familiengeschichte, die generationsübergreifend und mit Krimielementen angelegt ist. Dabei geht die Handlung ...

Was die Krimiautorin mit „Die Vergessenen“ vorgelegt hat, ist eine aufregende und bemerkenswerte Familiengeschichte, die generationsübergreifend und mit Krimielementen angelegt ist. Dabei geht die Handlung bis ins Jahr 1944 zurück und beleuchtet ein beschämendes Stück deutsche Geschichte, bei der die Leidtragenden Kinder und Hilflose waren.
Das Buch versammelt Schicksale von Menschen, die alle durch die Ereignisse der Jahrzehnte zurückliegenden Vergangenheit geprägt und auch belastet sind.
Es gibt den Plot um 1944 mit der Krankenschwester Kathrin, die in einem Pflegeheim arbeitet. In der Gegenwart sind es zwei Protagonisten, der verdeckt arbeitende Detektiv Manoli und die Journalistin Vera. Beide recherchieren und ihre Anliegen sind eng miteinander verbunden. Durch die Verknüpfung der verschiedenen Handlungsstränge erhält der Plot eine dichte Konsistenz, die wirklich bemerkenswert ist.

Die Autorin nutzt die Vorteile einer routinierten Schreibweise ohne dabei auf Emotionalität und Sensibilität zu verzichten. Diese Schreibweise ist mir sehr willkommen, so werden die Figuren in einer angemessenen Tiefe charakterisiert.
Als Leser werden mir die Figuren wichtig, die alle nicht perfekt sind und die unter der Situation leiden.

Man merkt auch, wie wichtig der Autorin der Stoff war.
Das Resultat ist ein sehr lesenswerter, emotional packender Roman voller innerer Spannung.

Veröffentlicht am 17.02.2018

Soghaftes Erzählen

Die Geschichte des verlorenen Kindes
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Während mich der dritte Teil der Saga teilweise langweilte, kann man das von dem abschließenden Teil wirklich nicht sagen.
Die Handlung von “Die Geschichte des verlorenen Kindes” setzt in der zweiten Hälfte ...

Während mich der dritte Teil der Saga teilweise langweilte, kann man das von dem abschließenden Teil wirklich nicht sagen.
Die Handlung von “Die Geschichte des verlorenen Kindes” setzt in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ein. Elena ist jetzt 32, hat ihren Mann Pietro verlassen und ist mit Nino zusammen.
Die Trennung ist aber schwierig. Es gibt schließlich auch noch ihre Kinder Dede und Elsa.
Beruflich zeigen sich neue Erfolge, da ein neues Buch von ihr in Frankreich erscheint. Und schließlich wird ein Buch auch in Italien für großes Aufsehen sorgen, da es offensichtlich sozialkritisch direkt die Umgebung in Neapel zeigt.

Elena hatte eigentlich beschlossen, sich erst einmal von Lila fernzuhalten. Doch Lila hat noch Einfluss auf sie. Es geht eine große Energie von ihr aus.
Und dann werden beide zeitgleich noch einmal schwanger und ihre alte Verbindung zählt wieder.
Gemeinsam ziehen sie ihre Kinder auf. Schließlich ist ihr Schicksal miteinander verbunden.

Zu Elena Ferrantes Stil gehört das soghafte und detailreiche Erzählen, verhaftet im Alltag und der Realität, die in Italien neben der latent korrupten Politik auch der Gefahr durch die Camorra und drohende Gewalt bedeutet. Ferrante zeigt mit diesen Romanen ein Zeitportrait und eine Gesellschaftsanalyse.

Die 4 Teile der Saga bilden nach meiner Lesweise einen umfangreichen und großen, zusammenhängenden Roman, voller Komplexität und Tiefe.

Veröffentlicht am 12.02.2018

Ein beeindruckender Roman

Der Reisende
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Der Reisende ist ein Roman, der in erster Fassung 1940 in den USAS erschien. Er schildert exemplarisch anhand der Hauptfigur Otto Silbermann, ein jüdischer Geschäftsmann, die Verfolgung der Juden in Deutschlands ...

Der Reisende ist ein Roman, der in erster Fassung 1940 in den USAS erschien. Er schildert exemplarisch anhand der Hauptfigur Otto Silbermann, ein jüdischer Geschäftsmann, die Verfolgung der Juden in Deutschlands schlimmster Zeit.
Das Buch ist somit ein Zeitdokument. Der Roman überzeugt auch literarisch, da er dicht und konzentriert geschrieben ist. Als Leser folgt man dem Protagonisten, der auf seiner Flucht kreuz und quer mit Zügen durch Deutschland reist. Einmal versucht er an der belgischen Grenze das Land zu verlassen. In Frankreich lebt sein Sohn, der ihm eine Hoffnung auf ein mögliches neues Leben gibt. Doch er wird entdeckt und zurückgeschickt. Man spürt den Druck, den Silbermann ausgesetzt ist und sieht, wie die Hoffnungslosigkeit und sein Entsetzen zunimmt.

Ein beeindruckender Roman, der in den heutigen Zeiten, in denen die Flüchtlingspolitik wieder mitleidslos und gnadenloser wird, gebraucht wird.